Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

RVG Entscheidungen

Nr. 7008 VV

Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Inrechnungstellung, Mandant

Gericht / Entscheidungsdatum: BGH, Beschl. v. 17.04.2012 - VI ZB 46/11

Leitsatz: Sind bleibende Ausgaben für vorsteuerabzugsberechtigte Prozessbevollmächtigte einer Partei in Form gezahlter Umsatzsteuer wegen der Möglichkeit des Vorsteuer-abzugs nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge nicht in Rechnung gestellt und können diese bei der Kosten-festsetzung nicht berücksichtigt werden.


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VI ZB 46/11
vom
17. April 2012
in dem Rechtsstreit
BGH, Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZB 46/11 - Brandenburgisches OLG
LG Frankfurt (Oder)
- 2 -
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. April 2012 durch den Vor-sitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den Rich-ter Pauge und die Richterin von Pentz
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 24. Mai 2011 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 232,71 €
Gründe:
I.
Die Parteien beendeten einen zwischen ihnen geführten Rechtsstreit durch Vergleich. Sie vereinbarten darin, dass von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleiches der Kläger 20 % und der Beklagte 80 % zu tragen habe. Mit Schriftsatz vom 25. August 2008 beantragte der Kläger Kostenfestsetzung. Die Reisekosten seiner vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten machte er unter Vorlage von Belegen einschließlich der Umsatzsteuer geltend. Das Landgericht hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Dezember 2008 die Gebühren und Auslagen ohne Reisekosten der vorsteuerabzugsberechtig-ten Prozessbevollmächtigten des Klägers angesetzt, und die Umsatzsteuer hin-zugerechnet. Die Reisekosten hat es gesondert in Höhe der geltend gemachten
1
- 3 -
Bruttobeträge (also einschließlich der angefallenen Umsatzsteuer) nach Be-rechnung der Umsatzsteuer auf die übrigen Kosten angesetzt, weil die Umsatz-steuer in den geltend gemachten Reisekosten bereits enthalten sei. Gegen den Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt und beanstandet, dass das Landgericht die Reisekosten nicht vor der Berechnung der Umsatz-steuer in den Kostenansatz eingestellt hat. Nach Nichtabhilfe durch das Land-gericht hat das Oberlandesgericht die Kostenfestsetzung des Landgerichts in-soweit um einen Betrag von 1,44 € zu Gunsten des Klägers abgeändert. Es hat dies damit begründet, dass zwar die anlässlich einer Geschäftsreise der Pro-zessbevollmächtigten des Klägers nach Nr. 7004 VV RVG entstandenen Fahrt- sowie die Übernachtungskosten nach Nr. 7006 VV RVG Auslagen und als Teil der Vergütung des Rechtsanwalts nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG gemäß Nr. 7008 VV RVG dem geltenden Umsatzsteuersatz unterworfen seien. Da die Prozess-bevollmächtigten des Klägers zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, dürften sie für die Benutzung von Verkehrsmitteln wie Taxi, Bahn oder Flugzeug oder für die Übernachtung jedoch nur die hierfür angefallenen Nettobeträge ansetzen. Auf diese sei nach Nr. 7008 VV RVG die Umsatzsteuer aufzuschlagen. Die Auslagen dienten nämlich dem Ersatz tatsächlicher Aufwendungen. Tatsächli-che Aufwendungen für Geschäftsreisen habe der Rechtsanwalt nur insoweit, als er nachhaltig aus seinem Vermögen für anlässlich einer Geschäftsreise an-fallende Unkosten aufkommen müsse. Das sei bei einem vorsteuerabzugsbe-rechtigten Rechtsanwalt hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Umsatz-steuer auf das Beförderungs- bzw. Übernachtungsentgelt bzw. den Benzinpreis nicht der Fall, weil er den Vorsteuerabzug geltend machen könne. Auch die Kostenerstattung für die obsiegende Partei umfasse nur angefallene notwendi-ge Gebühren und Auslagen. Könne sich der Rechtsanwalt im Wege des Vor-steuerabzugs einen Teil der Auslagen in Form der zunächst verauslagten Um-satzsteuer von den Finanzbehörden erstatten lassen, entstünden letztlich inso-
- 4 -
weit keine Auslagen. In der Kostenausgleichung des Landgerichts seien ledig-lich Reisekosten des Klägers in Höhe von 1,80 € zu Unrecht nicht berücksich-tigt. Davon könne der Kläger 80 %, das seien 1,44 €, erstattet verlangen.
Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf eine abweichende Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts vom 29. Januar 1987 (IV VL 37/85, MDR 1987, 467) zur Frage der auf die Reisekosten des Rechts-anwalts zu erstattenden Umsatzsteuer zugelassen. Der Kläger verfolgt mit der Rechtsbeschwerde die Festsetzung der Umsatzsteuer auf die geltend gemach-ten Bruttobeträge der Reisekosten seiner damaligen Prozessbevollmächtigten weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statt-haft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet. Mit Recht geht das Beschwerdegericht von den Nettobeträgen der Reisekosten der vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten des Klägers aus und setzt sodann die Umsatzsteuer auf den Endbetrag hinzu.
1. Bei der Beurteilung der Frage, in welchem Umfang der obsiegenden Partei vom Prozessgegner Kosten zu erstatten sind, ist zwischen dem Innen-verhältnis des Auftraggebers zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Au-ßenverhältnis zum Prozessgegner zu unterscheiden.
a) Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Auftraggeber im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Zur Vergütung eines Rechtsanwalts zählen neben den Gebühren auch die Auslagen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG). Was zu den Auslagen
2
3
4
5
- 5 -
zählt, ist in Teil 7 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG 7000 ff.) aufgelistet. Nach Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG kann der Rechtsanwalt von sei-nem Auftraggeber grundsätzlich Ersatz der entstandenen Aufwendungen ver-langen (§ 675 i.V.m. § 670 BGB). Hierzu zählen die Kosten für Fahrten mit dem eigenen PKW, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sonstige Auslagen (wie Übernachtungskosten) und Tage- und Abwesenheitsgelder (Nr. 7003 bis 7006 VV RVG). Nach VV RVG Nr. 7008 hat der Anwalt auch einen gesetzlichen An-spruch auf Ersatz der auf seine Vergütung nach dem Umsatzsteuergesetz ent-fallenden Umsatzsteuer in voller Höhe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2010 - 1 WDS - KSt 6/09, ZfS 2010, 467 Rn. 22; OLG Dresden, JurBüro 2008, 372; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., VV 7008 Rn. 12; Feller in Göttlich/Mümmler, RVG, 4. Aufl., Stichwort: "Reisekosten", Anm. 8.4 Umsatz-steuer; Anwaltkommentar/N. Schneider RVG, 6. Aufl., VV 7003-7006 Rn. 43 ff.; Sterzinger, NJW 2008, 1254, 1255). Ist ein Anwalt vorsteuerabzugsberechtigt, hat er gegenüber seinem Auftraggeber für Leistungen, die er erbringt, Umsatz-steuer zu verlangen und diese an das Finanzamt abzuführen (vgl. BFH, Be-schluss vom 27. Juni 1996 - IV B 69/95, juris Rn. 2). Andererseits kann er Um-satzsteuer, die er selbst für die Inanspruchnahme von Leistungen zahlen muss, als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Die Zahlung der Umsatzsteuer auf umsatzsteuerpflichtige Auslagen stellt danach für den vorsteuerabzugsberechtigten Rechtsanwalt keine bleiben-de Ausgabe dar, weil die Umsatzsteuer wirtschaftlich im Wege des Vorsteuer-abzugs wieder zurückfließt. Der Rechtsanwalt darf seinem Auftraggeber Um-satzsteuerbeträge, die er als Vorsteuer geltend machen kann, nicht in Rech-nung stellen (Anwaltkommentar/N. Schneider aaO; Müller-Rabe in Gerold/ Schmidt, aaO Rn. 18 f.). Er ist gehalten, in seine Rechnung gegenüber seinem Auftraggeber die Aufwendungen mit dem Nettobetrag aufzunehmen, denn der Anwalt darf sich über seine Gebührenrechnung nicht auf Kosten des Auftragge-
6
- 6 -
bers bereichern. Würde er die aufgewendeten Reisekosten als Bruttobeträge abrechnen, würde neben den Nettoreisekosten auch der Umsatzsteuerbetrag als Umsatz des Rechtsanwalts versteuert werden, obwohl es sich dabei jeden-falls nicht um Umsatz handelt.
b) Soweit das Bundesdisziplinargericht (Beschluss vom 29. Januar 1987 - IV VL 37/85, MDR 1987, 467) unter Berufung auf den Beschluss des Bundes-finanzhofs (BFH, Beschluss vom 3. Februar 1970 - VII B 129/69, BFHE 98, 396 Rn. 398 f.) die Auffassung vertreten hat, dass die mit den Fahrtkosten gezahlte Mehrwertsteuer Bestandteil der tatsächlichen Reiseaufwendungen und damit der dem Rechtsanwalt zustehenden Auslagen ist, die unabhängig von der Mög-lichkeit des Vorsteuerabzugs erstattungsfähig sind, vermag der Senat sich die-ser Auffassung für die zivilrechtliche Kostenerstattung nicht anzuschließen.
Für das Außenverhältnis zwischen Auftraggeber und Prozessgegner, das auch der Entscheidung des Bundesfinanzhofs zugrunde lag, ergibt sich schon aus § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO, dass Umsatzsteuerbeträge im Kostenfestset-zungsverfahren nur zu berücksichtigen sind, wenn der Antragsteller die Erklä-rung abgibt, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Durch die-se Regelung soll vermieden werden, dass der vorsteuerabzugsberechtigte An-tragsteller mit einer Festsetzung der Beträge einen nicht gerechtfertigten Ver-mögensvorteil erlangt (vgl. BT-Drucks. 12/6962, S. 111; siehe auch BVerfG, NJW 1996, 382). Daraus kann gefolgert werden, dass die vorsteuerabzugsbe-rechtigte Partei vom kostenpflichtigen Gegner keine Umsatzsteuer erstattet ver-langen kann, mithin Umsatzsteuer, die im Wege des Vorsteuerabzugs zurück-fließt, kostenmäßig neutral bleibt. Nichts anderes kann für das Innenverhältnis der Partei zu ihrem Prozessbevollmächtigten gelten. Auch der vorsteuerab-zugsberechtigte Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht berechtigt, seinem Auf-traggeber Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, wenn er diese im Wege des
7
8
- 7 -
Vorsteuerabzugs zurückerhält. Er wäre sonst in Höhe der Umsatzsteuer berei-chert.
c) Von diesen Grundsätzen geht das Beschwerdegericht zutreffend aus. Mit Recht weist es darauf hin, dass der vorsteuerabzugsberechtigte Rechtsan-walt gehalten ist, den Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen, weil er andern-falls nicht notwendige Kosten für seinen Auftraggeber verursacht. Da die Klä-gervertreter vorsteuerabzugsberechtigt sind, erhalten sie die nach den vorge-legten Rechnungen für die Reisekosten erhobene Umsatzsteuer in der jeweili-gen Höhe im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurück. Sind Aufwen-dungen für die Prozessbevollmächtigten des Klägers letztlich nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die Umsatzsteuerbeträge nicht in Rechnung gestellt und können diese im Kostenansatz nicht berücksichtigt wer-den. Demzufolge hat das Beschwerdegericht mit Recht die Nettobeträge der geltend gemachten Reisekosten ermittelt und der Kostenfestsetzung zugrunde gelegt. Dagegen spricht - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht, dass bei der Kilometerpauschale die Umsatzsteuer nicht herausgerechnet wird. Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Umsatzsteuerbetrag in der Rechnung ausgewiesen wird (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Für eine Pauschale kommt er mithin nicht in Betracht.
9
- 8 -
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Zoll Diederichsen
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 18.12.2008 - 17 O 379/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 24.05.2011 - 6 W 71/09 -
10

Einsender:

Anmerkung:


den gebührenrechtlichen Newsletter abonnieren


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".