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RVG Entscheidungen

§ 53

Nebenklägerbeistand, Wahlanwaltsgebühren, Bemessung, Rahmengebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 05.07.2012, III-2 Ws 136/12

Leitsatz: Der gemäß § 397 a Abs. 1 StPO dem Nebenkläger als Beistand bestellte Rechtsanwalt kann seine über die aus der Staatskasse gezahlten Beträge hinausgehende Vergütung gegen den verurteilten Angeklagten gemäß § 126 ZPO selbst beitreiben und gemäß § 464 b StPO selbst festsetzen las-sen.

Zur Bemessung der Rahmengebühren für den Rechtsanwalt, der der Mutter der Getöteten als dem Nebenklägerbeistand beigeordnet worden ist.


OBERLANDESGERICHT HAMM
BESCHLUSS
III-2 Ws 136/2012 OLG Hamm
Strafsache
gegen pp.
wegen Totschlags,
(hier: Festsetzung von Wahlgebühren für den gerichtlich bestellten Beistand der Nebenklägerin),
Beschwerdeführer:.
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 09.02.2012 gegen den Kostenfestset-zungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Bochum vom 10.01.2012 hat der 2. Straf-senat des Oberlandesgerichts Hamm am 05. Juli 2012 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht beschlossen:

1. Dem Beschwerdeführer wird von Amts wegen auf seine Kosten (§ 473 Abs. 7 StPO) Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Be-schwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Bochum vom 10.01.2012 gewährt.
2. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die von dem durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 21.09.2011 (11-5 KLs — 30 Js 67/11 — 47/11) rechtskräftig verurteilten A an den für die Nebenklägerin W als Beistand bestellten Be-schwerdeführer Rechtsanwalt in Bochum zu zahlenden (Wahl-)Gebühren werden auf 2.496,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 28.11.2011 festgesetzt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfah-ren entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
4. Der Beschwerdewert wird auf 2.237,20 € festgesetzt.

Gründe:
Der Verurteilte A wurde durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 21.09.2011, das seit dem 29.09.2011 rechtskräftig ist, wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dem Verurteilten wurden außerdem die Kosten des Verfahrens, die Kosten der Nebenklage und seine eigenen notwendigen Auslagen auferlegt. In den Urteilsgründen wird dazu ausgeführt, dass die Kosten- und Auslagenentscheidung auf den §§ 465, 472 StPO beruhe.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Verurteilte am 03.04.2011 die mit ihm befreundete und am 26.05.1993 geborene L (nachdem er aufgrund einer Notiz auf dem iPhone der Geschädigten entdeckt hatte, dass diese offensichtlich eine Liebensbeziehung zu einem anderen Mann unter-hielt, mit beiden Händen mit derartiger Intensität gewürgt, dass L kurze Zeit später erstickte und verstarb. Nach der Tat entkleidete der Verurteilte die Getötete und führte mit ihr den Geschlechts-verkehr aus. Die Mutter der Getöteten, Frau W. wurde durch Beschluss des Landgerichts Bochum vom 19.08.2011 als Nebenklägerin zugelassen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer der Ne-benklägerin als Beistand nach § 397 a Abs. 1 Nr. 2 StPO bestellt.

Durch Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts Bochum vom 18.11.2011 wurde entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers die an diesen als gerichtlich bestellten Beistand der Nebenklägerin zu zahlende Vergütung (Gebühren und Auslagen) aus der Staatskasse auf 4.921,30 € (Gebührenanteil ohne Mehrwertsteuer: 3712,00 €) festgesetzt und die Auszahlung dieses Betrages angewiesen.

Mit Schriftsatz vom 24.11.2011 beantragte der Beschwerdeführer, „die Kosten des Nebenklägers gegen den Verurteilten A festzusetzen", und zwar in Höhe von 2.496,62 €, wobei dieser Betrag unter Abzug der aus der Staatskasse bereits gezahlten 4.921,30 € berechnet worden war.

Wegen der Einzelheiten dieses Festsetzungsantrags wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug genommen.

Die Rechtspflegerin des Landgerichts Bochum hat mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbe-schluss vom 10.01.2011 unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen die aufgrund des Urteils des Landgerichts Bochum vom 21.09.2011 von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden Kosten auf 249,52 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 28.11.2011 festgesetzt. Wegen der Einzelheiten dieses Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug genommen.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen ihn, für den Fall, dass der Beschwerdewert von 200,- € überschritten werde, die sofortige Beschwerde, anderenfalls die befristete Erinnerung, zulässig sei sowie, dass Rechtsbehelfe binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung bei Gericht eingegangen sein müssten und auch zu Protokoll der Ge-schäftsstelle erklärt werden könnten.

Gegen den ihm am 27.01.2012 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1 0.01 .201 2 hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 09.02.2012, der am 10.02.2012 beim Landgericht Bo-chum eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt, der der Rechtspfleger mit Verfügung vom 23.03.2012 nicht abgeholfen hat.

II.

1.
Als Beschwerdeführer ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht die Nebenklägerin W. vertre-ten durch Rechtsanwalt S. sondern dieser selbst anzusehen. Er ist auch beschwerdebefugt.

Nach § 53 Abs. 2 S. 1 RVG steht dem gemäß § 397 a Abs. 1 StPO dem Nebenkläger als Beistand bestellten Rechtsanwalt nur gegen den Verurteilten, nicht aber gegen den Nebenkläger, ein An-spruch auf Zahlung der Gebühren eines gewählten Beistands zu (vgl. Hartung in Har-tung/Schons/Enders, RVG, § 53, Rdnr. 18 ff.; N. Schneider in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar, RVG, 5. Aufl., § 53 Rdnr. 5; Volpert in Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., § 53 Rdnr. 9; Houben in Baumgärtel/Hergenschröder/Houben, RVG, 15. Aufl., § 53 Rdnr. 4; Kroiß in Mayer/ Kroiß, RVG, § 53 Rdnr. 13). Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass eine rechtskräfti-ge Verurteilung des Angeklagten erfolgt ist (vgl. Hartung in Hartung/ Schons/Enders, RVG, § 53, Rdnr. 18 ff.; N. Schneider in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar, RVG, 5. Aufl., § 53 Rdnr. 5; Vol-pert in Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., § 53 Rdnr. 9 und 30; OLG Hamm Be-schluss vom 18.09.2003 - 3 Ws 346/03 - NJOZ 2004, 1034). Da der gemäß § 397 a Abs. 1 StPO zum Beistand des Nebenklägers bestellte Rechtsanwalt die Gebühren eines gewählten Beistandes gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 RVG nicht von seinem Auftraggeber, sondern nur von dem Verurteilten verlangen kann, stellen diese Gebühren keine notwendigen Auslagen des Nebenklägers dar (vgl. KG, Beschluss vom 13.05.2009 — 1 Ws 37/09, 1 AR 311/09 - , zitiert nach juris). Sie können daher auch nicht als von dem Verurteilten dem Nebenkläger zu erstattende notwendige Auslagen gemäß § 464 b StPO festgesetzt werden.

Der dem Nebenkläger als Beistand bestellte Rechtsanwalt kann aber unmittelbar den Verurteilten in Anspruch nehmen.

Der im Wege der Prozesskostenhilfe dem Nebenkläger beigeordnete Rechtsanwalt kann seine über die aus der Staatskasse gezahlten Beträge hinausgehende Vergütung gegen den verurteilten Angeklagten gemäß § 126 ZPO selbst beitreiben und gemäß § 464 b StPO selbst festsetzen las-sen. Das gleiche Recht hat aber auch der gemäß § 397 a Abs. 1 StPO dem Nebenkläger als Bei-stand bestellte Rechtsanwalt, wobei dieses Recht entweder unmittelbar aus § 53 Abs. 2 S. 1 RVG hergeleitet (so OLG Hamm, Beschluss vom 18.09.2003 — 3 Ws 346/03 - NJOZ 2004,1034 zu dem in seinem Regelungsgehalt mit § 53 Abs. 2 S. 1 übereinstimmenden § 102 Abs. 2 S. 2 BRAGO; N. Schneider in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar, RVG, 5. Aufl., § 53 Rdnr. 7) oder auf eine entsprechende Anwendung des § 126 ZPO gestützt wird (vgl. Hartung, a.a.O.; Kroiß, a.a.O. Rdnr. 12). Festsetzbar sind die Gebühren eines gewählten Beistandes in voller Höhe, soweit die Staatskasse die Gebühren noch nicht bezahlt hat (§ 53 Abs. 2 S. 2 RVG), anderenfalls die Differenz zwischen den Wahlanwaltsgebühren und den von der Staatskasse bezahlten Gebühren (vgl. Hartung, a.a.O.; Kroiß, a.a.O.).

Der Kostenfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts S. vom 24.11.2011 beinhaltet daher bei zutref-fender Auslegung den im eigenen Namen gestellten Antrag, die geltend gemachten Gebühren ei-nes gewählten Beistands, abzüglich der bereits durch die Staatskasse gezahlten Gebühren, ge-genüber dem verurteilten Angeklagten A festzusetzen. Da mit diesem Antrag ein eigener Anspruch des Rechtsbeistands der Nebenklägerin verfolgt wird, ist dieser selbst durch den angefochtenen Beschluss beschwert und daher auch selbst beschwerdebefugt.

2.
Zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde, die gemäß § 104 Abs. 3 ZPO, § 11 Abs. 3 RPfIG i.V.m. § 464 b StPO statthaft ist, ist der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern berufen, und nicht gemäß § 464 b S. 3 StPO i.V.m. § 568 S. 1 ZPO der Einzelrichter. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, NJW 2003, 763), wonach gemäß § 464 b S. 3 StPO auf das Verfahren (§§ 103 ff. ZPO) und die Vollstreckung (§§ 794 ff. ZPO) der Kostenfestsetzung die Vorschriften der Zivilprozessordnung lediglich insoweit Anwendung finden, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen. Demgemäß sind für das Beschwer-deverfahren die §§ 304 ff. StPO und nicht die entsprechenden Vorschriften der Zi-vilprozessordnung anwendbar (vgl. BGH a.a.O.; OLG Hamm, Beschlüsse vom 04.05.2010 - 2 Ws 52/10 - , BeckRS 2010, 12301, vom 05.06.2007 — 3 Ws 226/07 — m.w.N. - www.burhoff.de - und vom 18.06.2009 — 5 Ws 273/08 — m.w.N.).

3.
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen unter II. 2 gilt für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.01.2012 die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 S. 1 StPO (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 464 b Rdnr. 7 m.w.N.). Diese Frist ist im vorliegenden Verfahren bei der Beschwerdeeinlegung nicht eingehalten worden. Die einwöchige Beschwerdefrist endete am 03.02.2012. Die sofortige Beschwerde vorn 09.02.2012 ist jedoch erst am 10.02.2012 beim Landgericht Bochum eingegangen.

Dem Beschwerdeführer war aber von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestset-zungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Bochum vom 10.01.2012 nach den §§ 44, 45 StPO zu gewähren, da den Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der ihm mit dem ange-fochtenen Beschluss erteilten Rechtsmittelbelehrung, auf die er sich ersichtlich verlassen Katte, an der Fristversäumung kein Verschulden trifft.

4. Die infolge der gewährten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige sofortige Be-schwerde hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des zugunsten der Neben-klägerin ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses und zu einer Neufassung des Kostenfestset-zungsbeschlusses nunmehr auf den Namen des Beschwerdeführers und zu einer Festsetzung von Gebühren in der beantragten Höhe gegenüber dem Verurteilten.

a)
Gemäß der amtlichen Vorbemerkung zu Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwalts-vergütungsgesetz gelten für die Tätigkeit als Beistand eines Neben-klägers die Vorschriften des RVG entsprechend. Bei den in dem Vergütungsverzeichnis zu diesem Gesetz aufgeführten Ge-bühren handelt es sich um Rahmengebühren, die ihrer Höhe nach gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG vom Verteidiger bzw. Nebenklägervertreter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach billigem Ermessen bestimmt werden. Zu den Umständen des Einzelfalles zählen der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftrag-geber sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Unter Berücksichti-gung dieser Kriterien ist die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts für den Auftraggeber sowie für die erstattungspflichtige Dritte grundsätzlich verbindlich, es sei denn, dass sie unbillig ist. Dabei werden in der Regel Abweichungen von bis zu 20 °/0 von der angemessenen Gebühr noch nicht als unbillig angesehen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 05.12.2008 — 4 Ws 56/08 — m.w.N.; BGH, Urteil vom 08.05.2012 VI ZR 273/11 -, www.burhoff.de; Onderka in Schneider/Wolf, a.a.O.,
§ 14 RVG Rdnr. 79, 80 und 89).

Die Bedeutung der Angelegenheit ist für die Nebenklägerin als sehr hoch und damit als deutlich überdurchschnittlich einzuschätzen. Als Mutter des Tatopfers hatte sie ein erhebliches persönli-ches und ideelles und gegebenenfalls auch wirtschaftliches Interesse an dem Ausgang des Straf-verfahrens gegen den Verurteilten. Angesichts der gravierenden emotionalen und psychischen Be-lastung, der die Nebenklägerin durch die Tötung ihrer Tochter ausgesetzt war, ist auch davon aus-zugehen, dass der Beschwerdeführer der Nebenklägerin nicht ausschließlich rechtlich Beistand zu leisten hatte, sondern ihr auch persönlich in der der für sie äußerst belastenden Situation beratend und unterstützend zur Seite zu stehen hatte, so dass die Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers als schwierig einzustufen ist.

Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift vom 09.02.2012 hatte er bereits unmittelbar nach Begehung des Tötungsdelikts am 03.04.20211 die Nebenklägerin am Ort des Tatgeschehens aufgesucht, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Im vorberei-tenden Verfahren wurden zudem zahlreiche Unterredungen mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft Bochum, mit Mitgliedern der eingesetzten Mordkommission, mit Freunden und weiteren Familienangehörige des Tatopfers und die die Nebenklägerin behandelnden Ärzte geführt. Außerdem wurden allein mit der Nebenklägerin bis zur Erhebung der Anklage mit Ankla-geschrift der Staatsanwaltschaft Bochum vom 21.06.2011 vor dem Landgericht Bochum mindes-tens zehn Gespräche geführt, wie mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 15.11.2011 ausge-führt worden ist. Die von dem Beschwerdeführer im vorbereitenden Verfahren erbrachte anwaltli-che Tätigkeit ist daher auch als umfangreich einzustufen.

Angesichts dessen sind die von dem Beschwerdeführer in seinem Festsetzungsantrag vom 24.11.2011 in Ansatz gebrachten Gebühren von 300,00 Euro für die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG und von 250,00 Euro für die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG nicht als unbillig hoch anzusehen, und zwar auch unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögenverhältnisse des Verurteilten, die nur als unterdurchschnittlich bewerten sind, da er vor der Tatbegehung als Schüler über keine eigenen Einkünfte verfügte, sowie der Einkommens- und Vermögenverhältnisse der als Hausfrau tätigen Nebenklägerin, die nur als durchschnittlich einzu-stufen sind.

Hinsichtlich der Grundgebühr hält der Senat allerdings angesichts des Umstandes, dass der Be-schwerdeführer bereits in einem sehr frühen Verfahrens- und Ermittungsstadium, nämlich unmittel-bar nach der Tatbegehung eingeschaltet worden ist, und auch die erste Akteneinsicht nicht zeit-nah, sondern erst am 12.05.2011 erfolgt ist, nur eine Gebühr in Höhe von 250,00 Euro (ca. 75 `)/0 des Gebührenrahmens) für angemessen. Die geltend gemachte Gebühr von 300,00 Euro liegt aber noch innerhalb des 20 %-Rahmens und ist deshalb als verbindlich zu erachten.

Hinsichtlich der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG erachtet der Senat unter Berücksichti-gung der oben dargelegten Kriterien in Übereinstimmung mit der Kostenfestsetzung durch den Rechtspfleger in dem angefochtenen Beschluss die von dem Beschwerdeführer geltend gemachte Höchstgebühr von 250,00 Euro für angemessen.

Bezüglich der Höhe der Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor der Jugendkammer ge-mäß Nr. 41118/4119 VV RVG ist nach Auffassung des Senat eine Gebühr in Höhe von 485,00 Eu-ro (ca. 73 % des Gebührenrahmens) als angemessen anzusehen. Dabei ist im Rahmen der vorzu-nehmenden Abwägung neben der hohen Bedeutung der Angelegenheit für die Nebenklägerin, der - bereits oben erörterten - Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verurteilten bzw. der Nebenklägerin in Bezug auf das für die Gebührenbemessung besonders gewichtige Kriterium des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, dass die Nebenklägerin auf die Hauptverhandlung vorzubereiten war, dass bei dieser nach den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift vom 09.02.2012 auch nach der Erhebung der Anklage gegen den Verurteilten weiterer erheblicher Beratungsbe-darf, insbesondere in Bezug auf dessen - nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht wahr-heitsgemäßen - Einlassung - zu dem Entkleiden des Tatopfers nach dem Tötungsdelikt bestand, hierzu auch weitere zahlreiche Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung mit der Nebenklägerin, aber auch Besprechungen mit anderen Verfahrensbeteiligten geführt wurden und erneute Einsicht in die Akten (drei Bände Hauptakten, ein Sonderband "Gutachten", ein Sonderband "Lichtbilder", eine Spurenakte) sowie Einsicht in das testpsychologisches Gutachten des Sachverständigen Dr. Kutscher genommen worden ist.

Die von dem Beschwerdeführer in Ansatz gebrachte Gebühr von 580,00 Euro liegt noch innerhalb des 20 %-Rahmens und ist deshalb nicht als unbillig hoch anzusehen.

Das wesentliche Kriterium für Terminsgebühren gemäß Nr. 4120 W RVG ist die Terminsdauer, wobei Warte- und Pausenzeiten grundsätzlich miteinzuberechnen sind (OLG Hamm, Beschluss vom 07.05.2009 - 4 Ws 56/09 - m. w.N.). Abzustellen ist daher grundsätzlich jeweils auf den rich-terlich verfügten Beginn des Hauptverhandlungstermins und dem in der Sitzungsniederschrift je-weils vermerkten Ende des Termins. Unter Berücksichtigung der Terminsdauer der Hauptverhand-lungstermine am 07.09.2011 (6 Stunden und 42 Minuten), am 09.09.2011 (7 Stunden und 8 Minu-ten), am 13.09.2011 (6 Stunden und 48 Minuten) und 21.09.2011 (6 Stunden und 3 Minuten) sowie einer — als erforderlich anzusehenden — längeren Vorbereitungszeit sowohl für den ersten Hauptverhandlungstermin als auch für den Hauptverhandlungstermin am 09.09.2011, da in für die-sen Termin die (erneute) Vernehmung der Nebenklägerin vorgesehen war - deren erste Verneh-mung war im Termin am 07.09.2011 wegen der damit verbundenen erheblichen emotionalen Be-lastung der Nebenklägerin auf deren Bitte vorzeitig abgebrochen worden - vernommen werden sollte, sowie auch für den Termin am 21.09.2011, da das Plädoyer zu diesem Termin vorbereitet werden musste, hält der Senat für diese Termine Gebühren in Höhe von jeweils 670,00 Euro (ca. 76 % des Gebührenrahmens) für angemessen. Für die Hauptverhandlungstermine vom 14.09.2011(5 Stunden und 47 Minuten ) und 16.09.2011 (5 Stunden) erachtet der Senat unter Be-rücksichtigung der etwas geringeren Dauer dieser Termine Gebühren in Höhe von jeweils 650,00 Euro ca. 74 % des Gebührenrahmens) für angemessen, wobei hinsichtlich des Termins am 16.09.2011 die kürzere Verhandlungsdauer dadurch aufgewogen wird, dass angesichts des Um-standes, dass sich der damalige Angeklagte in diesem Termin umfassend zur Sache geäußert hat, davon auszugehen ist, dass für die Nachbereitung dieses Termins ein deutlich größerer Zeitauf-wand zu veranschlagen ist.

Die von dem Beschwerdeführer in Ansatz gebrachten Terminsgebühren von jeweils 780,00 Euro weichen von den als angemessenen anzusehenden Gebühren nicht mehr als 20 % ab und sind daher für die Gebührenfestsetzung verbindlich.

b)
Soweit der Beschwerdeführerin in seinem Kostenfestsetzungsantrag über die Gebühren eines ge-wählten Beistandes hinaus auch Auslagen in Ansatz gebracht hat, kann er diese nicht von dem Verurteilten erstattet verlangen. Denn der eindeutige Wortlaut des § 53 Abs. 2 S. 1 RVG lässt nur die Geltendmachung von Gebühren eines gewählten Beistands gegen den Verurteilten zu, gewährt aber keinen Anspruch auf Zahlung von Auslagen (vgl. Volpert in Burhoff, RVG Straf- und Bußgeld-sachen, 3. Auflage, § 53 RVG Rdnr. 4). Die geltend gemachten Auslagen nebst Mehrwertsteuer, die durch die Staatskasse bereits vollständig beglichen worden sind, sind daher bei der Berech-nung des Erstattungsanspruches nicht zu berücksichtigen.

c) Der Erstattungsanspruch berechnet sich daher wie folgt:
Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 W RVG Verfahrensge-bühr gemäß Nr. 4118 W RVG
Terminsgebühren gemäß Nr. 4120 W RVG (6 x 780,00 Euro)
abzüglich der durch die Staatskasse gezahlten Gebühren eines bestellten Beistands
Differenz
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer
300,00 Euro 250,00 Euro 580,00 Euro 4680,00 Euro 5810,00 Euro
3712,00 Euro
2098,00 Euro 398,62 Euro
2496,62 Euro.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 473 Abs. 3 und 4 StPO.

Einsender: RA E. Schenkel, Bochum

Anmerkung:


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