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Kostenfestsetzungsverfahren, Anträge auf gerichtliche Entscheidung, Abrechnung, Angelegenheiten
Gericht / Entscheidungsdatum: Amtsgericht Viechtach, Beschl. v. 24.02.2012 - 7 II OWi 892/11
Leitsatz: Die Vorbemerkung 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG erfasst nicht Anträge auf gerichtliche Entscheidung, die sich gegen einen selbständigen Kostenbescheid im Sinne des § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG richten. Der vom Rechtsanwalt erbrachte Mehraufwand für solche Anträge kann (nur) durch eine Erhöhung Verfahrensgebühr berücksichtigt werden.
Mehrere Antragsverfahren im Kostenfestsetzungsverfahren stellen dieselbe Angelegenheit dar.
Amtsgericht Viechtach 7 II OWi 892/11 In dem Bußgeldverfahren gegen pp
wegen Kosten wg. Entscheidung wg § 108, 62 OWiG u.a. erlässt das Amtsgericht Viechtach durch den Richter am 24.02.2012 folgenden Beschuss
1. Der ',Kostenfestsetzungsbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizei-verwaltungsamt .. wird dahin abgeändert, dass dem Betroffenen weiter 28,56 als notwendige Auslagen zu erstatten sind. 2. Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. 3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffene trägt die Staatskasse zu 38 % und der Betroffene zu 62 % mit Ausnahme der Gerichtsgebühr, die der Betroffene trägt. Die Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe: I. Mit Bußgeldbescheid vom 22.10.2010 wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 25,00 festgesetzt nebst Verfahrenskosten. Mit Bescheid 'vorn 08.12.2010 wurde der Bußgeldbescheid vom 22.10.2010 zurückgenommen und das Verfahren eingestellt, Es wurde gemäß § 109a Abs. 2 OWG davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.
Gegen die Auslagenentscheidung vorn 08.12.2010 wandte sich der Betroffene mit dem (ersten) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 15.12.2010. Die Verwaltungsbehörde half dem An-trag ah. Mit Bescheid vorn 15.02.2011 wurden die notwendigen Auslagen des Betroffene der Staatskasse auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 22.01.2011 wurde die Erstattung von 307,62 aus der Staatskasse begehrt. Mit Bescheid vom 18.04.2011 wurden die zu erstattenden Kosten lediglich in Höhe von 261,21 festgesetzt.
Hiergegen wandte sich der Betroffene mit dem (zweiten) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28,04.2011. Er begehrte weitere Kostenfestsetzung in Höhe des Differenzbetrags und be-antragte hilfsweise, weitere 11,90 zu erstatten durch Erhöhung der Gebühr Nr. 5101 VV RVG um 10,00 zzgl. Ust. Mit Bescheid vom 27.07.2011 wurde - nach Vorlage durch das Amtsge-richt- im Wege der Abhilfe dem Hilfsantrag entsprochen und über den am 18.04,2011 bereits festgesetzten Betrag hinaus weitere 11,90 festgesetzt. Auf Antrag des Betroffenen vom 04.08.2011 wurden mit Bescheid vom 26.08.2011 der Staatskasse die Kosten des Verfahrens über den (zweiten) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28.04.2011 auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 01.09.2011 wurde die Erstattung von 92,82 aus der Staatskasse begehrt. Mit Bescheid vom 07.10.2011 wurden die zu erstattenden Kosten lediglich in Höhe von 17,85 festgesetzt. Festgesetzt wurde eine 0,5-Gebühr gemäß Nr. 3500 VV RVG aus einem Gegenstandswert bis 300 , mithin 12,50 nebst Auslagenpauschale und Ust., ins-gesamt 17,85 .
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit dem vorliegenden (dritten) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 22.10.2011. Er ist der Auffassung, dass für das Antragsverfahren vom 28.04.2011 ein Gegenstandswert von 11,90 anzunehmen sei. Aus diesem Gegenstandswert wären Gebühren nach dem 3. Teil des RVG angefallen, nämlich eine 1,3-Gebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG, mithin 32,50 , nebst Auslagenpauschale in Höhe von 6,50 und Ust. in Höhe von 7,41 , insgesamt also 46,41 . Er ist ferner der Auffassung, dass diese Gebühr zweimal angefallen sei, einmal für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und einmal für das ge-richtliche Verfahren vor dem Amtsgericht. Daher müssten - wie im Antrag vom 01.09.2011 be-gehrt - 92,82 erstattet werden,
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß §§ 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 62 OWiG zu-lässig. Insbesondere ist die zweiwöchige Frist des §108 Abs. 1 Satz 2 OWG eingehalten.
III. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zum Teil begründet. Dem Betroffenen sind für das mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28.04.2011 eingeleitete Verfahren notwendi-ge Auslagen für Rechtsanwaltsgebühren In Höhe von insgesamt (einmal) 46,41 zu erstatten. Nachdem im Ausgangsbescheid vom 07.10.2011 lediglich 17,85 festgesetzt wurden, war der Bescheid dahingehend abzuändern, dass weitere 28,56 zu erstatten sind. Die zusätzlich be-gehrte Erstattung weiterer 46,41 hat dagegen keinen Erfolg.
1. Gemäß dem eindeutiger Wortlaut der Vorbemerkung 5 Abs. 4 Nr, 1 VV RVG fallen gesonderte Gebühren nach dem 3. Teil des VV RVG (Nummern 3100ff) an in: - Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestset-zungsbescheid (§ 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG) und - Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Ansatz der Gebüh-ren und Auslagen (§ 108 Abs. 1 5, 1 Nr. 3 'OWiG). - Nicht erfasst von der Verweisung ist der hier nicht (mehr) streitgegenständliche Fall des § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWIG, das Verfahren gegen einen selbständigen Kostenbescheid.
Der Bescheid vom 18.04.2011 ist ein Kostenfestsetzungsbescheid im Sinne von § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG und unterfällt damit der Vorbemerkung 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG. Das mit Antrag vom 28.04.2011 eingeleitete Verfahren löst damit Gebühren nach dem 3. Teil des VV RVG aus. Als Gegenstandswert sind 11,90 anzusetzen. Denn insoweit hatte der Antrag des Betroffenen vom 28.04.2011 Erfolg. Entstanden ist somit eine 1,3-Gebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG nebst Auslagenpauschale und USt, aus einem Gegenstandswert von 11,90 , mithin insgesamt 46,41 .
2. Die Gebühr ist jedoch nur einmal entstanden für das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG, Keiner der Anträge des Betroffenen löst weitere Gebühren aus.
a) Der (erste) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 15.12.2010 richtete sich gegen einen selbständigen Kostenbescheid im Sinne des § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG, nämlich gegen eine Entscheidung gemäß § 109a Abs. 2 OWiG, die mit der Einstellungsverfügung vom 08.12.2010 verbunden wurde. Wie oben ausgeführt, verweist die Vorbemerkung 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG für diesen Fall nicht auf die Vorschriften des 3. Teils. Der Mehraufwand kann, wie auch in diesem Fall letztlich, durch eine Erhöhung der Gebühr Nr. 5101 VV RVG berücksichtigt werden.
b) Der (erste) Kostenfestsetzungsantrag vom 22.012011 löst keine eigenständigen Gebühren aus, § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 14 RVG.
c) Der (zweite) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28.04.2011 löst - wie ausgeführt - die hier zu erstattende Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG aus. Soweit der Antrag zunächst bei der Verwaltungsbehörde gestellt wurde und erst - nach Nichtabhilfe - dem Gericht vorgelegt wurde, handelt es sich um ein einheitliches Verfahren. Das einheitliche Verfahren gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG beginnt mit der Stellung des* Antrags auf gerichtliche Entscheidung bei der Ausgangsbehörde, welche sodann über Abhilfe oder Vorlage an das Gericht zu befinden hat. Insoweit gilt nichts anderes als für ein Rechtsmittelverfahren nach Festsetzung im Zivil- oder Strafverfahren, wo zunächst auch eine Abhilfemöglichkeit besteht und erst bei Nichtabhilfe das Rechtsmittelgericht entscheidet,
d) In der Abhilfeentscheidung vom 27.07.2011 wurde keine Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen getroffen. Mit dem Antrag vom 04.08.2011 begehrt der Betroffene das Nachholen der Kostengrundentscheidung. Es kann offen bleiben, wie dieser Antrag rechtlich zu qualifizieren ist, denn er löst jedenfalls keine eigenständigen Gebühren aus. (1) Es spricht bereits einiges dafür, dass in der Abhilfeentscheidung vom 27.07.2011 bereits konkludent die Kostentragung der Staatskasse dem Grunde nach enthalten war, soweit der Be-troffene obsiegte. Dann wäre der Antrag vom 04.08.2011 überhaupt nicht erforderlich gewesen und der Bescheid vom 26.08.2011 lediglich deklaratorisch. Es hätte sogleich die Kostenfestset-zung gemäß § 106 OWiG betrieben werden können. Begrifflich gehört der Antrag dann zum nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren gemäß Antrag vom 01.09.2011, für das § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 14 RVG gilt. (2) Möglich erscheint auch, dass der Betroffene den Erlass eines selbständigen Kostenbeschei-des begehrte. Gegen einen solchen wäre § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG gegeben, so dass im umgekehrten Fall, also wenn der Erlass eines solchen Bescheides begehrt wird, nach dem ac-tus-contrarius-Gedanken der nämliche Rechtsbehelf gegeben wäre. Wie ausgeführt löst dieser Antrag keine Gebühren nach dem 3. Teil aus. (3) Nicht überzeugend ist, einen Antrag gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG anzunehmen, denn die Kostengrundentscheidung ist von der Kostenfestsetzungsentscheidung zu trennen, Aber auch in diesem Fall fielen wegen § 16 Nr. 10 RVG keine zusätzlichen Gebühren an, wie unten 5, ausgeführt wird.
3. Nicht entstanden ist dagegen eine Gebühr gemäß Nr. 3500 RVG, denn der Antrag auf ge-richtliche Entscheidung ist (immer) eine erstinstanzliche Entscheidung und damit weder Be-schwerde noch Erinnerung. Diese Gebühr kommt erst In Betracht, wenn gegen die gerichtliche Entscheidung Beschwerde eingelegt wird unter den Voraussetzungen des § 108 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 OWIG.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 62 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO. Der Be-troffene begehrte Kostenfestsetzung in Höhe von Insgesamt 92,82 , mithin über den bereits festgesetzten Betrag von 17,85 hinaus weitere 74,97 . Er obsiegt in Höhe von 28,56 , mithin zu 38%.
5. Nur vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der vorliegende (dritte) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 22.10.2011 keine neuen Gebühren gemäß dem 3. Teil des RVG (i.V.m. Vor-bemerkung 5 Abs. 4 Nr. 1 W RVG) auslöst und ein dahingehender Kostenfestsetzungsantrag zurückzuweisen wäre. Denn gemäß § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit in jedem Rechtszug nur einmal fordern. Gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 14 RVG ist das Kostenfestsetzungsverfahren keine eigene Angelegenheit. Anders liegt der Fall, wenn es im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu einer Rechtsbehelfsentscheidung kommt. Dies ergibt sich schon aus der Vorbemerkung 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG, die besondere Gebühren, nämlich nach dem 3. Teil des RVG, für das Verfahren (unter anderem) über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid vorsieht. Jedoch fällt wiederum für mehrere Rechtsbehelfsverfahren diese besondere Gebühr nur einmal an, wie sich aus § 16 Nr. 10 RVG (entsprechend) ergibt. Dieser bestimmt für die Erinnerung und die Beschwerde, mithin für die sonst üblicherweise gegebenen Rechtsbehelfe gegen die Kostenfestsetzungsentscheidung, dass mehrere derartige Rechtsbehelfsverfahren im Kostenfestsetzungsverfahren dieselbe Angelegenheit sind. Die Vorschrift gilt für alle Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. Gerold/Schmidt RVG 19. Aufl. § 16 Rn 96), auch für das hier maßgebliche gemäß § 106 OWiG. Der statthafte Rechtsbehelf ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG, so dass mehrere Antragsverfahren im Kostenfestsetzungsverfahren dieselbe Angelegenheit darstellen.
Dies bedeutet vorliegend, dass der (zweite) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28.04.2011 die besonderen Gebühren gemäß dem 3. Teil des RVG ausgelöst hat. Das hier ge-genständliche Rechtsbehelfsverfahren, der (dritte) Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 22.10.2011, unterfiele an sich wiederum der Vorbemerkung 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG. Jedoch handelt es sich gemäß § 16 Nr. 10 RVG um dieselbe Angelegenheit, so dass mit der hier fest-gesetzten' Verfahrensgebühr Nr. 3100 W RVG für das Verfahren gemäß dem (zweiten) Antrag vom 28.04.2011 auch die Tätigkeit für dieses Verfahren gemäß dem (dritten) Antrag vom 22.10.2011 abgegolten ist.
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