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RVG Entscheidungen

Allgemeine Gebühren-/Kostenfragen - Sonstiges

Nebenkläger, Anfechtung Kostenentscheidung, Auferlegung Auslagen Angeklagter, Strafmaßberufung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2012 - 1 Ws 192/12

Leitsatz: § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO steht der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde des Nebenklägers gegen die Kostenentscheidung eines von ihm nach § 400 Abs. 1 StPO nicht anfechtbaren Urteils nicht entgegen.
Eine erfolgreiche Berufung führt nur insoweit zur Abänderung auch der erstinstanzlichen Kosten- und Auslagenentscheidung, als durch die mit der Berufung erreichte Änderung der Hauptentscheidung dieser Kostenentscheidung die Grundlage entzogen wird.
Zur Auferlegung der notwendigen Auslagen des Nebenklägers auf den Angeklagten im Fall einer Strafmaßberufung.


1 Ws 192/12 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss
In der Strafsache gegen pp.
Verteidiger:

Nebenklägervertreter: Rechtsanwalt Markus Lehmann, Lottumstraße 23, 10119 Berlin, wegen Körperverletzung
hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht am 12. November 2012 beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Nebenklägers wird die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 12. September 2012 dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte auch die dem Nebenkläger in der Berufungsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen in vollem Umfang zu tragen hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.
Gründe
I.
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 20. Juni 2011 wegen einer zum Nachteil des Neben- und Adhäsionsklägers begangenen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Ferner wurde der Angeklagte dem Grunde nach dazu verurteilt, dem Adhäsionskläger Schmerzensgeld zu zahlen und Schadenersatz zu leisten. Zugleich sind ihm die Kosten des Verfahrens und seine eigenen notwendigen Auslagen, die dem Adhäsionskläger entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen sowie die notwendigen Auslagen des Nebenklägers, dessen Nebenklage mit Beschluss vom 4. Mai 2009 zugelassen worden war, auferlegt worden.
Auf die rechtzeitig eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Neuruppin durch Urteil vom 12. September 2012 das vorgenannte Urteil im Rechtsfolgenausspruch da- hingehend abgeändert, dass der Angeklagte unter Einbeziehung der mit Urteil des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 30. August 2011 (Az: 12 Ds 119/11) verhängten Strafe kostenpflichtig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten, hat die Kammer zu 1/3 der Staatskasse und zu 2/3 dem Angeklagten auferlegt. Die Kosten der Nebenklage, einschließlich der notwendigen Auslagen des Nebenklägers hat die Kammer dem Angeklagten und dem Nebenkläger jeweils zur Hälfte auferlegt. In ihrer Begründung hierzu hat die Berufungskammer ausgeführt:
„ Hinsichtlich der Nebenklage ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 472 Abs. 1, i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO. Danach ist bei einer nachträglich auf das Strafmaß beschränkten, teilweise erfolgreichen Berufung über die Kosten der Nebenklage nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (OLG Köln, NStZ-RR 2009, 126f). Ausschlaggebend war hier die zwischen dem Angeklagten und dein Nebenkläger im Rahmen des Adhäsionsverfahrens vereinbarte Kostenaufhebung."
Zuvor hatte der Angeklagte seine zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung in der Berufungshauptverhandlung vom 12. September 2012 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf die Überprüfung des Strafmaßes beschränkt. Zudem hatten der Angeklagte und der Adhäsionskläger einen Vergleich geschlossen, wonach sich der Angeklagte verpflichtete, zum Ausgleich des Adhäsionsantrages des Neben- und Adhäsionsklägers vom 6. Mai 2009 ratenweise an diesen 300,00 € zu zahlen. Die Kosten des Adhäsionsverfahrens und des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben.
Mit Adhäsionsantrag vom 6. Mai 2009 hatte der Adhäsionskläger beantragt, den Angeklagten zu Schadenersatz in Höhe von 310,44 € und zu Schmerzensgeld nicht unter 5.000,00 € zu verurteilen sowie festzustellen, dass der Angeklagte verpflichtet sei, dem Adhäsionskläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Körperverletzungshandlung vom 3. September 2008 entstehen würde.
Gegen die Kostenentscheidung im vorgenannten Urteil wendet sich der Nebenkläger mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO statthaft. Der Senat teilt die inzwischen herrschende Meinung, wonach § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde des Nebenklägers gegen die Kostenentscheidung eines von ihm nach § 400 Abs. 1 StPO nicht anfechtbaren Urteils nicht entgegensteht (vgl. für viele: OLG Celle NdsRpfl 2008, 50).
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Die Auslagen des Angeklagten und des Nebenklägers wegen der Beteiligung der Nebenklage am Verfahren sind nicht identisch mit den Auslagen, die im Adhäsionsverfahren entstehen. Die Entscheidung über die besonderen Kosten und Auslagen des Adhäsionsverfahrens gemäß § 472a StPO war vorliegend entbehrlich, da die Beteiligten einen Vergleich — auch über die Kosten und Auslagen — abgeschlossen haben. Die Verteilung der Auslagen der Beteiligten im Nebenklageverfahren richtet sich nach § 472 StPO.
Entsprechend den Regelungen der §§ 472 Abs.1, 473 Abs. 4 Satz 2 StPO sind dem Angeklagten die notwendigen Auslagen des Nebenklägers uneingeschränkt aufzuerlegen, da er wegen einer Tat verurteilt wurde, die den Nebenkläger betrifft und Gründe für eine abweichende Billigkeitsentscheidung wie beispielsweise ein Mitverschulden des Nebenklägers nicht ersichtlich sind (vgl. Meyer-Goßner § 473 Rn. 29 m.w.N.). Zwar mag - wie im Urteil festgestellt - der Nebenkläger dadurch, dass er den Angeklagten nach der vom Angeklagten provozierten Rempelei zur Rede stellen wollte, zur Eskalation des zunächst verbal geführten Streites mit beigetragen haben. Ein Mitverschulden des Nebenklägers an der daraufhin erfolgten massiven, zu einer schweren Verletzung des Nebenklägers führenden körperlichen Attacke des Angeklagten kann hierin indes nicht gesehen werden. Hinzu kommt, dass der Teilerfolg der beschränkten Berufung des Angeklagten hauptsächlich auf die nunmehrige Unrechtseinsicht des Angeklagten und einem vorzunehmenden Härteausgleich beruht.
Die Tatsache, dass der Angeklagte und der Nebenkläger in der Hauptverhandlung im Rahmen eines Vergleichs über die Zahlung von Schadenersatz die Kosten des Adhäsionsverfahrens gegeneinander aufgehoben haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Teilnahme des Nebenklägers am Verfahren war im Hinblick auf das bis dahin gezeigte, nicht vorhersehbare prozessuale Verhalten des Angeklagten nicht zu beanstanden. Aufgrund der uneingeschränkt eingelegten Berufung des zunächst schweigenden Angeklagten bestand für den Nebenkläger ein berechtigtes Interesse, sich an der gesamten Hauptverhandlung zu beteiligen, so dass keine Umstände ersichtlich sind, die es entsprechend unbillig erscheinen ließen, den Angeklagten vollständig mit den notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Berufungsverfahren zu belasten (vgl. OLG Köln NStZ-RR 2009, 126 m.w.N.).
Das Interesse des Nebenklägers am Ausgang des Verfahrens wurde durch die Einigung in der Berufungsverhandlung auch nicht reduziert. Auch waren zu diesem Zeitpunkt seine notwendigen Auslagen bereits vollumfänglich entstanden. Zudem entspricht die im Vergleich gefundene Kostenvereinbarung einer Üblichen für Vergleiche und dürfte lediglich der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass der Nebenkläger im Rahmen der zwischen ihm und dem Angeklagten geschlossenen Vergleichs nicht vollständig mit seinem Adhäsionsantrag vom 6. Mai 2009 durchgedrungen war. Aus diesem Grund den Nebenkläger mit einem Teil seiner notwendigen Auslagen zu belasten, entspricht nach dem Vorstehenden nicht der Billigkeit.
Eine Entscheidung über die erstinstanzlich entstandenen Auslagen des Nebenklägers ist nicht veranlasst. Insoweit sind durch das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 20. Juni 2011 die notwendigen Auslagen des Nebenklägers uneingeschränkt dem Angeklagten auferlegt worden. Entgegen der vorn Nebenkläger vertretenen Ansicht werden die Kosten der I. Instanz von der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts nicht berührt.
Eine erfolgreiche Berufung führt nämlich nur insoweit zur Abänderung auch der erstinstanzlichen Kosten- und Auslagenentscheidung, als durch die mit der Berufung erreichte Änderung der Hauptentscheidung dieser Kostenentscheidung die Grundlage entzogen wird (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 1985, 898; OLG Karlsruhe MDR 1990, 464 m.w.N.; OLG Hamm NStZ- RR 2006, 95). Ist das Rechtsmittel -wie vorliegend -auf die Überprüfung der Rechtsfolgen beschränkt, ist eine Änderung der Kostenentscheidung nicht geboten. Aus dem vorliegenden Berufungsurteil ergibt sich nichts anderes. Zwar ist der Tenor der Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten und notwendigen Auslagen der Nebenklage ohne einen Hinweis auf das Berufungsverfahren missverständlich formuliert. Aus den Gründen der Entscheidung ergibt sich jedoch aus der alleinigen Bezugnahme auf § 472 Abs. 1 i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO zweifelsfrei, dass hier nur die Kosten und notwendigen Auslagen der Nebenklage im Rechtsmittelverfahren gemeint sein können. Eine Zusammenschau ergibt damit eindeutig, dass eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung tatsächlich nicht erfolgt ist, was auch der oben dargestellten Rechtslage entspricht.
Die Kostenentscheidung bezüglich des Beschwerdeverfahrens beruht auf der entsprechenden Anwendung von §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Einsender: RA M. Lehmann, Berlin

Anmerkung:


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