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Bußgeldverfahren, Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Abrechnung
Gericht / Entscheidungsdatum: AG Senftenberg, Beschl. v. 31.01.2013 - 59 OWi 390/12
Leitsatz: Im Bußgeldverfahren liegt bei dem Verfahren wegen Akteneinsicht und dem damit verbundenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegenüber dem Bußgeldverfahren ein eigenständiges Verfahren vor.
59 OWi 390/12 Amtsgericht Senftenberg Beschluss In der Bußgeldsache gegen pp. ... Antrag auf gerichtliche Entscheidung wegen Kostenerstattung hat das Amtsgericht Senftenberg am 31.01.2013 durch den Richter am Amtsgericht beschlossen: 1. Der Bescheid des Landes Brandenburg Zentraldienst der Polizei/Zentrale Bußgeldstelle - vom 23.10.2012 Aktenzeichen 674/12/0027154/4 wird aufgehoben. 2. Das Land Brandenburg Zentraldienst der Polizei/Zentrale Bußgeldstelle hat dem Betroffenen Anwaltskosten in Höhe von 57,50 Euro zu erstatten. 3. Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet verworfen. 4. Die Gebühr für dieses Verfahren wird auf 4/5 ermäßigt. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden zu 1/5 der Staatskasse auferlegt. Im Übrigen hat der Betroffene seine Auslagen selbst zu tragen.
Gründe: 1. Die Verwaltungsbehörde hat gegen den Betroffenen am 15.05.2012 einen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit über 580,00 erlassen. Hiergegen hat der Betroffene Einspruch eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Die Verwaltungsbehörde hat sich geweigert, dem Betroffenen auch Einsicht in die Bedienungsanleitung des Messgerätes zu gewähren. Auf den Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hat das Amtsgericht Senftenberg am 06.06.2012 einen Beschluss mit folgendem Tenor erlassen:
1. Dem Verteidiger ist Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung des Messgerätes mit Geräte-Nr. 5325 des Herstellers eso GmbH, Typ ES 3.0, durch Übersendung der Bedienungsanleitung zu gewähren, 2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse."
Mit Schreiben vom 23.07.2012 hat der Verteidiger des Betroffenen seine Gebühren wegen des Antrages auf gerichtliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde in Höhe von 298,69 in Rechnung gestellt.
Nach Abgabe der Bußgeldsache durch die Verwaltungsbehörde hat der Betroffene seinen Einspruch gegenüber dem Amtsgericht Senftenberg zurückgenommen.
Mit Bescheid vom 23.10.2012, dem Verteidiger zugestellt am 25.10.2012, hat die Verwaltungsbehörde die Vergütungsfestsetzung abgelehnt. Mit Schreiben vom 25.10.2012, der Verwaltungsbehörde zugegangen am selben Tag, hat der Verteidiger sein Unverständnis über diese Entscheidung ausgedrückt und Schadensersatzklage angedroht. Die Verwaltungsbehörde hat diese Eingabe als Antrag auf gerichtliche Entscheidung angesehen und dem Amtsgericht Senftenberg vorgelegt.
2. Die Eingabe vom 25.10.2012 ist als Antrag auf gerichtliche Entscheidung anzusehen, da es sich dabei gemäß §§ 108 Abs. 1, 62 OWiG um den einschlägigen Rechtsbehelf handelt und der Verteidiger zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit dem Inhalt des Bescheides nicht einverstanden ist.
Inhaltlich ist er dem Grunde nach gerechtfertigt, der Höhe nach jedoch nur zu einem geringen Teil.
Entgegen der Rechtsauffassung der Verwaltungsbehörde liegt bei dem Verfahren wegen Akteneinsicht und dem damit verbundenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegenüber dem Bußgeldverfahren ein eigenständiges Verfahren vor. Dies folgt schon daraus, dass gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG eine eigenständige Kostenentscheidung grundsätzlich stattfindet und auch der wohl herrschenden Meinung" folgend (vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 62 Rn. 32 a) - im Beschluss vom 06.60.2012 stattgefunden hat. Wenn aber das Gericht der Staatskasse Kosten wegen des Antrages auf gerichtliche Entscheidung auferlegt hat, sind solche auch gesondert zu erstatten.
Soweit im angefochtenen Bescheid Kommentierung zu § 109 OWiG zitiert wird, ist jene für den vorliegenden Fall schon deshalb nicht einschlägig, weil die genannte Vorschrift die Sonderfälle der Entscheidung über die Einspruchsverwerfung und die Widereinsetzung wegen Versäumung der Einspruchsfrist behandelt und nur für diese Fälle bestimmt, dass sich die Kostentragung nach der abschließenden Entscheidung richtet. Daraus folgt aber zusätzlich, dass in anderen Fällen so auch im am 06.06.2012 entschiedenen Fall die Kostentragung der konkreten gerichtlichen Entscheidung folgt und die Staatskasse unabhängig vom weiteren Verlauf das Bußgeldverfahren die Kosten des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung zu tragen hat.
Auch trifft die Auffassung der Verwaltungsbehörde, es bestehe schon kein Gebührentatbestand für die Vertretung im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung wegen Akteneinsicht, nicht zu. Vielmehr handelt es sich um ein Verfahren vor der Verwaltungsbehörde im Sinn von Teil 5, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2 RVG Anlage 1 (vgl. Gerold-Schmidt-Burhoff, RVG, 20. Auflage, VV 5101 - 5106 Rn. 6); das Gericht hält demnach auch nicht mehr am Hinweis gegenüber dem Verteidiger vom 21.12.2012 fest, in dem die vorläufige Rechtsansicht vertreten wurde, es könne ein Fall von Nr. 3500 VV RVG vorliegen. Die Verfahrensgebühr gemäß Nrn. 5101, 5103, 5105 VV RVG einerseits und gemäß Nrn. 5107, 5109, 5111 VV RVG andererseits kann dem Verteidiger also zwei Mal zustehen, nämlich zum einen im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und zum anderen im gerichtlichen Verfahren (vgl. Gerold-Schmidt-Burhoff, RVG, 20. Auflage, VV Vorb. 5.1 Rn. 3 f.).
Nach allem standen dem Verteidiger für die Vertretung im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung Gebühren wie folgt zu, die die Staatskasse auf Grund der Kostenentscheidung vom 06.06.2012 dem Betroffenen zu erstatten hat:
- Verfahrensgebühr gemäß Nr. 5103 VV RVG (einfacher Sachverhalt mit vergleichsweiser geringer Bedeutung, es geht nur um die mehrfach entschiedene Rechtsfrage zum Umfang der Akteneinsicht) 40,00 - Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 8,00 48,00 zuzüglich Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 9,12 insgesamt 57,12
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