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Leitsatz: Durch die vollständige Verrechnung gezahlter Pflichtverteidigergebühren wird der anerkannte Grundsatz gewahrt, wonach ein Beschuldigter insgesamt nicht mehr als die Gebühren eines Wahlverteidigers zu zahlen haben soll.
In pp. Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.
Der Beschwerdewert wird auf 1930,18 festgesetzt. Gründe I. Gegen den früheren Angeklagten B erhob die Staatsanwaltschaft Erfurt unter dem Aktenzeichen 840 Js 24269/10 Ende November 2010 Anklage zum Amtsgericht Erfurt wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gemeinschaftlichem Raub und gemeinschaftlicher versuchter Nötigung. Wegen dieser Taten sowie weiterer Taten hatte die Staatsanwaltschaft Erfurt bereits am 28.07.2010 gegen vier Mitangeklagte Anklage zum Amtsgericht Erfurt erhoben. Am 10.02.2010 wurde Rechtsanwältin M vom Amtsgericht Erfurt zur Pflichtverteidigerin bestellt.
Mit Beschluss vom 13.12.2010 wurde das Verfahren 840 Js 24269/10 422 Ls zum führenden Verfahren 840 Js 10042/10 422 Ls hinzuverbunden und die Sache wurde an die zuständige Strafkammer des Landgerichts Erfurt verwiesen, da die Strafgewalt des Amtsgerichts Erfurt nicht ausreiche. Hierfür war u. a. maßgeblich, dass gegen den früheren Mitangeklagten R F eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Leipzig im Verfahren 3 KLs 701 Js 22567/10 einzubeziehen war.
Mit Urteil des Landgerichts Erfurt vom 21.02.2012 wurde der frühere Angeklagte B der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen und unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 16.02.2009, Az. 810 Js 28822/09 43 Ds, verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Übrigen wurde er freigesprochen. Im Umfang des Freispruchs wurden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten B der Staatskasse auferlegt.
Die Pflichtverteidigergebühren der Beschwerdeführerin wurden mit Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 02.04.2012 - weitgehend entsprechend dem Antrag der Verteidigerin vom 05.03.2012 - auf 2.243,51 festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 30.11.2012 beantragte die Verteidigerin die Festsetzung der auf den Freispruch entfallenden Gebühren, wobei sie die Wahlverteidigerhöchstgebühren in Ansatz brachte (4.173,69 ). Auf den Hinweis der zuständigen Rechtspflegerin, dass der Antrag nicht den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung nach der Differenztheorie entspricht, teilte die Verteidigerin dem Landgericht mit, dass dann, wenn nur die zum Schuldspruch führende Körperverletzungshandlung Gegenstand des Verfahrens gewesen wäre, eine Verhandlung vor dem Amtsgericht - Strafrichter - hätte erfolgen können und eine Verteidigung insoweit nicht notwendig gewesen wäre. Festzusetzen seien deshalb 4.173,69 abzüglich der ausgezahlten Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 2.243,51 , mithin 1930,18 . Nur vorsorglich bezifferte sie die auf die Verurteilung entfallenden Gebühren auf 2.448,19 .
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18.09.2013 hat die Rechtspflegerin den Antrag der Verteidigerin auf Festsetzung der notwendigen Auslagen des ehemals Beschuldigten M B gegen die Staatskasse gemäß § 464b Satz 1 StPO vom 30.11.2012 sowie den rein vorsorglich gestellten Antrag vom 08.02.2013 zurückgewiesen. Der Beschluss geht davon aus, dass sich bei grundsätzlich für erstattungsfähig erachteten (fiktiven) Wahlverteidigerkosten für die Gesamtverteidigung in Höhe von 3.510,86 unter Anwendung der Differenztheorie - d. h. nach Abzug der fiktiv zu ermittelnden Gebühren für diejenigen Tatvorwürfe, die zur Verurteilung geführt haben und die mit 2.448,19 anzusetzen seien - ein Betrag von 1.062,67 als auf den Freispruch entfallende Gebühren und Auslagen ergebe. Da die bereits aus der Staatskasse gezahlten und anzurechnenden Pflichtverteidigergebühren von 2.243,51 diesen Betrag übersteigen, verbleibe kein gegen die Staatskasse festzusetzender Betrag.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 27.09.2013, mit der die Verteidigerin auf ihre bisherigen Ausführungen Bezug nimmt und insbesondere auf die vom OLG Oldenburg mit Beschluss vom 25.01.2007, 1 Ws 573/06, vertretene Rechtsauffassung verweist. II.
Auch wenn die Verteidigerin das Rechtsmittel (wie schon den Kostenfestsetzungsantrag) nicht ausdrücklich im Namen des - nach der Kostengrundentscheidung allein erstattungsberechtigten - Angeklagten eingelegt (gestellt) hat, ist davon mangels Darlegung einer eigenen Antragsberechtigung der Verteidigerin (z. B. aufgrund Abtretung) im Zweifel auszugehen (vgl. KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464b Rdnr. 3). Die mit dieser Maßgabe statthafte und zulässige (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 464b Satz 3, 304 Abs. 3 Satz 1, 311 Abs. 2 StPO) sofortige Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet.
1. Ob und in welcher Höhe der Angeklagte die Gebühren eines gewählten Verteidigers, die er nach § 52 Abs. 1 RVG dem Pflichtverteidiger schuldet, im Falle eines Teilfreispruchs als notwendige Auslagen im Sinne von § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO aus der Staatskasse ersetzt verlangen kann, ist in drei Schritten zu ermitteln (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.01.2013, III-1 Ws 363/12 bei juris).
Zunächst ist der Vergütungsanspruch festzustellen, den der Pflichtverteidiger nach dem tatsächlichen Verfahrensablauf als Wahlverteidiger hätte. Im zweiten Schritt sind von diesen Gebühren die Gebühren abzuziehen, die angefallen wären, wenn der Angeklagte von vornherein nur wegen der Taten verfolgt worden wäre, deretwegen er verurteilt worden ist. Schließlich ist von der Differenz der Betrag abzuziehen, den die Staatskasse als Gebühren an den Pflichtverteidiger gezahlt hat (§ 52 Abs. 1 Satz 2 RVG).
Die Pflichtverteidigerin hat mit ihrem Antrag vom 30.11.2012 fiktive Wahlverteidigergebühren nebst Umsatzsteuer in Höhe von 4.173,69 in Ansatz gebracht. Die Höhe dieser Gebühren wird in dem angefochtenen Beschluss indessen zu Recht beanstandet. Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG sind jedenfalls Gebühren für die Fortsetzungstermine vom 30. und 31.01. sowie 03. und 21.02.2012 in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühr nicht angemessen. Umfang und/oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit waren insoweit allenfalls durchschnittlich und auch die Eigentums- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten sind weit unterdurchschnittlich. Allein die besondere Bedeutung der Sache für den Angeklagten vermag den Ansatz der Wahlverteidigerhöchstgebühr für die genannten Terminsgebühren nicht zu begründen. Mithin geht der angefochtene Beschluss zutreffend davon aus, dass die fiktiv anzunehmenden Wahlverteidigergebühren mit 3.510,86 anzusetzen sind.
Für den Fall, dass der Angeklagte von vornherein nur wegen der Taten verfolgt worden wäre, deretwegen er verurteilt worden ist, berücksichtigt der angefochtene Beschluss den auch von der Verteidigerin - wenn auch von ihrem Rechtsstandpunkt nur hilfsweise - angegebenen Betrag von 2.448,19 , was nicht zu beanstanden ist.
Entgegen dem Vorbringen der Verteidigerin im Schriftsatz vom 08.02.2013 ist insbesondere davon auszugehen, dass eine Verteidigung auch dann notwendig (§ 140 StPO) gewesen und die Pflichtverteidigerbestellung auch dann erfolgt wäre, wenn nur der zur Verurteilung führende Körperverletzungsvorwurf Gegenstand des Verfahrens gewesen wäre. Aufgrund der im Raum stehenden gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung mit den eingetretenen Tatfolgen und unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten B war in jedem Fall mit dem Ausspruch einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr zu rechnen, was eine Pflichtverteidigerbestellung nach § 140 Abs. 2 StPO erforderlich gemacht hätte. Im Übrigen wäre auch bei einer auf diesen Vorwurf beschränkten Anklage unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Verfahrens eine Verbindung zum Ursprungsverfahren gegen die weiteren Angeklagten - mit der Folge der Zuständigkeit des Landgerichts - angezeigt gewesen.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verhandlung ohne den zum Freispruch des Angeklagten B führenden Teil in nennenswert kürzerer Zeit und mit weniger Verhandlungstagen abgeschlossen worden wäre. Dies ergibt sich aus dem unmittelbaren Zusammenhang der den Angeklagten zur Last gelegten Straftaten, wobei sich die Beweisaufnahme ersichtlich an allen Tagen auf das gesamte Geschehen vom 12.12./13.12.2009 bezog.
Nach alledem geht der angefochtene Beschluss zutreffend von einem Betrag von 1.062,67 als für den freisprechenden Teil des Verfahrens entstandene Gebühren und Auslagen aus.
2. Auf diesen Betrag von 1.062,67 ist die der Verteidigerin bereits aus der Staatskasse gezahlte Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 2.243,51 in voller Höhe anzurechnen, so dass im Ergebnis kein erstattungsfähiger Anspruch des Beschwerdeführers gegen die Staatskasse mehr besteht.
Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Hamburg (Rechtspfleger 1999, 413 und Beschluss vom 03.09.2007, 2 Ws 194/07 bei juris; ebenso: OLG Köln NStZ-RR 2013, 128; OLG Frankfurt NStZ-RR 2008, 264; OLG Saarbrücken Rechtspfleger 2000, 464, 565; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2010, III-1 Ws 700/09, bei juris) an. Für diese Auffassung spricht insbesondere der Wortlaut des § 52 Abs. 1 Satz 2 RVG, wonach der Anspruch (gegen den Beschuldigten) auf Wahlverteidigergebühren insoweit entfällt, als die Staatskasse Gebühren gezahlt hat. Der Angeklagte (bzw. Auftraggeber) wird also in voller Höhe der aus der Staatskasse gezahlten Pflichtverteidigerkosten von der anderenfalls durch ihn geschuldeten Wahlverteidigervergütung befreit. Diese Regelung trennt in Bezug auf die gezahlten Gebühren nicht nach deren Fallbezogenheit und nimmt keine Beschränkung auf diejenigen Verfahrensteile vor, deretwegen dem Beschuldigten ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht. Mit diesem Regelungsgehalt nimmt die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck ein anderenfalls durch Inanspruchnahme des Verurteilten (durch die Staatskasse) erzielbares Ergebnis vorweg und dient insoweit nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dem Interesse der Staatskasse, für die es oft schwierig ist, von einem Verurteilten die von ihm geschuldeten Kosten und Auslagen beizutreiben (vgl. OLG Hamburg, Rechtspfleger 1999, 413). Durch die vollständige Verrechnung gezahlter Pflichtverteidigergebühren wird auch der anerkannte Grundsatz gewahrt, wonach ein Beschuldigter insgesamt nicht mehr als die Gebühren eines Wahlverteidigers zu zahlen haben soll (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 03.09.2007, 2 Ws 194/07 bei juris).
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