Gericht / Entscheidungsdatum: LG Köln, Beschl. v. 28.02.2014 - 117 AR 8/13
Eigener Leitsatz: Zum Anfall des Haftzuschlags bei der Grundgebühr, wenn die erstmalige Einarbeitung zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem der Beschuldigte noch nicht inhaftiert war.
117 AR 8/13
LANDGERICHT KÖLN
BESCHLUSS
In Ermittlungsverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
weiter beteiligt als Vertreter der Staatskasse: Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Köln we-gen Verdachts der besonders schweren Vergewaltigung u.a.
hat die 17. große Strafkammer des Landgerichts Köln durch die Richterin am Landgericht als Einzelrichterin am 28.02.2014 beschlossen:
Die Erinnerung des Verteidigers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Land-gerichts Köln vom 14.01.2014 (117 AR 8/13) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Zuständig zur Entscheidung über die Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG das Land-gericht Köln, da bei diesem verfahrensfehlerfrei - die Kostenfestsetzung erfolgt ist (Ma-yer/Kroiß, § 56 RVG, Rz. 11). Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG ent-scheidet das Gericht über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Für eine Übertragung auf die Kammer - wie vom Bezirksrevisor angeregt - bestand vorliegend keine Veranlassung, da die Sache weder besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Erinnerung des Verteidigers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Köln vom 14.01.2014 ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der angegriffene Kos-tenfestsetzungsbeschluss rechtmäßig ergangen ist.
Die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG ist zutreffend ohne den Haftzuschlag gemäß Nr. 4101 VV RVG festgesetzt worden. Dieser fällt an, wenn sich der Beschuldigte in dem Zeitraum, der durch die geltend gemachte Gebühr abgegolten werden soll, nicht auf freiem Fuß befindet und soll den Mehraufwand des Verteidigers, der durch eine Inhaftierung des Mandanten anfällt, ausgleichen. Die Grundgebühr selbst erhält der Verteidiger für das erstmalige Einarbeiten in den Fall. Sie soll den Arbeitsaufwand honorieren, der einmalig mit der Übernahme des Mandats entsteht. Dazu gehören das erste Gespräch mit dem Mandanten und die Beschaffung der erforderlichen Informationen (z.B. die erste Akteneinsicht) sowie Telefonate mit Behörden, potentiellen Zeugen etc. (Mayer/Kroiß, RVG, Vorbemerkung 4, Nr. 4100-4103, 6. Auflage 2013, Rz. 19 und 22).
Im vorliegenden Fall ist die Grundgebühr zu einem Zeitpunkt angefallen, in dem der Beschuldig-te noch nicht inhaftiert war. Bereits am 31.05.2013 hatte sich der Verteidiger für den Beschul-digten bestellt und Akteneinsicht beantragt. Am 12.06.2013 erkundigte er sich telefonisch bei der Staatsanwaltschaft Köln nach dem Verfahrensstand und teilte mit, er stehe in telefonischem Kontakt mit dem Beschuldigten und wolle mit ihm erörtern, ob er sich angesichts der laufenden Fahndung freiwillig stellt. Dem Verteidiger wurde zudem mit Verfügung vom selben Tag Akten-einsicht gewährt. Das erstmalige Einarbeiten in den Fall im Sinne von Nr. 4100 VV RVG war somit bereits Mitte Juni 2013 erfolgt. In Haft befand sich der Beschuldigte hingegen erst im Zeitraum vom 20.07.2013 bis zum 22.07.2013.
Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht, wenn man in Übereinstimmung mit dem Kammergericht Berlin (Beschluss vom 10.11.2006, 4 Ws 166/06, RVG professionell 2007, 41) entscheidend auf die Lage zur Zeit der anwaltlichen Leistung, also das erste Informations-gespräch, und nicht auf den (früheren) Zeitpunkt abstellt, in dem die Grundgebühr entstanden ist. Denn dass es sich bei der Besprechung zwischen dem Verteidiger und dem Mandanten in der JVA am 22.07.2013 um die erste Besprechung gehandelt hat, hat der Verteidiger auf ent-sprechende gerichtliche Nachfrage unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheits-pflicht nicht bestätigt bzw. glaubhaft gemacht. Dies liegt angesichts des Verfahrensablaufs auch nicht nahe. Das Gericht nimmt insoweit ergänzend auf die überzeugenden Ausführungen des Bezirksrevisors vom 11.02.2014 Bezug.
Die anwaltlichen Tätigkeiten des Verteidigers während der dreitägigen Inhaftierung des Be-schuldigten fallen aus vorgenannten Gründen vielmehr in den Zeitraum, der durch die Verfah-rensgebühr abgedeckt wird. Dem hier tatsächlich aufgrund der Inhaftierung entstandenen Mehraufwand des Verteidigers am 22.07.2013 wurde im Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Köln durch Berücksichtigung des Haftzuschlags bei der Verfahrensgebühr (Nr. 4105 VV RVG) hinreichend Rechnung ge-tragen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
Einsender: Bezirksrevisor M. Schlaak, Köln
Anmerkung:
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