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RVG Entscheidungen

§ 14 – Strafverfahren

Nebenklage, Rahmengebühren, Bemessung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.01.2015 - 1 Ws 584/14

Eigener Leitsatz: Die besondere Bedeutung des Verfahrens für den Nebenkläger als Opfer eines versuchten Mordes ist bei den Gebühren Nr. 4118 VV RVG und Nr. 4120 VV RVG bereits berücksichtigt.


Oberlandesgericht Nürnberg
1 Ws 584/14


In dem Strafverfahren
gegen pp.
Verteidiger: Rechtsanwalt
Nebenkläger:
Nebenklagevertreter: Rechtsanwalt
wegen versuchten Mordes u. a.
-
hier: sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg -1. Strafsenat- durch die unterzeichnenden Richter am 12.01.2015 folgenden
Beschluss
1. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 01.10.2014 dahingehend abgeändert, dass aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 27.03.2014 vom Angeklagten an den Nebenkläger 2.463,18 € (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2014 zu erstatten sind.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Nebenkläger.

Gründe:
I.
Mit Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 27.03.2014 wurde der Angeklagte wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 6 Jahren verurteilt.

Entsprechend der Kostengrundentscheidung dieses Urteils machte der Nebenkläger den Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen gegen den Angeklagten, den Beschwerdeführer, geltend.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 01.10.2014 erfolgte eine Festsetzung zu erstattender Auslagen auf 3.935,09 € entsprechend dem Festsetzungsantrag des Nebenklägers vom 01.04.2014, eingegangen bei Gericht am selben Tage, welcher für die Grundgebühr, beide Verfahrensgebühren und beide Terminsgebühren jeweils die Wahlverteidigerhöchstgebühr in Ansatz brachte.

Gegen den am 07.10.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Angeklagte mit Schreiben seines Verteidigers vom 08.10.2014, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Rechtsmittel eingelegt, mit welchem er sich gegen den Ansatz der Höchstgebühren wendet.

II.
Beim Rechtsmittel des Angeklagten handelt es sich um eine sofortige Beschwerde (§ 464 b S. 3 StPO, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG) Diese ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der erfolgte Ansatz der Höchstgebühren nicht veranlasst ist.

Der Senat ist angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens der Auffassung, dass bei der Grundgebühr Nr. 4100 RVG-VV und der Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG-VV eine Erhöhung von der Mittelgebühr um die Hälfte der Differenz zur jeweiligen Höchstgebühr veranlasst ist. Bei den übrigen Gebühren erachtet der Senat den Ansatz der Mittelgebühr für angemessen, so dass sich insgesamt ein Erstattungsbetrag von 2.463,18 € nebst Zinsen ergibt.

Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen.

Zu Recht verwies der Nebenklagevertreter in seinem Kostenfestsetzungsantrag auf die besondere Bedeutung des Verfahrens für den Nebenkläger, welcher Opfer eines versuchten Mordes war. Auch waren mehrere Gutachten im Verfahren erholt worden. Allerdings handelt es sich bei sämtlichen Gutachten um kurze, einfach nachzuvollziehende Begutachtungen (Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg vom 26.06.2013, 27.06.2013, 08.07.2013, 15.07.2013 [2 Gutachten], 16.08.2013, 27.09.2013 und 21.10.2013 sowie des Landeskriminalamts vom 07.08.2013, 03.09.2013 und 12.09.2013). Auch war Gegenstand des Verfahrens ein eher einfach gelagerter Sachverhalt und die Hauptverhandlungsdauer von einem vollen und einem halben Sitzungstag für ein Verfahren wegen versuchten Mordes unterdurchschnittlich. Die Gesamtschau der anwaltlichen Tätigkeit des Nebenklägers rechtfertigt daher nicht die Festsetzung der jeweiligen Wahlverteidigerhöchstgebühren. Vielmehr erscheint bei der Grundgebühr Nr. 4100 RVG-VV und der Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG-VV eine Erhöhung von der Mittelgebühr um die Hälfte der Differenz zur jeweiligen Höchstgebühr angemessen. Bei den übrigen Gebühren erachtet der Senat den Ansatz der Mittelgebühr für sachgerecht. Die besondere Bedeutung des Verfahrens für den Nebenkläger als Opfer eines versuchten Mordes ist bei den Gebühren Nr. 4118 RVG-VV (Verfahrensgebühr Jugendkammer in einem Verfahren, welches nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört) und Nr. 4120 RVG-VV (Terminsgebühr Jugendkammer in einem Verfahren, welches nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört) bereits berücksichtigt. Weitere Kriterien, die eine Erhöhung von Gebühren wegen des Umfangs (vgl. Burhoff, RVG, 4. Aufl., Teil A. Rn. 1060), der Schwierigkeit (Burhoff, a. a. O., Rn. 1066 a) oder der Bedeutung der anwaltlichen Tätigkeit (Burhoff, a. a. O., Rn. 1068 - 1068 c) nahelegen, sind für den Senat nicht ersichtlich.

Es ergibt sich somit folgende Berechnung:
Grundgebühr Nr. 4100 RVG-VV 280,00 €
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG-VV 227,50 €
Verfahrensgebühr Nr. 4118 RVG-VV (Mittelgebühr) 395,00 €
Terminsgebühr 25.03.2014 Nr. 4120 RVG-VV (Mittelgebühr) 530,00 €
Terminsgebühr 27.03.2014 Nr. 4120 RVG-VV (Mittelgebühr) 530,00 €
Dokumentenpauschale Nr. 7000 RVG-VV 87,40 €
(50x0,50€+416x0,15€)
Post- u. Telekommunikationsp. Nr. 7002 RVG-VV 20,00 €
Ergibt (netto): 2.069,90 €
Bruttobetrag: 2.463,18 €

Die Abänderung der Festsetzung ist dem Senat möglich, da die Abweichung der geltend gemachten
Gebühren von den für angemessen erachteten Gebühren die Toleranzgrenze von 20 % (vgl. Burhoff, RVG, 4. Aufl., Teil A. Rn. 1098) überschreitet.

Der Betrag von 2.463,18 € ist ab dem 01.04.2014 - Tag des Antragseingangs - mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen (§§ 464 b S. 3 StPO, 247 BGB).

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 472, 473 StPO.


Einsender: 1. Strafsenat des OLG Nürnberg

Anmerkung:


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