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RVG Entscheidungen

Gebühren-/Kostenfragen - Kostenfestsetzung

Aktenversendungspauschale, Transport, Dienstleister

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.08.2015 - 4 Ws 117/15

Leitsatz: Transportleistungen, die durch eigene Justizkräfte mit eigenen Sachmitteln erfolgen, werden von Nr. 9003 KV GKG nicht erfasst; Voraussetzung für eine Erstattung ist vielmehr eine zusätzliche - bare oder unbare - Geldleistung, die mit dem Aktentransport in Zusammenhang steht und deshalb „verauslagt" ist.


4 Ws 117/15
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS
In der Strafsache
gegen au
hier: Kostenbeschwerde
hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 27. August 2015 beschlossen:

Die Beschwerde der Verteidigerin Rechtsanwältin Katja Koppers, Annastraße 10, 47623 Kevelaer vom 9. Juni 2015 gegen den Beschluss des Landgerichts Kleve (171 Ns 6/14) vom 28. April 2015 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe
Die Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin Koppers, hat den — inzwischen rechtskräftig -durch Urteil des Landgerichts Kleve vom 19. November 2014 Verurteilen in der Berufungsinstanz ver-treten. Mit Schriftsatz vom 19. November 2014 legte sie namens und im Auftrag ihres Mandan-ten Revision ein. Zugleich beantragte sie Akteneinsicht in die Ermittlungsakte. Die beantragte Akteneinsicht wurde ihr vom Landgericht in Kleve über ihr Gerichtsfach beim Amtsgericht in Geldern gewährt, weshalb der Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin mit Rechnung der Gerichtskasse Düsseldorf vom 22. Dezember 2014 wegen „9003 Aktenversendungspauschale" 12,00 EUR berechnet wurden. Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 wandte sich die Beschwer-deführerin gegen die geltend gemachte Aktenversendungspauschale. Die Erklärung hat das Landgericht Kleve als Erinnerung gegen den Kostenansatz angesehen, diese durch Beschluss vom 28. April 2015 zurückgewiesen und gleichzeitig gemäß § 66 Abs. 2 GKG die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung anstehenden Frage zugelassen.

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2015 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Kleve vom 28. April 2015 eingelegt und unter Bezugnahme auf Entscheidun-gen der Oberlandesgerichte Köln und Koblenz aus dem Jahr 2014 ausgeführt, die beanspruch-te Aktenversendungspauschale sei nicht gerechtfertigt, weil ihr die Akteneinsicht über das Ge-richtsfach gewährt worden sei. Dass bei diesem Aktentransport ein privater Kurierdienst tätig geworden sei, ändere nichts daran, dass es sich um eine über ein Gerichtsfach gewährte Ak-teneinsicht handele, die keine erstattungsfähigen Transportkosten verursacht habe. Der Be-zirksrevisor bei dem Landgericht Kleve ist dem entgegen getreten.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
Die Beschwerde der Verteidigerin des Verurteilten, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden hat (§ 66 Abs. 6 Abs. 1 GKG, § 122 Abs. 1 GVG), ist infolge der Zu-lassung durch das Landgericht (§ 66 Abs. 2 Satz 2 GVG) zwar zulässig, hat in der Sache je-doch keinen Erfolg, denn im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Erinnerung gegen den Kostenansatz aus der Rechnung vom 22. Dezember 2014 zurückgewiesen.

Auch nach der Regulierung des Gerichtskostenrechtes durch das 2. Kostenrechtsmodernisie-rungsgesetz vom 23. Juli 2013 fällt für die Versendung von Akten auf Antrag eine Pauschale von 12,00 EUR gemäß Nr. 9003 des KV zum GKG an, die von der Gerichtskasse geltend zu machen ist. Allerdings entsteht die Pauschale nur noch, wenn der Justiz Auslagen für Trans-port- und Verpackungskosten entstehen. Im vorliegenden Fall sind erstattungsfähige Auslagen für Transportkosten entstanden, weshalb die Erhebung von 12,00 EUR als Pauschale gerecht-fertigt sind.

1.
Von Verfassungs wegen ist es nicht zu beanstanden, dass ein Strafverteidiger, der eine Akten-versendung beantragt, als Veranlasser zu diesen Kosten herangezogen wird und ihm eine Pau-schale zur Vermeidung der Ermittlung der im Einzelfall durch die Aktenversendung entstehen-den Kosten auferlegt wird (vgl. BVerfG Beschl. v. 6. März 1996 2 BVR 386/96 -, juris).

2.
Die im GKG in Nr. 9003 des KV vorgesehene Auslagenpauschale darf jedenfalls dann erhoben werden, wenn — hier vorliegend alleine interessierend — ein beantragter Transport vorliegt und der Justiz diesbezüglich Auslagen entstehen.

a)
Der (kostenpflichtige) Transport einer Akte liegt auch dann vor, wenn diese nicht an die Post-adresse des Strafverteidigers unmittelbar übermittelt wird, sondern nach vorangegangenem Transport von einem Gerichts- oder sonstigen Justizgebäude zu dem von diesem Rechtsanwalt unterhaltenen Gerichtsfach, das sich örtlich getrennt von der Versendungsstelle befindet, er-folgt. Die Annahme eines kostenpflichtigen Transportes scheidet also vorliegend nicht schon deshalb aus, weil der Abschluss der Übermittlung der sich ursprünglich beim Landgericht Kleve befindlichen Akte an Rechtsanwältin Koppers durch das Einlegen in ihr Gerichtsfach beim Amtsgericht Geldern erfolgt ist (vgl. dazu auch schon nach altem Recht OLG Düsseldorf, Be-schl. v. 4. November 2009, 111-1 Ws 447/09 — juris).

b)
Im konkreten Fall sind auch erstattungsfähige Auslagen für Transportkosten im Rahmen der Versendung der Strafakten an die beschwerdeführende Rechtsanwältin unter Nutzung ihres Gerichtsfaches entstanden. Diese Kosten ergeben sich daraus, dass der Transport der Akte durch einen privaten Dienstleister vom Landgericht in Kleve zum Amtsgericht in Geldern erfolgt ist.

Bei der Feststellung im Wege der Auslegung, welche Auslagen von Nr. 9003 des KV zum GKG erfasst werden sollen, muss die Gesetzesgeschichte berücksichtigt werden. Im Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG), der von der Bundes-regierung im Jahr 2012 vorgelegt wurde, war zunächst bezogen auf den Auslagentatbestand der Nr. 9003 des KV zum GKG nur vorgesehen, dass die unter dieser Ordnungsnummer dort ebenfalls aufgeführte eigene Pauschale für die elektronische Übermittlung einer elektronisch geführten Akte entfallen, also Nr. 9003 nur noch die Pauschale für „die Versendung von Akten auf Antrag je Sendung" enthalten sollte (vgl. BT Drucksache 17/11471 (neu), BI. 101, 249). In seiner daraufhin erfolgten Stellungnahme zum Gesetzesentwurf vom 12. Oktober 2012 hat der Bundesrat (vgl. Drucksache 17/11471 (neu), S. 314) vorgeschlagen, die verbleibende Pauscha-le von 12,00 EUR für die Versendung der Akten auf Antrag auf 15,00 EUR anzuheben. Zur Be-gründung hat der Bundesrat damals ausgeführt, dass mit dieser Pauschale neben den reinen Versandkosten auch die Personal- und Sachkosten der Gerichte für die Prüfung des Einsichts-rechts, das Heraussuchen der Akten, die Versendung und die Rücklaufkontrolle sowie der Kos-teneinzug mit abgegolten werden sollten. Seit der letzten Erhöhung im Jahr 2004 seien die da-für anzusetzenden Kosten nämlich deutlich gestiegen. Diesem klaren fiskalischen Interesse der Länder ist der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages entschieden entgegengetreten. Er hat stattdessen vorgeschlagen, dass der Auslagentatbestand unter Beibehaltung einer Pau-schale von 12,00 EUR wie folgt gefasst werden sollte:

„Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Trans-port- und Verpackungskosten je Sendung".

Zur Begründung hat er (BT-Drucksache 17/13537, S. 268) angegeben, durch die Änderung der Formulierung solle klarer zum Ausdruck kommen, dass mit der Pauschale Ersatz barer Ausla-gen gemeint sei. Dieser Vorschlag ist Gesetz geworden.

Entgegen der Intention der Begründung des Rechtsausschusses, etwas „klarer" zum Ausdruck zu bringen, was mit den Auslagen für Transport und Verpackung gemeint ist, hat er durch die von ihm gewählte Formulierung „bare Auslagen" in der Begründung eher zur Verwirrung beige-tragen. Tatsächlich geht es nicht darum, nur und ausschließlich diejenigen Kosten für Versen-dung und Verpackung zu erstatten, die von einem Justizbediensteten mit „Bargeld" anlässlich der konkreten Versendung verauslagt wurden, denn auch der Justizbetrieb hat sich der Ent-wicklung auf dem Bankensektor angepasst und bedient sich überwiegend des viel sicheren bar-geldlosen Zahlungsverkehrs. Weil es sich bei dem Gesetzesentwurf um einen solchen zur Mo-dernisierung des Kostenrechts handelt, ist deshalb auszuschließen, dass die Justizbehörden vom Gesetzgeber dazu gezwungen werden sollten, ihren Anspruch auf Erstattung durch Fest-halten an eher antiquierten Zahlungsmethoden zu sichern. Die Neuformulierung des Auslage-tatbestandes, der keinen Hinweis auf „Bares" enthält, durch den Rechtsausschuss lässt folglich nur die Auslegung zu, dass die Absicht, durch die Pauschale - wie es in der vorausgegangenen Stellungnahme des Bundesrates heißt - andere Kosten als die reinen Versand- und Verpa-ckungskosten, die in Form von eigenen Personal- und Sachkosten den Justizbehörden entste-hen, abzudecken, verhindert werden sollte. Transportleistungen, die durch eigene Justizkräfte mit eigenen Sachmitteln erfolgen, werden deshalb von Nr. 9003 nicht erfasst; Voraussetzung für eine Erstattung ist vielmehr eine zusätzliche - bare oder unbare - Geldleistung, die mit dem Aktentransport in Zusammenhang steht und deshalb „verauslagt" ist.

Erfolgt aber die beantragte Versendung der Akte durch einen privaten Kurierdienst wie im vor-liegenden Fall - handelt es sich nicht um Personal- und Sachkosten der internen Justizverwal-tung, die durch die Neuformulierung der Nr. 9003 des KV zum GKG ausgeschlossen werden sollten. Vielmehr entstehen hierfür in Geld zu bemessende gesonderte Auslagen der Justiz und wäre es möglich - wenn auch mit viel Verwaltungsaufwand - den auf eine konkrete Akte entfal-lenden Anteil mathematisch genau zu berechnen. Wenn die Bezahlung der von den Gerichten beauftragten Kurierdienste von und zu bestimmten Gerichts- und sonstigen Justizgebäuden durch Pauschalen erfolgt, so sind diese Pauschalen nach dem üblicherweise entstehenden Auf-kommen der zu transportierenden Akten bemessen. Das der Kalkulation der Pauschale zu-grundeliegende mengenmäßige Aufkommen berücksichtigt mithin nicht nur diejenigen Akten, die auf Veranlassung der Justizbehörden selbst verschickt bzw. transportiert werden, sondern das gesamte Transportaufkommen, das täglich zu bewältigen ist. Folglich erfassen die der Kal-kulation zugrundeliegenden Aktenmengen von vorneherein auch die auf Antrag der Verteidiger zu versendenden Akten. Daraus entsteht ein Unterschied zwischen der Versendung durch pri-vate Kurierdienste und derjenigen durch justizinternes Personal. Äußerlich mögen sich zwar die Transporte für den flüchtigen Beobachter kaum unterscheiden. Fiskalisch sind diese beiden Transportarten jedoch völlig anders zu bewerten, weil im Falle der privaten Kurierdienste ein zuzuordnender Geldbetrag für den Transport entsteht, während der Transport durch Justizbe-dienstete unter Verwendung von Dienstfahrzeugen allgemein durch die Personal- und Sachkos-ten der Gerichte gedeckt ist.

c)
Eine Erstattungspflicht nach Nr. 9003 des KV zum GKG scheidet auch nicht deshalb aus, weil bei dem Transport mittels privatem Kurierdienst kein auf die konkrete Aktenversendung entfal-lener Betrag errechnet wird. Diese Handhabung ist dem Umstand geschuldet, dass die Höhe der Pauschale gesetzlich einheitlich auf 12,00 EUR festgelegt ist. Es ist also gerade nicht vor-gesehen, dem Kostenschuldner den tatsächlich entstehenden Auslagenbetrag in Rechnung zu stellen. Der Sinn dieser Kostenpauschale würde konterkariert, worauf das Landgericht zutref-fend hinweist , wenn - obwohl anschließend eine Kostenpauschale erhoben werden muss - je-weils die konkret auf die Aktenversendung entfallende Geldsumme ermittelt und in der Akte festgehalten werden müsste. Sinn und Zweck einer Pauschale ist es gerade, unabhängig von dem im Einzelfall fall tatsächlichen Aufkommen auf der Basis einer das übliche Aufkommen ab-schätzenden Kalkulation einen Betrag festzulegen, der ohne weiteren Nachweis der oft kleintei-ligen Arbeitsschritte und Materialien vom Auftraggeber zu erstatten ist. Die Grenze für diese pauschale Abrechnung ist lediglich das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, das vorliegend aber mit der Pauschale in Höhe von 12,00 EUR nicht verletzt wird.

3.
Eine andere Entscheidung ist auch nicht mit Blick auf die von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Koblenz (vgl. AnwBI. 2014, 657) und OLG Köln (Be-schl. v. 16. Oktober 2014, - 111-2 Ws 601/14 -, juris) geboten. In beiden Fällen ging es nicht um die Versendung mit abschließender Einlage in ein Gerichtsfach durch einen privaten Kurier-dienst. In den Fällen, die den zitierten Entscheidungen zu-grunde lagen, wurde der Aktentrans-port jeweils durch gerichtseigenes Personal und Material vorgenommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.

Einsender: RA Dr. D. Pichler, Kevelaer

Anmerkung:


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