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Leitsatz: Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens kommt eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nach § 397 a Abs. 2 Satz 1 StPO ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn der entscheidungsreife Antrag rechtzeitig gestellt, aber nicht rechtzeitig beschieden wurde.
In der Strafsache gegen pp. wegen Nötigung u.a. hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde der Nebenklägerin gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg vom 21. Mai 2015 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht am 04. August 2015 beschlossen: Die Beschwerde wird auf Kosten der Nebenklägerin als unzulässig verworfen.
Gründe: I. Die Beschwerdeführerin ist Nebenklägerin in einem Verfahren, das gegen ihren getrennt lebenden Ehemann wegen des Verdachts der Bedrohung und der Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu ihrem Nachteil geführt wurde. Mit Beschluss vom 06.02.2015 ließ das Amtsgerichts Celle die Beschwerdeführerin - vertreten durch Frau Rechtsanwältin B.-S. - gemäß §§ 395 Abs. 1 Nr. 5, 396 StPO als Nebenklägerin zu. Der Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwältin B.-S. wurde zurückgewiesen, da weder die Voraussetzungen des § 397a Abs. 1 StPO vorlägen, noch dargetan sei, dass die Nebenklägerin ihre Interessen nicht ausreichend wahrnehme könne oder ihr dies nicht zuzumuten sei. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat das Landgericht Lüneburg mit Beschluss vom 24.03.2015 verworfen. Durch Urteil des Amtsgerichts Celle vom 25.02.2015 wurde der An-geklagte freigesprochen. Hiergegen legten sowohl die Staatsanwaltschaft Lüne-burg/Zweigstelle Celle als auch die Nebenklägerin rechtzeitig Berufung ein. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 16.03.2015 beantragte die Nebenklä-gerin, ihr für die Berufungsinstanz Rechtsanwältin B.-S. als Nebenklägervertreterin beizu-ordnen bzw. ihr für die Hinzuziehung der Rechtsanwältin Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der Vorsitzende der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg wies diesen Antrag mit Beschluss vom 21.05.2015 zurück. Es lägen weder die Voraussetzungen für eine Bei-ordnung nach § 397a Abs. 1 StPO, noch für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO vor. Es sei - unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Staatsan-waltschaft und auf den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 24.03.2015 - nicht er-kennbar, dass die erwachsene Nebenklägerin ihre Interessen nicht ausreichend selbst wahrnehmen könne oder ihr dies nicht zuzumuten sei. Gegen diese Entscheidung erhebt die Nebenklägerin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.06.2015 Be-schwerde, der das Landgericht Lüneburg mit Beschluss vom 22.06.2015 nicht abgeholfen hat. Die Nebenklägerin führt aus, dass sie in den Verhandlungen gegen den Angeklagten immer noch psychisch sehr belastet sei und sie sich aufgrund der Trennungsfolgen und der angezeigten Vorfälle in psychologischer Behandlung befinde. Nur die Anwesenheit ihrer Rechtsanwältin ermögliche ihr ein gefasstes Auftreten vor Gericht. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 29.06.2015 sind die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin verworfen worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat in ihrer Stellungnahme vom 01.07.2015 beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig. Eine nachträgliche rückwirkende Beiordnung eines Nebenklägervertreters bzw. eine nach-trägliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das rechtskräftig abgeschlossene Verfah-ren ist grundsätzlich nicht zulässig (BGH Beschl. v. 13.10.2010, 5 StR 179/10; KK-Senge, 7. Aufl. 2013, § 397a, Rn. 2 und 11). Durch die Nebenklage wird denjenigen Verletzten, die besonders schutzwürdig erscheinen, die Gelegenheit gegeben, in dem Verfahren ihre per-sönlichen Interessen auf Genugtuung zu verfolgen, insbesondere durch aktive Beteiligung das Verfahrensergebnis zu beeinflussen und sich gegen die Verharmlosung ihrer Verlet-zungen zu wehren (M/G StPO, 58. Aufl. 2015, Vor § 395, Rn. 1 m.w.N.). Die Bestellung eines Beistandes verfolgt den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, dafür zu sorgen, dass ein Geschädigter in den vom Gesetz ausdrücklich bezeichneten Fällen (§ 397a Abs. 1 StPO) oder, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist (§ 397a Abs. 2 StPO), einen rechtskundigen Beistand erhält, der die Interessen des Nebenklägers vertritt und einen auch in dessen Interesse liegenden Ver-fahrensablauf gewährleistet. Dieser Zweck kann nach rechtskräftigem Abschluss des Ver-fahrens nicht mehr erreicht werden. Denn es gibt in diesem Zeitpunkt keine von dem Opfer-anwalt zu erbringende Tätigkeit mehr. Die Bestellung eines Beistandes nach § 397a Abs. 1 StPO bzw. die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsan-walts nach § 397a Abs. 2 StPO erfolgt mithin nicht im Kosteninteresse des Nebenklägers. Die rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechts-anwalts würde ausschließlich dem verfahrensfremden Zweck dienen, dem Beistand für ein bereits abgeschlossenes Verfahren einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (§ 45 Abs. 3 RVG), nicht jedoch einen ordnungsgemäßen Rechtsbeistand des Nebenklägers für das Verfahren zu gewährleisten (KG Berlin, Beschl. v. 06.08.2009, 4 Ws 86/09 m.w.N.). Soweit eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer rückwirkenden Beiord-nung eines anwaltlichen Beistandes oder der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach der Rechtsprechung dann in Betracht kommt, wenn der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung von Pro-zesskostenhilfe Erforderliche getan hat (vgl. BVerfGE v. 11.10.1996, 2 BvR 1777/95; BGH aaO; OLG Köln Beschl. v. 01.10.1999, 2 Ws 528/99; KK-Senge aaO), führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor. Der Antrag der Nebenklägerin vom 16.03.2015 ist durch Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 21.05.2015 beschieden worden. Diese Bescheidung war auch rechtzeitig, sie erging mehr als 5 Wochen vor der für den 29.06.2015 anberaumten Haupt-verhandlung. Hätte die Nebenklägerin nicht erst mit Schriftsatz vom 15.06.2015 Beschwer-de eingelegt, wäre aller Wahrscheinlichkeit nach auch eine Beschwerdeentscheidung noch vor der anstehenden Hauptverhandlung ergangen. Ergänzend bemerkt der Senat, dass der Beschwerde - auch im Falle ihrer Zulässigkeit - aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlus-ses in der Sache der Erfolg versagt geblieben wäre. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. IV. Gegen diese Entscheidung ist keine weitere Beschwerde gegeben (§ 310 Abs. 2 StPO).
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