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RVG Entscheidungen

Gebühren-/Kostenfragen - Allgemeines

Freispruch, Kostenentscheidung, Verfahrenskosten, notwendige Auslagen

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Köln, Beschl. v. 27.11.2015 - 117 Qs 315

Leitsatz: Werden der Staatskasse nur die Verfahrenskosten auferlegt, so darf dies selbst dann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass davon auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten umfasst sind, wenn es sich zweifelsfrei um einen Fall des § 467 Abs. 1 StPO handelt.


117 Qs 3/15
LANDGERICHT KÖLN
BESCHLUSS
In der Strafsache
gegen pp.
- Verteidiger:
weiter beteiligt als Vertreterin der Staatskasse und Beschwerdeführerin: Die Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Köln (Az. 5002-82/15) durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und die Richterin am Landgericht am 27.11.2015 beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Köln wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 17.09.2015 (707 Ds 58/14) aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag vom 27.11.2014 zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:
Mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 18.11.2014, rechtskräftig seit dem 26.11.2014, ist die frühere Beschuldigte vom Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden; hin-sichtlich der Nebenentscheidung ist folgender Tenor verkündet worden: „Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse". In den Gründen des Urteils heißt es dazu: „Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 464, 467 StPO."

Mit Schreiben vom 27.11.2014 beantragte der Wahlverteidiger der früheren Beschuldigten daraufhin, einen Betrag von 1.323,88 Euro als notwendige Auslagen festzusetzen; zur Begründung führte er aus, dass auch die notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt worden seien. Die zuständige Rechtspflegerin am Amtsgericht Köln legte daraufhin die Akte dem Abteilungsrichter mit der Anfrage vor, ob die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen zu tragen habe. Dieser vermerkte dazu am 16.01.2015: „Ja, trägt die Staatskasse als Verfahrenskosten; Entscheidung entsprechend auszulegen."

Sodann wurde die Bezirksrevisorin beim Amtsgericht Köln zu dem Kostenfestsetzungsantrag angehört. Sie widersprach dem Kostenfestsetzungsantrag und beantragte ihn zurückzuweisen, da keine ausdrückliche Auslagen-entscheidung vorliege und eine Auslegung dahingehend, dass die Kostenentscheidung die Auslagen mit umfasse, nicht möglich sei. Zur Begründung wies sie auf die Entscheidung des OLG Köln vom 14.01.2013 (2 Ws 308/11) hin.

Erneut legte die Rechtspflegerin die Akte dem Abteilungsrichter mit der Frage vor, ob die notwendigen Auslagen von der Kostenentscheidung umfasst seien. Dieser vermerkte nun: „Die Auslagen sollten der Staatskasse auferlegt werden. Es wird insoweit OLG Naumburg, NStZ-RR 2011, 189; OLG Köln JurBüro 1985, 1206 gefolgt." Die Bezirksrevisorin blieb nach erneuter Anhörung allerdings bei ihrer ursprünglichen Auffassung, dass die notwendigen Auslagen vom Kostentenor nicht umfasst seien.

Im Folgenden beantragte der Verteidiger, dem die Stellungnahmen der Bezirksrevisorin übersandt worden waren, „eine entsprechende Kosten-grundentscheidung zu treffen". Eine derartige Ergänzung oder Änderung des Tenors wurde mit einem ausführlich begründeten Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 10.09.2015 (707 Ds 58/14) jedoch abgelehnt.

Im Folgenden erließ die Rechtspflegerin am 17.09.2015 einen Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem die aus der Landeskasse gemäß § 467 StPO zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 1.323,88 Euro festgesetzt wurden.

Gegen diesen Beschluss, welcher der Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Köln am 22.09.2015 zugestellt wurde, legte die Bezirksrevisorin unter Bezugnahme auf ihre früheren Ausführungen am 24.09.2015 sofortige Be-schwerde ein.

Das Amtsgericht Köln erließ einen - gemäß § 311 Abs. 3 StPO entbehrlichen - Nichtabhilfebeschluss, stellte sowohl diesen als auch die Stellungnahmen der Bezirksrevisorin dem Verteidiger zu und setzte eine Frist zur Stellungnahme binnen 2 Wochen. Anschließend hat es die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Sie ist gemäß §§ 464b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 3 RPfIG statthaft. Denn Gegenstand des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens sind Gebühren eines Wahlverteidigers, die als zu erstattende notwendige Auslagen geltend gemacht werden; zudem überschreitet der Beschwerde- wert 200 Euro (§ 567 Abs. 2 ZPO). Die sofortige Beschwerde ist von der Bezirksrevisorin auch in zulässiger Weise, insbesondere innerhalb einer Woche ab Zustellung (§ 311 Abs. 2 S. 1 StPO), eingelegt worden. Eine Entscheidung zum Nachteil der früheren Beschuldigten war möglich, da ihr beziehungsweise ihrem Verteidiger rechtliches Gehör zur sofortigen Beschwer-de und den Ausführungen der Bezirksrevisorin gewährt worden ist (§ 308 Abs. 1 Satz 1 StPO).

2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg

a) Zunächst ist festzustellen, dass die Kostengrundentscheidung des Amts-gerichts rechtskräftig ist und nicht mehr korrigiert oder ergänzt werden kann.

Das Urteil des Amtsgerichts Köln wurde am 18.11.2014 in Anwesenheit der Beschuldigten und des Verteidigers verkündet. Eine gemäß § 464 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte sofortige Beschwerde — die eine Korrektur der Kostenentscheidung ermöglicht hätte — wurde nicht binnen der Wochenfrist eingelegt, die mit der Verkündung begann (vgl. § 35 StPO). Insbesondere kam eine Umdeutung des Kostenfestsetzungsantrags in eine sofortige Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, 2015, § 464 Rz. 12) aus dem Grund nicht in Betracht, dass dieser Antrag erst am 27.11.2014 - und damit nach Ablauf der einwöchigen Frist des § 311 StPO - gestellt worden ist.

Eine Berichtigung des Tenors durch das Amtsgericht konnte dieses — wie es in seinem Beschluss vom 10.09.2015 zutreffend ausgeführt hat — nicht vornehmen, da kein Schreibversehen oder eine sonstige offensichtliche Unrichtigkeit vorlag. Denn dies würde einen Fehler voraussetzen, der sich ohne weiteres aus den Tatsachen ergibt, für alle Verfahrensbeteiligten klar zutage liegt und jeden Verdacht einer späteren sachlichen Änderung ausschließt (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 268 Rz. 10 mwN). Nach diesen Grundsätzen ist eine Korrektur der hier getroffenen Kostenentscheidung ausgeschlossen, weil die verkündete Urteilsformel selbst in sich widerspruchsfrei und eindeutig war (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1997, 157). Der Tenor lässt aus sich heraus nicht erkennen, dass das Amtsgericht in Wirklichkeit eine Auslagenentscheidung zu Gunsten der Beschuldigten treffen wollte und davon nur irrtümlich abgesehen hat.

Zuletzt liegt auch kein Fall vor, in dem eine Nachholung des unterbliebenen Ausspruchs nach § 33a StPO in Betracht kommt. Denn dies würde voraus-setzten, dass eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft wäre (§ 464 Abs. 3 S. 1 2. HS), was allerdings ausscheidet, wenn eine Anfechtung nur mangels Beschwer (z.B. für den Ange-klagten bei freisprechendem Urteil) ausgeschlossen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, aa0, § 464, Rz. 19 mwN).

b) Die vom Amtsgericht - damit rechtskräftig und unabänderlich - getroffene Kostengrundentscheidung umfasst lediglich die Verfahrenskosten, nicht aber auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Denn grundsätzlich gilt, dass beim Fehlen einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung die notwendigen Auslagen jeweils bei demjenigen verbleiben, dem sie entstanden sind (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, 2015, 464 Rz. 12 mwN).

Werden der Staatskasse - wie vorliegend - nur die Verfahrenskosten auferlegt, so darf dies selbst dann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass davon auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten umfasst sind, wenn es sich zweifelsfrei um einen Fall des § 467 Abs. 1 StPO handelt (Beschluss des OLG Köln vom 14.01.2013, 2 Ws 308/11; KG, NStZ-RR 2004, 190; LG Koblenz, NSt-RR 2003, 191; Meyer-Goßner, aaO, § 464 Rz. 12 und § 467, Rz 20 mwN; a.A. OLG Naumburg, NStZ-RR 2001, 189, allerdings für den hier nicht gegebenen Fall, dass in den Gründen ausdrücklich § 467 Abs. 1 StPO benannt wird; inzwischen überholt: OLG Köln, JurBüro 1985, 1206). Denn dass von dem Begriff „Verfahrenskosten" die notwendigen Auslagen nicht umfasst sein können, ergibt sich bereits daraus, dass § 464 Abs. 1 und Abs. 2 StPO eindeutig zwischen Verfahrenskosten einerseits und notwendigen Auslagen andererseits unterscheidet (KG, NStZ-RR 2004, 190). Auf der gleichen Linie liegt, dass § 464a Abs. 1 StPO die Kosten des Verfahrens nur als Gebühren und Auslagen der Staatskasse definiert (LG Koblenz, NStZ-RR 2003, 191).

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Staatskasse zur Last. Zwar hat vorliegend ein zu Ungunsten der früheren Beschuldigten wirkendes Rechtsmittel der Bezirksrevisorin Erfolg, so dass es auf den ersten Blick zwingend erscheint, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, 58. Auflage, 2015, § 473 Rz. 15). Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn durch das eingelegte Rechtsmittel eine Entscheidung beseitigt werden soll, die offensichtlich gesetzeswidrig ergangen ist bzw. auf einem Irrtum des Gerichts beruht (OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1998, 159, 2000, 223). Denn in Fällen nicht richtiger Sachbehandlung kann dem Beschuldigten ausnahmsweise nicht das Risiko aufgebürdet werden, dass eine sachlich richtige Entscheidung nicht auf Anhieb getroffen wird (vgl. dazu OLG Köln, Beschluss vom 10.02.2012, 2 Ws 55/12). So liegt der Fall hier, da die Bezirksrevisorin die für eine richtige Sachentscheidung maßgeblichen Erwägungen bereits frühzeitig vor Beschlussfassung mitgeteilt, insbesondere auch ausdrücklich auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 14.01.2013 (2 Ws 308/11) hingewiesen hat. Wenn das Amtsgericht Köln dann gleichwohl einen vom Tenor nicht gedeckten Kostenfestsetzungsbeschluss erlässt, ohne die entgegenstehende obergerichtliche Rechtsprechung zu berücksichtigen, lässt dies das Ziel, eine mit dem Gesetz nicht in Einklang stehende Entscheidung zu korrigieren, in den Mittelpunkt des eingelegten Rechtsmittels rücken.

Abschließend stellt die Kammer klar, dass die — möglicherweise entstandenen — Auslagen der Beschuldigten für das Beschwerdeverfahren der Staatskasse nicht auferlegt werden konnten. Sie verbleiben nach den oben dargelegten Grundsätzen dementsprechend bei ihr.

Einsender: RA K. Hindelang, Frechen

Anmerkung:


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