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RVG Entscheidungen

Nr. 7000 VV

Scan, Kopien, Erstattungsfähigkeit, externer Dienstleister

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 11.01.2016 - 1 Ws 90/15

Leitsatz: Zur Frage, ob die Aufwendungen für den an einen externen Dienstleister - hier eine Rechtanwältin - erteilten Auftrag, Ermittlungs-/Gerichtsakten einzuscannen, erstattungsfähig sind.


KAMMERGERICHT
Beschluss
1 Ws 90/15
In der Strafsache
gegen X u.a., hier nur gegen X ,
wegen schweren Raubes u.a.
hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts
- zu 1. durch die Richterin am Kammergericht X -
am 11. Januar 2016 beschlossen:
1. Das Verfahren wird zur Entscheidung dem Senat übertragen.
2. Die Beschwerde des Rechtsanwalts H. gegen den Beschluss des Land-gerichts Berlin vom 10. November 2015 wird zurückgewiesen.

3. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Rechtsanwalt H. ist dem Angeklagten am 22. Dezember 2014 zum Pflichtverteidiger bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2015 hat er unter anderem die Festset-zung eines Betrages in Höhe von 120,10 Euro zuzüglich Umsatzsteuer als Dokumen-tenpauschale für 684 Kopien aus Behörden- und Gerichtsakten gemäß Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG beantragt. Auf Nachfrage der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Berlin, ob diese Kopien ausschließlich in Papierform hergestellt worden seien, hat er mit Schriftsatz vom 9. Juli 2015 mitgeteilt, er habe die Akten gescannt und sodann Ausdrucke des gespeicherten Dokumentes gefertigt. Daraufhin hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Antrag des Verteidigers auf Erstattung der Dokumentenpauschale zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, dass ein Rechtsan-walt, dem ein elektronisches Dokument des Akteninhaltes zur Verfügung steht, zur sachgemäßen Bearbeitung einer Rechtssache grundsätzlich keiner zusätzlichen Fo-tokopien oder Ausdrucke in Papierform bedürfe. Hiergegen hat der Verteidiger ein als Erinnerung zu behandelndes „Rechtsmittel“ eingelegt. In ihrer hierzu eingeholten Stellungnahme hat die Bezirksrevisorin des Landgerichts Berlin darauf hingewiesen, dass ausweislich des Akteninhalts nicht der Erinnerungsführer selbst, sondern eine von ihm beauftragte Dienstleisterin, Rechtsanwältin Carla B., Akteneinsicht genom-men habe, so dass ein Erstattungsanspruch des Verteidigers selbst gegen die Lan-deskasse nicht bestehe. Nach Kenntnisnahme dieser Stellungnahme hat der Vertei-diger hilfsweise beantragt, Auslagen für Rechtsanwältin B. in Höhe von 79,42 Euro brutto nach Vorbemerkung 7 Abs. 1 VV RVG in Verbindung mit §§ 675, 670 BGB festzusetzen, da diese in seinem Auftrag Akteneinsicht genommen, drei Scans ver-schiedener Aktenbestandteile angefertigt und übermittelt und ihm den genannten Be-trag in Rechnung gestellt habe. In der angefochtenen Entscheidung hat das Landge-richt Berlin sowohl die Erinnerung des Verteidigers – insoweit unter Verweis auf die bisherige Entscheidungspraxis des Senats – als auch seinen Hilfsantrag zurückge-wiesen. Hinsichtlich des Hilfsantrages hat es die Beschwerde gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen. Die allein gegen die Zurückweisung des Hilfsantrages ein-gelegte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Verfahren war gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da die Rechtssache grundsätzli-che Bedeutung hat. Zwar hat sich der Senat bereits mehrfach über die Frage der Er-stattungsfähigkeit von Fotokopien bei Existenz eines Scans des Akteninhalts geäu-ßert. Hingegen hat er über die dem Hilfsantrag zugrundeliegende Fallgestaltung der Erstattungsfähigkeit von an einen Dritten verauslagte Aufwendungen für die Ferti-gung eines Scans bislang noch nicht entschieden.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt. Der Senat ent-scheidet hierüber in der Besetzung mit drei Richtern, § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG.

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die Kosten, die dem Verteidiger durch Rechtsanwältin B. als externe Dienstleisterin für die Fertigung der Scans in Rech-nung gestellt worden sind, sind keine erstattungsfähigen Aufwendungen im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG.

Nach der gesetzlichen Systematik sind verschiedene Arten von Aufwendungen zu unterscheiden: Die allgemeinen Aufwendungen (Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 1 VV RVG) oder allgemeinen Geschäftskosten beinhalten diejenigen Positionen, die für den allgemeinen Bürobetrieb entstehen und nicht in Zusammenhang mit der Bearbei-tung eines konkreten Mandates stehen. Sie sind bereits mit den Gebühren abgegol-ten und können nicht daneben verlangt werden. Hingegen kann der Rechtsanwalt die gesonderte Erstattung derjenigen speziellen Geschäftskosten beanspruchen, die in den Nrn. 7000-7008 VV RVG aufgelistet sind. Außerdem besteht ein Erstattungsan-spruch gemäß Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG hinsichtlich derjenigen Auf-wendungen, die der Rechtsanwalt den Umständen nach für erforderlich halten durfte; insoweit wird auf § 670 BGB verwiesen, der über § 675 BGB auf den Anwaltsvertrag anzuwenden ist (vgl. zum Ganzen Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG 22. Aufl., Vorb. 7 VV Rdn. 9 ff.; Hartmann, Kostengesetze 45. Aufl., Vorbem 7 VV Rdn. 2; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen 4. Aufl., Vorbem. 7 VV Rdn. 13-17 jew. mit weiteren Nachweisen).

Die durch den Pflichtverteidiger geltend gemachten Aufwendungen für die drei durch die beauftragte Rechtsanwältin B. in Rechnung gestellten Scans verschiedener Ak-tenbestandteile unterfallen schon deshalb nicht Nr. 7000 VV RVG, weil diese Vor-schrift nur vom Rechtsanwalt selbst hergestellte oder überlassene Dokumente er-fasst (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt aaO., 7000 VV Rdn. 10). Eine Erstattung dieser Aufwendungen gemäß Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG kommt eben-falls nicht in Betracht. Dieser Vorschrift unterfallen nur diejenigen notwendigen und nützlichen Aufwendungen, die der Rechtsanwalt zur Ausführung des Auftrags auf Wunsch oder im Interesse des Auftraggebers gemacht hat (vgl. Müller-Rabe in: Ge-rold/Schmidt aaO. Vorb. 7 VV Rdn. 13; Burhoff aaO. Rdn. 11 f). Dies ergibt sich aus dem Verweis auf § 670 BGB, der bereits nach seinem Wortlaut lediglich eine Ersatz-pflicht für solche Aufwendungen vorsieht, die der Beauftragte – hier der Pflichtvertei-diger – den Umständen nach für erforderlich halten durfte.

Die Frage, welche Aufwendungen der Beauftragte gemäß § 670 BGB den Umstän-den nach für erforderlich halten darf, ist nach einem subjektiv-objektiven Maßstab zu beurteilen. Sie ist zu bejahen, wenn der Beauftragte (freiwillige) Vermögensopfer er-bringt, die nach seinem verständigen Ermessen zur Verfolgung des Auftragszwecks geeignet sind, notwendig erscheinen und in einem angemessenen Verhältnis zur Be-deutung der Geschäftsführung für den Geschäftsherrn stehen (vgl. BGH NJW 2012, 2337 m.w.N.). Bei objektiv fehlender Notwendigkeit der Aufwendungen ist eine ande-re Beurteilung des Beauftragten nur dann im Sinne des § 670 BGB gerechtfertigt, wenn er sie nach sorgfältiger, den Umständen des Falles nach gebotener Prüfung trifft (vgl. BGH aaO. und BGHZ 95, 375, 388). Als Maßstab sind insoweit die ein-schlägigen gesetzlichen Vorschriften – die in Teil 7 des Vergütungsverzeichnisses des RVG aufgeführten erstattungsfähigen Auslagen – heranzuziehen. Nur in denje-nigen Fällen, in denen ein beigeordneter Verteidiger danach einen eigenen Vergü-tungsanspruch für bestimmte Auslagen gegen die Landeskasse geltend machen könnte, unterfallen die Aufwendungen, die ihm durch die Beauftragung eines Dritten mit der entsprechenden Dienstleistung entstehen, der Erstattungspflicht nach Vor-bemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG. Nach der Entscheidungspraxis des Senats fällt jedoch das Erstellen eines Scans gerade nicht unter Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG (vgl. Beschlüsse vom 21. September 2015 – 1 Ws 64/15 – und vom 28. August 2015 – 1 Ws 51/15 – m. w. N.). Der Beschwerdeführer kann daher die Kosten, die ihm durch die Beauftragung der Rechtsanwältin B. für die Fertigung diverser Scans ent-standen sind, nicht von der Landeskasse verlangen. Sie unterfallen vielmehr – wie die Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme zutreffend ausführt – den bereits mit den Gebühren abgegoltenen allgemeinen Geschäftskosten.

3. Gebühren fallen nicht an; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und
3 RVG).

Einsender: RiKG K. P. Hanschke u. RA C. Hoenig, Berlin

Anmerkung:


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