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RVG Entscheidungen

Nr. 7000 VV

Dokumentenpauschale, Beweislast

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 11.12.2015 - 1 Ws 518/15

Leitsatz: Bei der Beantragung von Aufwendungen nach Nr. 7000 Ziff. 1 Buchst. a VV RVG liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Notwendigkeit der Ausdrucke auf Datenträger überlassener Gerichtsakten bei dem Rechtsanwalt (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; Beschluss vom 28. November 2011 - 1 Ws 415-418/11 - NJW 2012, 1671).


In der Strafsache
gegen pp.
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
hier: Pflichtverteidigervergütung
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde der Verteidigerin ge-gen den Beschluss der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 28. Septem-ber 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht dieser zu 1. als Einzel-richter - am 11. Dezember 2015 beschlossen:

1. Das Verfahren wird wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).

2. Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.


G r ü n d e :

I.

Mit Beschluss vom 28. September 2015 hat die 3. große Strafkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Hannover die Erinnerung der Verteidigerin gegen die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Hannover vorgenommene Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Pflichtverteidigervergütung - und zwar konkret das Absetzen von Auslagen für Ausdrucke aus Gerichtsakten in Höhe von 174,57 EURO - zurückgewiesen.

Gegen diesen – ihr am 2. Oktober 2015 zugestellten – Beschluss hat die Verteidigerin am 12. Oktober 2015 „weitere“ Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Zwar ist der Beschwerdewert nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG nicht erreicht. Die Be-schwerde ist aber dennoch statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG). Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht in seiner Entscheidung die „weitere“ Beschwerde gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG zugelassen hat, obwohl es selbst nicht als Beschwerdegericht, sondern als Gericht des Rechtszuges, in dem die Festset-zung erfolgt ist, über eine Erinnerung entschieden hat. Es ist hier aber eindeutig erkennbar, dass das Landgericht die Anfechtung seiner eigenen Entscheidung zulassen wollte.

Auch die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist ge-wahrt.

2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat aus zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen die Erinne-rung zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen greift demgegenüber nicht durch.

Nach Nr. 7000 Ziff. 1 Buchst. a VV RVG erhält der Rechtsanwalt die Aufwendungen für Aus-drucke aus Gerichtsakten erstattet, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Ausdrucke kommt es nicht auf die subjektive Sicht der Beschwerdeführerin oder darauf an, ob in ihrer Kanzlei eine elektronische Aktenbearbeitung üblich ist oder nicht. Vielmehr ist auf die objektive Sicht eines verständigen sachkundigen Dritten abzustellen. Dabei besteht zwar ein gewisser Ermessen-spielraum; andererseits ist der allgemeine Grundsatz der kostenschonenden Prozessführung zu beachten (vgl. Senatsbeschluss vom 28. November 2011 - 1 Ws 415-418/11 - NJW 2012, 1671, mwN).

Soweit der Senat in seiner vorgenannten Entscheidung aus der allgemein anerkannten Be-weislastverteilung nach § 46 Abs. 1 RVG gefolgert hat, dass auch bei der Anwendung von Nr. 7000 Ziff. 1 Buchst. a VV RVG die Staatskasse darlegen und beweisen müsse, dass die Auf-wendungen nicht notwendig waren, hält er hieran nicht mehr fest. Da das Vergütungsverzeich-nis nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG als Anlage zum RVG ausgestaltet worden ist, sind seine Reg-lungen Bestandteil des Gesetzes. Deshalb hat in der hier zu beurteilenden Frage die spezielle-re Regelung in Nr. 7000 Ziff. 1 Buchst. a VV RVG Vorrang; diese weist aber die Darlegungs- und Beweislast für die Notwendigkeit der Ausdrucke dem zu, der hierfür Aufwendungen gel-tend macht, also dem Rechtsanwalt (vgl. OLG Rostock JurBüro 2014, 637; OLG Braunschweig Nds. Rpfl. 2015, 332).

Der Beschwerdeführerin war vom Landgericht ein auf einem Datenträger gespeichertes Ak-tendoppel überlassen worden, aus dem dann die Ausdrucke erfolgt sind. Ob es in derartigen Fällen überhaupt noch geboten sein kann, Ausdrucke anzufertigen, oder ob infolge der Über-lassung der Datenträger nicht mehr als Gerichtsakte im Sinne von Nr. 7000 Ziff. 1 Buchst. a VV RVG, sondern als Handakte des Rechtsanwalts anzusehen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn es ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das Ausdrucken von Teilen oder der gesamten Akte notwendig war. Das vorliegende Verfahren ist von seinem Um-fang her auch nicht mit dem vergleichbar, welches der Entscheidung des Senats vom 28. No-vember 2011 zugrunde lag.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.

xxxxxx xxxxxx xxxxxx


Einsender: 1 Strafsenat des OLG Celle

Anmerkung:


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