Gericht / Entscheidungsdatum: LG Bochum, Urt. v. 18.05.2016 - 4 O 443/14
Leitsatz: 1. Zur Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung.
2. Die Vorschriften zu einem Haustürwiderruf nach §§ 355, 312 BGB a.F. sind auf eine in einer Justizvollzugsanstalt geschlossenen Vergütungsvereinbarung nicht anwendbar.
Landgericht Bochum
IM NAMEN DES VOLK
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn pp.
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin
gegen
Herrn pp.,
Beklagten,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Piotr Ziental, Kortumstr. 5, 44787 Bochum,
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18.05.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Vorsitzenden Richter am Landgericht und die Richterin für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 38 % und der Beklagte zu 62 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Kläger darf die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Rückzahlung einer Rechtsanwaltsvergütung.
Der Beklagte erhielt als Strafverteidiger des Sohnes des Klägers Zahlungen in Höhe von insgesamt 16.000,00 EUR, die der Kläger nunmehr heraus verlangt. Gegen den Sohn des Klägers wurde im Jahr 2011 ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf geführt. Er wurde in Untersuchungshaft genommen.
Der Beklagte sowie die Rechtsanwälte pp. und pp. wurden am 08.12.2011 noch im Ermittlungsverfahren als Wahlverteidiger bestellt. Der Beklagte erhielt auf sein Anfordern kurz nach seiner Mandatierung Anfang Dezember 2011 eine Vorschusszahlung für die Wahlverteidigung in Höhe von 6.000,00 EUR, die ihm am 14.12.2011 durch den Familienangehörigen pp. in Anwesenheit des Klägers übergeben wurden. Der Beklagte stellte eine Quittung zugunsten seines Mandanten aus, vgl. Anlage K 1 zur Klageschrift.
Am 17.01.2012 suchte der Beklagte den Sohn des Klägers in der Justizvollzugsanstalt Bochum auf, wobei gemäß einem Trennscheibenbeschluss eine Trennscheibe installiert war. Der Beklagte bat einen der Bediensteten der Justizvollzugsanstalt seinem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung zur Unterschrift vorzulegen, was dann auch geschah. Dem Mandanten wurde die zur Akte gereichte Vergütungsvereinbarung, BI. 47 f. d.A., im Wesentlichen unausgefüllt vorgelegt. Der Betrag von 6.000,00 EUR war eingetragen.
Am 03.05.2012 wurde der Beklagte zum Pflichtverteidiger bestellt.
Am 18.06.2012 fand in den Kanzleiräumen des Beklagten ein Besprechungstermin mit den Familienangehörigen des Klägers statt. Der Inhalt der Besprechung ist zwischen den Parteien streitig.
Am 21.06.2012 wurde dem Beklagten ein Betrag von 5.000,00 EUR durch den Angehörigen pp und am 13.07.2012 ein weiteres Mal ein Betrag in Höhe von 5.000,00 EUR durch den Angehörigen pp. übergeben. Der Beklagte erstellte jeweils eine Quittung über den Erhalt der Beträge von dem Kläger, vgl. Anlage 2 und 3 der Klageschrift.
Der erste Hauptverhandlungstermin fand am 25.07.2012 statt. Am 12.12.2012 wurde durch die Oberjustizkasse die erste Zahlung in Höhe von 19.660,97 EUR an den Beklagten bewirkt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.12.2012 erhob Herr pp. gegen den Beklagten einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich der 16.000,00 EUR.
Der Beklagte führte seine Verteidigung nicht zu Ende. Auf Antrag des Sohnes des Klägers wurde der Beklagte wegen schwerer Störung des Vertrauensverhältnisses durch Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.03.2013 von seinen Pflichten entbunden. Mit Beschluss 16.09.2013 wurde dem Beklagten auf dessen Antrag für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger für das gesamte Verfahren eine Pauschgebühr in Höhe von insgesamt 40.000,00 EUR bewilligt. Wegen des Inhalts des Beschlusses wird auf die Anlage des Schriftsatzes des Beklagten vom 23.02.2015, Bi. 50 ff. d.A., Bezug genommen. Der Sohn des Klägers wurde zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Mit Schriftsatz vom 17.03.2015 erklärte der Kläger die Anfechtung der Vergütungsvereinbarung vom 17.01.2012, hilfsweise den Rücktritt sowie äußerst hilfsweise die außerordentliche Kündigung.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm im Rahmen der Besprechung vom 18.06.2012 in Anwesenheit der Familienmitglieder mitgeteilt, dass ohne eine erhebliche Zuzahlung eine angemessene Verteidigung nicht möglich sei und auch nicht stattfinden werde. Der Beklagte habe ihnen gegenüber angegeben, dass er ohne Zuzahlung anstehende Termine mit dem Mandanten nicht wahrnehmen und auch nicht an der Hauptverhandlung teilnehmen werde. Damit habe der Beklagte gegen seine vertraglichen Informationspflichten verstoßen und beim Kläger vorsätzlich und in Bereicherungsabsicht die Fehlvorstellung hervorgerufen, dass die ordnungsgemäße Verteidigung von weiteren Zahlungen abhänge. Dass er als Pflichtverteidiger zu dieser Tätigkeit verpflichtet gewesen sei, habe er nicht mitgeteilt. Hätte der Kläger dies gewusst, hätte er auch keine Zahlungen veranlasst. Um seinem Sohn zu helfen habe der Kläger aufgrund der Initiierung von enorm hohem psychischem Druck schließlich gezahlt. Darüber hinaus habe der Beklagte die Verteidigung auch mangelhaft ausgeführt, da er Prozesshandlungen vorgenommen habe, die klar entgegen der Wünsche und Absprachen mit seinem Mandanten gewesen seien.
Der Mandatsvertrag sei als echter Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet. Er, der Kläger, sei als Kostenschuldner hinzugetreten und könne auch die Rückforderung verlangen.
Der Kläger ist der Auffassung, die Vergütungsvereinbarung sei entgegen der Anforderungen des § 3a RVG nicht wirksam abgeschlossen worden. Eine Vergütungsvereinbarung müsse zwingend Angaben darüber enthalten, welche gesetzlichen Vergütungstatbestände mit der Vereinbarung gesondert vergütet werden. Am Tag der Zahlung von 6.000,00 EUR habe eine Vergütungsvereinbarung jedenfalls nicht vorgelegen. Der Beklagte habe von ihm eine Zahlung verlangt, auf die er von Gesetztes wegen gegen seinen Mandanten keinen Anspruch gehabt habe. Der Betrag sei auch nicht dem Mandanten in Rechnung gestellt worden und daher auch nicht fällig. Die Situation in der Justizvollzugsanstalt Bochum sei vergleichbar mit einem sogenannten Haustürgeschäft.
Die Ansprüche gegen den Beklagten seien ihm, dem Kläger, am 18.12.2014 wirksam abgetreten worden.
Schließlich vertritt der Kläger die Auffassung, dass der Beklagte mit der Pauschalvergütung Ansprüche auf anderer Grundlage selbst ausgeschlossen habe. Der Anspruch auf Wahlverteidigervergütung sei nicht gegeben. Im Übrigen habe der Beklagte für seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren einen Betrag in Höhe von mehr als dem fünffachen der Wahlverteidigerhöchstvergütung erhalten, was sittenwidrigen Wucher darstelle. Die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 RVG für die Geltendmachung des Anspruchs hätten auch ersichtlich nicht vorgelegen. Vorschussanforderungen seien bei dem Anspruch aus § 52 RVG nicht erlaubt.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 16.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklage beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, die Vergütungsvereinbarung sei formwirksam abgeschlossen, so dass die Klage jedenfalls in Höhe von 6.000,00 EUR unbegründet sei. Ungeachtet eines Formerfordernisses könne er als Verteidiger diejenigen Gebühren erheben, die aus dem RVG geschuldet seien. Der Rechtsanwalt könne bis zur Zahlung seiner Gebühren in Form der Pflichtverteidigervergütung aus der Staatskasse auch direkt gegenüber dem Mandanten den Anspruch aus § 52 RVG abrechnen. Ausweislich der Kostennoten vom 30.11.2012 und vom 20.01.2012, vgl. die Anlagen zum Schriftsatz vom 27.10.2015, beliefen sich die ihm zustehenden Gebühren unter Zugrundlegung der Mittelgebühren auf insgesamt 27.154,40 EUR, so dass sein Anspruch durch die geleisteten Zahlungen noch nicht einmal vollständig getilgt sei.
Die später mit der Staatskasse abgerechneten Pflichtverteidigergebühren seien alle nach den streitgegenständlichen Zahlungen seitens des Mandanten erfolgt. Es sei also zulässig gewesen, Vorschüsse vom Mandanten auf alle voraussichtlich noch entstehenden Gebühren einzufordern. im Zuge der Abrechnung der Pauschvergütung habe er alle vom Mandanten erhaltenen Zahlungen stets angegeben.
Bei dem Besprechungstermin am 18.06.2012 habe er lediglich den Hinweis gegeben, dass ohne eine Zuzahlung eine kostendeckende Tätigkeit nicht möglich sei und dass er den Betrag einfordern werde. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung, nämlich eine Täuschung, lägen daher bereits nicht vor. Ein Widerrufsrecht sei jedenfalls verwirkt.
Darüber hinaus rügt der Beklagte die Aktivlegitimation Die Zahlung sei nicht vom Kläger bewirkt, sondern durch den Angehörigen Soweit auf die Gebührenforderung aus dem Anwaltsvertrag geleistet worden sei, habe sich die Zahlung aus Sicht des Beklagten wie eine Leistung seines Mandanten dargestellt. Die Rückabwicklung sei durch die vorrangige Rückabwicklung im Leistungsverhältnis (Sohn des Klägers/Beklagter) gesperrt.
Der Beklagte behauptet weiter, die Abtretungsvereinbarung vom 18.12.2014 sei erst im Laufe des Rechtsstreits gefertigt worden. Sie sei auch nicht von dem Sohn des Klägers unterzeichnet worden. Hinsichtlich der unter dem 14.12.2011 geleisteten 6.000,00 EUR erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung, da keine rechtzeitige Klageerhebung durch die aktiv legitimierte Person erfolgt sei.
Schließlich hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 01.02.2016 beantragt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, da eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Frage der Leistungsfähigkeit des Sohnes des Klägers im Hinblick auf seinen Antrag nach § 52 Abs. 2 S. 1 RVG ausstehe. Der Kläger hat sich dem Antrag nicht angeschlossen. Zwischenzeitlich hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 11.03.2016, Az.: 111-6 StS 1/12, festgestellt, dass der Sohn des Klägers nicht wirtschaftlich leistungsfähig ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der am 21.06.2012 durch pp. und am 13.07.2012 durch pp. in bar an den Beklagten übergebenen 5.000,00 EUR, insgesamt also 10.000,00 EUR aus abgetretenem Recht. Der Anspruch ergibt sich jedenfalls aus § 812 Abs. 1 S. 1 i.V.m, § 398 BGB.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Sohn des Klägers als Mandant und damit Bereicherungsgläubiger hat seine Ansprüche wirksam an den Kläger abgetreten.
a) Die Kammer geht davon aus, dass die Abtretungserklärung vom 18.12.2014 von dem Sohn des Klägers unterzeichnet wurde. Der Beklagte bestreitet dies zwar mit dem Argument, als juristischer Laie sei dieser gar nicht auf die Idee gekommen, seine Ansprüche abzutreten. Für die Kammer bestand jedoch aufgrund der im Original als Anlage K 5 zur Akte gereichten und in Augenschein genommenen Abtretungserklärung kein Anlass, an der Echtheit der Unterschrift zu zweifeln. Die pauschale Behauptung des Beklagten, die Erklärung sei nicht von dem Sohn des Klägers unterzeichnet, ohne dass Abweichungen oder Veränderungen im Schriftbild tatsächlich anhand von Vergleichsmaterial aufgezeigt wurden, stellt sich insoweit als unsubstantiiertes und letztlich unbeachtliches Bestreiten dar.
b) Weitere Wirksamkeitshindernisse sind nicht erkennbar. Eine Abtretung der Ansprüche war auch nicht nach §§ 399 f. BGB ausgeschlossen.
2. Der Beklagte hat durch eine Leistung des Sohnes des Klägers etwas erlangt. Leistender und damit Bereicherungsgläubiger ist, wer nach der Zweckbestimmung der Beteiligten, hilfsweise nach dem Empfängerhorizont, sei es unmittelbar, sei es mittelbar über einen Dritten, mit seinen Mitteln und auf seine Rechnung etwas zuwendet (vgl. Palandt/ Spreu, 73. Aufl., § 812 Rn. 16).
Zwar wurden die Beträge von jeweils 5.000,00 EUR am 21.06.2012 und am 13.07.2012 nicht durch den Sohn des Klägers selbst, sondern durch Angehörige an den Beklagten übergeben. Sowohl aus der Zweckbestimmung im Hinblick auf die Mandatsübernahme als auch aus dem Empfängerhorizont war für den Beklagten eindeutig erkennbar, dass die Leistungen als Leistungen des Sohnes des Klägers erfolgen sollten. Im Übrigen behauptet auch der Beklagte selbst, dass, soweit auf die Gebührenforderung aus dem Anwaltsvertrag geleistet worden sei, sich die Zahlung aus seiner Sicht wie eine Leistung seines Mandanten dargestellt habe.
3. Der Beklagte hat die beiden Zahlungen in Höhe von jeweils 5.000,00 EUR ohne rechtlichen Grund erhalten. Ein Rechtsgrund ergibt sich in Bezug auf die beiden Zahlungen vom 21.06.2012 und vom 13.07.2012 weder aus einer zwischen dem Sohn des Klägers und dem Beklagten geschlossenen Vergütungsvereinbarung noch aus etwaigen gesetzlichen Vergütungsansprüchen des Beklagten.
a) Hinsichtlich der beiden Zahlungen vom 21.06.2012 und vom 13.07.2012 in Höhe von jeweils 5.000,00 EUR kommt eine Vergütungsvereinbarung als rechtlicher Grund nicht in Betracht. Denn insoweit wurde jedenfalls die Formvorschrift des § 3 a RVG, nach der die Vereinbarung über die Vergütung der Textform bedarf, nicht eingehalten. Unstreitig existiert in Bezug auf diesen Teil der Zahlungen eine solche schriftliche Vergütungsvereinbarung nicht.
b) Ein rechtlicher Grund ergibt sich auch nicht aus einem dem Beklagten zustehenden gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Wahlvertreidigervergütung. Der hier allein in Betracht kommende Anspruch aus § 52 Abs. 1 RVG besteht nicht, da dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Weder stand dem Sohn des Klägers als Beschuldigten ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, noch wurde die Leistungsfähigkeit des Mandanten gerichtlich festgestellt.
Grundsätzlich besteht der Anspruch auf Wahlverteidigervergütung neben dem Anspruch gegen die Staatskasse auch im Falle der Bestellung zum Pflichtverteidiger. Für die Tätigkeit des Wahlanwalts vor der Bestellung zum Pflichtverteidiger kann ein Rechtsanwalt die bis dahin anfallenden Gebühren ungeachtet des § 52 RVG geltend machen (Mayer, Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG § 52 Rn. 30, beckonline). Hingegen müssen für den Anspruch auf Vergütung des Wahlverteidigers für Tätigkeiten, welche nach Bestellung als Pflichtverteidiger vorgenommen wurden, die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 RVG vorliegen.
(1) Gemäß § 52 Abs. 1 konnte der Beklagte keinen Vorschuss fordern. Ob es sich bei den Zahlungen um einen Vorschuss für die Tätigkeit im Hauptverfahren handelte oder die bis zum Zeitpunkt der Bestellung zum Pflichtverteidiger bereits angefallenen Gebühren infolge der Tätigkeit im Ermittlungsverfahren entlohnt werden sollte, geht aus dem Vortrag der Parteien nicht eindeutig hervor. Insoweit fehlt es auch an einer Abrechnung mit Kostennote. Aufgrund der Umstände, u.a. der bereits für das Ermittlungsverfahren vereinbarten Pauschalvergütungsvereinbarung, der vom Beklagten im Gespräch am 18.06.2012 selbst behaupteten Äußerungen seinerseits, dass für eine kostendeckende Tätigkeit weitere Zahlungen notwendig seien und der kurz darauf entrichteten pauschalisierten Teilbeträge in Höhe von jeweils 5.000,00 EUR geht die Kammer davon aus, dass es sich um einen Vorschuss auf die zu erwartenden Kosten für die Tätigkeit im Hauptsacheverfahren gehandelt hat. Dies geht auch aus der vorn Beklagten mit Schriftsatz vom 27.10.2015 eingereichten Kostennote hervor. Die Kosten für das Ermittlungsverfahren folgen aus Nr. 4104, 4105 VV RVG. In der Abrechnung wird insoweit die vereinfachte Verfahrensgebühr von 137,00 EUR angesetzt, was ebenfalls dafür spricht, dass die Zahlungen von jeweils 5.000,00 EUR die Tätigkeit im späteren Hauptverfahren zum Gegenstand haben sollten.
(2) Soweit sich der Beklagte hilfsweise darauf beruft, dass ihm die Gebühren ungeachtet einer etwaig unzulässigen Vorschussleistung ohnehin als Gegenleistung für seine Tätigkeit zustünden, kann er mit diesem Einwand nicht durchdringen. Einem Rückforderungsanspruch könnte in diesem Fall entgegenstehen, dass dessen Ausübung gegen Treu und Glauben verstößt. lm Fall eines bestehenden Vergütungsanspruchs des Beklagten könnte der Kläger diesen aufgrund des Ausschlusses nach § 52 Abs. 1 RVG zwar zunächst geltend machen, müsste den Betrag aber augenblicklich wieder zurückgeben (dolo-agit).
Zu Recht wendet der Kläger in seinem Schriftsatz vom 21.02.2016 ein, dass der Beklagte jedoch bereits von seinem Wahlrecht durch den Pauschantrag an das Oberlandesgericht Düsseldorf Gebrauch gemacht hat und somit ein Anspruch auf weitere Vergütung ausscheidet (vgl. Beschluss d. OLG, BI. 50,51 d.A., wonach die Pauschgebühr an die Stelle der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren tritt). Jedenfalls wurden weitere Ansprüche des Beklagten bereits der Höhe nach nicht substantiiert dargelegt. Die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 27.10.2015, dass noch ein Anspruch in Höhe von mindesten 27.154,40 EUR bestehe, sind nicht geeignet, einen Anspruch substantiiert, darzulegen. Ebenso steht aufgrund des Einwands der mangelhaften Ausführung der Verteidigung nicht fest, dass der Kläger zur weiteren Vergütung verpflichtet wäre.
Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf nunmehr mit Beschluss vom 11.03.2016, Az.: 111-6 StS 1/12 gemäß § 52 Abs. 3 RVG festgestellt hat, dass der Sohn des Klägers nicht wirtschaftlich leistungsfähig ist.
4. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Dies würde voraussetzen, dass der leistende im Zeitpunkt der Leistung davon Kenntnis hatte, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Anhaltspunkte diesbezüglich sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der am 14.12.2011 gezahlten 6.000,00 EUR.
II.
1.Der aus eigenem Recht allein in Betracht kommende Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist infolge der vorrangigen Abwicklung im Leistungsverhältnis gesperrt, da der Sohn des Klägers grundsätzlich aus einer Leistungskondiktion gegen den Beklagten vorgehen kann.
2. Es besteht kein Anspruch auf Rückzahlung der 6.000,00 EUR aus abgetretenem Recht im Hinblick auf etwaige Bereicherungsansprüche des Sohnes des Klägers, §§ 812 Abs. 1 S. 1, 398 BGB. Die Leistung erfolgte nicht ohne Rechtsgrund. Der Beklagte hat mit dem Sohn des Klägers insoweit eine wirksame Vergütungsvereinbarung getroffen.
a) Die Vergütungsvereinbarung ist wirksam und stellt damit einen Rechtsgrund i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Den Voraussetzungen des § 3 a RVG wurde durch die schriftliche Vereinbarung vom 17.01.2012 entsprochen. Gemäß Abs. 1 S. 1 und 2 dieser Vorschrift bedarf eine Vereinbarung über die Vergütung der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Darüber hinaus hat sie einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.
(1) Die nach § 3 a RVG erforderliche Textform wurde eingehalten. Unschädlich ist dabei, dass lediglich die zu zahlende Summe von 6.000,00 EUR eingetragen war. Vielmehr zeigt dies, dass sich der Sohn des Klägers seiner Zahlungspflicht in dieser Höhe bereits bewusst war, als er das Formular unterschrieben hat.
Darüber hinaus steht einer wirksamen Vergütungsvereinbarung auch nicht entgegen, dass im Nachhinein handschriftliche Zusätze hinzugefügt wurden. Insoweit handelte es sich lediglich um bereits feststehende Daten, wie der Strafvorwurf und das Aktenzeichen, so dass diesen lediglich Ergänzungen eine klarstellende Funktion zukam.
(2) Ebenso ist unschädlich, dass die Vergütungsvereinbarung zu dem Zeitpunkt, in dem die Zahlung in Höhe von 6.000,00 EUR geleistet wurde, noch nicht vorlag. Denn zwar bedarf die Vereinbarung gemäß § 3a RVG der Schriftform. Es geht jedoch eindeutig aus dem Umständen hervor, dass es sich bei den 6,000,00 EUR aus der Vergütungsvereinbarung um den am 14.12.2011 gezahlten Betrag handeln sollte. Dieser Betrag wurde von dem Beklagten auch nicht aufgrund der Vergütungsvereinbarung nochmal eingefordert.
(3) Schließlich genügt die Vereinbarung auch dem Bestimmtheitserfordernis. Der Gegenstand der Vereinbarung, nämlich die Tätigkeit des Beklagten für den Sohn des Klägers im Ermittlungsverfahren, ist unter Ziffer 7 der Vereinbarung eindeutig bezeichnet, so dass auch für den Mandanten erkennbar war, für welche Tätigkeit er den Betrag schuldet. Auch die nach § 3a RVG vorgeschriebenen Hinweise sind enthalten.
b) Der Rechtsgrund in Form der Vergütungsvereinbarung ist auch nicht nachträglich infolge einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, eines Rücktrittes oder eines Widerrufes weggefallen.
(1) Eine arglistige Täuschung liegt nicht vor. Dem Beklagten kann nicht der vom Kläger im Schriftsatz vom 17.03.2015 geäußerte Vorwurf gemacht werden, dass er im Zeitpunkt der Annahme des Geldes den geheimen Vorbehalt pflegte, die Gebühren sowohl von seinem Mandanten als auch von der Staatskasse nach § 51 RVG zu verlangen. Zahlungen durch den Beschuldigten oder von Dritten sind auf den Anspruch gegen die Staatskasse anzurechnen, § 58 Abs. 3 RVG. Auch Zahlungen durch Verwandte, wie im vorliegenden Fall, sind anzurechnen (Mayer, Kroß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG § 58 Rn. 30, heck-online).
(2) Rücktrittsgründe oder Gründe für eine außerordentliche Kündigung sind nicht ersichtlich. Auch ein Haustürwiderruf der Vergütungsvereinbarung nach §§ 355, 312 BGB a.F. scheidet aus. Bereits die Situation in der Haft ist mit der Situation bei einem Haustürgeschäft (nunmehr: außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge", vgl. BeckOK BGB/Müller-Christmann BGB § 355 Rn. 1-3, beck-online) nicht vergleichbar. Der Sohn des Klägers hatte den Anwalt bei Abgabe der Willenserklärung bereits mandatiert und ihn insoweit auch zur Justizvollzugsanstalt Bochum bestellt. Es fehlt daher jedenfalls an der für ein Haustürgeschäft typischen Überrumplungssituation.
4.
Sonstige Rückzahlungsansprüche im Hinblick auf die von der Vergütungsvereinbarung umfassten 6.000,00 EUR sind nicht ersichtlich.
III.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 16.000,00 EUR festgesetzt.
Einsender: RA P. Ziental, Bochum
Anmerkung:
den gebührenrechtlichen Newsletter abonnieren
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".