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RVG Entscheidungen

§ 59

PKH, Übergang, Anspruch Staatskasse, Verjährung

Gericht / Entscheidungsdatum: VGH Kassel, Beschl. v. 18.04.2018 - 2 C 2009/12.T

Leitsatz: Der gemäß § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangene Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts gegen die eigene prozesskostenhilfeberechtigte Partei unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB.


In pp.

Die Kostenrechnung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Januar 2018 wird aufgehoben.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen die Kostenrechnung der Staatskasse vom 19. Januar 2018 ist gemäß § 59 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG -, § 66 des Gerichtskostengesetzes - GKG - zulässig. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Die Erinnerung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Beitreibung der Kostenrechnung ist unzulässig, denn ihr steht die von dem Erinnerungsführer zu Recht erhobene Einrede der Verjährung entgegen.

Der von der Staatskasse aus übergegangenem Recht gemäß § 59 RVG geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsvergütung, die dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Erinnerungsführers im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe von der Staatskasse nach § 55 RVG gezahlt worden ist, unterliegt der für die Rechtsanwaltsvergütung allgemein geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -.

Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über. Die Staatskasse erwirbt den Anspruch in dem Zustand, in dem er sich zur Zeit des Forderungsübergangs befindet, denn er ändert seinen Rechtscharakter nicht (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 59 Rn. 9; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, § 59 RVG Rn. 5). Es handelt sich der Sache nach um den privatrechtlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten, dessen Geltendmachung in diesem Verhältnis aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO lediglich ausgeschlossen ist.

Die Rechtsanwaltsvergütung nach §§ 1, 2 RVG wird für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RVG nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung fällig. Das dem Vergütungsanspruch zugrunde liegende isolierte Prozesskostenhilfeverfahren wurde hier aufgrund gerichtlicher Verfügung von 30. April 2013 nach § 17 Abs. 4 der Aktenordnung - AktO - für anderweitig erledigt erklärt, nachdem innerhalb eines Monats nach Zugang der Prozesskostenhilfeentscheidung keine Klage erhoben worden war (Bl. 54 R der Gerichtsakte). Ab Eintritt der Fälligkeit gilt für die Rechtsanwaltsvergütung die regelmäßige Verjährung von drei Jahren nach § 195 BGB, die nach § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Anspruch fällig geworden ist (Mayer in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 8 Rn. 33; Schneider in: RVG AnwaltKommentar, 7. Aufl. 2014, § 8 Rn. 106). Die Verjährungsfrist begann danach vorliegend mit Ablauf des Jahres 2013 und endete mit Ablauf des Jahres 2016.

Bei Geltendmachung des nach § 59 RVG übergegangenen Anspruchs durch die Staatskasse mit Kostenrechnung vom 18. Januar 2018 war demnach die Verjährung bereits eingetreten.

Entgegen der Ansicht des Erinnerungsgegners gilt hier nicht die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB für rechtskräftig festgestellte Ansprüche. Durch die Festsetzung der von der Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu leistenden Vergütung nach § 55 Abs. 1 RVG wird der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts im Verhältnis zu seinem Mandanten nicht rechtskräftig festgestellt ( Thüringer LSG, Beschluss vom 26. August 2016 - L 6 SF 177/16 B -, juris Rn. 12; Volpert in: RVG AnwaltKommentar, a.a.O., § 55 Rn. 7; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 55 Rn. 7; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Beratungskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Aufl. 2016, Rn. 902). Die Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG betrifft nur den Anspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse auf Zahlung der Vergütung aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe. Der aus dem Anwaltsvertrag herrührende privatrechtliche Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten, der im Umfang der geleisteten Zahlungen nach § 59 RVG auf die Staatskasse übergeht, ist nicht Gegenstand der Festsetzung nach § 55 RVG und wird durch diese nicht berührt. Die Festsetzung wirkt nur im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und der Staatskasse. Die vertretene Partei wird an dem Festsetzungsverfahren nicht beteiligt; ein Erinnerungs- und Beschwerderecht gegen die Festsetzung nach § 56 RVG steht ihr nicht zu (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 6. März 2012 - 17 E 1204/11 -, juris Rn. 1; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 55 Rn. 7 und § 56 Rn. 7; Stollenwerk in: Nomos Kommentar Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 55 RVG Rn. 3 und § 56 RVG Rn. 3; Volpert in: RVG AnwaltKommentar, a.a.O., § 55 Rn. 7 und § 56 Rn. 5). Der Beschluss nach § 55 RVG entfaltet demnach gegenüber der prozesskostenhilfeberechtigen Partei keine Rechtskraft, die Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB findet keine Anwendung.

Etwas anderes ergibt auch nicht aus der von dem Antragsgegner angeführten Literaturstelle (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 59 Rn. 39), wonach Verjährung des nach § 59 RVG übergegangenen Anspruchs erst nach 30 Jahren eintrete. Dies betrifft - wie aus der dort zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Beschluss vom 7. März 2012 - 35 KE 5.12 -, juris Rn. 9 und RVGreport 2012, 418 f.) folgt - nur den Erstattungsanspruch gegen den Prozessgegner, der auf die Staatskasse übergegangen ist, nicht aber den übergegangenen Anspruch auf Anwaltsvergütung gegen die eigene Partei (so auch: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. August 1987 - 5 WF 222/87 -, zit. nach juris [nur Orientierungssatz]; Grothe in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 197 Rn. 16). Die rechtskräftige Entscheidung i.S. des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB ist in diesen Fällen indes nicht die Vergütungsfestsetzung nach § 55 RVG, sondern die rechtskräftige Kostengrundentscheidung im Erkenntnisverfahren zulasten der gegnerischen Partei, durch die der prozessuale Kostenerstattungsanspruch im Sinne von § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB bereits rechtskräftig festgestellt wird, obwohl die Bezifferung erst zu einem späteren Zeitpunkt im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO bzw. § 104 ZPO erfolgt (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - V ZB 189/05 -, juris Rn. 8).

Auch die - vorliegend ebenfalls abgelaufene - vierjährige Verjährungsfrist nach § 5 Abs. 1 GKG findet auf den nach § 59 RVG übergegangen Anspruch keine Anwendung. Zwar gelten nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG für die Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend. Dies gilt aber ausdrücklich nur für „die Geltendmachung“, d.h. das entsprechende Verfahren der Anforderung durch gerichtliche Kostenrechnung und gegebenenfalls zwangsweisen Beitreibung nach dem Justizbeitreibungsgesetz und nicht für die für Gerichtskosten geltende Verjährungsfrist (VG Berlin, Beschluss vom 7. März 2012, a.a.O., juris Rn. 9; Schneider in: Nomos Kommentar Gesamtes Kostenrecht, a.a.O., § 5 GKG Rn. 3; Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., § 5 GKG Rn. 1).

Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob zugunsten der Staatskasse in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 7 RVG die Annahme einer Hemmung der Verjährung des nach § 59 RVG übergegangenen Anspruchs durch den Antrag des Rechtsanwalt auf Vergütungsfestsetzung nach § 55 RVG geboten ist, da die Staatskasse sonst bei später Antragstellung durch den Anwalt keine Möglichkeit mehr zur Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs vor Ablauf der Verjährungsfrist hätte. Denn auch bei einer Hemmung der Verjährung in der Zeit vom 26. Juni 2013 (Eingang des Festsetzungsantrags des Rechtsanwalts) bis sechs Monate ( § 204 Abs. 2 BGB) nach der Vergütungsfestsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle am 5. September 2013 ist der übergegangene Anspruch hier verjährt.

Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet ( § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 66 Abs. 8 Sätze 1 und 2 GKG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar ( § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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