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RVG Entscheidungen

Nr. 4301 VV

Vernehmungsbeistand, anwaltliche Vergütung, mehrere Vernehmungstermine

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Mannheim, Beschl. v. 21.1.2019 - 5 Qs 61/18

Leitsatz: Zur anwaltlichen Vergütung für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Vernehmungsbeistand, wenn mehrere Vernehmungstermine angesetzt waren.


5 Qs 61/18

Landgericht Mannheim
5. Große Strafkammer

Beschluss
vom 21. Januar 2019

Beschwerdesache
1. Verteidigerin:
Rechtsanwältin Inga Berg, L 12, 1, 68161 Mannheim
2. Verteidigerin:
Rechtsanwältin Carlolin Hierstetter, L 12, 1, 68161 Mannheim

wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung u.a. hier: Beschwerde nach § 56 RVG

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 19.10.2018 wird als unbegründet verworfen.


Gründe:

Die Beschuldigten werden in dem von der Staatsanwaltschaft Mannheim geführten Ermittlungsverfahren verdächtigt, ihre volljährige Tochter am 22.10.2017 gegen 16:30 Uhr gemeinschaftlich handelnd am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt sowie diese bedroht zu haben. Mit Verfügung vom 13.02.2018 beantragte die Staatsanwaltschaft Mannheim beim Amtsgericht Mannheim die richterliche Vernehmung der Geschädigten. Mit Beschlüssen des Amtsgerichts Mannheim vom 26.03.2018 wurden die Beschuldigten von der Anwesenheit bei der Vernehmung der Zeugin ausgeschlossen. Für die Dauer der Vernehmung wurde Rechtsanwältin B. und Rechtsanwältin H. beigeordnet. Ein Termin zur richterlichen Vernehmung wurde auf den 26.04.2018 bestimmt. Zu diesem Termin erschienen die Rechtsanwältinnen H; und B., die Geschädigte war trotz ordnungsgemäßer Ladung als Zeugin nicht erschienen. Ein am 27.04.2018 auf den 05.06.2018, 10:00 Uhr, bestimmter Vernehmungstermin wurde am 05.06.2018 um 9:30 Uhr aufgehoben. Die richterliche Vernehmung der Geschädigten wurde dann in einem weiteren bestimmten Termin am 24.07.2018 durchgeführt, an dem die Rechtsanwältinnen B. und H. teilnahmen.

Diese beantragten bereits zuvor mit gleichlautenden Kostenfestsetzungsanträgen vom 26.04.2018 als Vorschuss gemäß § 47 RVG Gebühren und Auslagen in Höhe von 536,76 € festzusetzen. Sie gingen hierbei von Gebühren gemäß Nr. 4100 (160,00 €), Nr. 4104 (132,00 €) und Nr. 4102 Ziff. 1 (136,00 €) VV RVG, Pauschalen nach Nr. 7002 (20,00 €) und Nr. 7000 Ziff. 1 (25,75 €) VV RVG sowie Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 (90,01 €) VV RVG aus. Diese Vergütungen wurden durch das Amtsgericht Mannheim am 23.05.2018 angewiesen. Mit Antrag vom 27.07.2018 beantragte Rechtsanwältin H. einen weiteren Vorschuss in Höhe von 161,84 €, für eine Gebühr nach Nr. 4102 Ziff. 3 (136,00 €) nebst Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 (25,84 €) VV RVG.

Gegen die am 23.05.2018 angewiesenen Vergütungen legte die Bezirksrevisorin mit Schrift vom 17.08.2018 Erinnerung ein. Mit gleichlautenden Beschlüssen des Amtsgerichts Mannheim vom 28.08.2018 wurde auf die Erinnerung der Bezirksrevisorin die jeweils angewiesene Vergütung auf insgesamt 216,68 € reduziert. Die Rechtsanwältinnen legten mit Schriften vom 13.09.2018 und 14.09.2018 hiergegen Rechtsmittel ein.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 19.10.2018 wurden hierauf die Beschlüsse vom 28.08.2018 aufgehoben und die Gebühren wie am 26.04.2018 beantragt festgesetzt.

Hiergegen legte die Bezirksrevisorin mit Schrift vom 30.10.2018 Beschwerde ein und beantragte die Wiederherstellung der Beschlüsse des Amtsgerichts Mannheim vom 28.08.2018. Sie bringt im Wesentlichen vor, dass sich die Gebühr nach Nr. 4301 VV RVG und nicht nach Nr. 4100ff. VV RVG bestimme.

Das Amtsgericht Mannheim half der Beschwerde mit Beschluss vom 02.11.2018 nicht ab und legte die Akten über die Staatsanwaltschaft Mannheim dem Landgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

Zur Beschwerde nahmen die Rechtsanwältinnen mit Schriften vom 13.11.2018 und 19.11.2018 Stellung.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob im Fall der Beiordnung eines Pflichtverteidigers für die Dauer einer richterlichen Zeugenvernehmung nach § 168c StPO bei Ausschluss des Beschuldigten von dieser Vernehmung - wie im angegriffenen Beschluss angenommen - eine (Voll-)Verteidigung vorliegt, die zur Geltendmachung von Gebühren nach Nr. 4100, 4104 und 4102 Ziff. 1 VV RVG berechtigt, oder es sich - wie von der Bezirksrevisorin angenommen und die Kommentarliteratur es nahe legt (Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Auflage 2017, RVG VV 4301, Rn 14, 15; Knaudt in: BeckOK RVG, v. Seltmann, 42. Edition Stand: 01.12.2018, RVG VV 4301, Rn 14; Kremer: in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage 2015, RVG VV 4301 Rn 13) - um eine Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer richterlichen Vernehmung als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG handelt. Würden sich die Gebühren nach Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG bestimmen, wären diese gemäß § 15 Abs. 6 RVG der Höhe nach auf die Gebühren „gedeckelt", die ein mit der gesamten Angelegenheit beauftragter Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

Wäre für die Gebührenfestsetzung Nr. 4301 Ziff. 4 W RVG maßgeblich, wären auf Grund der Umstände des Falles vorliegend drei Gebühren nach dieser Vorschrift zu je 200 €, mithin 600 € nebst Auslagen und Mehrwertsteuer anzusetzen. Insoweit ist zu beachten, dass es einer Nr. 4102 S. 1 Ziff. 3 i.V.m. S. 3 VV RVG entsprechenden Vorschrift, nach der bei der Vollverteidigung eine Terminsgebühr für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung für die Teilnahme an bis zu drei Terminen nur einmal entsteht, bei 4301 Ziff. 4 VV RVG fehlt. Die Gebühr für die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer richterlichen Vernehmung entsteht nach der Vorbemerkung zu 4.3 VV RVG Abs. 3 S. 1 für jede der genannten Tätigkeiten gesondert. Es ist dabei im Einzelfall zu prüfen, ob bei der Wahrnehmung mehrerer Termine dieselbe oder eine verschiedene Angelegenheit vorliegt (vgl. Volpert in: Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Auflage 2011, Nr. 4301 VV Rn 14). Hier liegt der Teilnahme an allen Terminen die Beiordnung für die Vernehmung der Zeugin zu Grunde, was gegen die Annahme getrennter Angelegenheiten spricht. Die Besonderheit liegt hier jedoch darin, dass die Termine Ende April, Anfang Juni und Ende Juli so weit auseinanderliegen, dass diese jeweils gesondert vorzubereiten waren und die Annahme einer einheitlichen Angelegenheit daher unangemessen wäre.

Nach § 15 Abs. 6 RVG bildet jedoch die durch den angegriffenen Beschluss festgesetzte Gebühr die Obergrenze. Danach erhält der Rechtsanwalt, der nur mit einzelnen Handlungen beauftragt ist, nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass durch Erteilung von Einzelaufträgen in einer Angelegenheit nicht höhere Kosten anfallen sollen, als dies bei Beauftragung des Rechtsanwalts mit der Bearbeitung der gesamten Angelegenheit der Fall wäre (Mayer in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 15 RVG, Rn 145). Dies entspricht der im angegriffenen Beschluss festgesetzten Gebühr.

2. Eine Kostenentscheidung ist mit Blick auf § 56 Abs. 2 S. 2 u. 3 RVG nicht veranlasst.

3. Ein Grund zur Zulassung der weiteren Beschwerde nach § 56 Abs. 2, S. 1, 33 Abs. 6 RVG ist nicht ersichtlich.


Einsender: RÄin C. Hierstetter, Mannheim

Anmerkung:


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