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Leitsatz: 1. Betäubungsmittel haben keinen objektiven (legalen) Gegenstandswert 2. Tätigkeiten hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis lösen keinen Gebührenanspruch nach Nr. 4142 VV RVG aus.
Beschluss 2 Ws 98/06 In der Strafsache gegen Verteidiger: Rechtsanwalt S., wegen Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz hier: Festsetzung des Gegenstandswertes der Einziehung von Betäubungsmitteln und der Entziehung der Fahrerlaubnis für die Rechtsanwaltsgebühr nach Nr. 4142 VV RVG hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 13. 2. 2006 beschlossen: Die Beschwerde des Verteidigers Rechtsanwalt S. gegen den Beschluss der 10. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 12. Dezember 2005 wird als unbegründet verworfen. Gebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; Kosten werden nicht erstattet. Gründe: Die 10. große Strafkammer des Landgerichts Koblenz verurteilte den Angeklagten am 22. Juli 2005 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren. Daneben wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis mit der Wirkung entzogen, dass er für die Dauer von 2 Jahren im Inland von ihr keinen Gebrauch machen darf. Das Urteil ist nicht rechtskräftig; der Angeklagte hat Revision eingelegt. Die Sachakten liegen dem Bundesgerichtshof vor. In dem Verfahren war Rechtsanwalt S. dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Im Hauptverhandlungstermin vom 22. Juli 2005 verzichtete der Angeklagte auf die Rückgabe der im Ermittlungsverfahren sichergestellten Betäubungsmittel (7.100 g Haschisch, 1.275 Kokain und 1.034 g Marihuana) sowie eines sichergestellten Mobiltelefons (Handy). Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2005 beantragte Rechtsanwalt S. bei dem Landgericht Koblenz Streitwertfestsetzung im Hinblick auf Nr. 4142 VV RVG". Mit Beschluss vom 12. Dezember 2005 hat die 10. Strafkammer des Landgerichts Koblenz durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter den Wert des Verfahrensgegenstandes für die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG auf 100,-- festgesetzt. Mit diesem Betrag hat sie den Wert des Mobiltelefons bestimmt, auf dessen Rückgabe der Angeklagte auf Anraten des Verteidigers im Hauptverhandlungstermin vom 22. Juli 2005 verzichtet hatte. Hinsichtlich der sichergestellten Betäubungsmittel und der angeordneten Fahrerlaubnisentziehung hat die Strafkammer dagegen eine Wertfestsetzung abgelehnt. Den Betäubungsmitteln komme kein Gegenstandswert zu. Die Entziehung der niederländischen Fahrerlaubnis löse keine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG aus, da diese Vorschrift auf die Einziehung von Vermögenswerten abstelle, wie sich aus dem Hinweis auf § 442 StPO ergebe. Gegen die ihm am 2. Januar 2006 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 5. Januar 2006 bei dem Landgericht Koblenz eingegangene Beschwerde des Verteidigers, mit der er die Festsetzung eines Streitwertes für die Einziehung der Betäubungsmittel und die Entziehung der Fahrerlaubnis erstrebt. Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beschwerde des Verteidigers ist zulässig (§ 33 Abs. 1 S. 1 RVG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt - gemessen an der Höhe der von dem Verteidiger für seine Tätigkeit hinsichtlich der Einziehung der Betäubungsmittel und der Entziehung der Fahrerlaubnis geforderten Wertfestsetzung - den Betrag von 200,-- . Die Beschwerde wurde auch in der Zwei-Wochenfrist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt. In der Sache ist sie jedoch nicht begründet. Der Senat hat durch den Einzelrichter entschieden, weil die angefochtene Entscheidung auch von einem Einzelrichter erlassen wurde (§ 33 Abs. 8 S. 1 RVG). Die Strafkammer hat es zu Recht abgelehnt, für die Einziehung der Betäubungsmittel und die Entziehung der Fahrerlaubnis einen Gegenstandswert festzusetzen. Betäubungsmittel haben nach der Rechtsprechung des Senats keinen objektiven (legalen) Gegenstandswert (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2005 - 2 Ws 834/05 - so auch: KG in JurBüro 2005, 531; sinngemäß auch BGH in NStZ-RR 2002, 208; ebenso: RiedeI/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 2, Rdn 9). Die hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis entfaltete Tätigkeit des Verteidigers löst auch nach Auffassung des Senats keinen Gebührenanspruch nach Nr. 4142 VV RVG aus. Die Vorschrift regelt nach ihrem Wortlaut die Gebühr des Rechtsanwalts bzw. Verteidigers, die durch dessen Tätigkeit für den Beschuldigten entsteht, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehende Rechtsfolgen (§ 442 StPO), die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme bezieht. Die Entziehung der Fahrerlaubnis findet dagegen keine Erwähnung. § 442 StPO nennt als der Einziehung gleichstehende Rechtsfolgen den Verfall, die Vernichtung, die Unbrauchbarmachung und die Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes. Die Entziehung der Fahrerlaubnis findet auch in dieser Vorschrift keine Erwähnung. Soweit in der Kommentarliteratur hierzu vereinzelt die Meinung vertreten wird, die sich auf die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Fahrverbot beziehende Tätigkeit des Rechtsanwalts falle trotz Fehlens einer ausdrücklichen Erwähnung dieser Maßnahmen in der amtlichen Anmerkung unter die Vorschrift der Nr. 4142 VV RVG (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., Nr. 4142 VV RVG, Rdn 5), vermag der Senat dieser nicht näher belegten Auffassung aus den nachfolgend darzulegenden Gründen nicht zu folgen. Gleiches gilt für den in dieselbe Richtung zielenden Einwand des Beschwerdeführers, dem Rechtsanwalt sei schon in § 88 S. 3 BRAGO für seine sich auf die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Fahrverbot erstreckende Tätigkeit eine Gebühr zuerkannt worden und an dieser Regelung habe das RVG mit Nr. 4142 des Vergütungsverzeichnisses nichts geändert. Der Gesetzgeber habe mit dieser Vorschrift vielmehr lediglich die frühere Ungleichbehandlung zwischen Wahl- und Pflichtverteidiger beseitigen, nicht aber den Vergütungsanspruch des Verteidigers beschneiden wollen. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber auf die Übernahme der Regelung des § 88 S. 3 BRAGO, die eine das Fahrverbot und die Entziehung der Fahrerlaubnis betreffende Sonderregelung enthielt, nicht in die Vorschrift der Nr. 4142 VV RVG übernommen, sondern durch die Bezugnahme auf § 442 StPO ersetzt hat. Dass es sich dabei nicht um eine unbewusste Gesetzeslücke handelt, ergibt sich aus der Vorbemerkung zu Nr. 4142 VV RVG, wonach diese Vorschrift der des § 88 BRAGO nur teilweise" entspricht. Danach ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 88 S. 3 BRAGO bei Erlass des RVG bewusst nicht übernehmen, sondern es durch die Bezugnahme auf § 442 StPO bei der Regelung des § 88 S. 1 BRAGO belassen wollte, wobei beide letztgenannten Vorschriften darin übereinstimmen, dass sie die Einziehung bzw. Entziehung von Vermögenswerten betreffen. Dies rechtfertigt nach Auffassung des Senats die Annahme, dass der Entziehung der Fahrerlaubnis und dem Fahrverbot nach dem Willen des Gesetzgebers des RVG kein Vermögenswert beizumessen und die insoweit entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach Nr. 4142 VV RVG (zusätzlich) zu vergüten ist. Die Beschwerde des Verteidigers war hiernach als unbegründet zu verwerfen. Die Entscheidung über die Gebührenfreiheit und die Nichterstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 33 Abs. 9 RVG. Ausgefertigt:
Jus'Cizängestdllte ~ +als Urkundsbeamtin der Gesch f'+tss des Oberlandesgericht~:~
Einsender: RA Schumitz, Trier
Anmerkung: Ebenso hat das OLG KOblenz hinsichtlich des Gegenstandswertes von Betäubungsmitteln im Beschluss vom 20. 12. 2005 - 2 Ws 834/05 - entschieden.
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