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RVG Entscheidungen

§ 7

Unfallschadenregulierung, Angelegenheit, Fahrer, Halter

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Lörrach, Urt. v. 18.02.2019 - 6 C 1185/18

Eigener Leitsatz: Die Beauftragung eines Rechtsanwalts nach einem Kfz-Unfall durch den Fahrzeughalter für die Regulierung des Sachschadens und die Beauftragung durch den Unfallverletzten hinsichtlich der erlittenen Verletzungen stellt keine einheitlich abzurechnende Angelegenheit dar. Vielmehr liegt eine Beauftragung durch zwei verschiedene Auftraggeber wegen unterschiedlicher Schäden vor. Die erteilten Aufträge betreffen nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 7 RVG.


6 C 1185/18

Amtsgericht Lörrach

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit pp.

wegen Schadensersatzes

hat das Amtsgericht Lörrach durch die Richterin am Amtsgericht am 18.02.2019 aufgrund des Sachstands vom 19.01.2019 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147,56 € zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 147,56 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf Grund des Verkehrsunfalls am 24.05.2017 in B. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich aus §§ 7 StVG, 115 VVG, 823, 249 ff. BGB in zuerkannter Höhe.

1. Die Haftung wegen des o.g. Verkehrsunfalls des Klägers mit dem Versicherungsnehmer der Beklagten dem Grunde nach, ist zwischen den Parteien unstreitig (AS 23 und AS 51).
2. Die Beklagte schuldet dem Kläger, der durch den Unfall verletzt wurde, insoweit grundsätzlich den aus dem Unfallereignis vom 24.05.2017 resultierenden Schaden.

a) Unbestritten wurde außergerichtlich von Seiten des Klägers durch den Klägervertreter
mit Schreiben vom 26.05.2017 mit dem Zeichen U-322/17-PR ein Schmerzensgeld geltend gemacht, dabei unter Beifügung entsprechender ärztlicher Unterlagen (AS 77), und von der Beklagten in Höhe von 800,00 € auch reguliert .

b) Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite stehen dem Kläger auch die bei der Durchsetzung dieses Anspruchs entstandenen, vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € (aus dem Streitwert von 800 €) zu.

Bei der Geltendmachung des Schmerzensgeldes des Klägers gegen die Beklagte einerseits und der Geltendmachung der Ansprüche durch die Eigentümerin des beim Unfall beschädigten Fahrzeugs (pp.), nämlich der Ehefrau des Klägers, andererseits, handelt es sich um keine einheitliche Angelegenheit im Sinne des § 7 RVG.

aa) Von einer einheitlichen Angelegenheit kann nur ausgegangen werden, wenn es sich - um einen Auftrag sowie - einen Tätigkeitsrahmen - mit einem inneren Zusammenhang handelt (vergleiche nur Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 15 Rn.7 ff. mit weiteren Nachweisen; s.a. Anmerkung zu AG Landshut, SVR 2015, 220 f.; Anmerkung zu AG Hannover SVR 2011, 458 f. mit weiteren Nachweisen; s.a. LG Passau, U. v. 21.05.2015 - 3 S 101/14; AG Bochum, ZfS 2016, 349; Anmerkung Kääb zu Urteil des AG Bielefeld vom 29.09.2017 401 C 158/17 in FD-StrVR 18, 402308).

(1) Erste Voraussetzung, dafür die Tätigkeit des Anwalts einer einzigen Angelegenheit zuzuordnen, ist, dass ein einheitlicher Auftrag vorliegt. Das wiederum ist jedenfalls immer dann gegeben, wenn der Anwalt von einem Mandanten einen konkreten Auftrag erhält, hinsichtlich eines bestimmten Gegenstandes tätig zu werden (vergleiche Anwaltskommentar Schneider/Wolf, 6. Auflage, § 15 Rn. 24).

Vorliegend wurde der Klägervertreter durch den Kläger am 24.05.2017 bevollmächtigt (Anlage K1 AS 27, Anlage BLD 3, AS 61) ein Schmerzensgeld, aufgrund erlittener Verletzungen aus dem Verkehrsunfall vom 24.05.2017, geltend zu machen. Ebenfalls mit - weiterer - Vollmacht (Anlage BLD .2 AS 59) vom 24.05.2017 wurde der Klägervertreter durch die Eigentümerin des beschädigten Fahrzeug beauftragt, den ihr entstandenen materiellen Schaden zu regulieren.

(2) Unabhängig von der Tatsache, dass die jeweilige Beauftragung am selben Tag erfolgte und die beiden Geschädigten jedenfalls damals miteinander verheiratet waren, hat der Klägervertreter, vom Beklagtenvertreter zugestanden (AS 55), unter den beiden Aktenzeichen U-322/17-PR und U-321/17-PR zwei separate Mandate aufgenommen. Insoweit kommt es auch nicht auf die Umstände der Mandatsanbahnung an, da es sich, wie bereits dargelegt, um zwei verschiedene Ansprüche bzw. verschiedene Schadenspositionen von zwei verschiedenen Anspruchsstellern gehandelt hat.

(3) Unbestritten geblieben wurde die Beklagte durch den Klägervertreter in der Angelegenheit des Klägers mit dem Aktenzeichen U-322/17-PR durch Schriftsatz vom 26.05.2017 aufgefordert, Schmerzensgeld an diesen zu bezahlen. Ebenso unbestritten wurde die Beklagte in der Angelegenheit der Eigentümerin des PKWs mit dem Aktenzeichen U-321/17-PR durch Schriftsatz vom 31.05.2018 (Anlage K2, AS 29) zur Schadensregulierung aufgefordert (so auch Replik, AS 71 ff).

Die separate Abwicklung der Mandate sowie der zeitliche Abstand von nahezu einem Jahr zwischen den jeweiligen Aufforderungsschreiben lassen aus Sicht des Gerichts keinen vernünftigen Zweifel daran, dass im Ergebnis von zwei getrennten Aufträgen in unterschiedlichen Angelegenheiten auszugehen ist.

Dabei kommt etwa auch zum Tragen, dass die Beklagte ausweislich ihres Abrechnungsschreiben vom 21.07.2017 sich nur mit der Eigentümerin befasst hat, dabei das diese betreffende Aktenzeichnen zutreffend in Bezug genommen und insoweit eine 1,3 Gebühr abgerechnet hat.

Lediglich vorsorglich - obgleich die Beklagte insoweit die Replik unbestritten gelassen hat - wird darauf hingewiesen, dass selbst dann, falls sich nicht ein Jahr Abstand ergeben sollte, weil womöglich insoweit es zu einem Schreibversehen gekommen ist, bleibt es angesichts der getrennten Beauftragung und getrennten Führung der Mandate mit eigenen Aktenzeichen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten (dann zumindest: 26.05. und 31.05.) dabei, dass eine einheitliche Angelegenheit mehrerer Auftraggeber nicht vorliegt.

(4) Auf einen zweifellos vorliegenden inneren Zusammenhang bzw. einen eventuell einheitlichen Tätigkeitsrahmen kommt es insoweit nicht an. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Beklagte sich hier - teilweise erneut - auf die Rechtsprechung des BGH bezogen hat (AS 81), die allerdings regelmäßig durch einen Kläger wegen gleichgearteter, jeweils dasselbe Rechtsgut betreffender (presserechtlichen oder sonstige Persönlichkeitsverletzungs-/Unterlassungsansprüche betrifft.

Demgegenüber ist anerkannt, dass, sollten dem Anwalt gesonderte Aufträge zur Geltendmachung von Sachschaden (für Eigentümer) und Personenschaden(z.B. der Fahrzeuginsassen) bei einem Verkehrsunfall - wie hier - erteilt werden, zwei verschiedene Angelegenheiten vorliegen; der Schadensersatzpflichtige ist zum Ersatz der Kosten des getrennten Vorgehens verpflichtet ((so ausdrücklich Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, § 249 BGB, Rnr. 400a mit weiteren Nachweisen).

(5) Die Beauftragung des Rechtsanwalts durch den Kläger erfolgte hier zwar aufgrund eines einheitlichen Lebenssachverhaltes. Es ist allerdings - wie zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) durch die beiden vorgelegten Vollmachten, unstreitig mit getrennten Briefen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit jeweils unterschiedlichen Aktenzeichen geltend gemachten Schäden zweier Personen an unterschiedlichen Rechtsgütern, aber auch die Behandlung durch das Abrechnungsschreiben der Beklagten (siehe oben) nachgewiesen, festzuhalten, dass hier zwei Mandate wegen unterschiedlicher Schäden an unterschiedlichen Rechtsgütern gegeben waren (vergleiche auch insoweit Jahnke a.a.O. mit weiteren Nachweisen; s.a. Anmerkung zu AG Landshut, SVR 2015, 220 f.; Anmerkung zu AG Hannover SVR 2011, 458 f. mit weiteren Nachweisen; s.a. LG Passau, U. v. 21.05.2015 - 3 S 101/14). Die Geschädigten dürfen dies auch, ohne dass insoweit ein Verstoss gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) anzunehmen wäre (vergleiche nur Mayer in Gerold/Schmidt, RVG § 7 Rn. 6 mit weiteren Nachweisen).

bb) Folglich schuldet die Beklagte die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren auch des Klägers in zuerkannter Höhe:

Die Berechnung der anwaltlichen Gebühren, wie sie durch den Klägervertreter vorgenommen wurde, ist in der Höhe mit einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 i.V.m. Nr. 2000 W RVG zu 104.00 € zzgl. Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 W RVG (20,00 €) und gesetzlicher Umsatzsteuer gemäß 7008 W RVG mit 23,56 €, insgesamt 147,56 € (AS 23) schlüssig und der Berechnung nach auch unangegriffen.

3. Zinsen hat der Kläger im Klageverfahren nach Abgabe nicht mehr verlangt, so dass hierüber nicht zu befinden war (§ 308 ZPO).

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Anlass die Berufung zuzulassen besteht nicht.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO, §§ 48, 63 GKG.


Einsender: RA P. Rinklin, Freiburg

Anmerkung:


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