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RVG Entscheidungen

§ 48

Kostenfestsetzung, Glaubhaftmachung, Erstreckungsantrag, Verbindung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Münster, Beschl. v. 04.09.2020 – 20 Qs 9/20

Leitsatz: Ohne Erstreckungsentscheidung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG besteht in allen Fällen der Verbindung kein rückwirkender Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für der Beiordnung vorausgehende Tätigkeiten als Wahlverteidiger in hinzuverbundenen Verfahren.


In pp.

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in der Gestalt der Erinnerungsentscheidung des Amtsgerichts Münster vom 04.06.2020 wird dahingehend abgeändert, dass die dem Rechtsanwalt P1 aus W1 aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf EUR 1.888,95 festgesetzt wird.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Festsetzung von aus der Staatskasse zu gewährender Vergütung für eine Tätigkeit als Pflichtverteidiger.

Die Verurteilte beging am 10.11.2018 einen Ladendiebstahl in einem Supermarkt in D1, der am selben Tag zur Anzeige gebracht wurde. Sie wurde durch polizeiliches Schreiben vom 26.11.2018 deshalb zu Vernehmung als Beschuldigte für den 30.11.2018 geladen. Ohne jede Meldung bei der Polizei erschien Sie zu diesem Termin nicht. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage wegen dieser Tat, die am 27.12.2018 beim Amtsgericht Münster einging und dort unter dem Aktenzeichen 37 Ds - 62 Js 11968/18 - 184/18 bearbeitet wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte keinerlei Meldung der damaligen Be- bzw. Angeschuldigten selbst oder eines Verteidigers.

Mit Beschluss vom 15.03.2019 verband das Amtsgericht dieses Verfahren mit dem Verfahren AG Münster 37 Ds - 62 Js 9489/18 - 29/19 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Verfahrens 37 Ds 184/18. Zugleich bestellte es Rechtsanwältin S1 als Pflichtverteidigerin für das Verfahren und erstreckte diese Beiordnung auf alle verbundenen Verfahren.

In dem unter dem Aktenzeichen 37 Ds - 62 Js 9489/18 - 29/19 geführten Verfahren warf die Anklage der Verurteilten vor, am 11.09.2018 Waren im Wert von 62,33 EUR gestohlen zu haben. Die polizeiliche Strafanzeige erfolgte an diesem Tag. Nachdem die Beschuldigte zwischenzeitlich nicht auffindbar war, lud die Polizei sie mit Schreiben vom 12.02.2019 zur Beschuldigtenvernehmung in dieser Sache für den 18.02.2019. Ohne jede Meldung bei der Polizei erschien Sie zu diesem Termin nicht. Die Anklageschrift ging am 27.02.2019 bei Gericht ein. Bis zu dem Verbindungsbeschluss vom 15.03.2019 erfolgte keinerlei Meldung der damaligen Be- bzw. Angeschuldigten selbst oder eines Verteidigers.

Mit Schreiben vom 10.04.2019 meldete sich der Beschwerdeführer erstmals zur Akte 37 Ds 184/18 und erklärte, die damalige Angeschuldigte werde umfassend durch ihn verteidigt. Er beantragte seine Beiordnung als Pflichtverteidiger sowie Akteneinsicht. Zudem übersandte er die Kopie einer auf den 05.04.2019 datierten Strafprozessvollmacht, in der das Feld "wegen", das ersichtlich zur Bezeichnung des Gegenstandes des Tatvorwurfes vorgesehen ist, handschriftlich allein mit "Strafverteidigung" ausgefüllt ist. Im weiteren Verlauf erklärte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 07.05.2019, dass er für den Fall der Umbeiordnung auf bereits bei Rechtsanwältin S1 entstandene Gebühren verzichte. Nachdem Rechtsanwältin S1 einer "kostenneutralen" Umverpflichtung zugestimmt hatte, bestellte das Amtsgericht Münster mit Beschluss vom 13.05.2019 den Beschwerdeführer anstelle von Rechtsanwältin S1 als Pflichtverteidiger (Bl. 68 d. A.).

Mit Schreiben vom 27.05.2019 beantragte Rechtsanwältin S1 im Verfahren 37 Ds 184/18 Kostenerstattung in Höhe von 413,88 EUR. In dem Betrag waren eine Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG enthalten. Die Erstattung erfolgte antragsgemäß.

Mit Schreiben vom 05.06.2019 übersandte der Beschwerdeführer eine diesmal auf den 05.06.2019 datierte Strafprozellvollmacht "wegen Strafverteidigung" und fügte die Kopie einer maschinenschriftlich vorformulierten Erklärung bei, wonach die Verurteilte erklärt, auch weiterhin ausschließlich vom Beschwerdeführer in allen Verfahren vertreten werden zu wollen und auch keinen anderen Pflichtverteidiger als den Beschwerdeführer an ihrer Seite haben zu wollen. Das Schriftstück enthält dann die handschriftlich eingefügten Daten 5.4.19 und 5.6.19 und eine Unterschrift (Bl. 108 d. A.).

Mit Beschluss vom 18.09.2019 verband das Amtsgericht Münster das gegen die Verurteilte geführte Verfahren des Amtsgerichts Münster zum Aktenzeichen 37 Ds - 61 Js 419/19 - 46/19 zu dem Verfahren 37 Ds 184/18 unter Führung des letztgenannten (Bl. 157 d. A.). Gegenstand des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zum Aktenzeichen 61 Js 419/19 waren zunächst acht Fälle des (Laden-)Diebstahls durch die jetzige Verurteilte im Zeitraum vom 23.11.2018 bis zum 09.01.2019 gewesen. Für jede einzelne Tat vergab die Polizei dabei einzelne Aktenzeichen, die wiederum unter dem gemeinsamen Sammelaktenzeichen 000000-000000-00/0 geführt wurden (vgl. Bl. 103 d. A.). Nach der Anzeige jeder einzelner dieser acht Taten wurde die damalige Beschuldigte jeweils schriftlich zur Vernehmung geladen. In keinem Fall erfolgte daraufhin eine Meldung der damaligen Beschuldigten oder eines Verteidigers. Zu den Vernehmungsterminen erschien sie nicht.

Mit Verfügung vom 20.03.2019 verband die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren (61 Js 419/19) als führendes Verfahren mit dem ebenfalls gegen die Verurteilte gerichteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zum Aktenzeichen 62 Js 2287/19, das den Verdacht eines am 10.01.2019 begangenen Ladendiebstahls zum Gegenstand hatte. Auch im Hinblick auf diese Tat hatte die Polizei die Verurteilte schriftlich zur Beschuldigtenvernehmung geladen. Auch in diesem Fall war sie ohne jede Meldung nicht zu dem für den 28.02.2019 angesetzten Termin erschienen. Auch bis zur Erhebung der Anklage wegen dieser - nach Verbindung durch die Staatsanwaltschaft - neun Taten, die am 28.03.2019 beim Amtsgericht Münster einging, meldete sich kein Verteidiger für die jetzige Verurteilte. Am 17.04.2019 meldete sich dann der Beschwerdeführer als Verteidiger, beantragte seine Beiordnung als Pflichtverteidiger sowie die Gewährung von Akteneinsicht (Bl. 127 d. A. 37 Ds 46/19).

Mit Beschluss vom 30.10.2019 verband das Amtsgericht Münster das Verfahren des Amtsgerichts Münster zum Aktenzeichen 37 Ds - 62 Js 4023/19 - 66/19 zu dem Verfahren 37 Ds 184/18 unter Führung des letztgenannten. Zugleich erstreckte es die Pflichtverteidigerbestellung des Beschwerdeführers auf das hinzuverbundene Verfahren (Bl. 193 d. A.). Dem Verfahren lag der Verdacht des Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a StGB mit einem Wert von EUR 10,20 durch Benutzung einer Regionalbahn ohne Zahlung des Fahrgeldes zugrunde. Ohne dass sich bis dahin ein Verteidiger zur Akte gemeldet hätte, ging am 08.05.2019 beim Amtsgericht Münster der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen dieser Tat ein. Der Strafbefehl wurde antragsgemäß erlassen. Der Strafbefehl konnte dann vermeintlich unter dem 02.09.2019 an eine Person zugestellt werden, die unter der postalischen Anschrift der nunmehr Verurteilten, einem Containerdorf für Obdachlose, angetroffen wurde. Die Verurteilte befand sich zu diesem Zeitpunkt in Haft. Am 04.10.2019, nach Beendigung der Haft, meldete sich der Beschwerdeführer in dieser Sache zur Akte, beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Zudem legte er Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Er fügte dem ausschließlich per Fax übermittelten Schreiben die Kopie einer auf den 15.08.2019 datierten Vollmacht bei, die als Gegenstand der Bevollmächtigung wiederum "Strafverteidigung" ausweist. In einer weiteren Anlage des Faxes übermittelte er eine weitere "wegen Strafverteidigung" ausgestellte Vollmacht, die allerdings auf den 17.01.2019 datiert ist (Bl. 57 d. A. 66/19). Mit Beschluss vom 23.10.2019 gewährte das Amtsgericht Münster die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in dem Verfahren 37 Cs 66/19.

Am 17.01.2019 fand der erste Hauptverhandlungstag vor dem Amtsgericht Münster statt. Mit Beschluss vom 21.01.2020 trennte das Amtsgericht das Verfahren 37 Cs 66/19 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung wieder ab; das Verfahren erhielt das amtsgerichtliche Aktenzeichen 37 Cs 13/20. Im zweiten Hauptverhandlungstermin am 24.01.2019 stellte das Amtsgericht dieses Verfahren (37 Cs 13/20) nach § 154 Abs. 2 StPO ein. Am Schluss der Hauptverhandlung verurteilte das Amtsgericht Münster die Angeklagte wegen Diebstahls in neun Fällen unter Einbeziehung zuvor verhängter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten, die es zur Bewährung aussetzte. Im Übrigen sprach es die Angeklagte frei und legte ihr die Kosten des Verfahrens auf mit Ausnahme der durch den Freispruch bedingten Kosten und Auslagen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 18.02.2020 beantragte der Beschwerdeführer die Kostenfestsetzung und Auskehrung des festgesetzten Betrages an ihn. Der sechs Seiten umfassende Antrag endet mit einem begehrten Betrag in Höhe von EUR 6.049,25 brutto.

Darin berechnet der Beschwerdeführer für jede einzelne der neun vormals unter dem Aktenzeichen 37 Ds 46/19 angeklagten Einzeltaten jeweils eine Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG in Höhe von EUR 160,00, eine Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren nach Nr. 4104 VV RVG in Höhe von EUR 132,00 und jeweils eine Pauschale nach Nr. 7200 VV RVG in Höhe von EUR 20,00. Zur Begründung beruft er sich ausschließlich auf eine stets weitgehend identische, jeweils nur hinsichtlich weniger Parameter auf die betreffende Tat angepasste, anwaltliche Versicherung, nach der er jede einzelne Sache "mehrfach telefonisch und nachhaltig" mit der Mandantin erörtert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 321 ff. d. Akte verwiesen. Hinsichtlich des bis zur Verbindung unter dem Az 37 Ds 46/19 geführten Verfahrens berechnet er zudem eine Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren gem. Nr. 4106, 4017 VV RVG in Höhe von EUR 161,00 sowie eine Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 RVG in Höhe von EUR 28,75 für 206 Blatt. Insgesamt möchte der Beschwerdeführer für das Verfahren 37 Ds 46/19 wie folgt abrechnen:


Anklagepunkt 1, Straftat v. 23.11.2018 - Pol- AZ 000000-00/0
Grundgebühr Nr. 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 2, Straftat vom 05.12.2018 - Pol-AZ 000000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 3, Straftat vom 10.12.2018 - Pol-AZ 000000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 4, Straftat vom 14.12.2018 - Pol-AZ: 00000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 5, Straftat vom 18.12.2018 - Pol-AZ: 000000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 6, Straftat vom 19.12.2018, - Pol-Az: 000000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 7, Straftat vom 03.01.2019 - Pol-Az: 000000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 8, Straftat vom 10.01.2019 - Pol-Az: 00000-00/0
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Anklagepunkt 9, Straftat vom 10.01.2019 - Pol-Az: 000000-00/0 (vormals 62 Js 2287/19)
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale EUR 20,00
Verfahrensgeb. Nr. 4106, 4107 RVG EUR 161,00
Dok.Pauschale Nr. 7000 RVG EUR 28,75
Für das Verfahren 37 Ds - 62 Js 9489 - 29/19 berechnet er folgende Gebühren:
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr Nr. 4104 RVG EUR 132,00
Pauschale 7002 EUR 20,00
Verfahrensgeb. 4106, 4107 RVG EUR 161,00
Pauschale 7000 (65 Kopien) EUR 27,25
Pauschale 7002 (gerichtl. Verf.) EUR 20,00
EUR 520,25
Für das Verfahren 37 Cs - 62 Js 4023/19 - 66/19 berechnet er folgende Gebühren:
Grundgebühr 4100, 4101 RVG EUR 192,00
Verfahrensgebühr 4106, 4107 EUR 161,00
Pauschale 7002 EUR 20,00
EUR 373,00
Für das bis zuletzt führende Verfahren berechnet er insgesamt EUR 1.192,40, u.a.
Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr 4104 EUR 132,00
Verfahrensgebühr 4106,4107 EUR 161,00
Terminsgebühr 17.01. Nr. 4108 RVG EUR 220,00
Termisngebühr 24.01. Nr. 4108 RVG EUR 220,00

sowie Dokumentpauschalen, Fahrt- und Parkkosten, Abwesenheitsgeld und eine weitere Pauschale, die dem Grunde und der Höhe nach unstreitig sind

Nach Anhörung und Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 02.04.2020 (Bl. 350 ff. d. A.) setzte die Urkundsbeamtin beim Amtsgericht Münster mit Beschluss vom 20.04.2020 zu erstattende Gebühren und Auslagen in Höhe von EUR 2.820,80 fest. Wegen des näheren Inhalts des Beschlusses wird auf Bl. 366 ff. d. A. verwiesen. Mit einem am 06.05.2020 beim Amtsgericht Münster eingegangenen Schriftsatz legte der Beschwerdeführer Erinnerung gegen den Festsetzungsbeschluss ein (Bl. 377 d. A.). Die Bezirksrevisorin legte mit Schreiben vom 15.05.2020 ebenfalls Erinnerung ein (vgl. Bl. 388 d. A.). Mit Beschluss vom 25.05.2020 berichtigte die Urkundsbeamtin ihren Beschluss vom 20.04.2020 nach § 319 ZPO dahin, dass der zu erstattende Betrag auf EUR 2.821,02 festgesetzt werde und half im Übrigen beiden Erinnerungen nicht ab.

Mit Beschluss vom 04.06.2020 setzte das Amtsgericht Münster - Strafrichter - die Gebühren auf EUR 2.012,41 fest. Im Übrigen verwarf es die Erinnerungen. Wegen des Inhalts dieses Beschlusses wird auf Bl. 401 ff. d. A. verwiesen. Der Beschluss wurde der Bezirksrevisorin am 08.06.2020 zugestellt. Das Empfangsbekenntnis des Beschwerdeführers weist als Datum des Zugangs des am 05.06.2020 versandten Beschlusses den 18.06.2020 aus. Am 23.06.2020 ging bei dem Amtsgericht Münster ein Schriftsatz ein, mit dem der Beschwerdeführer "sofortige Beschwerde" gegen den Beschluss vom 04.06.2020 einlegte und er der Sache nach seinen Vergütungsantrag vom 18.02.2020 weiterverfolgt (Bl. 411 ff. d. A.). Das Amtsgericht Münster hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und es der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Diese hat erneut die Bezirksrevisorin zum Inhalt der Entscheidung des Amtsgerichts vom 04.06.2020 sowie der Beschwerdebegründung angehört. In ihrer Stellungnahme vom 26.08.2020 hat die Bezirksrevisorin erklärt, sich dem Beschwerdeverfahren anzuschließen und im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt, abweichend vom bisher festgesetzten Betrag eine Vergütung von lediglich EUR 1.726,22 zu Gunsten des Beschwerdeführers festzusetzen und den darüber hinaus bereits ausgekehrten Betrag von dem Beschwerdeführer zurückzufordern (Bl. 420 f. d. A.).

II.

1. Die Kammer ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1 RVG zur Entscheidung durch den Einzelrichter berufen.

2. Die "sofortige Beschwerde" des Beschwerdeführers ist als einfache aber befristete Beschwerde gemäß § 56 RVG auszulegen. Als solche ist sie zulässig, insbesondere statthaft und gemäß § 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 auch fristgemäß innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eingelegt worden.

3. Die Beschwerde ist indes unbegründet. Sie führt vielmehr - wie zu zeigen sein wird - zu einer niedrigeren Festsetzung als in der angegriffenen Entscheidung erfolgt.

Dem Beschwerdeführer steht eine Vergütung wie folgt zu:

3.1 Verfahren mit dem Aktenzeichen 37 Ds - 61 Js 419/19 - 46/19

Für dieses Verfahren sind folgende Kosten festzusetzen:


Grundgebühr 4100 RVG EUR 160,00
Verfahrensgebühr 4106 RVG EUR 161,00
Pauschale 7002 EUR 20,00
Pauschale 7000 EUR 28,75
Zwischensumme EUR 369,75

Weitere Kosten sind nicht festzusetzen. Insbesondere ist die Gebühr 4104 VV RVG nicht, auch nicht in einem Fall, festzusetzen. Die Gebühr entsteht - soweit hier relevant - für eine Tätigkeit in dem Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift oder des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei dem Gericht. Eine derartige Tätigkeit des Beschwerdeführers vor Eingang der Anklage am 28.03.2019 ist in keinem der von ihm in seiner Abrechnung gebildeten neun "Fälle" glaubhaft gemacht.

Der Rechtsanwalt, der die Festsetzung im Rahmen der Beiordnung als Pflichtverteidiger entstandener Kosten beantragt, hat die Tatsachen, die die Verwirklichung eines Gebührentatbestand ergeben, schlüssig darzulegen und glaubhaft zu machen, § 55 Abs. 5 S. 1 RVG i.V.m. § 104 Abs. 2 ZPO (vgl. auch etwa AG Koblenz, Beschl. v. 07.07.2006 - 40 UR IIa 142/06 = BeckRS 2006, 08649). Glaubhaft gemacht sind die behaupteten Voraussetzungen eines Kostentatbestandes, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben sind (vgl. BGH, Beschl. v. 11.09.2003 - IX ZB 37/03). Für die durch das Gericht zu treffende Wahrscheinlichkeitsfeststellung gilt dabei der Grundsatz der freien Würdigung des gesamten Vorbringens (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 294 Rn. 6 m.w.N.). Die Entscheidung darüber, ob eine Tatsache glaubhaft gemacht ist oder nicht, ist ein Akt wertender richterlicher Erkenntnis (BGH, Beschl. v. 21.12.2006 - IX ZB 60/06).

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen für den Anfall einer Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG für das Verfahren 37 Ds - 61 Js 419/19 - 46/19 nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann an diese Stelle dahinstehen, ob es sich dabei - wie vom Beschwerdeführer angenommen - kostenrechtlich ursprünglich um neun Rechtsfälle oder - wie vom Amtsgericht und der Bezirksrevisorin angenommen - um lediglich einen Rechtsfall im Sinne der Nrn. 4100 ff. VV RVG handelte. Denn die Voraussetzungen für die Entstehung der Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG sind für keinen einzigen Fall glaubhaft gemacht.

Gemäß § 294 ZPO kann sich derjenige, der eine Behauptung glaubhaft zu machen hat, aller Beweismittel bedienen und auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Der Beschwerdeführer hat sich keines förmlichen Beweismittels bedient und auch keine Versicherung an Eides statt abgegeben. Er hat seinen Tatsachenvortrag hinsichtlich der Voraussetzungen für die Entstehung der Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG in seinem Schriftsatz vom 18.02.2020 vielmehr ausschließlich anwaltlich versichert. Die anwaltliche Versicherung wird zwar zum Teil grundsätzlich ebenfalls als zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung angesehen (Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 5 m.w.N.). Jedenfalls im Rahmen der Kostenfestsetzung folgt nach allgemeiner Meinung aber im Umkehrschluss aus § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO, dass die bloße anwaltliche Versicherung nicht - jedenfalls nicht zwangsläufig - ausreicht (statt vieler: OLG Köln NStZ-RR 2014, 64 m. zahlr. w. N.; Mayer/Kroiß/Kießling, RVG, 7. Aufl., § 55 Rn. 30; Volpert in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, Festsetzung gegen die Staatskasse (§ 55)). Insbesondere wenn das Vorhandensein objektiver Mittel der Glaubhaftmachung für den Fall der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen zu erwarten wäre, solche aber nicht vorgelegt werden, ist die anwaltliche Versicherung von allenfalls geringem Wert. Vor diesem Hintergrund erachtet die Kammer den vom Beschwerdeführer zur Begründung der Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG geschilderten Sachverhalt nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zutreffend, weil zahlreiche Umstände dagegen sprechen.

Gegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit des geschilderten Sachverhalts spricht zunächst und insbesondere, dass der Beschwerdeführer sich bis zur Erhebung der Anklage im polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren weder bei der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft gemeldet hat. Dieser Umstand ist mit der Behauptung, er habe eine jede der neun durch die Polizei mit einem eigenen Aktenzeichen versehenen Taten jeweils mehrfach telefonisch und nachhaltig mit der Mandantin erörtert, kaum in Einklang zu bringen. Denn wie eine mehrfache und nachhaltige Erörterung sachgerecht erfolgen kann, ohne dass der Verteidiger sich über die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Einblick in die Ermittlungsunterlagen verschafft und erwartbar vorhandene Zeugenaussagen studiert, ist bereits fraglich. Dies gilt umso mehr, als der Verteidiger in der Akte selbst mehrfach betont, dass seine Mandantin sich aufgrund ihrer Drogenabhängigkeit nicht immer zuverlässig an Sachverhalte erinnern könne bzw. die Kommunikation mit ihr schwierig sei. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang stets darauf verweist, die vom Rechtsanwalt erbrachte Tätigkeit müsse sich nicht zwingend aus der Gerichtsakte ergeben, mag dies zutreffen. Die Konsequenz dieses Umstandes liegt aber nicht etwa darin, dass es deshalb gar keiner Umstände bedürfte, die auf die tatsächliche Verrichtung der in Abrechnung gestellten Tätigkeit hinreichend wahrscheinlich schließen lassen. Vielmehr wird gerade in derartigen Konstellationen ein besonderes Augenmerk auf das Vorliegen von Anhaltspunkten zu richten sein, die trotz fehlender Aktenkundigkeit einer Tätigkeit des Verteidigers gleichwohl hinreichend wahrscheinlich auf dessen Tätigkeit schließen lassen. Solche Anhaltspunkte liegen hier aber nicht vor. Im Gegenteil: Gegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Tätigkeit des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren spricht weiter, dass die unterlassene Anzeige seiner Mandatierung ggb. den Ermittlungsbehörden auch mit seinem übrigen aus der Akte ersichtlichen Verhalten kaum in Einklang zu bringen ist. Denn daraus ergibt sich das Bild, dass der Beschwerdeführer ansonsten keine Gelegenheit auslässt, um darauf hinzuwirken, dass der Umstand seiner Mandatierung in ihm bekannten wie auch unbekannten (!) Verfahren schnellstmöglich aktenkundig wird. So begehrt er etwa in den Schriftsätzen vom 10.04.2019 (Bl. 36 d. A.) und 05.06.2019 (Bl.150 d. A. 37 Ds 46/19) ihn "in allen offenen Sachen als Verteidiger ein(zu)tragen" und den Schriftsatz "allen offenen Verfahren/Vorgängen beizulegen." Im Übrigen wird auf die bereits durch die Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 02.04.2020, dort S. 3, überzeugend dargestellten Auffälligkeiten verwiesen, die der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des vom Beschwerdeführers geschilderten Sachverhalts ebenfalls entgegenstehen und die der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Gelegenheit hierzu mit keinem Wort aufgegriffen bzw. erläutert hat. Insbesondere hat er keinerlei interne Aufzeichnungen, Telefonvermerke, Korrespondenz mit dem Betreuer seiner Mandantin o.ä. Schriftstücke vorgelegt, deren Existenz für den Fall der tatsächlichen Bearbeitung eines Rechtsfalles im Stadium vor Anklageerhebung zu erwarten wäre. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang mit seiner Beschwerde die Auffassung vertritt, er sei zur Vorlage derartiger Unterlagen nicht verpflichtet bzw. dies sei ihm sogar verboten, ist diese Auffassung unzutreffend. Die Darlegung und Glaubhaftmachung einzelner Ansätze kann nicht mit dem Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht abgelehnt werden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.9.2014 - III-1 Ws 246/14, III-1 Ws 272/14, 1 Ws 246/14, 1 Ws 272/14; OLG Köln, NStZ-RR 2014, 64; ). Denn zum einen befreit die Regelung in § 55 Abs. 5 S. 1 den Anwalt gegenüber dem Gericht gerade von der Verschwiegenheitspflicht. Zum anderen sind auch der Urkundsbeamte sowie die sonstigen mit der Festsetzung befassten Bediensteten, auch der Vertreter der Staatskasse, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Volpert in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, Festsetzung gegen die Staatskasse (§ 55), Rn. 884). Der Beschwerdeführer muss deshalb die aus seinem Unterlassen folgende Konsequenz der fehlenden Glaubhaftmachung seiner Tätigkeit tragen.

3.2 Verfahren mit dem Aktenzeichen 37 Ds - 62 Js 9489/18 - 29/19

Für dieses Verfahren waren keine Kosten festzusetzen, und zwar aus zwei jeweils für sich allein tragenden Gründen.

3.2.1. Weder die Voraussetzungen für das Entstehen der geltend gemachten Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG noch die Voraussetzungen für die Entstehung der ebenfalls geltend gemachten Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG sind glaubhaft gemacht. Insoweit kann umfänglich auf die Ausführungen zu 3.1 verwiesen werden. Auch in dieser Sache hat sich der Beschwerdeführer vor dem Eingang der Anklage bei Gericht am 27.02.2019 in keiner Weise gegenüber den Ermittlungsbehörden gemeldet, weshalb ungeachtet seiner anwaltlichen Versicherung aus oben näher dargelegten Gründen auch hier keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen ist, dass der Beschwerdeführer in diesem Rechtsfall bis zum Eingang der Anklage bei Gericht tätig geworden oder auch nur mandatiert worden ist.

3.2.2. Es fehlt in diesem Verfahren an der notwendigen Beiordnung des Beschwerdeführers als Grundvoraussetzung der von ihm begehrten Gebührenerstattung aus der Landeskasse. Das Amtsgericht Münster hat im Beschluss vom 13.05.2019, in dem es den Beschwerdeführer im Verfahren 37 Ds 184/18 - nach Verbindung mit dem Verfahren 37 Ds 29/19 - der damaligen Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet hat, diese Beiordnung nicht auf das zuvor hinzuverbundene Verfahren erstreckt. Eine derartige Erstreckungsentscheidung wäre gemäß § 48 Abs. 6 S. 3 RVG aber notwendige Voraussetzung eines Vergütungsanspruchs gegen die Staatskasse. Ohne Erstreckungsentscheidung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG besteht kein rückwirkender Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für der Beiordnung vorausgehende Tätigkeiten als Wahlverteidiger in hinzuverbundenen Verfahren. Der anwaltliche Vergütungsanspruch für frühere Tätigkeiten in vor der Beiordnung hinzuverbundenen Verfahren folgt nicht bereits aus § 48 Abs. 6 S. 1 RVG (so aber OLG Hamm, Beschlüsse vom 16. Mai 2017, Az. 1 Ws 95/17, Rn. 33; vom 6. Juni 2005, Az.: 2 (s) Sbd VIII - 110/05, Rn. 7 und 14; OLG Bremen, Beschluss vom 7. August 2012, Az.: Ws 137/11, Rn. 14 f.; KG, Beschluss vom 17.03.2009, Az.: 1 Ws 369/08, Rn. 3; OLG Jena, Beschluss vom 12. Juni 2008, Az.: 1 AR (S) 13/08, Rn. 19; jeweils zitiert nach juris). Vielmehr gilt die Vorschrift des § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG für alle Fälle der Verfahrensverbindung, ungeachtet der zeitlichen Reihenfolge von Verbindung und Beiordnung. Die Kammer schließt sich in dieser Frage ausdrücklich der überzeugend begründeten jüngsten Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg in dessen Beschluss vom 20. November 2017 - 2 Ws 179/17 - an, auf die zur näheren Begründung verwiesen wird. Insbesondere ermöglicht nur diese Sichtweise die Sicherstellung sachgerechter Ergebnisse. Zwar kann es von Zufällen abhängen, welches Verfahren bei einer Verbindung das führende wird; das führende Verfahren ist nicht notwendig das gewichtigste (so etwa OLG Bremen aaO. Rn. 15). Genauso zufällig könnte aber eine automatische Gebührenerstreckung auf alle hinzuverbundenen Verfahren zur Vergütungspflicht für frühere Tätigkeiten etwa auch in Bagatellverfahren führen, in denen für sich genommen eine Pflichtverteidigung zunächst nicht angezeigt war (so auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 22. April 2014, Az.: 1 Ws 48/14). Folglich sind wertungswidersprüchliche bzw. zufällige gebührenrechtliche Auswirkungen nur mit dem vom Gesetzgeber in § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG eröffneten Verfahren der gerichtlichen Prüfung und Bestimmung des Umfangs einer rückwirkenden Gebührenerstreckung im Einzelfall zu vermeiden (ebenso im Ergebnis OLG Braunschweig, a.a.O; OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Mai 2012, Az.: 2 Ws 242/12, Rn. 14 ff.; OLG Oldenburg, Beschluss vom 27. Dezember 2010, Az.: 1 Ws 583/10, Rn. 7; OLG Celle, Beschluss vom 2. Januar 2007, Az.: 1 Ws 575/06; ähnlich: OLG Rostock, Beschluss vom 27. April 2009, Az.: I Ws 8/09, Rn. 8; jeweils zitiert nach juris). Eine derartige Erstreckungsentscheidung hat der Beschwerdeführer bis zuletzt auch trotz dahingehener Hinweise der Bezirksrevisorin nicht beantragt. Angesichts dessen bleibt für die Annahme einer konkludenten Antragstellung kein Raum. Letztlich kann dies offenbleiben. Eine Rückgabe wegen dieses Umstandes an das Amtsgericht scheidet schon deshalb aus, weil dieser Frage aufgrund der Ausführungen zu 3.2.1 letztlich keine Entscheidungsrelevanz zukommt.

3.3 Verfahren mit dem Aktenzeichen 37 Cs - 62 JS 4023/19 - 66/19

Für dieses Verfahren sind folgende Kosten festzusetzen:


Grundgebühr gem. Nr. 4100, 4101 VV RVG
EUR 192,00
Verfahrensgebühr gem. Nr.4106, 4107 VV RVG
EUR 161,00
Pauschale gem. NR. 7002 VV RVG
EUR 20,00
EUR 373,00

Die Festsetzung für dieses Verfahren entspricht dem Antrag. Die Bezirksrevisorin sieht den Antrag insoweit ebenfalls als begründet an. Die notwendige Beiordnung für dieses Verfahren ist im (Verbindungs-) Beschluss vom 30.10.2019 erfolgt. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers im gerichtlichen Verfahren ergibt sich aus dem Antrag vom 04.10.2019 (Einspruch gegen Strafbefehl und Wiedereinsetzungsantrag). Der Zuschlag gemäß Nr. 4101 VV RVG ist gerechtfertigt, weil die jetzige Verurteilte zeitweise in Haft war. Mit Entstehen der Verfahrensgebühr ist auch die Grundgebühr entstanden (vgl. dazu statt vieler Burhoff, in: Gerold/Schmidt, 24. Aufl., RVG VV 4100 Rn. 9).

3.4 Verfahren mit dem Aktenzeichen 37 Ds - 62 Js 11968/18 - 184/18

Für dieses Verfahren sind Kosten und Auslagen nach Auffassung aller Beteiligter und auch der Kammer wie beantragt in Höhe von EUR 1.192,40 festzusetzen. Ebenfalls besteht - jedenfalls nunmehr - Einigkeit darüber, dass von diesem Betrag die an Rechtsanwältin S1 gezahlte Vergütung in Höhe von EUR 413,88 brutto abzuziehen ist; auch darin stimmt die Kammer mit den Beteiligten überein. Auf eine nähere Darstellung wird deshalb verzichtet.

3.5 Verfahren mit dem Aktenzeichen 37 Cs 13/20

Entgegen des Inhalts der Erinnerungsentscheidung kommt die Erstattung von Gebühren und Auslagen für das Verfahren 37 Cs 13/20 schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer, worauf er mit der Beschwerdebegründung selbst hinweist, sie nicht beantragt hat.

3.6 Zusammenfassung:

Der festgesetzte Betrag errechnet sich demnach wie folgt:


37 Ds - 61 Js 419/19 - 46/19: EUR 369,75
37 Cs - 62 JS 4023/19 - 66/19: EUR 373,00
37 Ds - 62 Js 11968/18 -184/18 EUR 1.192,40
EUR 1.935,15 netto
= EUR 2.302,83 brutto
EUR 2.302,83 abzgl.EUR 413,88 = EUR 1.888,95 brutto

4.

Der nunmehr festgesetzte Betrag ist niedriger als der durch das Amtsgericht in Erinnerungsentscheidung festgesetzte Betrag. Das Verbot der reformatio in peius steht dem nicht entgegen, denn es gilt im Beschwerdeverfahren nach §§, 56 Abs. 2 RVG nicht (eingehend und überzeugend hierzu OLG Hamburg, Beschl. v. 05.05.2010 - 2 Ws 34/10; vgl. auch Burhoff/Volpert in: Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2. Aufl. 2016, Teil D: Vergütung und Kosten Rn. 500).

5. Die Anschlussbeschwerde der Bezirksrevisorin ist unzulässig, weil sie unstatthaft ist. Nach § 1 Abs. 3 RVG richten sich Rechtsbehelfe und Rechtsmittel in Kostenverfahren des RVG ausschließlich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Das RVG sieht die Möglichkeit einer Anschlussbeschwerde nicht vor. Auf die Höhe der Festsetzung bleibt dies aus den zu Ziffer 4. ausgeführten Gründen indes ohne Auswirkung.

6. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 u. 3 RVG ist das Verfahren gebührenfrei und werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.


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