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RVG Entscheidungen

Nr. 5116 VV

Selbständiges Einziehungsverfahren, Gebühren des Verteidigers

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Hamburg, Beschl. v. 18.10.2021 - 612 Qs 100/20

Eigener Leitsatz: Der im Rahmen eines selbstständigen Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG tätige gewordene Rechtsanwalt, der als Verteidiger allein im Einziehungsverfahren tätig wird, hat, wenn eine Geldbuße nicht festgesetzt worden ist, verdient neben der Gebühr Nr. 5116 VV RVG zusätzlich zum einen die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG, aber auch die weitere Vergütung nach den Nr. 5101-5106 VV RVG. Gebühren für Tätigkeiten im gerichtlichen Verfahren entstehen hingegen nicht.


612 Qs 100/20

Landgericht Hamburg

Beschluss
In dem selbständigen Einziehungsverfahren
gegen pp.
vertreten durch:

Verteidiger: ,

hat das Landgericht Hamburg, Große Strafkammer 12, durch

die Vorsitzende Richterin am Landgericht,
den Richter am Landgericht und
den Richter

am 18.10.2021 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 01.10.2020 (Az.: 203 OWi 109/19) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass die von der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen des Verteidigers der Beschwerdeführerin auf insgesamt 462 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2020 festgesetzt werden.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde verworfen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen haben die Staatskasse zu zwei Dritteln und der Beschwerdeführer zu einem Drittel zu tragen.
4. Der Wert der Beschwerde beträgt 452 EUR.

Gründe:

I.

Gegen die Beschwerdeführerin erging am 02.05.2019 wegen Verstößen ihrer Mitarbeiter gegen die FZV, StVG, StVO und StVZO (Fahrt eines Mobilkrans auf öffentlichen Straßen ohne die aufgrund der Abmessungen des Mobilkrans erforderliche Ausnahmegenehmigung und streckenbezogene Genehmigung und Überladung. des den Mobilkran begleitenden, die Kontergewichte für diesen transportierenden LKW) eine selbständige Einziehungsanordnung nach § 29a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5, § 87 Abs. 3, Abs. 6 OWiG über 1.784. EUR nebst Auslagen. Ein Bußgeldbescheid wurde nicht erlassen.

Der jetzige Prozessvertreter zeigte mit Schreiben vom 10.05.2019 die Vertretung der Beschwerdeführerin an, legte einen unbegründeten Einspruch gegen den Einziehungsbescheid ein und beantragte Akteneinsicht.

Mit Beschluss vom 02.01.2020 stellte das Amtsgericht Hamburg (Az.: 203 OWi 109/19) nach Gewährung rechtlichen Gehörs für Staatsanwaltschaft und Verteidiger der Beschwerdeführerin das Verfahren gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206a StPO wegen Vorliegen eines Verfahrenshindernisses — Verjährung — ein und legte die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin der Staatskasse zur Last.

Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 12.02.2020, ergänzt durch Stellungnahmen vom 29.06.2020 und 19.08.2020, beantragte der Verteidiger der Beschwerdeführerin zuletzt — nach teilweiser Rücknahme des Antrags — die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen:

Grundgebühr § 14 RVG, Nr. 5100 VV RVG 100,00 EUR
Verfahrensgebühr für vorbereitendes Verfahren § 14 RVG, Nr. 5103 W RV 160,00 EUR
Verfahrensgebühr vor dem Amtsgericht § 14 RVG, Nr. 5109 VV RVG 160,00 EUR
Verfahrensgebühr bei Einziehung § 13 RVG, Nr. 5116 VV RVG 150,00 EUR Post- und Telekommunikationsdienstleistungen § 14 RVG, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Post- und Telekommunikationsdienstleistungen § 14 RVG, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Aktenversendungspauschale 12,00 EUR
Zwischensumme netto 622,00 EUR
Zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ü. d. Basiszinssatz ab Antragsstellung

Nach Anhörung der Bezirksrevisorin vom 11.08.2020, Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu diesen Ausführungen vom 19.08.2020 und Erwiderung der Bezirksrevisorin vom 21.09.2020 setzte das Amtsgericht Hamburg die zu erstattenden Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 01.10.2020 auf 170,00 EUR fest und wies den Kostenfestsetzungsantrag im Übrigen zurück. Die Festsetzung erfolgte im Einzelnen wie nachstehend (wörtliche Wiedergabe):

Gebühr Nr. 5115 VV RVG 150,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20.00 EUR
Zwischensumme 170,00 EUR. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten 0. d. Basiszinssatz seit dem 18.02.2020 4,36 EUR
Summe (zu zahlender Betrag) 174,36 EUR

Zur Begründung verwies das Amtsgericht Hamburg im Wesentlichen darauf, dass sich aus dem in § 29a OWiG geregelten Anwendungsbereich der Einziehung im vorliegenden Fall ergebe, dass es sich nicht um ein vollständiges Ordnungswidrigkeitsverfahren mit entsprechender Gebührenfolge der W 5100-5115 RVG handele. Außerdem sei die Abtretung des Anspruches dem Gericht vom Verteidiger nicht vorgelegt worden.

Mit der gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss gerichteten sofortigen Beschwerde vom 13.10.2020, bei Gericht am selben Tag eingegangen, verfolgt die Beschwerdeführerin weiterhin die Festsetzung der von ihm zuletzt beantragten Gebühren und Auslagen. Zur Begründung führt der Verteidiger der Beschwerdeführerin aus, dass die Gründe des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht verständlich seien. Eine Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG sei überhaupt nicht beantragt worden. Wenn es sich sei bei der festgesetzten Gebühr um eine solche nach Nr. 5116 VV RVG handeln sollte, hätte das Gericht übersehen, dass es sich lediglich um eine Zusatzgebühr handele, die bereits per definitionem nicht als Einzelgebühr festsetzbar sei.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und in der Sache teilweise erfolgreich.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers über die Kostenfestsetzung ist gemäß § 11 Abs. 1 RPfIG i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 464b Satz 3, 304 Abs. 3 StPO die sofortige Beschwerde statthaft. Die sofortige Beschwerde wurde auch form- und fristgerecht schriftlich binnen zwei Wochen beim Amtsgericht Hamburg eingelegt, §§ 464b Satz 4, 311, 314 StPO, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweisen Erfolg. Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Auslagen ihres Verteidigers von insgesamt 462 EUR nebst Zinsen in. Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2020, mithin 292 EUR mehr, als das Amtsgericht Hamburg festgesetzt hat.

a) Die Beschwerdeführerin hat nicht nur einen Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen nach Nr. 5116 VV RVG, sondern auch auf Erstattung der Grundgebühr nach Nr. 5110 VV RVG und der Verfahrensgebühr für vorbereitendes Verfahren Nr. 5103 VV RVG. Ein Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren nach Nr. 5109 VV RVG besteht hingegen nicht.

aa) Aufgrund der anwaltlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin im Einziehungsverfahren vor dem Gericht des ersten Rechtzugs entsteht die Gebühr Nr. 5116 Abs. 1 VV RVG. Diese Gebühr hat das Amtsgericht Hamburg zu Recht festgesetzt. Soweit in der Begründung des Amtsgerichts hinsichtlich der festgesetzten Gebühr insofern von Nr. 5115 VV RVG die Rede ist, handelt es sich offensichtlich um ein redaktionelles Versehen.

Bereits im darauffolgenden Satz stellt das Gericht nämlich fest, dass der Kostenfestsetzungsantrag im Hinblick auf die Gebühr Nr. 5115 VV RVG zurückgenommen worden war. Dadurch wird deutlich, dass es sich bei der vom Amtsgericht festgesetzten Gebühr um den Gebührentatbestand Nr. 5116 VV RVG handelt. Dies wird auch durch die weiteren Ausführungen in der Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses deutlich, in denen das Amtsgericht darlegt, warum neben der Gebühr Nr. 5116 VV RVG die Entstehung der Gebühren nach Nr. 5100-5114 VV RVG nicht in Betracht kommen soll.

bb) Die Frage, ob im Rahmen eines selbstständigen Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG, bei dem der Verteidiger allein im Einziehungsverfahren tätig wird und eine Geldbuße nicht festgesetzt worden ist, neben dem Gebührentatbestand der Nr. 5116 VV RVG zusätzlich zum einen die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG, aber auch die weitere Vergütung nach den Nr. 5101-5114 VV RVG anfallen kann, wird sowohl in Rechtsprechung als auch Literatur uneinheitlich beurteilt.

Nach einer Ansicht sollen für die anwaltliche Tätigkeit in diesen Fällen allein die Gebühren nach Nr. 5116 VV RVG entstehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.04.2012 —1 AR 70/11; LG Koblenz, Beschluss vom 26.01.2018 — 9 Qs 59/17 und 9 Qs 60/17; LG Kassel, Beschluss vom 15.05.2019 — 8 Qs 4/19; Krumm, in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, Vorbemerkung 5 Rn. 38), nach anderer Ansicht sollen sowohl die Gebühr nach Nr. 5100 VV RVG als auch die Gebühren Nr. 5101-5114 VV RVG anfallen (LG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.2020 — 20 Qs 15/19; LG Trier, Beschluss vom 08.08.2016 — 1 Qs 32/16; LG Karlsruhe, Beschluss vom 26.02.2013 — 3 Qs 6/13; LG Oldenburg, Beschluss vom 07.12.2012.- 5 Qs 384/12, 159; LG Stuttgart, Beschluss vom 30.01.2019 — 20 Qs 1/19; Burhoff, in: Gerold/Schmidt, 25. Aufl. 2021, RVG W 5116 Rn. 1; Knaudt, in: BeckOK RVG, 53. Ed. 1.9.2021, RVG VV Vorbemerkung 5 Rn. 5.1). Nach einer vermittelnden Ansicht können neben der Gebühr Nr. 5116 VV RVG auch die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG, nicht aber die weiteren Gebühren für anwaltliche Tätigkeiten im Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren nach Nr. 5101-5114 VV RVG geltend gemacht werden (LG Freiburg, Beschluss vom 29.10.2019 —16 Qs 30/19).

cc) Nach Auffassung der Kammer können für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in einem Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG, bei dem kein Bußgeld festgesetzt worden ist, neben der Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG sowohl die Grundgebühr (Nr. 5100 VV RVG) als auch die Gebühren für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (Nr. 5101-5106 VV RVG) anfallen. Die Gebühren für das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug nach Nr. 5107-5114 VV RVG entstehen hingegen nicht.

aa) In Konstellationen wie der vorliegenden entsteht die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG neben der Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG. Der Anspruch auf Gewährung der Grundgebühr ist nicht infolge der Eröffnung des Anwendungsbereiches des Gebührentatbestandes Nr. 5116 VV RVG ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus der Systematik des Teils 5 VV RVG, dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen und dem Regelungszweck der Nr. 5116 VV RVG im Einziehungsverfahren.

Die Systematik des Teils 5 VV RVG spricht für einen kumulativen Anfall der Gebühren nach Nr. 5110 VV RVG und Nr. 5116 VV RVG. Die Grundgebühr fällt nach dem Aufbau des maßgeblichen Teils 5 des Vergütungsverzeichnisses für jede von diesem Teil erfasste Tätigkeit in einer Angelegenheit an. Die verschiedenen Gebühren des Verteidigers bauen aufeinander auf und bestehen grundsätzlich aus der Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG (Unterabschnitt 1. Allgemeine Gebühr), den Verfahrens- und Terminsgebühren für das Verwaltungs- (Unterabschnitt 2., Nr. 5101-5106 VV RVG), Gerichts- (Unterabschnitt 3., Nr. 5107-5112 VV RVG) und Beschwerdeverfahren (Unterabschnitt 4., Nr. 5113-5114 VV RVG) sowie aus ,,zusätzlichen Gebühren" (Unterabschnitt 5., Nr. 5115-5116 VV RVG), zu denen die Verfahrensgebühr Nr. 5116 VV RVG bei Maßnahmen der Einziehung gehört. Bereits aus dieser systematischen Verortung der Gebühren in einzelnen Unterabschnitten, die mit der „Allgemeinen Gebühr" in Unterabschnitt 1. beginnt und sodann die weiteren potentiellen Verfahrensabschnitte in den darauffolgenden Unterabschnitten abbildet, ergibt sich, dass die Annahme einer ausschließlichen Entstehung der Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG, die andere Gebühren verdrängen würde, systemfremd wäre. Dieses Verständnis wird durch die Überschrift des Unterabschnitts 5 mit „Zusätzliche Gebühren" bekräftigt. Die Systematik spricht eindeutig dafür, dass die Gebühr Nr. 5116 VV RVG neben anderen Gebühren, mithin „zusätzlich", anfällt (LG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.2020 — 20 Qs 15/19, Rn. 15 — juris; LG Freiburg, Beschluss vom 29.10.2019 —16 Qs 30119, Rn. 15 — juris; LG Trier, Beschluss vom 08.08.2016 —1 Qs 32/16, Rn. 16 — juris; LG Karlsruhe, Beschluss vom 26.02.2013 — 3 Qs 6/13 Ko, Rn. 9 — juris).

Daneben streitet auch der. Gesetzeswortlaut der Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG für die Sichtweise, dass die Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG die Tätigkeit des Verteidigers in Konstellationen wie der vorliegenden nicht abschließend regelt. Dem Verteidiger eines Einziehungsbeteiligten stehen nach der Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG die gleichen Gebühren zu wie dem. Verteidiger des Betroffenen im Bußgeldverfahren. Mit dieser eindeutigen gesetzlichen Wertung wäre es nicht in Einklang zu bringen, wenn man den Verteidiger bei einem selbstständigen Einziehungsverfahren auf die Gebühren nach Nr. 5116 VV RVG beschränkt (so auch LG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.2020 – 20 Qs 15/19, Rn. 15 — juris; LG Trier, Beschluss vom 08.08.2016 —1 Qs 32/16, Rn. 16 —juris).

Ferner zeigt der Aspekt, dass die Verfahrensgebühr der Nr. 5116 VV RVG nach Nr. 5116 Abs. 2 VV RVG bei einem Gegenstandswert von unter 30 EUR und damit vor allem auch bei nicht verkehrsfähigen Einziehungsobjekten (wie insbesondere Betäubungsmitteln, vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.11.2006 — 2 Ws 137/06) überhaupt nicht entsteht. Würde man der Ansicht folgen, dass die Gebühr des Nr. 5116 VV RVG in Konstellationen wie der vorliegenden die Tätigkeit des Verteidigers abschließend honorieren soll, hätte dies zur Folge, dass bei Gegenstandswerten von unter 30,00 EUR die anwaltliche Tätigkeit überhaupt nicht vergütet würde. Der Ausschluss jeglicher Vergütung in derartigen Fällen wäre sachwidrig und sachlich nicht zu begründen (LG Freiburg, Beschluss vom 29.10.2019 — 16 Qs 30/19, Rn. 15 — juris).

Nur wenn neben der Gebühr des Nr. 5116 VV RVG auch weitere Gebühren entstehen können, wird dem Sinn und Zweck dieser zusätzlichen Gebühr Geltung verschafft. Denn die Gebühr findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwalts mit dem Ziel der Bewahrung des Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwendig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten werden soll (OLG Oldenburg, Beschluss vom 03.12.2009 —1 Ws 643/09 = NJW 2010, 884, 885).

Ferner spricht für die zusätzliche Gewährung und gegen eine alternative Bestimmung des Gebührentatbestandes Nr. 5116 VV RVG bei einer Vertretung im Einziehungsverfahren aus Sicht der Kammer die tatbestandliche Ausgestaltung des Einziehungsrechts. Es knüpft unmittelbar an einen strafbewehrten Verstoß bzw. eine Ordnungswidrigkeit an und bedingt demnach den Nachweis eines objektiven und subjektiven Fehlverhalten. Umfang und Schwierigkeit der Sach-, Beweis-, und Rechtslage können hier demnach in gleicher Weise auftreten wie bei dem Verteidiger desjenigen, dem das Fehlverhalten unmittelbar zur Last gelegt wird (LG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.2020 — 20 Qs 15/19, Rn. 15 — juris; vgl. auch LG Karlsruhe, Beschluss vom 26.02.2013 — 3 Qs 6/13).

Für das Entstehen der Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG neben der Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG streitet ferner, dass die Grundgebühr als Betragsrahmengebühr von der flöhe und der Existenz eines festgesetzten Bußgeldes unabhängig ist. Es besteht also nicht das Problem, dass es grundsätzlich an einem tauglichen Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der anwendbaren Gebühr innerhalb eines Unterabschnitts des Teil 5 VV RVG fehlt, wie es bei der Verfahrensgebühr im Verwaltungsverfahren (dazu sogleich unter bb)) und im Gerichtsverfahren (dazu sogleich unter cc)) der Fall ist.

bb) Aus Sicht der Kammer besteht in Fällen in denen ein Verteidiger in einem selbständigen Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG tätig geworden ist, in dem keine Geldbuße festgesetzt worden ist, grundsätzlich auch ein Anspruch auf Gewährung der Verfahrensgebühr im Verwaltungsverfahren (Nr. 5101-5106 VV RVG). Dies folgt wiederum aus dem Wortlaut und der Systematik der. gesetzlichen Vergütungsverzeichnisse, insbesondere aus der Zusammenschau aus Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG und Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 2 VV RVG.

Die dagegen vorgebrachten Argumente (vgl. insb. LG Freiburg, Beschluss vom 29.10.2019 — 16 Qs 30/19, Rn. 20 — juris, aber auch OLG Karlsruhe, Beschluss vorn 10.04.2012 —1 AR 70/11; LG Koblenz, Beschluss vom 26. Januar 2018 — 9 Qs 59/17) überzeugen die Kammer im Ergebnis nicht. Zutreffend ist zwar, dass es an einem festgesetzten Bußgeld fehlt, das grundsätzlich erforderlich ist, um die anwendbare Gebühr im Rahmen des Unterabschnitts 2. des Teil 5 VV RVG bestimmen zu können. Dieser Fall wird jedoch ausdrücklich von Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG adressiert. Nach dieser Bestimmung richtet sich die Höhe der Gebühren im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde in Fällen, in denen eine Geldbuße nicht festgesetzt ist, nach dem mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist eindeutig. Insbesondere findet eine irgendwie geartete Unterscheidung, ob die Festsetzung einer Geldbuße im konkreten Verwaltungsverfahren noch droht oder wohl ausgeschlossen ist, und wonach nur im ersten Fall die Regelung der Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG anwendbar wäre, keinerlei Stütze im. Gesetzeswortlaut (gegen LG Freiburg, Beschluss vom 29.10.2019 — 16 Qs 30/19, Rn. 20 — juris).

Zu dem Ergebnis, dass trotz der Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG in der vorliegenden Konstellation keine Gebühr für das Verwaltungsverfahren entsteht, könnte man nur gelangen, wenn die Bestimmung der Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG teleologisch zu reduzieren wäre. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Wortlaut der Norm zu weit gefasst wäre und deshalb auch Fälle einschließen würde, die nach Sinn und Zweck der Norm eigentlich nicht erfasst sein sollten. Für eine derartige Vermutung bestehen hier jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Im Gegenteil wird in der systematischen Zusammenschau mit Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG deutlich, dass eine derartige Einschränkung dem in Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde. Nach dieser Bestimmung ist der Verteidiger eines Einziehungsbeteiligten ebenso zu vergüten wie der Verteidiger des Betroffenen im Bußgeldverfahren. Eine teleologische Reduktion würde zu einer Ungleichbehandlung des Verteidigers des Einziehungsbeteiligten führen, da es in selbstständigen Einziehung.sverfahren naturgemäß an einem Bußgeldbescheid fehlt.

Auch in der Sache besteht kein Bedürfnis nach einer teleologischen Reduktion. Insbesondere kommt es zu keiner grundsätzlichen ungerechtfertigten Besserstellung des Anwalts, der lediglich im Einziehungsverfahren tätig wird, gegenüber einem Verteidiger, der sich auch gegen die zugrundeliegende Ordnungswidrigkeit wendet. Das. Einziehungsverfahren knüpft unmittelbar an einen strafbewehrten Verstoß bzw. eine Ordnungswidrigkeit an und bedingt demnach den Nachweis eines objektiven und subjektiven Fehlverhaltens. Umfang und Schwierigkeit der Sach-, Beweis-, und Rechtslage können hier demnach in gleicher Weise auftreten, wie bei dem Verteidiger desjenigen, dem das Fehlverhalten unmittelbar zur Last gelegt wird (vgl. bereits oben unter aa)).

Sollten sich im Einzelfall Unbilligkeiten dergestalt erweisen, dass sich die anwaltliche Tätigkeit des Verteidigers eines Betroffenen, der sich allein gegen Einziehungsanordnung wendet, in Umfang und Schwierigkeit als unterdurdhschnittlich erweist und eine Gleichbehandlung mit einem Verteidiger, der sich zugleich auch gegen den Ordnungswidrigkeitsvorwurf wehrt, als unbillig erschiene, kann diesem Umstand durch eine Reduzierung der festzusetzenden Gebühren Rechnung getragen werden. Aus Sicht der Kammer wird bei der konkreten Gebührenbestimmung grundsätzlich zu berücksichtigen sein, dass sich der Verteidiger nur gegen den Einziehungsbescheid wehrt und ob der konkrete Fall eine besondere Befassung mit dem zugrundeliegenden objektiven und subjektiven Fehlverhalten erforderte (vgl. ähnlich LG Stuttgart, Beschluss vom 17:02.2020 — 20 Qs 15/19, Rn. 15 — juris).

cc) Es entsteht jedoch keine Gebühr des Verteidigers für das gerichtliche Verfahren nach Nr. 5107-5112 VV RVG. Insofern mangelt es aufgrund des fehlenden festgesetzten Bußgeldes an einer mit Vorbem. 5.1 Abs. 2 VV RVG vergleichbaren Regelung, die auch bei gerichtlichen Verfahren eine Orientierung am mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße erlaubt. Eine analoge Anwendung der Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 2 VV RVG scheidet aus, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen.

Mangels einer festgesetzten Geldbuße fehlt es grundsätzlich an einem tauglichen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des einschlägigen Gebührentatbestandes innerhalb des Unterabschnitts 3 von Teil 5 VV RVG. Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG gestattet nach seinem eindeutigen Wortlaut die Orientierung am mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße lediglich im Hinblick auf das Verwaltungsverfahren. An einer entsprechenden Regelung für das gerichtliche Verfahren fehlt es. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Stimmen, die zur Begründung der Entstehung einer Gebühr auch im gerichtlichen Verfahren (Nr. 51075112 VV RVG) gleichwohl auf die Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 2 VV RVG verweisen —entweder direkt (LG Trier, Beschluss vom 08.08.2016 —1 Qs 32/16, Rn. 16 -juris; LG Karlsruhe, Beschluss vom 26.02.2013 — 3 Qs 6/13 Ko, Rn. 10 — juris) oder als „tauglichen Anknüpfungspunkt" (LG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.2020 — 20 Qs 15/19, Rn. 19 — juris) — verkennen, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen einer Analogie nicht vorliegen (im Ergebnis ebenso LG Koblenz, Beschluss vom 26.01.2018 — 9 Qs 59/17, Rn. 65).

Voraussetzung für die Begründung einer Analogie sind das Vorliegen einer Regelungslücke, die Planwidrigkeit dieser Lücke und die Vergleichbarkeit der Interessenlage. Vorliegend mangelt es an der Planwidrigkeit der Regelungslücke.

aaa) Eine Regelungslücke besteht. Die vorliegende Frage nach dem Entstehen der Gebühren nach Nr. 5107-5112 VV RVG für das gerichtliche Tätigwerden eines Verteidigers in einem selbständigen Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG, in dem naturgemäß keine festgesetzte Geldbuße existiert, ist nicht ausdrücklich geregelt. Aufgrund des Fehlens einer festgesetzten Geldbuße fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der entstehenden Gebühr im Rahmen der Nr. 5107-5112 VV RVG. Wie gesehen sieht das Gesetz in Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG in derartigen Fällen für das Verwaltungsverfahren vor, dass auf den mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße abzustellen ist. Für das gerichtliche Verfahren fehlt es an einer vergleichbaren Vorschrift (anders das LG Koblenz, Beschluss vom 26.01.2018 — 9 Qs 59/17, Rn. 65, das aufgrund der Regelung Nr. 5116 VV RVG bereits das Vorliegen einer Regelungslücke ablehnt).

bbb) Diese Regelungslücke ist jedoch nicht planwidrig. Für die Annahme der Planwidrigkeit der Regelungslücke besteht vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Regelung dieses Falls (ausschließlich) für das Verwaltungsverfahren und der ansonsten anfallenden Gebühren (Grundgebühr, Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und zusätzliche Gebühr der Nr. 5116 VV RVG) kein Raum.

Der Gesetzgeber hat das Problem des Fehlens einer Geldbuße als Anknüpfungspunkt für die Gebührenentstehung im Rahmen des VV RVG erkannt und ausdrücklich nur für das Verwaltungsverfahren eine Ausnahmeregelung geschaffen, nach der auf den mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße abgestellt werden darf. Es handelt sich um einen Fall beredten Schweigens des Gesetzes. Der Gesetzgeber war sich des Problems bewusst und hat jedoch allein für das Verwaltungsverfahren eine ausdrückliche Lösung normiert.

Der Gesetzgeber hat die besondere Tätigkeit des Verteidigers durch den Gebührentatbestand Nr. 5116 VV RVG ausdrücklich berücksichtigt. Diese ausdrückliche Regelung der Vergütung des Verteidigers in derartigen Einziehungskonstellationen spricht gegen ,die Annahme der Planwidrigkeit der Lücke im Hinblick auf die Schaffung eines Anknüpfungspunktes für die Bestimmung etwaiger Gebührentatbestände im gerichtlichen Verfahren.

Auch der vom Gesetzgeber konstatierte Sinn und Zweck der zusätzlichen Gebühr des Nr: 5116 VV RVG führt zu keinem anderen Befund. Die zusätzliche Gebühr Nr. 5116 VV RVG findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwalts mit dem Ziel der Bewahrung des Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwendig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten werden soll (OLG Oldenburg, Beschluss vom 03.12.2009 — 1 Ws 643/09 = NJW 2010, 884, 885). Diesem Umstand wird gerade durch die „zusätzliche" und vergleichsweise hohe, Gebühr nach Nr. 5116 VV RVG Rechnung getragen. Der besondere Einsatz wird durch die Entstehung dieser Gebühren neben anderen Gebühren, wie vorliegend Grundgebühr und Gebühr für das Verwaltungsverfahren, honoriert. Für ein besonderes Bedürfnis, auch die Gebühren für das gerichtliches Verfahren durch eine analoge Anwendung der Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG entstehen zu lassen, besteht vor diesem Hintergrund kein Anhaltspunkt. Der entsprechende „Plan" des Gesetzgebers im Hinblick auf Teil 5 VV RVG erfordert diese über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Anwendung der Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG nicht.

Zu beachten sind auch die Grundkonzeption des Teils 5 VV RVG und der dadurch zum Ausdruck kommende Plan des Gesetzgebers. Die Unterabschnitte 2 und 3 des Teils 5 VV RVG sind so konzipiert, dass der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Gebührenhöhe im Grundsatz die festgesetzte Geldbuße ist. Nur in dem in Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG geregelten Ausnahmefall weicht das Gesetz von dieser Konzeption ab. Würde diese Ausnahme durch eine analoge Anwendung auch auf den Unterabschnitt 3 ausgeweitet, käme es zu einer Veränderung dieser Grundkonzeption. Die Ausnahmeregelung würde neben dem Abstellen auf die festgesetzte Geldbuße zur gleichberechtigten Anknüpfungsmodalität aufsteigen. Für einen derartigen, systemverändernden Schluss müssten ganz besondere Gründe streiten. Dies ist aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.

b) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ergibt sich ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erstattung von Gebühren in Höhe von insgesamt 462 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz und somit 292 EUR mehr als das Amtsgericht Hamburg festgesetzt hat. Im Einzelnen:

aa) Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG a. F. in Höhe von 100 EUR ist nicht zu beanstanden und entgegen der Festsetzung des Amtsgerichts Hamburg in dieser Höhe entstanden. Der beantragte Betrag stellt innerhalb des nach Nr. 5100 VV RVG a. F. vorgegebenen Rahmens von 30 EUR bis 170 EUR die Mittelgebühr dar. Es sind weder Gründe vorgetragen noch ersichtlich, die dafür streiten würden, dass die Festsetzung der Mittelgebühr vorliegend unangemessen hoch und damit unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG wäre.

bb) Auch die von der Beschwerdeführerin in Höhe der Mittelgebühr von 160 EUR geltend gemachte Verfahrensgebühr für das Verwaltungsverfahren nach Nr. 5103 VV RVG a. F. ist entgegen der Festsetzung des Amtsgerichts Hamburg in der beantragten Höhe entstanden.

Zu Recht hat die Beschwerdeführerin auf den Gebührentatbestand Nr. 5103 VV RVG a. F. im Rahmen des Unterabschnitts 2 von Teil 5 VV RVG abgestellt. Nach Vorbem. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG ist bei Fehlen einer festgesetzten Geldbuße auf den mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße abzustellen.

Vorliegend stehen zwei bußgeldbewehrte Verstöße in Tatmehrheit im Raum. Im Hinblick auf den Mobilkran kommt eine Geldbuße von bis zu 2.000 EUR in Betracht, vgl. §§ 24 Abs. 1 und 2 StVG a. F., §§ 49 Abs. 1 Nr. 21, Nr. 22, 22 Abs. 2, 23 Abs. 1 und 2 StVO, §§ 69a Abs. 3 Nr. 1, Nr. 4, 30 Abs. 1, 34 StVZO, §§ 48 Nr. 1 lit. a, 3 Abs. 1 FZV, § 19 Abs. 1 OWiG. Der mittlere Betrag der angedrohten Geldbuße beträgt für diesen Verstoß damit 1.000 EUR. Hinsichtlich des begleitenden LKWs kommt ebenfalls eine Geldbuße von bis zu 2.000 EUR in Betracht, was wiederum einen mittleren Betrag von 1.000 EUR ergibt, vgl. §§ 24 Abs. 1 und 2 StVG a. F., §§ 69a Abs. 3 Nr. 4, 34 Abs. 3 StVZO.

Da es sich um einen Fall der Tatmehrheit im Sinne des § 20 OWiG handelt, hätten beide Geldbußen gesondert festgesetzt werden müssen. Die Addition der beiden mittleren Beträge von je 1.000 EUR ergibt somit eine Summe von 2.000 EUR, die als maßgebliche Bezugsgröße für die Anwendbarkeit der Nr. 5103 VV RVG a. F. i. V. m. Vorbern. 5.1 Abs. 2 Satz 4 VV RVG a. F. heranzuziehen ist.

Die beantragte Gebühr in Höhe von 160 EUR ist auch in der Sache angemessen. Der beantragte Betrag stellt innerhalb des nach Nr. 5103 VV RVG a. F. vorgegebenen Rahmens von 30 EUR bis 290 EUR die Mittelgebühr dar. Es sind weder Gründe vorgetragen noch ersichtlich, die dafür sprechen würden, dass diese Festsetzung unangemessen hoch und damit unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG wäre.

cc) Die Verfahrensgebühr vor dem Amtsgericht nach Nr. 5109 VV RVG hat das Amtsgericht Hamburg aus den oben genannten Gründen zu Recht nicht festgesetzt.

dd) Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte zweite Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 EUR nach Nr. 7002 VV RVG wurde vom Amtsgericht Hamburg zu Unrecht abgesetzt. Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf die Gewährung einer zweite Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG.

Nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG kann die Pauschale in jeder Angelegenheit anstelle der tatsächlichen Auslagen gefordert werden. Gemäß § 17 Nr. 11 RVG handelt es sich beim Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und dem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren um verschiedene Angelegenheiten. Dieser Grundsatz findet entsprechend dem Gedanken der Vorbemerkung 5 Abs. 1 zu Teil 5 VV RVG auch auf das Einziehungsverfahren Anwendung. Demnach handelt es sich hier um zwei Angelegenheiten im Sinne der Anm. 1 zu Nr. 7002 VV RVG, da das gerichtliche Verfahren vorliegend in Gestalt des Nr. 5116 VV RVG Ausdruck findet.

ee) Die Beschwerdeführerin hat entgegen der Festsetzung des Amtsgerichts Hamburg auch einen Anspruch auf Erstattung der Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 EUR.

Sowohl die Auslagen im Sinne von Nr. 7000 ff. VV RVG als auch die sonstigen Aufwendungen. gemäß §§ 670, 675 BGB sind grundsätzlich im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig. Gemäß § 670 BGB, der über § 675 BGB auf den Anwaltsvertrag anzuwenden ist, hat der Auftraggeber alle Aufwendungen zu ersetzen, die der Rechtsanwalt den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Das sind alle notwendigen und nützlichen Auslagen, die der Rechtsanwalt zur Ausführung des Auftrags auf Wunsch oder im Interesse des Auftraggebers gemacht hat, soweit sie nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten zählen. Hierzu gehört die Aktenversendungspauschale nach KV 9003 GKG, die der anfordernde Rechtsanwalt der Landeskasse zahlt. Da sie sich auf einen konkreten Einzelfall bezieht, handelt es sich dabei um Gerichtskosten. Sie ist deshalb bei entsprechender Notwendigkeit vom Auftraggeber dem Rechtsanwalt zusätzlich zu den Auslagen des W 7001, 7002 RVG gemäß §§ 670, 675 BGB zu erstatten (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG W Vorbemerkung 7 Rn. 13).

Die Kosten für die Aktenversendungspauschale in Höhe von jeweils 12 EUR sind im vorliegenden Verfahren als notwendige Auslagen, da für die Verteidigung unerlässliche Voraussetzung, und daher im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens erstattungsfähige Kosten anzusehen.

Der Verteidiger der Beschwerdeführerin ist auch zur Geltendmachung dieser Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Nachweis einer Abtretung von Ansprüchen durch die Beschwerdeführerin berechtigt. Soweit das Amtsgericht Hamburg das Gegenteil vertritt verkennt es, dass der Verteidiger nach zutreffender Ansicht selbst Kostenschuldner der Aktenversendungspauschale ist, wenn er diese wie vorliegend beantragt hat (BGH, Urteil vom 06.04.2011 - IV ZR 232/08).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 473 Abs. 4 StPO.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts orientiert sich vorliegend an der Höhe der mit dem Rechtsmittel erstrebten, weitergehenden Erstattung der Kosten.


Einsender: RA M. Köhn, Hamburg

Anmerkung:


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