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RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Bußgeldverfahren, Eintragung im FAER, Mittelgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Kaufbeuren, Urt. v. 03.03.2023 - 4 C 1117/22

Eigener Leitsatz:

Unabhängig von der Frage, ob Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten generell oder in bestimm-ten Fällen zu einer geringeren Gebühr führen müssen, weil es sich um unterdurchschnittliche Angelegenheiten handelt, ist das jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Eintragung eines Punktes im Fahreignungsregister droht.


Amtsgericht Kaufbeuren
4 C 1117/22

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit pp.

Prozessbevollmächtigte:

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Kaufbeuren durch die Richterin am Amtsgericht am 03.03.2023 aufgrund des Sachstands vom 02.03.2023 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 238,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss
Der Streitwert wird auf 238,70 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Der Kläger hat den streitgegenständlichen Anspruch ganz überwiegend schlüssig begründet. Das Vorbringen der gemäß § 79 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO ordnungsgemäß vertretenen beklagten Partei, welches im Übrigen mangels Verzögerung des Rechtsstreits nicht gemäß § 296 ZPO präkludiert ist, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Unstreitig besteht zwischen den Parteien ein Rechtsschutzversicherungsvertrag mit Selbstbeteiligung von 150,00 €. Unstreitig hat die beklagte Partei eine Deckungszusage für das gegen den Kläger als Betroffenen laufende Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren wegen eines Geschwindigkeits- und Handy-Verstoßes erteilt. Unstreitig handelte es sich um einen Verstoß, der mit der Eintragung eines Punktes ins Fahreignungsregister geahndet wird. Unstreitig wurde der Kläger in diesem Verfahren sowohl im Verfahren vor dem bayerischen Polizeiverwaltungsamt als auch in der Folge im gerichtlichen Einspruchsverfahren durch eine Rechtsanwältin der Rechtsanwaltskanzlei pp. vertreten.
Aufgrund des Rechtsschutzversicherungsvertrags ist die Beklagte verpflichtet, die hierdurch angefallenen Rechtsanwaltsgebühren (abzüglich der Selbstbeteiligung) an den Kläger zu erstatten. Der Anfall und die Höhe der Post-/Telekommunikation-/Dokumentenpauschalen ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist lediglich, ob in Bezug auf die vier Gebühren (5100 VV RVG, 5103 VV RVG, 5109 VV RVG und 5110 VV RVG) die jeweilige Mittelgebühr zum Ansatz gebracht werden durfte oder ob eine niedrigere Gebühr anzusetzen gewesen wäre. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG hat bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer war nicht einzuholen. Die in § 14 Abs. 3 RVG festgeschriebene Verpflichtung betrifft nur das Verfahren zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten und ist in Bezug auf einen Dritten nur optional werden (vgl. HK-RVG/Klaus Winkler, 8. Aufl. 2021, RVG § 14 Rn. 67). Vorliegend war eine solche Einholung jedoch nicht erforderlich, da dies vom Gericht selbst aufgrund der sich aus der Akte ergebenden Umstände des Falles eingeordnet werden konnte. Im vorliegenden konkreten Fall war das Ansetzen der Mittelgebühr jeweils nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten generell oder in bestimmten Fällen zu einer geringeren Gebühr führen müssen, weil es sich um unterdurchschnittliche Angelegenheiten handelt, war dies vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, weil unstreitig die Eintragung eines Punktes im Fahreignungsregister drohte (so z.B. BeckOK OWiG/L. Bücherl, 37. Ed. 1.1.2023, RVG § 14; HK-RVG/Klaus Winkler, 8. Aufl. 2021, RVG § 14 Rn. 25), was, wenn nicht unmittelbar, so zumindest mittelbar für die Zukunft Auswirkungen auf die vom Kläger dringend benötigte Fahrerlaubnis haben kann. Bereits aus diesem Grund liegt im vorliegenden konkreten Fall bereits keine gebührenrechtlich unterdurchschnittlich zu bewertende Angelegenheit vor, sodass das Ansetzen der Mittelgebühr gerechtfertigt ist.

Aufgrund der klägerseits nicht zu beanstandenden Gesamtberechnung der Gebühren in Höhe von 972,93 €, des beklagtenseits unstreitig bereits gezahlten Betrags von 584,23 € sowie des unstreitig anzurechnenden Selbstbehalts ergibt sich der klägerseits noch begehrte Restbetrag in Höhe von 238,70 €.

Die beklagte Partei ist diesbezüglich auch zur Zahlung an die Klagepartei verpflichtet, unabhängig davon, ob die Klagepartei die Rechnung der Rechtsanwaltskanzlei bereits beglichen hat oder nicht. Denn da die vollständigen Rechtsanwaltsgebühren vorgerichtlich trotz Aufforderung nicht beglichen wurden, gerichtlich nunmehr ebenso ein diesbezüglicher Anspruch bestritten wurde, und somit auch ernsthaft und endgültig die Befreiung von der Verbindlichkeit oder überhaupt jede Ersatzleistung oder Erfüllung verweigert wurde, hat sich ein etwaiger Freistellungsanspruch mittlerweile jedenfalls in einen Zahlungsanspruch gewandelt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 – III ZR 144/10 –, Rn. 22, juris).

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Nachdem in der Mahnung der Klagepartei vom 23.06.2022 noch eine Zahlungsfrist bis zum 30.06.2022 gesetzt wurde, handelt es sich insoweit nur um eine aufschiebend befristete Mahnung, sodass die Verzugsfolgen erst ab dem 01.07.2022 eingetreten sind und daher erst ab diesem Zeitpunkt Verzugszinsen zu zahlen sind. Im Bezug auf die vor diesem Zeitpunkt begehrten Verzugszinsen hatte der Ausspruch der Klageabweisung im Übrigen zu erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheid


Einsender: RÄin B. Biernacik, Augsburg

Anmerkung:


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