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RVG Entscheidungen

§ 3a

Vergütungsvereinbarung, Textform, AGB-Kontrolle, Berechnung der Vergütung, angemessene Vergütung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Urt. v. 15.06.2023 - 12 U 89/22

Leitsatz des Gerichts:

1. Zwar ist bei der Beurteilung, ob eine vertragliche Regelung dem Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügt, auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines typischen Vertragspartners bei Verträgen der geregelten Art abzustellen, und ändern grundsätzlich auch weitergehende Kenntnisse und Verständnismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners an der Verletzung des Transparenzgebotes und der Unwirksamkeit der Klausel nichts. Ist eine Vertragsklausel (hier: eine Zeitvergütungsvereinbarung) für den typischen Kunden intransparent, für den konkreten Vertragspartner (hier: einen vormals als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei tätigen Juristen) aber verständlich, ist dies jedoch bei der Inhaltskontrolle eines Verbrauchervertrags im Individualprozess gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB als Begleitumstand zu berücksichtigen und kann die Unwirksamkeit der Klausel nicht mehr aus einer Verletzung des Transparenzgebotes hergeleitet werden.
2. Bei einem Anwaltshonorar, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es unangemessen hoch ist. Diese Vermutung führt dazu, dass der Anwalt darlegen und beweisen muss, dass und in welchem Umfang das vereinbarte Honorar für das konkrete Mandat angemessen ist. Dabei kommt es darauf an, ob die vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist, wobei als Bewertungskriterien in Anlehnung an § 14 Abs. 1 RVG unter anderem die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag anstrebt, maßgeblich sind. Darüber hinaus ist unter anderem auch zu berücksichtigen, wie weit das Ergebnis tatsächlich als Erfolg des Rechtsanwalts anzusehen ist und wie sich die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers darstellen. Die Vergütung nach Maßgabe eines Stundenhonorars ist dabei nicht als unangemessen zu beanstanden, wenn diese Honorarform unter Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalls sachgerecht erscheint und die geltend gemachte Bearbeitungszeit sowie der ausgehandelte Stundensatz angemessen sind. Für eine Herabsetzung der Vergütung ist danach nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen von § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten.
3. Zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung eines unangemessen hohen Honorars, welches die gesetzlichen Gebühren um das 9,32-fache übersteigt, wegen der besonderen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der ganz besonderen persönlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Partei (hier: Wiedererlangung der Betreuung für ein Familienmitglied), der intensiven Mitwirkung der Partei an den Schriftsätzen des Anwalts und des besonderen Zeitaufwands für die Bearbeitung des Mandats.
4. Eine Mitteilung der Vergütungsberechnung in der Vergütungsklageschrift oder einem anderen Prozessschriftsatz genügt für die Beachtung des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG. Der Umstand, dass die Berechnung sachlich unzutreffend ist, nimmt der Berechnung nicht ihre Wirkung nach dieser Vorschrift. (Rn. 107)


In pp.

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.11.2022, Az. 23 O 759/22, abgeändert.
2. Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.836,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.284,39 seit 28.10.2022 sowie aus 552,16 € seit 12.06.2022 zu bezahlen.
3. Der Beklagte zu 3) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.962 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.10.2022 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Parteien wie folgt zu tragen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Klägerin 20 % zu tragen, die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) tragen hiervon als Gesamtschuldner 80 %. Die Klägerin hat von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils 23 % zu tragen und von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) 11 %. Im Übrigen tragen die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu tragen.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 14.890,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin hat die Beklagten vor dem Amts- und Landgericht Würzburg und dem Bundesverfassungsgericht in einem Betreuungsverfahren vertreten und verlangt von den Beklagten wegen dieser Tätigkeit Rechtsanwaltshonorar aus einer Vergütungsvereinbarung.

G., geb. ..., stand seit 11.04.2001 in allen Angelegenheiten unter Betreuung der Beklagten, ihrer Mutter B., der Beklagten zu 1), ihrer Schwester D., der Beklagten zu 2), sowie ihres Bruders E., des Beklagten zu 3). Betreuer und Betreute leben zusammen in einer großzügigen Wohnung. Dort pflegt und versorgt vor allem die Beklagte zu 1) ihre schwerstbehinderte Tochter.

Der Beklagte zu 3) hat das zweite Juristische Staatsexamen erfolgreich abgelegt. Er war in der Vergangenheit als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei tätig gewesen, im Zeitraum der Vorfälle um die Entlassung der Beklagten aus der Betreuung verfügte er nicht mehr über eine Anwaltszulassung.

Mit Beschluss vom 21.12.2020 entließ das Amtsgericht Würzburg die Beklagten im Verfahren 24 XVII 116/01 als Betreuer und bestellte der Betreuten Rechtsanwalt M. als Berufsbetreuer. Es ordnete die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung an. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass seine Ermittlungen ergeben hätten, dass die Betreute in finanziellen Angelegenheiten durch ihre bisherigen Betreuer nicht hinreichend vertreten werde.

Anlass der Entlassung der Beklagten als Betreuer war, dass der Beklagte zu 3) ein gebrauchtes Fahrzeug erworben hatte, dessen Unterhalt er auch selbst trug, das er aber auf den Namen der Betreuten zuließ. Nachdem er für das Fahrzeug bei einer Werkstatt einen Kostenvoranschlag für erforderliche Reparaturen an dem Fahrzeug in Auftrag gegeben hatte, kam es vor dem Amtsgericht Würzburg zu einem Zivilprozess, in dem gegen die Betreute wegen behaupteter Reparaturarbeiten an dem Fahrzeug ein Versäumnisurteil erging, mit dem sie zur Zahlung von 1.630,55 € verurteilt wurde. Gegen das Versäumnisurteil legte der Beklagte zu 3) keinen Einspruch ein.

Wegen der Entlassung als Betreuer nahm der Beklagte zu 3) mit Email vom 29.12.2020 im eigenen Namen und stellvertretend für die Beklagten zu 1) und 2) Kontakt mit der Klägerin auf und bat sie um anwaltliche Hilfe, um gegen den Beschluss vorzugehen.

Unter dem 11./13.01.2021 schlossen die Parteien daraufhin eine schriftliche Vergütungsvereinbarung. Sie regelten darin unter dem Betreff „wegen Betreuung Frau G. , geb. am ...“ in Ziffer 1, dass die Vergütung für die Tätigkeit der Klägerin nach Zeit berechnet werde und vereinbarten einen Stundensatz von 290 € pro Stunde zuzüglich der Umsatzsteuer. Weiter vereinbarten sie folgendes: „Mit dem Stundensatz werden sämtliche mandatsbezogenen außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeiten der A. Rechtsanwälte vergütet, soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist. Hierzu zählen insbesondere: mandatsbezogenes Akten- und Literaturstudium, mündliche und fernmündliche Besprechungen mit dem Auftraggeber, dem Gegner oder Dritten, Gerichtstermine, Fahrt- und Wartezeiten bei Terminswahrnehmungen, Anfertigung von Verträgen und sonstigen Schriftstücken etc...“. Hinsichtlich des Inhaltes der Vergütungsvereinbarung wird ergänzend auf die Anlage K3 Bezug genommen. Über die Reichweite der Vergütungsvereinbarung streiten die Parteien.
Randnummer8
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 18.01.2021 für die Beklagten Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ein.
Randnummer9
Unter dem 18.01.2021 berechnete die Klägerin für ihre Tätigkeit bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 1.674,54 €, aus denen sie jedem der Beklagten 558,19 € in Rechnung stellte. Die Beklagten erfüllten diese Forderung.
Randnummer10
Das Amtsgericht wartete die angekündigte Beschwerdebegründung nicht ab und legte die Beschwerde mit Beschluss vom 26.02.2021 dem Landgericht ohne abzuhelfen vor. Mit Schreiben vom 09.03.2021 begründete die Klägerin die Beschwerde und berechnete am selben Tag jedem der Beklagten 2.180,80 €. Der Kostenrechnung war eine Aufstellung der Zeiterfassungseinträge für den Zeitraum von 19.01.2021 bis 09.03.2021 beigefügt. Hinsichtlich des Inhalts der Rechnung und der Aufstellung der Zeiterfassungseinträge wird auf die Anlage K 53 Bezug genommen. Die Beklagten zu 1) und 2) beglichen die Forderung der Klägerin, die Teilrechnung gegen den Beklagten zu 3) steht zwischen den Parteien weiter in Streit - in der Berufung unter Abzug einer nun unstreitigen Zahlung von 218,80 € durch den Beklagten zu 3).
Randnummer11
Unter dem 10.03.2021 wies das Landgericht die Beklagten darauf hin, dass ihre Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg habe und gewährte ihnen eine Stellungnahmefrist. Nach einer Stellungnahme des Verfahrenspflegers, der mitteilte, dass die Beklagten zur Ausübung der Betreuung nicht geeignet seien, weil sie das Vermögen der Betreuten erheblich gefährdet hätten, nahm die Klägerin mit Schreiben vom 27.04.2021 erneut für die Beklagten Stellung.
Randnummer12
Das Landgericht Würzburg wies die Beschwerde mit Beschluss vom 03.05.2021 zurück.
Randnummer13
Die Beklagten, vertreten durch den Beklagten zu 3), wandten sich an die Klägerin, um gegen diesen Beschluss mit einer Verfassungsbeschwerde vorzugehen. Die Klägerin wies die Beklagten darauf hin, dass verfassungsrechtliche Fragen bei ihr durch den Klägervertreter bearbeitet würden.
Randnummer14
Unter dem 10.05.2021 richtete die Klägerin an die Beklagten weitere drei Rechnungen über jeweils 1.230,86 €. Die Beklagten beglichen diese Rechnungen vollständig. Insgesamt stellte die Klägerin den Beklagten für ihre Tätigkeit bis dahin 11.909,55 € in Rechnung.
Randnummer15
Der Klägervertreter nahm am 10.05.2021 mit dem Beklagten zu 3) per Email Kontakt auf. Bei einem Telefonat zwischen dem Beklagten zu 3) und dem Klägervertreter erklärte der Beklagte zu 3), dass gegen den Beschluss des Landgerichts mit Verfassungsbeschwerden zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof und zum Bundesverfassungsgericht vorgegangen werden solle, außerdem solle im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung beantragt werden.
Randnummer16
Bei einer Besprechung in der Kanzlei der Klägerin am 18.05.2021 vereinbarten die Parteien, dass die Anhörungsrüge, die Begründung für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Begründung der Verfassungsbeschwerde zum BayVerfGH durch den Beklagten zu 3) ausgearbeitet würde. Die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht sollte sowohl von der Klägerin als auch vom Beklagten zu 3) ausgearbeitet werden, um bei Bedarf Gesichtspunkte ergänzen zu können. Diese Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht sollte dann durch die Klägerin eingereicht werden.
Randnummer17
In der Folge kam es zwischen dem Vertreter der Klägerin und dem Beklagten zu 3) zum vielfachen und vielfältigen Austausch über die Rechtslage per Email, in Telefongesprächen und auch bei persönlichen Treffen. Im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Anhörungsrüge nach § 44 FamFG oder eine Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG gegen den Beschluss des Landgerichts möglich wäre, diskutierten die Klägerin und die Beklagten darüber, ob die Entscheidung des Landgerichts wirksam zugestellt worden sei, weil sie durch das Landgericht an ein früheres Kanzleimitglied der Klägerin übermittelt worden war. Die Klägerin rügte mit Schriftsatz vom 27.05.2021 gegenüber dem Landgericht die fehlende ordnungsgemäße Zustellung des Beschlusses.
Randnummer18
Weil die Verfassungsbeschwerde am 09.07.2021 eingereicht werden sollte, übersandte die Klägerin den Beklagten am Abend des 05.07.2021 ihren Entwurf einer Verfassungsbeschwerde.
Randnummer19
Am 06.07.2021 fand in der Kanzlei der Klägerin in M. eine weitere Besprechung des Beklagten zu 3) mit der Klägerin statt. Der Beklagte zu 3) übergab einen erweiterten Entwurf einer Verfassungsbeschwerde. In der Folge tauschten die Klägerin und der Beklagte zu 3) sich per Email über die Entwürfe aus.
Randnummer20
Am 08.07.2021 reiste der Beklagte zu 3) erneut nach M.. Dort besprach er zwischen 16.15 Uhr und 19.00 Uhr mit der Klägerin die Verfassungsbeschwerde. Die Beschwerde (Anlage K26) wurde anschließend per Fax beim Verfassungsgericht eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Mit Beschluss vom 28.02.2022 - 1 BvR 1619/21 - hob das Verfassungsgericht den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 03.05.2021 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung über die Betreuung in Vermögensangelegenheiten an das Landgericht zurück. Den Antrag, eine einstweilige Anordnung zu erlassen, behandelte das Verfassungsgericht als mit der Hauptsacheentscheidung erledigt.
Randnummer21
Die Klägerin übersandte den Beklagten am 12.07.2021 eine Aufstellung über den Umfang ihrer anwaltlichen Tätigkeit zwischen 10.05.2021 und 11.07.2021 und erklärte, dass sie davon ausgehe, dass die Beklagten mit der Abrechnung von 8.104,67 € einverstanden seien, wenn sie von den Beklagten im Laufe der nächsten Tage nichts hören würde.
Randnummer22
Weil die Beklagten sich nicht meldeten, versandte die Klägerin unter dem 16.07.2021 drei Rechnungen über jeweils 3.214,84 € (je 1/3 aus 8.104,67€ zzgl. 19,00 % Umsatzsteuer) für den Leistungszeitraum 10.05.2021 bis 11.07.2021 an die Beklagten (Anlage K 31).
Randnummer23
Am 19.07.2021 überwies der Beklagte zu 3) 218,80 € auf das Konto der Klägerin und vermerkte zum Verwendungszweck „Rechnungsnummer xxx/21 vom 09.03.2021“ (Anlage A).
Randnummer24
Der Beklagte zu 3) erklärte gegenüber der Klägerin in einer Email vom 25.07.2021 (Anlage K 32), dass er für das Vorgehen der Klägerin und die Rechnungsstellung kein Verständnis aufbringen könne. Die Abrechnung unterschlage die Vereinbarung, durch Eigenleistung den Aufwand für die Erstellung der Verfassungsbeschwerde gering zu halten. Er empfinde den Wert seiner Eigenleistung in der Abrechnung schlicht unausgewogen berücksichtigt.
Randnummer25
In der Folge diskutierten die Klägerin und der Beklagte zu 3) insbesondere darüber, welchen Anteil der Beklagte zu 3) an der Erstellung der Verfassungsbeschwerde habe. Sie erzielten keine Einigung
Randnummer26
Unter dem 14.10.2021 rechnete die Klägerin ihre Leistungen daher erneut ab und fügte der Abrechnung eine Zeiterfassung bei (Anlage K38a). Sie machte gegen die Beklagten wegen ihrer Tätigkeit zwischen 10.05.2021 und 13.10.2021 eine Forderung über insgesamt 12.376,42 € geltend, die die Klägerin auch mit der Klage einfordert. In dem Anschreiben zu den Kostennoten (Anlage K 38) teilte der Klägervertreter dem Beklagten zu 3) mit, er werde die Angelegenheit als erledigt betrachten, wenn innerhalb von 14 Tagen 12.000 € bezahlt würden. Falls nicht, werde die Klägerin ohne weiteres Zuwarten Klage beim Landgericht Würzburg erheben. Weiter wies die Klägerin darauf hin, dass die Kostennote vom 09.03.2021 noch nicht vollständig ausgeglichen sei.
Randnummer27
Die Beklagten reichten daraufhin unter dem 25.10.2021 eine Klage (Anlage K49) gegen die Klägerin beim Amtsgericht München ein, in der sie die Feststellung begehrten, dass der hiesigen Klägerin (und dortigen Beklagten) weder ein Anspruch auf Bezahlung in Höhe von 9.644,52 € noch in Höhe von 12.376,42 € bzw. 12.000 € aus den Rechnungen vom 12.07.2021 und vom 14.10.2021 gegen sie zustehe. Die Klage ging am 27.10.2021 beim Amtsgericht München ein und wurde unter dem Aktenzeichen 158 C 17035/21 geführt. Diese Klage der Beklagten zum Amtsgericht wurde zunächst nicht zugestellt.
Randnummer28
Mit Email vom 27.10.2021 (Anlage K 39) teilte der Beklagte zu 3) der Klägerin mit, dass bei der „Münchner Justiz“ bereits eine Klage gegen sie anhängig sei, die alsbald zugestellt werde. Die Klägerin möge die aus der Klage resultierende Sperrwirkung für die von der Klägerin angekündigte Klage beachten. Es bestehe trotzdem weiterhin Bereitschaft zu einer außergerichtlichen Verständigung. Eine Zahlung auf die bislang vorgelegten Rechnungsschreiben sei nicht veranlasst.
Randnummer29
Nachdem das Verfassungsgericht mit Beschluss vom 28.02.2022 den Beschluss des Landgerichts aufgehoben hatte, wandte der Beklagte zu 3) sich per Email an die Klägerin, um sich seine Einschätzung der Rechtslage nach dem Beschluss des Verfassungsgerichts von der Klägerin bestätigen zu lassen (Anlage K 41). Die Klägerin beantragte beim Verfassungsgericht die Festsetzung des Gegenstandswertes (Anlage K 42). Mit Email vom 08.04.2022 (Anlage K 43) erkundigte sich die Klägerin beim Beklagten zu 3), ob ihr Mandat weiterbestehe und bat um Ausgleich der Kostennote vom 14.10.2021. Sie bot eine Reduktion der Forderung auf 11.000 € an, falls eine Zahlung bis 14.04.2022 erfolgen sollte.
Randnummer30
Mit Email vom 21.04.2022 (Anlage K 46) erkundigte sich der Beklagte zu 3) nach der Streitwertfestsetzung durch das Verfassungsgericht. Die Klägerin leitete mit Email vom selben Tag (Anlage K 47) den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.04.2022, mit dem der Gegenstandswert auf 25.000 € festgesetzt worden war, an den Beklagten zu 3) weiter. Zugleich wies die Klägerin auf die offene Kostennote vom 14.10.2021 hin. Der Beklagte zu 3) wies die Forderung der Klägerin mit Email vom 24.04.2022 (Anlage K 48) zurück. Die Abrechnung sei inakzeptabel. Er sei in Sachen „Verfassungsbeschwerde“ die „treibende intellektuelle Kraft“ gewesen. Er werde die Abrechnung nicht hinnehmen und damit seine überwiegend eigene Leistung als Fremdleistung bezahlen.
Randnummer31
Mit Verfügung vom 03.05.2022 ordnete das Amtsgericht München im Rechtsstreit 158 C 17035/21 die Zustellung der Klage und die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens an, es wies auf seine sachliche Unzuständigkeit hin (Anlage K 50). Die Klage wurde der Klägerin am 06.05.2022 zugestellt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10.05.2022 (Anlage K51) ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt und beantragt, die Klage an das Landgericht München zu verweisen.
Randnummer32
Unter dem 19.05.2022 (Anlage K 52) stellte die Klägerin den Beklagten für ihre Tätigkeit im Zeitraum zwischen 14.10.2021 und 19.05.2022 weitere 2.110,86 € in Rechnung. Mit ihrer Klage vom selben Tag zum Landgericht Würzburg hat die Klägerin von den Beklagten insgesamt 14.487,28 € aus den Kostennoten vom 14.10.2021 (Anlage K 38a) und vom 19.05.2022 (Anlage K 52) geltend gemacht.
Randnummer33
Die Parteien haben in erster Instanz darüber gestritten, ob die am 11./13.01.2021 geschlossene Vergütungsvereinbarung nur die Tätigkeit der Klägerin vor dem Amts- und Landgericht in Würzburg betraf und ob sie wirksam war.
Randnummer34
Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen:
Randnummer35
Es sei zu jeder Zeit allein darum gegangen, die Entlassung der Beklagten als Betreuer rückgängig zu machen. Ihr sei ein einheitlicher Auftrag erteilt worden. Eine zeitliche Begrenzung ihrer Tätigkeit auf die Vertretung der Beklagten vor den Gerichten in Würzburg sei nicht vereinbart worden. Eine solche Begrenzung ergebe sich insbesondere nicht aus der Zweckerklärung in der Vergütungsvereinbarung.
Randnummer36
Weil die Klägerin in der Kostennote vom 19.05.2022 für Tätigkeiten Honorar abgerechnet hatte, für die sie tatsächlich von den Beklagten kein Entgelt verlangen konnte, hat sie ihre Forderung für den Zeitraum zwischen 14.10.2021 und 19.05.2022 mit Kostennote vom 20.07.2022 (Anlage K 52a) neu berechnet und hat von den Beklagten für den Zeitraum zwischen 14.10.2021 und 20.07.2022 dann 552,16 € geltend gemacht. Sie hat daher ihre Klage mit der Replik vom 20.07.2022 um 1.558,70 € zurück genommen und eine Hauptsacheforderung in Höhe von 12.825,05 € geltend gemacht. Sie hat bereits in der Replik darauf hingewiesen, dass im Raum stehe, dass die Klage um einen noch offenen Betrag von 2.180,80 € aus der Kostenrechnung vom 09.03.2021 erhöht werden müsse.
Randnummer37
In der Verhandlung vor dem Landgericht Würzburg am 11.10.2022 hat der Klägervertreter darauf hingewiesen, dass „die Rechnung für die Tätigkeit der Klägerin am Amts- und Landgericht“ nicht vollständig bezahlt sei. Die dafür erstellte „neue Rechnung über 2.080,80 €“ sei bis heute nicht bezahlt. Der Antrag aus dem Schriftsatz vom 20.07.2022 sei daher abzuändern.
Randnummer38
Die Klägerin hat daraufhin in erster Instanz beantragt,
Randnummer39
die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 15.005,85 € nebst Zinsen, die 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen, aus 12.376,42 € seit 14.10.2021 und im Übrigen seit 11.10.2022 zu verurteilen.
Randnummer40
Die Beklagten haben
Randnummer41
Klageabweisung beantragt.
Randnummer42
Die Beklagten haben geltend gemacht, dass die Klägerin aufgrund zweier zeitlich und sachlich aufeinanderfolgender, getrennter Mandate tätig geworden sei. Zwischen den beiden Mandaten für die Beschwerde gegen den Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts Würzburg und für die Einreichung der Verfassungsbeschwerde gegen den abweisenden Beschluss des Landgerichts Würzburg bestehe eine rechtliche Zäsur, die eine Abrechnung dieser Tätigkeit nach der Vergütungsvereinbarung ausschließe. Vom undifferenzierten Wortlaut der Vereinbarung könne nur erfasst werden, was rechtlich naheliege, nicht aber, was rechtlich eine neue Gerichtsbarkeit eröffne. Der Wortlaut der Vereinbarung impliziere nicht jedes Mittel, sondern nur dasjenige, welches im Instanzenzug angelegt sei.
Randnummer43
Die Vergütungsvereinbarung müsse darüber hinaus eindeutig erkennen lassen, für welche Tätigkeiten der Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen solle.
Randnummer44
Der Beklagte zu 3) habe auf die Rechnung vom 09.03.2021 am 19.07.2021 einen Betrag von 218,80 € überwiesen. Der Anspruch aus der Rechnung vom 09.03.2021 richte sich zudem nicht gegen die Beklagten insgesamt.
II.
Randnummer45
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Randnummer46
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin eine wirksame Vergütungsvereinbarung für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der Verfassungsbeschwerde nicht nachgewiesen habe. Die Vergütungsvereinbarung müsse nämlich eindeutig festlegen, für welche Tätigkeit der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen solle. Eine pauschale Bezeichnung der anwaltlichen Tätigkeit lasse nicht den Schluss zu, dass die Vergütungsvereinbarung ohne jede zeitliche Beschränkung auch für künftige Mandate gelte. Durch die Beendigung des Instanzenzuges vor den ordentlichen Gerichten sei eine Zäsur eingetreten, für das weitere Vorgehen vor dem Bundesverfassungsgericht sei eine neue Vergütungsvereinbarung erforderlich gewesen.
Randnummer47
Es sei nicht entscheidend, ob die Parteien stillschweigend davon ausgegangen seien, dass die Gebührenvereinbarung für alle möglichen anwaltlichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Betreuung der Frau G. gelten solle. Wegen des Schriftformerfordernisses sei vielmehr maßgeblich, ob eine solche Einigung Niederschlag in der schriftlichen Vergütungsvereinbarung gefunden habe. Das sei nicht der Fall.
Randnummer48
Soweit es um die Forderung der Klägerin über 2.180,80 € aus der Rechnung vom 09.03.2021 gehe, habe die Klägerin sich entschieden, die Beklagten jeweils einzeln und nicht als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen. „Der Betrag könne daher nicht auf einen Antrag gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aufaddiert werden.“ Im übrigen habe die Klägerin die Zahlung von 218,80 € durch den Beklagten zu 3) nicht berücksichtigt.
Randnummer49
Aufgrund dieses Urteils des Landgerichts Würzburg haben die Beklagten in dem weiteren zwischen den Parteien anhängigen und mittlerweile an das Landgericht München verwiesenen und dort unter dem Aktenzeichen 4 O 6705/22 geführten Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 12.01.2023 (Anlage K57) den Antrag gestellt, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten als Gesamtgläubiger zuviel gezahltes Honorar für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Amtsgerichts Würzburg - Abteilung für Betreuungssachen - vom 21.12.2020 (Az.: 24 XVII 116/01) in Höhe von 9.049,34 € nebst Zinsen zurückzuzahlen.
III.
Randnummer50
Die Klägerin wendet sich mit ihrer zulässigen Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.11.2022.
Randnummer51
Sie macht geltend, dass das Landgericht die Vergütungsvereinbarung falsch ausgelegt habe. Es habe ein einziges Mandat bestanden, auf das sich die Vergütungsvereinbarung bezogen habe, nämlich die „Betreuung Frau G., geb. am ...“ zugunsten der Beklagten wieder herzustellen. Ihr Vortrag in der ersten Instanz, dass es zu jeder Zeit darum gegangen sei, die Entlassung der Beklagtenseite als Betreuer rückgängig zu machen, sei zu keinem Zeitpunkt vor dem Landgericht bestritten worden.
Randnummer52
Soweit es um die Abweisung ihrer Forderung über 2.180,80 € wegen ihrer Tätigkeit zwischen 19.01.2021 und 19.03.2021 gehe, sei nicht ersichtlich, warum das Landgericht ihren Antrag nicht dahin ausgelegt habe, dass als Minus jedenfalls die Verurteilung des Beklagten zu 3) als Einzelschuldner in dem Antrag enthalten sei. Hilfsweise habe ihr zu diesem Gesichtspunkt noch einmal rechtliches Gehör gewährt werden müssen.
Randnummer53
Die Klägerin beantragt mit der Berufung:
Randnummer54
1. Das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.11.2022 - 23 O 759/22 wird aufgehoben.
Randnummer55
2. Die Beklagten zu 1), 2) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.928,58 € nebst Zinsen, die 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen, aus 12.376,42 € seit 14.10.2021, im Übrigen aus 552,16 € seit Klagezustellung zu bezahlen.
Randnummer56
3. Der Beklagte zu 3) wird verurteilt, an die Klägerin 1.962,00 € nebst Zinsen, die 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen, seit 14.10.2021 zu bezahlen.
Randnummer57
Die Beklagten beantragen,
Randnummer58
die Berufung zurückzuweisen.
Randnummer59
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und machen darüber hinaus geltend, dass die Klägerin die Forderung bereits nicht schlüssig dargelegt habe. Den Schriftsätzen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, wie sich die Forderungen zusammensetzen. Dies gelte sowohl für den Abrechnungszeitraum vom 10.05.2021 bis 13.10.2021 als auch für die Abrechnung gegenüber dem Beklagten zu 3). Darüber hinaus habe die Klägerin für den Abrechnungszeitraum vom 10.05.2021 bis 13.10.2021 als auch für die Abrechnung gegenüber des Beklagten zu 3) keine Kostennote vorgelegt. Soweit mit der Berufungsbegründungsschrift die Rechnung vom 14.10.2021 mit der zugrundeliegenden Zeiterfassung als Anlage K38a vorgelegt wird, rügen die Beklagten dies als verspätet.
Randnummer60
Die Beklagten bringen darüber hinaus vor, die Vergütungsvereinbarung sei wegen eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Regelungen über die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen unwirksam. Die Vereinbarung enthalte weder eine Obergrenze als Maximalvergütung im Vergleich zum gesetzlichen Gebührenanspruch nach dem RVG noch ermögliche eine etappenweise Abrechnung der Vergütung Kostenklarheit und Transparenz für die Beklagten. Die Beklagten hätten bei Abschluss der Vereinbarung nicht übersehen können, welche Forderung auf sie zukommen würde und wie diese im Verhältnis zur gesetzlichen Gebührenhöhe stehe. Der Verstoß gegen das Transparenzgebot werde auch durch die Entscheidung des EuGH vom 12.01.2013 (C 395/21) bestätigt.
Randnummer61
Darüber hinaus verstoße die Vergütungsvereinbarung auch gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Zeit könne als Berechnungsgrundlage für die Vergütung anwaltlicher Tätigkeit nur ganz außerordentlich - in Wirtschafts-, Steuer- oder Strafsachen - herangezogen werden. Ein solcher Ausnahmefall bestehe hier jedoch nicht.
Randnummer62
Die Vereinbarung sei darüber hinaus gem. § 138 Abs. 2 BGB nichtig, da sich die Beklagten im Hinblick auf das nahende Fristende für die Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss sowie wegen dessen fehlender Begründung in einer Zwangslage befunden hätten, die die Beauftragung eines Rechtsanwaltes dringend erforderlich gemacht habe. Die Klägerin habe diese Zwangslage ausgenutzt, indem sie von den Beklagten ohne sachlich gebotenen Anlass den Abschluss der vorformulierten Vergütungsvereinbarung verlangt habe.
Randnummer63
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 08.03.2023 mitgeteilt, dass dem Anderkonto der Klägerin im März 2023 aus der Kostenfestsetzung für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1.375,88 € gutgeschrieben worden seien. Die Klägerin hat zugleich in Aussicht gestellt, dass voraussichtlich eine teilweise Erledigung des Rechtsstreits erklärt werde, wenn die Beklagten sich damit einverstanden erklären würden, dass die Klägerin diesen Zahlungseingang für sich behalten dürfe. Die Beklagten haben jedoch keine Zustimmung zu der von der Klägerin vorgeschlagenen Verwendung der Gutschrift erteilt.
IV.
Randnummer64
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511 ff. ZPO) und beinahe in vollem Umfang begründet.
Randnummer65
1. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldner aus dem Anwaltsvertrag aufgrund der Vergütungsvereinbarung vom 11.01./13.01.2021 insgesamt 12.836,55 € zu.
Randnummer66
a) Die Vergütungsvereinbarung vom 11.01/13.01.2021 erfasst die gesamten anwaltlichen Tätigkeiten der Klägerin zur Wiedererlangung der Betreuung der Beklagten für G. .
Randnummer67
Das ergibt sich ohne weiteres aus der schriftlichen Vergütungsvereinbarung selbst. Darin haben die Parteien nämlich vereinbart, dass die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beklagten „wegen Betreuung Frau G., geb. am ...“ nach der aufgewendeten Zeit abrechnet und pro Stunde ein Honorar von 290 € zuzüglich Umsatzsteuer erhält.
Randnummer68
Ausdrücklich ist in der schriftlichen Vereinbarung niedergelegt, dass die Klägerin diese Vergütung für „sämtliche mandatsbezogenen außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeiten“ erhält, soweit nichts anderes in dem Vertrag vereinbart wird. Als Tätigkeiten, die danach mit dem Zeithonorar abgerechnet werden, führt die schriftliche Vereinbarung anschließend beispielhaft auf: „mandatsbezogenes Akten- und Literaturstudium, mündliche und fernmündliche Besprechungen mit dem Auftraggeber, dem Gegner oder Dritten, Gerichtstermine, Fahrt- und Wartezeiten bei Terminswahrnehmungen, Anfertigung von Verträgen und sonstigen Schriftstücken“.
Randnummer69
Schriftlich vereinbart ist damit ausdrücklich ein Stundenhonorar für alle Tätigkeiten der Klägerin für die Beklagten im Zusammenhang mit der Betreuung Frau G.. In der schriftlichen Urkunde findet sich keinerlei Anhalt für eine Beschränkung - etwa auf ein Tätigwerden nur vor dem Amts- oder Landgericht in Würzburg. Nicht einmal das Aktenzeichen des Amtsgerichts aus dem Betreuungsverfahren ist dort aufgeführt.
Randnummer70
Die Beklagten behaupten auch nicht, dass bei Abschluss des schriftlichen Vertrages eine Begrenzung auf bestimmte anwaltliche Tätigkeiten vereinbart worden wäre. Den Vortrag der Klägerin, dass es immer nur darum gegangen sei, die Entlassung der Beklagten aus der Betreuung rückgängig zu machen, haben sie weder in der ersten Instanz noch in der Berufung bestritten.
Randnummer71
Diese Interpretation der Vereinbarung wird auch durch das Verhalten der Parteien bestätigt. Denn nach der Entscheidung des Landgerichts im Beschwerdeverfahren ist die Klägerin nicht isoliert mit der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht beauftragt worden und sie ist auch nicht ausschließlich in diesem Zusammenhang tätig worden. Vielmehr haben die Beklagten mit der Klägerin das weitere Vorgehen besprochen und die Klägerin ist auch im Zusammenhang mit den Überlegungen der Beklagten, eine Anhörungsrüge nach § 40 FamFG oder eine Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG zu erheben, tätig geworden. Die Klägerin hat den Beklagten in diesem Zusammenhang Rechtsrat gegeben und ein Schreiben an das Landgericht Würzburg gerichtet, in dem sie die Wirksamkeit der Zustellung des Beschlusses des Landgerichts thematisierte.
Randnummer72
Auf die Frage, ob die Vertretung vor dem Verfassungsgericht im Sinne des RVG eine eigene Angelegenheit darstellt oder ob es sich dabei um einen außerordentlichen Rechtsbehelf handelt, kommt es danach nicht an, denn die Vereinbarung stellt darauf nicht ab. Vielmehr grenzt sie die Geltung der Stundenhonorarvereinbarung zwar weit, aber eindeutig über den Zweck der Tätigkeit der Klägerin ab, nämlich: Betreuung der Frau G..
Randnummer73
Damit war für die Parteien eindeutig und klar geregelt, dass die Klägerin für ihre Tätigkeit für die Beklagten in diesem Zusammenhang nach der aufgewendeten Zeit abrechnen würde.
Randnummer74
b) Bei dieser Auslegung der Vergütungsvereinbarung ist das Textformerfordernis des § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 126b BGB ohne weiteres gewahrt.
Randnummer75
Denn danach ist erforderlich, dass die schriftliche Vereinbarung ausreichend bestimmt ist, sich daraus ergibt, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll (OLG Hamm, Urteil vom 22. Juli 2010, 28 U 237/9, OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.08.2014 - 2 U 2/14 = BeckRS 2014, 20145) und dies Niederschlag in der schriftlichen Vergütungsvereinbarung gefunden hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.08.2014, a. a. O.). Das ist bei der Vereinbarung vom 11.01./13.01.2021 der Fall. Aus der schriftlichen Vereinbarung ergibt sich eindeutig, dass alle Tätigkeiten der Klägerin für die Beklagten, die die Betreuung von G. betreffen, von der Vergütungsvereinbarung erfasst werden.
Randnummer76
c) Die Vergütungsvereinbarung ist in ihrer Ziffer 1.1. entgegen der von der Beklagten geäußerten Rechtsansicht nicht wegen einer unangemessenen Benachteiligung der Beklagten im Sinne von § 307 BGB unwirksam.
Randnummer77
aa) Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten ergibt sich unter Zugrundelegung der Umstände des hier vorliegenden Einzelfalls nicht aus einem Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, auch nicht vor dem Hintergrund der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 EWG durch den EuGH.
Randnummer78
(1) Aus europarechtlicher Sicht hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 12.01.2023 (EuGH (4. Kammer), Urteil vom 12.01.2023, C-395/21 = NJW 2023, 903) klargestellt, dass eine Klausel in einem Vertrag über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher, nach der sich die Vergütung nach dem Zeitaufwand richtet, unter Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 EWG fällt. Eine solche Klausel erfüllt nach der Entscheidung des EuGH nicht die Anforderung hinreichender Klarheit und Verständlichkeit aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 EWG, wenn dem Verbraucher bei Vertragsschluss nicht die Informationen erteilt worden sind, die ihn in die Lage versetzen, seine Entscheidung mit Bedacht und in voller Kenntnis der wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses zu treffen (EuGH, a.a.O., NJW 2023, 903 (906), Rz. 45).
Randnummer79
Entscheidend aus europarechtlicher Sicht ist, ob dem Verbraucher bei Berücksichtigung aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände bei Vertragsschluss sämtliche Tatsachen mitgeteilt wurden, die sich auf den Umfang seiner Verpflichtungen auswirken können und ihm erlauben, die finanziellen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen. Zwar kann danach von dem Gewerbetreibenden nicht verlangt werden, dass er den Verbraucher über die endgültigen finanziellen Folgen der von ihm eingegangenen Verpflichtung informiert, die von unvorhergesehenen zukünftigen Ereignissen abhängen, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat. Die Informationen, die vor Vertragsschluss erteilt werden, müssen den Verbraucher aber in die Lage versetzen, seine Entscheidung mit Bedacht und in voller Kenntnis zum einen davon zu treffen, dass solche Ereignisse eintreten können, und zum anderen auch der Folgen, die solche Ereignisse haben können. In den Informationen müssen nach der Rechtsprechung des EuGH Angaben enthalten sein, anhand derer der Verbraucher die Gesamtkosten der Rechtsdienstleistung einschätzen kann, etwa eine Schätzung der Stunden, die voraussichtlich oder mindestens erforderlich sein werden, um die Dienstleistung zu erbringen, oder die Verpflichtung, in angemessenen Zeitabständen Rechnungen oder eine regelmäßige Aufstellung zu übermitteln, in der die aufgewendeten Arbeitsstunden ausgewiesen sind.
Randnummer80
Solche Angaben enthält die Vergütungsvereinbarung nicht.
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(2) Nach den europarechtlichen Vorgaben folgt daraus alleine aber nicht die Unwirksamkeit der Klausel. Denn der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 12.01.2023 auch ausgesprochen, dass eine solche Klausel nicht bereits deshalb als missbräuchlich nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 in der durch die Richtlinie 2011/83 geänderten Fassung anzusehen ist, weil sie dem Transparenzerfordernis aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie nicht entspricht. Die Richtlinie selbst verlangt für die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Vertragsschlusses. Etwas anderes kann sich dann ergeben, wenn das nationale Recht - wie im Fall des der Entscheidung des EuGH zu Grunde liegenden Litauischen Rechts - ein höheres Schutzniveau vorsieht, als die Richtlinie.
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(3) Die Regelungen des BGB, mit denen der Gesetzgeber die Richtlinie 93/13 EWG in nationales Recht umgesetzt hat, enthalten kein gegenüber Art 3, 4 der Richtlinie erhöhtes Schutzniveau im Sinne von Art. 8 der Richtlinie 93/13 EWG.
Randnummer83
Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot eine unangemessene Benachteiligung vorliegen. Außerdem regelt § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, dass bei Verbraucherverträgen auch die dem Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. Damit ist - wie nach der europarechtlichen Regelung auch - eine Gesamtabwägung aller Umstände des Vertragsschlusses erforderlich.
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(4) Zwar ist bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt, auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines typischen Vertragspartners bei Verträgen der geregelten Art abzustellen. Die Klausel muss grundsätzlich die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Nach der Rechtsprechung ändern grundsätzlich auch weitergehende Kenntnisse und Verständnismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners an der Verletzung des Transparenzgebotes und der Unwirksamkeit der Klausel nichts (Grüneberg-Grüneberg BGB [82.] § 307 Rdn. 21).
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Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB gehören zu den bei der Inhaltskontrolle eines Verbrauchervertrages im Individualprozess zu berücksichtigenden Begleitumständen aber auch die Kenntnisse und Fähigkeiten des Vertragspartners. Ist eine Vertragsklausel für den typischen Kunden intransparent, für den konkreten Vertragspartner, etwa einen Juristen, aber verständlich, kann ihre Unwirksamkeit nicht mehr aus einer Verletzung des Transparenzgebotes hergeleitet werden (Grüneberg-Grüneberg, BGB [82.] § 307 Rdn. 21 a.E.).
Randnummer86
So liegt der Fall. Denn der Beklagte zu 3) war - wie vom Landgericht als unstreitig festgestellt wurde und auch mit der Berufung nicht angegriffen wird - vormals als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei tätig. Zeithonorarvereinbarungen und die Erfassung von abrechenbaren Stunden (“billable hours“) gehören dort zum Tagesgeschäft. Der Umstand, dass die Vergütungsvereinbarung keine zeitnahe Abrechnung von Teilabschnitten vorsah - auch wenn sie tatsächlich erfolgt ist - und keine Angaben zu der zu erwartenden Vergütungshöhe enthielt, führt im Hinblick auf die berufliche Erfahrung des Beklagten zu 3) mit der Abrechnung von Zeitvergütungsvereinbarungen nicht zu einem erheblichen Missverhältnis zu Lasten der Beklagten.
Randnummer87
Bei alledem müssen sich die Beklagten zu 1) und zu 2) die Kenntnisse und das Wissen des Beklagten zu 3), der vornehmlich mit den Rechtsanwälten der Klägerin korrespondierte, nach dem Rechtsgedanken des § 166 BGB zurechnen lassen. Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben ersichtlich dem Beklagten zu 3) die Korrespondenz mit der Klägerin nahezu vollständig überlassen. Daher müssen sie sich im Verhältnis zur Klägerin auch dessen Kenntnisse zurechnen lassen.
Randnummer88
Vor diesem Hintergrund ist die Klausel unter 1.1. der Vergütungsvereinbarung nicht gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.
Randnummer89
bb) Die Vergütungsvereinbarung verstößt auch nicht gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Randnummer90
Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Die Natur des Vertrages wird hierbei durch die wesentlichen gesetzlichen Schutznormen bestimmt. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB knüpft an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an, die eine Aushöhlung der Kardinalpflichten eines Vertragsverhältnisses für unzulässig erklärt hat (BGH, Urteil vom 25.06.1973 - II ZR 72/71 = NJW 1973, 1878. Grüneberg, BGB, § 307 Rn. 33 f. m.w.N.).
Randnummer91
Wenn die Beklagten hierzu vorbringen, der Faktor „Zeit“ sei als Berechnungsgrundlage eines anwaltlichen Dienstvertrages kein ordentlicher Leistungsmaßstab und dürfe nur außerordentlich in Fällen zur Anwendung kommen, in denen der Rechtsanwalt über besondere fachliche Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt, so verfängt diese Argumentation nicht. Zwar hat der Gesetzgeber in § 2 RVG bestimmt, dass die Rechtsanwaltsvergütung in der Regel aus Wertgebühren, die sich nach dem Gegenstandswert richten, zu berechnen ist. Dies folgt dem Normzweck einer möglichst gerechten Gebührenbemessung, bei der der Auftraggeber vor Kosten bewahrt werden soll, die in keinem Verhältnis zum Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit stehen (BeckOK RVG, 59. Edition 2021, § 2 Rn. 1). Dies führt aus betriebswirtschaftlicher Sicht dazu, dass bei niedrigem Gegenstandswert für den Rechtsanwalt oft keine Kostendeckung erreicht wird und der Rechtsanwalt darauf angewiesen ist, solche Mandate durch die Vergütung aus Mandaten mit höheren Streitwerten querzusubventionieren (BeckOK RVG, 59. Edition 2021, § 2 Rn. 2).
Randnummer92
Das Gesetz selbst sieht aber in § 3a RVG als Ausnahme von der Wertgebühr die Möglichkeit von Vergütungsvereinbarungen vor, wobei die wohl häufigsten Formen das Zeithonorar und das Pauschalhonorar darstellen ((BeckOK RVG, 59. Edition 2021, § 3a Rn. 1). Auch im Dienstvertrag ist der Zeitlohn als nach Zeitabschnitten berechneter Lohn (Grüneberg-Weidenkaff, BGB [82.] § 611 Rn. 57) regelmäßig üblich.
Randnummer93
Vor diesem Hintergrund kann keineswegs davon die Rede sein, dass wesentliche Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, durch die vorliegende Vergütungsvereinbarung so stark eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre.
Randnummer94
In gleicher Weise liegt aber auch keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, da § 3a Abs. 3 RVG gerade eine Regelung enthält, die eine Herabsetzung der Vergütung vorsieht, wenn die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist.
Randnummer95
d) Die Vergütungsvereinbarung ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Es ist bereits nicht ersichtlich, woraus sich die von den Beklagten behauptete zeitliche Zwangslage bei Abschluss der Vereinbarung ergeben soll. Die Beschwerdefrist beträgt nach § 63 FamFG einen Monat. Einerseits besteht im Betreuungsverfahren kein Anwaltszwang (Münchener Kommentar zum FamFG - A. Fischer, 3. Auflage 2018, § 64 Rn. 34), andererseits ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten in Würzburg keinen Rechtsanwalt hätten finden können, der sie zu den gesetzlichen Gebühren vertritt.
Randnummer96
e) Das mit den Kostenrechnungen vom 14.10.2021 (Anlage K38a) und vom 20.07.2022 (Anlage K52a) in Rechnung gestellte Honorar stellt sich im vorliegenden Einzelfall nicht als unangemessen hoch im Sinne von § 3a Abs. 2 S. 1 RVG (in der im Zeitraum von 01.01.2014 - 30.09.2021 gültigen Fassung) dar.
Randnummer97
Hierbei ist eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von insgesamt 12.836,55 € aus den Kostenrechnungen vom 14.10.2021 und vom 20.07.2022 zugrundezulegen. Dies entspricht dem Honorar, das sich nach den abrechnungsfähigen Zeiterfassungseinträgen, die von den Beklagten der Höhe nach nicht bestritten wurden, ergibt. Lediglich der Zeiterfassungseintrag vom 01.07.2021 (17:51 - 18:07), der die Prüfung der Rechtslage betreffend den Beginn der Ausschlagungsfrist durch den Beklagten zu 3) betraf, stand nicht im Zusammenhang mit der Betreuung von Frau G. und konnte daher nicht auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung in Höhe von 77,33 € (netto) abgerechnet werden.
Randnummer98
Ist die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch, kann sie gem. § 3a Abs. 2 S. 1 RVG a.F. auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden. Zudem kommt eine Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung gem. § 138 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Anwaltes und dem vereinbarten Honorar besteht. Welche Vergütung angemessen ist, definiert § 3a Abs. 2 RVG a.F. nicht. Der Bundesgerichtshof hat für die Bewertung der Unangemessenheit bzw. das Bestehen eines auffälligen Missverhältnisses als maßgeblich erachtet, welche Vergütung nach Umfang und Schwierigkeit der im Rahmen des konkreten Mandats geschuldeten anwaltlichen Tätigkeit marktangemessen und adäquat ist (BGH, Urteil vom 10.11.2016 - IX ZR 119/14 = NJW-RR 2017, 377). Die gesetzlichen Gebühren stellen hierbei ein Indiz dar. Bei einem Honorar, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das Honorar unangemessen hoch ist. Diese Vermutung führt dazu, dass der Anwalt darlegen und beweisen muss, dass und in welchem Umfang das vereinbarte Honorar für das konkrete Mandat angemessen ist. Dabei kommt es darauf an, ob die vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist, wobei als Bewertungskriterien in Anlehnung an § 14 Abs. 1 RVG unter anderem die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag anstrebt, maßgeblich sind. Darüber hinaus ist unter anderem auch zu berücksichtigen, wie weit das Ergebnis tatsächlich als Erfolg des Rechtsanwalts anzusehen ist und wie sich die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers darstellen (BGH, Urteil vom 10.11.2016 - IX ZR 119/14, a.a.O., S. 380, Rz. 28 f.). Die Vergütung nach Maßgabe eines Stundenhonorars ist dabei nicht als unangemessen zu beanstanden, wenn diese Honorarform unter Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalls sachgerecht erscheint und die geltend gemachte Bearbeitungszeit sowie der ausgehandelte Stundensatz angemessen sind (BGH, Urteil vom 04.02.2010 - IX ZR 18/09 = NJW 2010, 1364 (1372, Rz. 73), BVerfG, Beschluss vom 15.06.2009 - 1 BvR 1342/07 = NJW-RR 2010, 259). Für eine Herabsetzung der Vergütung ist danach nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen von § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten (BGH, Urteil vom 10.11.2016 - IX ZR 119/14, a.a.O., S. 380, Rz. 28 f., BGH, Urteil vom 04.02.2010 - IX ZR 18/09 = NJW 2010, 1364 (1372, Rz. 87 f.).
Randnummer99
Wendet man diese Rechtsprechungsgrundsätze an, so stellt sich das Honorar aus der Vergütungsvereinbarung vorliegend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht als unangemessen hoch dar:
Randnummer100
Im Ausgangspunkt ist hierbei festzustellen, dass die gesetzlichen Gebühren aus einem Gegenstandswert für die Verfassungsbeschwerde von 25.000,00 € insgesamt 1.375,88 € betragen. Dies entspricht einer Verfahrensgebühr nach VV3100 = 1,3 aus einem Wert von 25.000 € (=1.136,20) zuzüglich Auslagen gem. VV7100, 7200 = 20,00 € und der gesetzlichen USt von 19,00 %. Die Honorarforderung der Klägerin entspricht insoweit dem 9,32 - fachen der gesetzlichen Gebühren, wodurch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass das Honorar unangemessen hoch ist. Jedoch ist diese tatsächliche Vermutung auf der Grundlage der vom Landgericht Würzburg festgestellten Tatsachen als widerlegt anzusehen, weil sich das Honorar unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht als so hoch erweist, dass es mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, die Beklagte an ihrem Honorarversprechen festzuhalten.
Randnummer101
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Verfassungsbeschwerde ist vorliegend als hoch zu bewerten. Hinzu tritt, dass die Wiedererlangung der Betreuung für die Beklagten ersichtlich von ganz besonderer persönlicher Bedeutung war, da es sich bei der Betreuten G. um die Tochter der Beklagten zu 1) bzw. die Schwester der Beklagten zu 2 und zu 3) handelt. Dem haben die Beklagten auch dadurch Rechnung getragen, dass der Beklagte zu 3), der vormals selbst als Rechtsanwalt tätig war, beabsichtigte, im Rahmen der Verfassungsbeschwerde seine eigene fachliche Expertise einzubringen, indem er in Absprache mit den Rechtsanwälten der Klägerin eigene Schriftsatzentwürfe einbrachte und Entwürfe der Rechtsanwälte mit diesen besprach. Ziel dieser fachlichen Zusammenarbeit war, eine außerordentlich hohe Qualität der Verfassungsbeschwerde zu erreichen. Dieses Ziel wurde letztlich auch insoweit erreicht, als die Verfassungsbeschwerde tatsächlich erfolgreich war und zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen führte.
Randnummer102
Hinzu kommt, dass die Höhe der Honorarforderung - wie sich aus der vorgelegten Zeiterfassung ergibt - dadurch bestimmt wurde, dass der Beklagte zu 3) mit den Rechtsanwälten der Klägerin bei der Ausarbeitung der Verfassungsbeschwerde intensiv zusammenarbeitete und Entwürfe der Verfassungsbeschwerde mehrfach nach den Wünschen des Beklagten zu 3) überarbeitet wurden. Zudem fanden am 06.07.2021 und am 08.07.2021 zwei Besprechungstermine statt, in denen der Beklagte zu 3 und der Bevollmächtigte der Klägerin den Entwurf der Verfassungsbeschwerde persönlich berieten und fachlich diskutierten. Darüber hinaus standen der Beklagte zu 3) und der Bevollmächtigte der Klägerin in regem Austausch per Telefon und Email um die Überarbeitung der übersandten Entwürfe.
Randnummer103
Dies zeigt den besonderen Zeitaufwand, den die Klägerin für die Bearbeitung des Mandats im Zusammenhang mit der Verfassungsbeschwerde erbrachte und der - gerade durch die Einbeziehung der fachlichen Expertise des Beklagten zu 3) - weit über das gewöhnliche Maß vergleichbarer Mandate hinaus ging. Der Beklagte zu 3) besaß zudem jederzeit hinreichende Kontrolle über die anfallenden abrechenbaren Stunden, da die Mehrzahl der abgerechneten Stunden auf die Abstimmung von Entwürfen und die gemeinsame Konzeption der Verfassungsbeschwerde entfiel. Dem Beklagten zu 3), der vormals selbst als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei tätig war, konnte insoweit nicht verborgen bleiben, dass durch die intensive Zusammenarbeit mit dem Ziel einer qualitativ hochwertigen Verfassungsbeschwerde, ein Zeithonorar generiert werden würde, welches die gesetzlichen Gebühren weit übersteigen würde.
Randnummer104
Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände ist es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben vereinbar, die Beklagten an ihrem Honorarversprechen festzuhalten. Die Honorarforderung stellt sich in Anbetracht der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls nicht als unangemessen hoch im Sinne von § 3a Abs. 2 RVG a.F. dar. Die Beklagten zu 1) und 2) müssen sich erneut das Handeln des Beklagten zu 3) und dessen Kenntnisse gem. § 164, 166 BGB zurechnen lassen, da der Beklagte zu 3) federführend gegenüber der Klägerin tätig war und dies von den Beklagten zumindest gebilligt wurde.
Randnummer105
f) Die Honorarforderung ist darüber hinaus - bis auf die Zeiterfassung vom 01.07.2021, (17:51 - 18:07 Uhr) - schlüssig dargelegt. Die Klägerin hat den Arbeitsaufwand, den er mit seiner Kostenrechnung abrechnete, in Zeiterfassungseinträgen hinreichend substantiiert dargelegt. Die als Anlage K38a erst mit der Berufungsbegründung vom 23.12.2022 vorgelegte Kostenrechnung und die zugrundeliegende Zeiterfassung waren gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch in der Berufungsinstanz zuzulassen, da die Vorlage der Kostenrechnung und der Zeiterfassung Noven betraf, die zur Stützung einer materiell-rechtlichen Lösung erforderlich sind, die das Erstgericht für unzutreffend gehalten hat, die das Berufungsgericht aber seiner Rechtsansicht zugrunde legt (vgl. BGH, Urteil vom 27. 9. 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414.). Zudem liegt nahe, dass die Kostenrechnung und die Zeiterfassung lediglich versehentlich nicht mit der ursprünglichen Anlage K38 übersandt wurden, da die Anlage K38 lediglich aus dem Anschreiben an den Beklagten zu 3) bestand, die dort genannten Anlagen aber nicht beigefügt waren, obwohl in der Klage vom 19.05.2022 auch die Rechnung und die Zeiterfassung als Anlagen angekündigt waren. Insoweit hätte das Landgericht gemäß § 139 ZPO auch auf das Fehlen der angekündigten Anlagen hinweisen müssen.
Randnummer106
Die abgerechneten Zeitintervalle sind hinreichend konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt worden. Die Beklagten haben gegen die konkreten Stundenansätze - abgesehen von dem Einwand, dass die Honorarvereinbarung unwirksam sei bzw. sich nicht auf anwaltliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verfassungsbeschwerde erstrecke - keine Einwendungen erhoben.
Randnummer107
Lediglich der Zeiterfassungseintrag vom 01.07.2021 (17:51 - 18:07 Uhr), der nach dem Beschreibungstext eine rechtliche Fragestellung zu einer Ausschlagung und zur Ausschlagungsfrist betraf, war von der getroffenen Vergütungsvereinbarung nicht erfasst und konnte daher nicht im Rahmen der Kostenrechnung vom 14.10.2021 geltend gemacht werden.
Randnummer108
Dies führt dazu, dass die Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1) - 3) als Gesamtschuldner aus der Kostenrechnung vom 14.10.2021 einen Anspruch in Höhe von 12.284,39 € ((10.380 € - 77,33 € + 20 €) * 1,19 (19,00 % Ust.)) hat und aus der Kostenrechnung vom 20.07.2022 auf weitere 552,16 €.
Randnummer109
2. Die Forderung der Klägerin ist nicht infolge einer Gutschrift in Höhe von 1.375,88 €, die dem Anderkonto der Klägerin im März 2023 im Rahmen der Kostenfestsetzung aus der Vertretung im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gutgeschrieben wurde, teilweise erloschen.
Randnummer110
Die Klägerin hat die Gutschrift mit Schriftsatz vom 08.03.2023 mitgeteilt. Die Beklagten haben hierzu weder im Schriftsatz vom 19.04.2023 noch in der öffentlichen Sitzung vom 27.04.2023 eine Erklärung dazu abgegeben, inwieweit Einverständnis mit einer Verrechnung mit einer evtl. Forderung der Klägerin besteht. Vor diesem Hintergrund führt die Gutschrift in Höhe von 1.375,88 € nicht dazu, dass die Forderung der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1) - 3) erlischt.
Randnummer111
3. Der Anspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1) - 3 auf Verzugszinsen bzw. Prozesszinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1, 291 BGB.
Randnummer112
Die Beklagten zu 1) bis 3) befanden sich hinsichtlich der Forderung in Höhe von 12.284,39 € ab dem 28.10.2021 in Schuldnerverzug. Der Beklagte zu 3) teilte in der Email-Nachricht vom 27.10.2021 mit, dass eine Zahlung auf die vorgelegten Rechnungsschreiben nicht veranlasst sei und bei der Münchener Justiz bereits eine Klage gegen die Klägerin anhängig sei, die Sperrwirkung gegenüber einer Klage auf Zahlung der Anwaltsvergütung habe. Damit verweigerte der Beklagte zu 3) mit Wirkung für die Beklagten zu 1) bis 3) ernsthaft und endgültig die Leistung auf die Rechnung vom 14.10.2021. Es würde eine unnötige Förmelei darstellen, der Klägerin in dieser Situation eine zusätzliche Mahnung abzuverlangen. Dem steht hier auch nicht entgegen, dass der Beklagte zu 3) in der Email-Nachricht vom 27.10.2021 unter Ziffer 3. seine Bereitschaft zur außergerichtlichen Streitbeilegung signalisierte. Denn durch die Mitteilung, dass keine Zahlung auf die Rechnungen veranlasst sei und bereits Klage eingereicht wurde, tritt eine Zäsur ein und das (vorerst) letzte Wort ist gesprochen. Die Verzugswirkungen treten hierbei auch für die Beklagten zu 1) und zu 2) ein, da der Beklagte zu 3) die Beklagten zu 1) und zu 2) in der Korrespondenz mit der Klägerin wirksam vertreten hat. Die Leistungsverweigerung des Beklagten zu 3) stellt hierbei keineswegs eine Überschreitung seiner Vollmacht dar, da die durch die Beklagte zu 1) bis 3) am 25.10.2021 beim Amtsgericht München gemeinsam eingereichte Klage auf negative Feststellung die Haltung der Beklagten zu 1) bis 3), die Zahlung zu verweigern, hinreichend dokumentiert.
Randnummer113
Der Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen für die Forderung in Höhe 552,16 € ab Rechtshängigkeit, mithin ab dem 12.06.2022, beruht auf § 291 BGB. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Eine Mitteilung der Berechnung in der Vergütungsklageschrift oder einem anderen Prozessschriftsatz reicht aber aus. Der Umstand, dass die Berechnung sachlich unzutreffend ist, nimmt der Berechnung nicht ihre Wirkung nach § 10 Abs. 1 RVG (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2011 - 24 U 112/09 = BeckRS 2011, 8965). Insoweit steht die spätere Abänderung der Kostennote mit der Kostenrechnung vom 20.07.2022 einem Anspruch auf Prozesszinsen gem. § 291 BGB ab dem 12.06.2022 nicht entgegen.
Randnummer114
4. Die Klägerin hat darüber hinaus gegen den Beklagten zu 3) einen Anspruch auf weitere 1.962 € gemäß §§ 611, 650 BGB, 10 RVG aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsdienstvertrag in Verbindung mit der Vergütungsvereinbarung vom 11.01/13.01.2021 wegen der anwaltlichen Tätigkeit, die die Klägerin im Rahmen des abgeschlossenen Mandats im Leistungszeitraum vom 19.01.2021 bis 09.03.2021 entfaltet hat und die sie mit den Kostenrechnungen vom 09.03.2021 (Anlage K53) abgerechnet hat.
Randnummer115
Da die Klägerin insoweit die erstinstanzliche Klageabweisung nur teilweise mit der Berufung angegriffen hat, war nicht darüber zu entscheiden, ob hinsichtlich des Anteils aus der Kostenrechnung eine Gesamtschuld der Beklagten zu 1) - 3) besteht. Jedenfalls hat der Klägerin einen Anspruch in Höhe von 1.962,00 € gegen den Beklagten zu 3) aus dem Anwaltsdienstvertrag in Verbindung mit der Vergütungsvereinbarung vom 11.01./13.01.2021.
Randnummer116
a) Soweit der Beklagte zu 3) der Forderung entgegenhält, dass das vereinbarte Honorar unangemessen hoch sei, ist dem nach Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls nicht zu folgen.
Randnummer117
Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen, die bereits oben - unter I.1 e) - dargelegt wurden, ist nicht von einer unangemessenen Höhe der Vergütung auszugehen. Selbst wenn man von einem gesetzlichen Gebührenanspruch nach dem RVG für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 898,21 € (1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VVRVG + 0,6 Erhöhungsgebühr nach 1008 VVRVG + 20 € Unkostenpauschale + Ust. (19,00 %)) ausgeht und zugrundelegt, dass die von der Klägerin in Rechnung gestellte Gesamtforderung 11.909,55 € und damit mehr als das 13-fache der gesetzlichen Gebühren beträgt, ist es unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls mit den Grundsätzen des § 242 BGB vereinbar, den Beklagten zu 3) an seinem Honorarversprechen festzuhalten.
Randnummer118
Zwar mag erneut die tatsächliche Vermutung, dass ein Honorar, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das fünffache übersteigt, unangemessen hoch ist, für den Beklagten zu 3) sprechen. Jedoch sind erneut die weiteren Umstände des vorliegenden Einzelfalls zu beachten: Das Mandatsziel bestand in der Wiedererlangung der Betreuung für die Schwester des Beklagten zu 3). Die Angelegenheit hatte für den Auftraggeber daher ganz besondere Bedeutung. Dem Beklagten zu 3) war zudem bewusst, dass Leistungen durch die Klägerin in einem Umfang erbracht werden würden, der den zu erwartenden üblichen Aufwand im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens übersteigt. Zudem ist erneut zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 3) selbst als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei tätig war und insoweit in seiner früheren beruflichen Tätigkeit wiederholt mit Honorarvereinbarungen in Berührung gekommen war. Der vorliegend vereinbarte Stundensatz von 290,00 € netto/Stunde erscheint zwar hoch, er ist jedoch in Anbetracht der besonderen Bedeutung der Angelegenheit für den Beklagten zu 3) nicht unangemessen.
Randnummer119
b) Auch der Einwand des Beklagten zu 3), er habe nicht übersehen können, welche Forderung auf ihn zukommen würde, und dies verletzte wesentliche Grundprinzipien des bürgerlichen Rechts, verfängt nicht.
Randnummer120
Wie bereits - unter I.1 c) - dargelegt ist nach der Rechtsprechung des EuGH die Prüfung, ob eine Klausel klar und verständlich ist, vom nationalen Gericht unter Berücksichtigung aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu prüfen und danach zu bewerten, ob dem Verbraucher sämtliche Tatsachen mitgeteilt wurden, die sich auf den Umfang seiner Verpflichtung auswirken können und ihm erlauben, die finanziellen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen (EuGH (4. Kammer), Urteil vom 12.01.2023, C-395/21 = NJW 2023, 903 (905, Rn. 38), EuGH (Große Kammer), Urteil vom 03.03.2020 - C-125/18 = BeckRS 2020, 2609, Rn. 52).
Randnummer121
Auch hier ist erneut zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 3) selbst vormals als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei tätig war und daher die Tragweite der Vereinbarung eines Stundenhonorars ohne Weiteres abschätzen konnte.
Randnummer122
Vor diesem Hintergrund ist eine Unwirksamkeit der Klausel Nr. 1.1 aus der Vergütungsvereinbarung vom 11.01./13.01.2021 aufgrund eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht gegeben.
Randnummer123
c) Hinsichtlich der Nebenforderungen kann die Klägerin nicht bereits ab dem 14.10.2021, sondern erst ab der Rechtshängigkeit des Anspruchs, mithin erst ab dem 12.10.2022, nach der erfolgten Klageerweiterung im Termin vom 11.10.2022, Prozesszinsen gem. § 291 BGB verlangen.
V.
Randnummer124
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 2 Nr. 1, 97, 100 Abs. 4 ZPO.
Randnummer125
Hierbei war im Hinblick auf die unterschiedlichen Streitwerte in erster und zweiter Instanz, die durch die teilweise Klagerücknahme aus dem Schriftsatz vom 20.07.2022 sowie durch die Beschränkung der Berufung entstanden sind, eine Kostenquotelung für die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz nach dem Anteil des Unterliegens der Streitgenossen vorzunehmen.
Randnummer126
Da die Berufung der Klägerin, in dem Umfang, in dem sie eingelegt wurde, weit überwiegend erfolgreich war und die Zuvielforderung insoweit verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten entstanden, waren die Kosten der Berufung den Beklagten zu1) bis 3) in vollem Umfang aufzuerlegen.
VI.
Randnummer127
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
VII.
Randnummer128
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Streitsache ist gekennzeichnet durch die Besonderheiten des Einzelfalls im Tatsachenbereich. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Soweit Rechtsfragen zu entscheiden waren, liegt eine Abweichung von höchstrichterlicher oder sonstiger obergerichtlicher Rechtsprechung nicht vor.
Randnummer129
Die Schriftsätze des Klägervertreters vom 09.06.2023 und des Beklagtenvertreters vom 14.06.2023 lagen dem Senat vor.


Einsender: entnommen BayernRecht

Anmerkung:


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