Gericht / Entscheidungsdatum: AG Siegen, Beschl. v. 23.11.2023 - 450 Gs 1656/23
Eigener Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen der Erstreckung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG.
450 Gs 1656/23
Amtsgericht Siegen
Beschluss
In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
hat das Amtsgericht Siegen
durch die Richterin am Amtsgericht am 23. November 2023 beschlossen:
Es wird festgestellt, dass der Vergütungsanspruch des Verteidigers sich auf die Verfahren StA Siegen 66 Js 308/23, 66 Js 623/23, 66 Js 380/23, und 66 Js 1062/23 erstreckt.
Gründe
Die Entscheidung beruht auf § 48 Abs. 6 S. 3 RVG.
Der Verteidiger der Beschuldigten bestellte sich jeweils mit Schreiben vom 17.03.2023 (BI. 61 u. 77) in den Verfahren 66 Js 308/23 und 66 Js 380/23 und beantragte seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Mit Verfügung vom 25.04.2023 (BI. 88) wurden diese Verfahren zu dem hiesigen Verfahren hinzu verbunden.
Weiter bestellte sich der Verteidiger mit Schreiben vom 31.05.2023 (BI. 137 u. 159) in den Verfahren 66 Js 660/23 und 66 Js 661/23 und beantragte auch hier seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Mit Verfügung vom 16.06.2023 (BI. 126R) wurden diese Verfahren zu dem Verfahren 66 Js 659/23 hinzu verbunden, in welchem die Beiordnung mit Beschluss vom 22.06.2023 (BI. 165) erfolgte. Insofern gilt § 48 Abs. 6 S. 1 RVG direkt, sodass eine Entscheidung über die Erstreckung nicht ergehen muss (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 16.5.2017 - 1 Ws 95/17, BeckRS 2017, 122061 Rn. 20, beck-online).
Weiter bestellte sich der Verteidiger mit Schreiben vom 17.07.2023 (BI. 225) in dem Verfahren 66 Js 1062/23 und beantragte auch hier seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Mit Verfügung vom 19.09.2023 (BI. 238) wurde dieses Verfahren zu dem hiesigen Verfahren hinzu verbunden.
In sämtlichen Fällen waren die Akten dem Amtsgericht nicht zur Entscheidung über die Beiordnung vorgelegt worden, eine Entscheidung über die Anträge unterblieb aus diesem Grund.
Demgegenüber erfolgte in diesem Verfahren die Beiordnung als Pflichtverteidiger bereits mit Beschluss vom 16.03.2023 (BI. 49) auf Antrag des Verteidigers vom 08.02.2023 (BI. 12).
Mit Schriftsatz vom 16.10.2023 (BI. 239ff) hat der Verteidiger die Erstreckung der gebührenrechtlichen Rückwirkung seiner Bestellung in den Verfahren 66 Js 163/23 und 66 Js 659/23 auf die im Tenor genannten Verfahren beantragt. Er beruft sich auf die rechtzeitige Antragstellung vor Verbindung der Verfahren und die unterbliebene rechtzeitige Bescheidung. Mit Verfügung vom 18.10.2023 (BI. 241R) legte die Staatsanwaltschaft dem Amtsgericht die Akten mit dem Antrag, den Antrag des Verteidigers zurückzuweisen, vor. Zur Begründung führte sie aus, dass ihrer Auffassung nach keine gebührenauslösenden Tätigkeiten in den nicht beschiedenen Verfahren erbracht worden seien. Hierauf erwiderte der Verteidiger mit Schreiben vom 24.10.2023 (BI. 2440, 14.11.2023 (BI. 247f) und 17.11.2023 (BI. 249ff). Die Staatsanwaltschaft bekräftigte ihren Standpunkt erneut mit Verfügung vom 07.11.2023 (BI. 246).
Gemäß § 48 Abs. 6 S. 3 RVG kann das Gericht die Wirkungen des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war, wenn Verfahren verbunden wurden und der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet worden ist. § 48 Abs. 6 S. 1 RVG legt fest, dass ein bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung oder Beiordnung erhält.
Im vorliegenden Fall erfolgte die Bestellung des Verteidigers jeweils rechtzeitig vor einer Verbindung der Verfahren. In allen Fällen, in denen nicht über eine Beiordnung entschieden wurde, wurde der Antrag schon überhaupt nicht dem Gericht zur Entscheidung zugeleitet, obwohl § 141 Abs. 1 StPO eine unverzügliche Entscheidung über den Antrag anordnet.
Der Verteidiger hat auch in sämtlichen Verfahren Tätigkeiten erbracht. Hierzu wird auf die Schriftsätze des Verteidigers vom 14.11.2023 und 17.11.2023 Bezug genommen.
Einsender: RA H. Terjung, Köln
Anmerkung: Aufgehoben durch LG Siegen, Beschl. v. 19.02.2024 - 10 Qs 4/24
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