Gericht / Entscheidungsdatum: AG Konstanz, Beschl. v. 22.05.2024 - OWi 52 Js 22028/22
Eigener Leitsatz:
Nur wenn die Stundensätze eines Privatgutachters ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Stundensatz abweichen, bedarf es einer besonderen Darlegung der Notwendigkeit.
Amtsgericht Konstanz
Kostenfestsetzungsbeschluss
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Konstanz am 22. Mai 2024 beschlossen:
Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Konstanz vom 08.05.2023 aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen des Betroffenen pp. werden auf 2.945,11 € (in Worten: zweitausendneunhundertfünfundvierzig 11/100 Euro) festgesetzt.
Gründe:
Die Grundgebühr VV 5100 RVG ist zwar bei beiden Rechtsanwälten entstanden, erstattungsfähig ist sie jedoch nur einmal.
Ein notwendiger Anwaltswechsel, welcher den doppelten Ansatz der Gebühr rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich. Allein ein für den Betroffenen unerfreulicher Verfahrensablauf erfüllt nicht das Kriterium der Notwendigkeit.
Die Kosten des Privatgutachtens sind vorliegend hingegen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach erstattungsfähig.
Die Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach wurde von der Vertreterin der Staatskasse zugestanden.
Streitig ist die Höhe der Kosten des Gutachtens. Die Vertretein der Staatskasse sieht eine Erstattungsfähigkeit lediglich in den Grenzen des JVEG und beruft sich insoweit auf einen Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 09.05.2023.
In dem zitierten Fall wurde das Gutachten offenbar erst während des gerichtlichen Verfahrens von dem Betroffenen in Auftrag gegeben, ohne dass dem Gericht durch Anträge oder Anregungen Gelegenheit gegeben wurde, durch eigene Aufträge/Ermittlungen kostensparender zu agieren.
Vorliegend liegt der Fall jedoch so, dass das Gutachten bereits vor Übergang in das gerichtliche Verfahren vom Betroffenen in Auftrag gegeben wurde mit der Intention ein gerichtliches Verfahren gerade vermeiden zu können.
Nur wenn die Stundensätze des Privatgutachters ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Stundensatz abweichen, bedarf es einer besonderen Darlegung der Notwendigkeit (BGH, Beschluss vom 25.01.2007 - VII ZB 74/06; OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2015 - I - 17 W 64/15).
Nach der Anlage 1 (Ziff. 37) zu § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG beträgt der Stundensatz vorliegend 135,00 EUR, geltend gemacht wurden vorliegend 168,00 E, somit ca. 24 % mehr.
In Anbetracht dessen, dass es dem Betroffenen kaum möglich gewesen wäre, einen Sachverständigen zu finden der bereit gewesen wäre, für den im JVEG vorgesehenen Stundensatz zu arbeiten - der Betroffene hat sogar eine Erklärung des Sachverständigen zu dieser Problematik vorgelegt - erscheinen die in Ansatz gebrachten Kosten nicht unangemessen. Eine „ganz erhebliche Abweichung" wird nicht gesehen.
Einsender: RA A. Gratz, Bous
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