Gericht / Entscheidungsdatum: AG Schweinfurt, Beschl. v. 27.12.2024 - 6 Ds 2 Js 9719/23
Eigener Leitsatz:
Auch für den Pflichtverteidiger, der dem Beschuldigten nur für die Vertretung in einem Termin zur Eröffnung eines Haftbefehls beigeordnet worden ist, entstehen die Grundgebühr und die jeweilige Verfahrensgebühr.
Amtsgericht Schweinfurt
6 Ds 2 Js 9719/23
In dem Strafverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt
wegen Urkundenfälschung gern. § 267 Abs. 1 StGB
erlässt das Amtsgericht Schweinfurt durch den Richter am Amtsgericht pp. am 27. Dezember 2024 folgenden
Beschluss
Über den Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 31.07.2024 hinaus, werden weitere an den Pflichtverteidiger pp. aus der Staatskasse zu zahlende Gebühren und Auslagen in Höhe von 491,47 € festgesetzt.
Gründe:
Rechtsanwalt pp. beantragte mit Schriftsatz vom 22.04.2024 für die Vertretung des Angeklagten im Termin zur Haftbefehlseröffnung am 21.04.2024 insgesamt Gebühren in Höhe von 761,93 €. Mit dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 31.07.2024 wurden Gebühren in Höhe von 270,46 € festgesetzt. Dem Verteidiger wurden keine Gebühren nach Nr. 4100, 4101, 4106, 4107 und 7002 VV RVG zugesprochen. Gegen diesen Beschluss legte der Verteidiger am 01.08.2024 Erinnerung ein.
Die vom Verteidiger beantragten Gebühren sind vollständig begründet.
Die Grundgebühr nach Nr. 4100 und 4101 fällt an, für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106, 4107 entsteht für den ersten Rechtszug, also das Betreiben des Geschäfts, einschließlich der Information. Es ist strittig, ob diese Gebühren auch bei einem Pflichtverteidiger anfallen, der bloß die Vertretung im Termin zur Eröffnung des Haftbefehls wahrnimmt und im sonstigen Verfahren nicht mehr als Verteidiger auftritt (zum Streitstand siehe Knaudt in BeckOK RVG 65. Edition, Stand 01.09.2024, RVG VV 4100 Randnr. 1.1. zu den Nachweisen der verschiedenen Gerichtsentscheidungen). Die befürwortende Ansicht erscheint jedoch überzeugender. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich der Pflichtverteidiger in den Einzelfall einarbeiten muss, auch wenn er nur in einem einzelnen Termin auftritt (siehe dazu OLG Bamberg, Beschluss vom 21.12.2010, Az.: 1 WS 700/10). Wenn der Verteidiger sich nicht in den Einzelfall einarbeiten würde, wäre eine vernünftige Vertretung in dem Termin schlichtweg nicht möglich. Auf diese Weise würde der Sinn der Vertretung durch einen Pflichtverteidiger ausgehöhlt.
Weitergehend ist auch die Pauschale für Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 anzusetzen. Alleine die Teilnahme am Haftbefehlseröffnungstermins bedarf einer vorherigen Kommunikation per Telekommunikation. Insofern ist der Gebührentatbestand erfüllt. Eine Begründung, warum dies nicht der Fall sein sollte, ist nicht ersichtlich. Daher kann der Verteidiger die Grundgebühr, die Verfahrensgebühr, jeweils mit Zuschlag, sowie die Pauschale für Post- und Telekommunikation abrechnen (siehe dazu OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.06.2023, Az.: 1 WS 105/23).
Es ergeben sich daher noch folgende zusätzliche Gebührentatbestände:
Nr. 4100, 4101 VV RVG: 216,00
Nr. 4106, 4107 VV RVG: 177,00
Nr. 7002 VV RVG: 20,00
zzgl. Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG: 78,47 €
Gesamtbetrag: 491,47
Einsender: RA P. Meyer, Lichtenau
Anmerkung:
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