Gericht / Entscheidungsdatum: LG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 9. 2006, IV Qs 66/06
Eigener Leitsatz: Die Gebühr Nr. 4141 Anm. 1 Ziffer 3 Vv RVG entsteht auch dann, wenn nach Aussetzung einer früheren Hauptverhandlung die neu anzuberaumende Hauptverhandlung entbehrlich wird. Honoriert wird in diesem Fall, dass die neue Hauptverhandlung nicht vorbereitet und/oder nicht durchgeführt werden muss.
LANDGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS
IV Qs 66/06
30 Js 8279/04
In der Strafsache
gegen pp.
w e g e n unerlaubten Entfernens vom Unfallort
hat die IV. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf durch die Richter am Landgericht auf die sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts in Ratingen vom 20.06.2006 - Az. 22 Cs 30 Js 8279/04 (125/05) - nach Anhörung des Bezirksrevisors am 25.09.2006
beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert und danach zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Nach dem rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Ratingen vom 13.01.2006 - Az. 22 Cs 30 Js 8279/04 (125/05) - werden die der Betroffenen gemäß § 467a StPO aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 927,24 festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die von der Betroffenen zu tragende Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Die Betroffene trägt die Hälfte der gerichtlichen Auslagen des Beschwerdeverfahrens sowie die Hälfte ihrer in dem Beschwerdeverfahren angefallenen notwendigen Auslagen. Die andere Hälfte ihrer notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
Die Betroffene rügt mit der als sofortige Beschwerde auszulegenden Erinnerung vom 28.06.2006 zu Recht, dass die Gebühr Nr. 4141 W RVG nicht festgesetzt worden ist. Durch die Zustimmung der Betroffenen zur Rücknahme des Strafbefehlsantrages (§§ 303, 411 Abs. 3 StPO) ist die Hauptverhandlung im Sinne des Gebührentatbestandes Nr. 4141 W RVG entbehrlich geworden.
Der Entstehung der Gebühr steht entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors nicht entgegen, dass es bereits zu einer Hauptverhandlung gekommen war. Anders als im Fall einer Klagerücknahme während laufender Hauptverhandlung oder während einer Unterbrechung hätte vorliegend - nach Aussetzung der Hauptverhandlung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens - die Hauptverhandlung in vollem Umfang erneut durchgeführt werden müssen (§ 229 Abs. 4 S. 1 StPO). Nr. 4141 W RVG stellt nicht auf einen ersten Hauptverhandlungstermin ab. Vielmehr entsteht die Gebühr auch, wenn nach Aussetzung einer früheren Hauptverhandlung die neu anzuberaumende Hauptverhandlung entbehrlich wird. Honoriert wird in diesem Fall, dass die neue Hauptverhandlung nicht vorbereitet und/oder nicht durchgeführt werden muss (Burhoff, RVG, Nr. 4141 W Rn. 19 Sachverhalte Ziffern 4 und 5 m.w.N.).
Die Vermeidung der Hauptverhandlung beruht auch auf der anwaltlichen Mitwirkung des Verteidigers, der die Betroffene vor dem Hintergrund der
Rücknahme des Strafbefehlsantrags der Staatsanwaltschaft letztlich dahin beraten hat, auf die Durchführung der Hauptverhandlung, die nach Lage der Akten zu einem Freispruch geführt hätte, zu verzichten und der Klagerücknahme zuzustimmen.
Der Ausschlusstatbestand Nr. 4141 Abs. 3 W RVG, wonach die Gebühr nicht entsteht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers nicht ersichtlich ist, greift nicht ein. Der Verteidiger hat das Verteidigungsvorbringen bereits in der Begründung der erfolgreichen Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis dargestellt, die Betroffene in der Hauptverhandlung vom 25.07.2005 begleitet und beraten sowie zu dem nach Aussetzung des Verfahrens eingeholten Sachverständigengutachten Stellung genommen. Dass er dabei - mangels Kenntnis der Rücknahme des Strafbefehlsantrags durch die Staatsanwaltschaft - zunächst die Anberaumung eines neuen Hauptverhandlungstermins beantragt hat, ändert nichts daran, dass er das Verfahren durch die Stellungnahme zu dem Gutachten und - nach Kenntnis von der Rücknahme des Strafbefehlsantrags - durch Beratung der Angeklagten zur Frage der Zustimmung zur Klagerücknahme gefördert hat.
Die zusätzliche Gebühr ist nach Nr. 4141 Abs. 3 S. 2 W RVG allerdings nur in Höhe der Mittelgebühr von 165,00 gerechtfertigt. Im Hinblick auf die darüber hinaus geforderten 45,00 war die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde auch, soweit sie sich gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 4106 W RVG auf 150,00 richtet. Nachdem der Verteidiger die angemessene Verfahrensgebühr mit der dem ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag vom 11.02.2006 zu Grunde liegenden Rechnung Nr. 0600055 auf 150,00 bestimmt hat, ist er hieran entsprechend § 130 Abs. 1 S. 1 BGB gebunden (Burhoff, RVG, Teil B § 14 Rn. 14 Rn. 47 ff.).
Unbegründet ist die Beschwerde schließlich, soweit Fahrtkosten des Verteidigers verfolgt werden. Diese sind gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO in
Verbindung mit § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines auswärtigen Anwaltes zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Dass die in Ratingen wohnhafte Betroffene eine Arbeitsstelle in Duisburg hat, machte es nicht notwendig, auch einen Verteidiger aus Duisburg zu beauftragen.
Die notwendigen Auslagen waren danach wie folgt festzusetzen:
Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 180,00E
Verfahrensgebühr Nr. 4106 W RVG 150,00
Termins gebühr Nr. 4108 W RVG 250,00
Zusatzgebühr Nr. 4141 VV RVG 165,00
Post- und Telekommunikation Nr. 7003 W RVG 20,00
Dokumentenpauschale Nr. 7002 VV RVG 24,00
Zwischensumme 789,00
Mehrwertsteuer 126,24
915,24
Auslagen für Akteneinsicht
112,:00 927,24
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.
Einsender: Dipl.Rpfl. Jochen Volpert, Willich
Anmerkung:
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