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RVG Entscheidungen

§ 61

Pflichtverteidigerbeiordnung nach dem 1. 7. 2004

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 23. 2. 2005, 3 KLs 314 Js 51988/03

Fundstellen:

Leitsatz: Ist der Rechtsanwalt bereits vor dem 1. 7. 2004 als Wahlanwalt tätig gewesen, aber erst ab dem 1. 7. 2004 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden, findet das RVG Anwendung.


Beschluss
der 3. Großen Strafkammer vom 23.02.2005
In der Strafsache
gegen pp.
deutscher Staatsangehöriger
Verteidiger: Rechtsanwalt M.S., Dresden
wegen räuberischer Erpressung u.a.
hier: Kostenfestsetzung
wird auf die Erinnerung des Verteidigers des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 19.01.2005 die aus der Staatskasse an Herrn Rechtsanwalt M.S. Dresden, zu zahlende Vergütung auf 1.305,63 EIIR
festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 19.01.2005 als sofortige Beschwerde bezeichnete Erinnerung ist zulässig und begründet. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Be¬schluss richtet sich die von der Staatskasse zu beanspruchende Vergütung nach dem RVG.
Die Erinnerung ist nach § 56 Abs. 1 RVG zulässig. Die Bezeich¬nung der Erinnerung als "sofortige Beschwerde" ist unschädlich. Über die Erinnerung ist durch die Kammer zu entscheiden (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., § 56 Rn. 2).
Für das Verfahren - wie auch für die Höhe der festzusetzenden Vergütung des Herrn Rechtsanwalt M.S. (s. unter II.) ist das RVG anzuwenden.
a) Welches Recht anwendbar ist, wenn die Mandatierung als Wahlverteidiger zu einem Zeitpunkt erfolgte, als altes Recht galt und die Pflichtverteidigerbeiordnung erst nach neuem Recht erfolgte, war hinsichtlich der Novellierung der BRAGO
(§ 134 BRAGO) streitig. Teilweise (OLG Dresden, Beschluss des 1. Strafsenats vom 05.03.1998, 1 ARs 240/97; OLG Bamberg, JurBüro 1989, 965) wurde dazu vertreten, dass altes Recht anzuwenden ist, sofern die Mandatierung als Wahlverteidiger vor dem Stichtag lag. Auf die nach dem Stichtag erfolgte Beiordnung als Pflichtverteidiger käme es nicht an. Die überwiegende Recht¬sprechung und Literatur hat demgegenüber auf den Zeitpunkt der Beiordnung als Pflichtverteidiger abgestellt, so dass in den Fällen, in denen die Pflichtverteidigerbestellung nach dem Stichtag erfolgt ist, neues Recht anzuwenden sei (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 134 Rn. 15 m.w.N. ) .
b) Die im RVG enthaltene Übergangsvorschrift des § 60 RVG ist wortgleich mit der seinerzeitigen Übergangsvorschrift in der BRAGO (§ 134 BRAGO). Trotz des übereinstimmenden Wortlautes ist aber zu beachten, dass der Gesetzgeber zur Begründung der Übergangsvorschrift in der Bundestagsdrucksache 15/1971 zu § 60 RVG-E ausführt:

"Die vorgeschlagene Vorschrift übernimmt die Dauer der Übergangsregelung des § 134 BRAGO. Sind mehrere der in Abs. 1 Satz 1 genannten Tatbestände erfüllt, soll für die Frage, welches Vergütungsrecht Anwendung findet, der Zeitpunkt ausschlaggebend sein, an dem erstmals einer der Tatbestände erfüllt ist. Wird beispielsweise der unbe¬dingte Prozessauftrag vor dem Stichtag erteilt, soll die Vergütung nach dem bisherigen Recht zu berechnen sein, auch wenn die Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe erst nach dem Stichtag erfolgte. Legt jedoch der Wahl¬verteidiger sein Mandat nieder und wird er anschließend zum Pflichtverteidiger bestellt, liegt hinsichtlich der Pflichtverteidigervergütung kein Zusammentreffen mehrerer Tatbestände im Sinne des Satzes 1 vor. Erfolgt die Pflichtverteidigerbestellung nach dem Stichtag, soll die Pflichtverteidigervergütung nach neuem Recht berechnet werden. Dies soll auch für Tätigkeiten vor dem Stichtag gelten, wobei diese nach § 48 Abs. 5 RVG-E zu vergüten sind. Eine Aufspaltung der Vergütung könnte bei einer Veränderung des ab Geltungsbereich einzelner Gebühren zu massiven Problemen bei der Gebührenbemessung führen. Weder diese Übergangsvorschrift noch § 134 BRAGO gelten jedoch für die Übergangsfälle aufgrund des Inkrafttretens dieses Gesetzes für diese Fälle sieht § 61 RVG-E eine ei¬gene Übergangsregelung vor."

In der Begründung zu § 61 RVG-E wird weiter ausgeführt:
"Abs. 1 der für das Inkrafttreten dieses Gesetzes vorge¬schlagenen Übergangsvorschrift entspricht im Grundsatz dem vorgeschlagenen § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG-E. Inso¬weit wird auf die dortige Begründung verwiesen. ..."

Diese im Gesetzesentwurf enthaltenen Übergangsvorschriften sind unveränderter Fassung in Kraft getreten.
Bei dieser Sachlage ist zwar festzustellen, dass der Wort¬laut der maßgeblichen Übergangsvorschrift in § 61 Abs. 1 RVG weiterhin eine Interpretation in dem Sinne zulässt, dass als Anknüpfungspunkt die unbedingte Auftragserteilung einerseits oder die gerichtliche Bestellung oder Beiordnung anderer¬seits möglich ist. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich allerdings zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber allein auf den 7eitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung abstellen wollte. Selbst wenn dies im Wortlaut der (übernommenen) Übergangsvorschrift nicht zum Ausdruck kommt, so ist der Wille des Gesetzgebers doch bei der gebotenen Auslegung zu berücksichtigen, so dass allein auf die Pflichtverteidigerbestellung abzustellen ist. Der vom OLG Dresden (a.a.O.) favorisierten systematischen Auslegung kommt in Bezug auf den (eindeutig) formulierten Willen des Gesetzgebers nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Auf diese Argumentation kann daher ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Mandatierung als Wahlverteidiger nicht gestützt werden.

Ist daher die Pflichtverteidigerbestellung - wie vorliegend - nach dem Stichtag, dem 01.07.2004, erfolgt, so ist das RVG anwendbar (vgl. KG Beschluss vom 17.01.2005 2 StE 10/03-2 veröffentlicht bei www.burhoff.de).
Die mit Antrag vom 28.02.2004 begehrte Höhe der festzuset¬zenden Vergütung ist nicht zu beanstanden.


......
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 56 Abs. 2 RVG.

Einsender: RA Michael Stephan, Dresden

Anmerkung: Der Beschluss ist rechtkräftig. Das OLG Dresden hat durch Beschluss vom 4. 4. 2005 ( 2 Ws 161/05) die Beschwerde der Staatskasse aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung verworden.


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