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Gericht / Entscheidungsdatum: LG Zweibrücken, Beschl. v. 12. 2. 2008, Qs 68/07
Fundstellen:
Leitsatz:
Die Gebührenbemessung eines Rechtsanwalts darf nur dann als unbillig korrigiert werden, wenn sie auch deutlich unbillig hoch ist. Qs 68/07 Landgericht Zweibrücken Beschluss In dem Strafverfahren
wegen gefährlicher Körperverletzung, hier: sofortige Beschwerde des früheren Angeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Landstuhl vom 19. April 2007 (Az.: 4106 Js 15584/06.Ds), hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht die Richterin am Landgericht und den Richter am Landgericht am 12. Februar 2008 beschlossen: 1. Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Landstuhl vom 19. April 2007 werden die dem früheren Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen wie beantragt auf 618,70 Euro zzgl. 19 % Umsatzsteuer = 117,55 Euro Endsumme: 736,25 Euro festgesetzt. Die noch zusätzlich festgesetzten Kosten sind ab Antragseingang mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Antragsteller insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse. Gründe: Durch rechtskräftiges Urteil vom 20. März 2007 hat das Amtsgericht Landstuhl den früheren Angeklagten vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen und seine notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt. Mit Kostennote vom 28.03.2007 war beantragt, folgende Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen:
Die Rechtspflegerin setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. April 2007 lediglich einen Erstattungsbetrag von gesamt 577,09 Euro (nebst 5 % Zinspunkten über dem Basiszinssatz seit 28.03.2007) fest. Fahrtkosten, Abwesenheitsgelder, Kopien sowie Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen blieben danach unbeanstandet. Allerdings wurde ein Abschlag in Höhe von 25 % auf die jeweilige Mittelgebühr vorgenommen unter Hinweis auf die Kriterien des § 14 RVG. So wurde die Grundgebühr zurückgeführt auf 123,75 Euro, die Verfahrensgebühr auf 105, Euro sowie die Terminsgebühr auf 172,50 Euro. Den Abschlag hat die Rechtspflegerin damit begründet, dass der Fall weder rechtlich noch tatsächlich besondere Schwierigkeiten aufweise und auf den Beschluss vom 09. Februar 2007 hingewiesen, mit dem der Amtsrichter mit gleichlautender Begründung eine Pflichtverteidigerbestellung abgelehnt hatte. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem rechtzeitig eingelegten, zulässigen Rechtsmittel und begehrt Festsetzung wie beantragt. Sein Rechtsmittel hat den begehrten Erfolg. Zu Recht wendet sich der Verteidiger dagegen, dass der vorgenommene Abschlag in Höhe von 25 % von der jeweiligen Mittelgebühr in dem angefochtenen Beschluss mit der Argumentation verknüpft ist, mit der die Bestellung eines Pflichtverteidigers abgelehnt worden war. Die Frage der Notwendigkeit der Mitwirkung eines Rechtsanwalts als Kriterium für eine Pflichtverteidigerbestellung ist ohne Bedeutung für die Frage der Notwendigkeit der Erstattbarkeit von Auslagen. Weiter ist moniert, dass die Rechtspflegerin sich nicht auf die Überprüfung beschränkt hat, ob die angesetzten Mittelgebühren unbillig i.S.d. § 14 Abs. 1 RVG waren, was nach Auffassung der Verteidigung nicht der Fall ist. Zu Recht weist der Verteidiger auf sein Bestimmungsrecht gemäß § 14 Abs. 1 RVG hin. Es ist zunächst seine Aufgabe, die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu bestimmen, wobei die von ihm bestimmte Gebühr verbindlich ist, wenn sie billigem Ermessen entspricht (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Rdnr. 5 zu § 14 RVG). Ob dies der Fall ist, unterliegt der Wertung. Es ist daher nicht möglich, im Einzelfall einen nach Euro und Cent genau bezifferten Betrag auf den als einzigen dem billigen Ermessen unterliegenden Betrag zurückzuführen. Die Bestimmung darf daher nur auf Ermessensmissbrauch nachgeprüft werden. Maßgebend sind stets die Umstände des Einzelfalles, wobei zu beachten ist, dass das grundsätzliche Gebührenbestimmungsrecht eines Anwalts nicht dadurch nahezu ausgehöhlt werden darf, dass eine Gebührenbemessung schon dann als unbillig korrigiert wird, wenn sie lediglich gut bemessen ist (vgl. Madert, a.a.O.). Die Gebühr muss also deutlich unbillig hoch sein. Wegen der Schwierigkeit zu bestimmen, wann eine Rahmengebühr unbillig ist, und wann mit der Aufzählung der Umstände, die einerseits für die Erhöhung, andererseits für eine Ermäßigung der Gebühr sprechen, der Praxis nicht geholfen ist, weil ihr ein Ansatzpunkt fehlt, hat die Praxis sich diesen Ansatzpunkt mit der sogen. Mittelgebühr geschaffen, worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist. Als weiteres Korrektiv hinzu kommt das Abstellen auf Toleranzgrenzen (vgl. Madert, a.a.O., Rdnr. 12). In der Praxis hat sich die Faustregel herausgebildet, dass ein anwaltlicher Ansatz, der um etwa 20 % von der Vorstellung des Gerichts abweicht, noch nicht als unbillig anzusehen ist (vgl. ständige Rechtsprechung der 1. Strafkammer des Landgerichts, MDR 1992, 196 m.w.N.). Nach dieser Faustregel liegen die anwaltlich bestimmten Gebühren bei dem maßgeblichen Gesamtbetrag der geforderten Gebühren mit 21,61 % geringfügig über den zu tolerierenden Abweichungen. (Geltend gemacht 618,70 Euro; zuerkannt 448,95 Euro; Differenz 133,75 Euro = 21,61 %.) Diese Prozentmethode ist keine absolute Rechengröße. Auch hier können noch im Rahmen des Ermessens geringfügige Abweichungen bis zu 5 % toleriert werden (vgl. LG Zweibrücken a.a.O.). Die Abweichung ist hier hinzunehmen. Eigene Ermessenserwägungen sind daneben nicht angebracht. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung liegen die beantragten Gebühren insgesamt noch innerhalb der Toleranzgrenze. Nachdem das Rechtsmittel Erfolg hatte, beruht die Kostenentscheidung auf §§ 473 i.V.m. 467 StPO.
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