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RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Rahmengebühr; OWi-Verfahren; Mittelgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Viechtach, Beschl. v. 16. 5. 2008, 7 II OWi 00720/08

Leitsatz: In Verkehrsordnungswidrigkeitensachen ist bei der Bemessung der Gebühren nicht immer von einer unter-halb der Mittelgebühr liegenden Gebühr auszugehen. Abzustellen ist vielmehr u.a. auf die drohende Punkte im Verkehrszentralregister, eine etwaige Vorbelastung, ein drohendes Fahrverbot bzw. Fahrerlaubnisentzug und etwaige Schadensersatzansprüche sowie das Angewiesensein des Betroffenen auf die Fahrerlaubnis.


AMTSGERICHT VIECHTACH
Geschäftsnummer: 7 II OWi 00720/08
BESCHLUSS
vom 16. 5. 2008
Az der Bußgeldbehörde: ...
in der Bußgeldsache
gegen pp.
wegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung
I.
Der Kostenfestsetzungsbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Poli-zeiverwaltungsamt wird aufgehoben, soweit die über 62,00 Euro hinausgehende Auslagenforderung des Betroffene als unbillig zurückgewiesen wurde.
II.
Die dem Betroffenen zu erstattenden Auslagen werden auf 98,00 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückge-wiesen.
III.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse zu 33% und der Betroffene zu 67% mit Ausnahme der Gerichtsgebühr, die d. Betroffenen trägt. Die Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.

Gründe:
I.
Der Betroffene erhielt von der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwal-tungsamt (ZBS) den Bußgeldbescheid vom 28. 1. 2008, mit welchem gegen den Be-troffenen wegen Nichteinhaltens der Schrittgeschwindigkeit in einem verkehrsberu-higtem Bereich eine Geldbuße in Höhe von 15,00 Euro festgesetzt worden ist.
Auf den Formulareinspruch des Verteidigers hat die Verwaltungsbehörde das Verfah-ren eingestellt.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß §§ 108 Abs. 1 Nr. 2, 62 OWiG zulässig. Insbesondere ist die zweiwöchige Frist des § 108 Abs. 1 Satz 2 OWiG ein-gehalten.
III.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zum Teil begründet.
Ausgangspunkt für die Festsetzung der Verteidigervergütung gemäß Nr. 5100 ff VV RVG ist die jeweilige Mittelgebühr (vgl. Baumgär-tel/Föller/Hergenröder/Houben/Lompe, RVG, 7. Auflage 2005, Anm. Vorbemerkung 5 VV RVG; Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage, 2005, Rdnr. 5 zu Nr. 5100 VV RVG; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, 16. Aufl. 2004, Rdnr. 13 ff. zu Nr. 5100 ff. VV RVG). Die Ansicht, dass bei Verkehrsordnungswidrigkeiten immer von einer unter-halb der Mittelgebühr liegenden Gebühr auszugehen sei, ist seit der Einführung des RVG überholt. Mit dem RVG wurden für den Bereich der Ordnungswidrigkeiten eige-ne Gebührentatbestände eingeführt, die Rahmengebühren vorsehen, die mit Aus-nahme der Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG nach der Höhe der verhängten, bzw. im Gesetz vorgegebenen Geldbuße gestaffelt sind. Lediglich der jeweilige Ge-bührenrahmen knüpft an die Höhe der Geldbuße an.
In einem weiterem Schritt bestimmt der Rechtsanwalt seine Gebühren nach den in § 14 RVG vorgegebenen Kriterien unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzel-falls, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen.
Die Bestimmung der Gebühren durch den Rechtsanwalt ist für Dritte, die die Gebühr zu ersetzen haben, nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).
Die Höhe der im Bußgeldbescheid verhängten Geldbuße sagt bei Verkehrsord-nungswidrigkeiten in der Regel nicht viel über die Bedeutung der Angelegenheit aus, da die Geldbußen meistens im unteren Bereich angesiedelt sind. In erster Linie wer-den bei Verkehrsordnungswidrigkeiten Einsprüche gegen Bußgeldbescheide einge-legt wegen den mit der Geldbuße verbundenen Punkten im Verkehrszentralregister im Hinblick auf ein zukünftig drohendes Fahrverbot oder Fahrerlaubnisentzug durch die Verwaltungsbehörde, wegen eines verhängten Fahrverbots oder zur Abwehr oder Vorbereitung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche. Von Bedeutung ist insbe-sondere auch, ob der Betroffene beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist.
Diese Besonderheit der Verkehrsordnungswidrigkeiten rechtfertigt es nicht, grund-sätzlich von einer geringen Bedeutung auszugehen. Hätte der Gesetzgeber dies be-absichtigt, hätte er bei der den Gebührenrahmen jeweils bestimmenden Höhe der Geldbußen stärker differenziert und nicht, wie geschehen, Geldbußen von 40 bis 5000 Euro in einem Gebührentatbestand zusammengefasst. Bei der Beurteilung der Bedeutung einer Angelegenheit ist vielmehr der Besonderheit der Angelegenheit und der besonderen Umstände Rechnung zu tragen, die gerade für die Bedeutung dieser Angelegenheit ausschlaggebend sind. Abzustellen ist somit bei Verkehrsordnungs-widrigkeiten auf die drohenden Punkte im Verkehrszentralregister, eine etwaige Vor-belastung, ein drohendes Fahrverbot bzw. Fahrerlaubnisentzug und etwaige Scha-densersatzansprüche sowie das Angewiesensein des Betroffenen auf die Fahrer-laubnis. Für den vorliegenden Fall gilt unter Berücksichtigung dieser Umstände fol-gendes:
Die Bedeutung der Angelegenheit war unterdurchschnittlich.
Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit waren unterdurchschnittlich.
Unterdurchschnittliche Bedeutung sowie unterdurchschnittlicher Umfang und Schwie-rigkeit der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigen lediglich einen Ansatz unterhalb der Mittelgebühr.
Der Verteidiger hat keinen Anspruch auf die begehrte Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 VV RVG. Eine Mitwirkung bei der Einstellung des Verfahrens liegt nicht vor. Diese ist insbesondere nicht in der Einlegung des Einspruchs ohne Begründung zu sehen. Die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG ist eine Erfolgsgebühr. Der Erfolg muss gerade durch die Mitwirkung des Verteidigers eingetreten sein (Hartmann, Kostenge-setze, 34. Auflage, VV RVG 5115, Rdnr. 1). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Das Verfahren wurde ausschließlich von Amts wegen eingestellt. Würde die Gebühr in vorliegendem Fall zugesprochen, würde dies zu dem sachwidrigen Ergebnis führen, dass die Gebühr ohne weiteres Engagement des Verteidigers in allen Verfahren ab-gerechnet werden könnte.
Die festzusetzenden Gebühren errechnen sich nach Vorgesagtem wie folgt:
Grundgebühr (Nr. 5100 W RVG) 40,00 EUR
Verfahrensgebühr (Nr. 5103 W RVG) EUR
zusätzliche Gebühr (Nr. 5115 W RVG) EUR
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 16,00 EUR
Schreibauslagen (Nr. 7000 VV RVG) 2,00 EUR
Verfahrensgebühr (Nr. 5101 VV RVG) 40,00 EUR
16% USt (Nr. 7008 VV RVG) EUR
Akteneinsichtspauschale EUR

Gesamtbetrag 98,00 EUR
Da im Ausgangsbescheid lediglich 62,00 EUR festgesetzt wurden, war die Differenz zu den vorstehend errechneten Gebühren in Höhe von 36,00 EUR zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 62 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 473 Abs. 4 StPO.

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