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Leitsatz: Der gesetzliche Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers umfasst auch die auf die Aktenversendungspauschale entfallende Umsatzsteuer.
In pp. Gründe Das AG ordnete die Bf. am 03.07.2008 dem Angekl. als Pflichtverteidigerin bei und verurteilte den Angekl. mit seit demselben Tage rechtskräftigen Urteil. Am 15.07.2008 beantragte die Bf. ihre Gebühren und Auslagen als Pflichtverteidigerin festzusetzen. Geltend gemacht wurde u.a. ein Betrag in Höhe von 12,00 EUR, den die Bf. an die Landesjustizkasse gezahlt hatte, weil am 02.05.2008 die Akten an ihre Kanzlei versandt worden waren, einschließlich der auf diesen Betrag entfallenden Mehrwertsteuer. Unter dem 20.08.2008 setzte das AG die an die Bf. zu zahlenden Vergütung auf 629,55 EUR fest. Abgesetzt wurde lediglich die Mehrwertsteuer auf die Aktenversendungspauschale mit der Begründung, eine Umsatzsteuerpflicht liege erst dann vor, wenn die Kosten an den Mandanten weiterbelastet würden. Im Fall der Erstattung der verauslagten Aktenversendungspauschale aus der Staatskasse gäbe es diese Weiterbelastung an den Mandanten nicht. Somit könne auch keine Umsatzsteuer anfallen bzw. aus der Staatskasse erstattet werden. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung wurde mit Beschluss des AG vom 29.12.2008 zurückgewiesen, die Beschwerde wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die seitens der Bf. form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat das LG am 28.01.2009 als unbegründet verworfen, weil es sich bei dem Geschäft um kei-nen umsatzpflichtigen Vorgang gehandelt habe. Komme es wegen der Pflichtverteidigung nicht zu einer Weiterbelastung an den Mandanten, sondern ersetze die Staatskasse die vom Pflicht-verteidiger für die Aktenversendung verauslagten Gebühren, liege kein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft vor. Das LG hat die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen. Gegen diesen ihr am 13.02.2009 zugestellten Beschluss wendet sich die Bf. mit der weiteren Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des LG und zur Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschluss des AG vom 20.08.2008.
Aus den Gründen: Die statthafte (§ 56 II 1, 33 VI 1 RVG) und auch im übrigen zulässige weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 33 VI 2 RVG, 546 ZPO), soweit die von der Bf. beantragte Festsetzung der Mehrwertsteuer auf die Aktenversendungspauschale unterblieben ist. Denn es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Rechtsanwalt als Wahl-verteidiger oder Pflichtverteidiger seine entsprechende Rechnung stellt. 1. Ausgangspunkt für die Abrechnung verauslagter Beträge ist Vorbemerkung 7 I VV RVG. Danach kann der Anwalt verauslagte Aufwendungen (§§ 675 i.V.m. 670 BGB) dem Auftraggeber in Rechnung stellen. Grundlage für die Inrechnungstellung der Umsatzsteuer ist Nr. 7008 VV RVG. Danach hat der Anwalt seinem Auftraggeber die Umsatzsteuer, die das Finanzamt von ihm auf seine Vergütung erhebt, in Rechnung zu stellen. Entscheidend ist die tatsächliche Umsatzsteuerpflicht der anwaltlichen Tätigkeit. Muss der Anwalt Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, kann und muss er sie dem Mandanten in Rechnung stellen. Ist demgegenüber der Mandant Kostenschuldner der vom Anwalt vorgelegten Beträge, sind diese nicht mit Umsatzsteuer zu belegen. Es handelt sich dabei lediglich um durchlaufende Posten nach § 10 I 6 UStG, die der An-walt seinem Mandanten umsatzsteuerfrei in Rechnung stellen kann. Ein durchlaufender Posten nach § 10 I 6 UStG liegt dann vor, wenn der Unternehmer, der die Beträge vereinnahmt oder verauslagt hat, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion einer Mittels-person ausübt, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben. Weiterhin darf er nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet sein (vgl. Verfügung OFD Karlsruhe vom 15.08.2007, DStR 2007, 1728). Hinsichtlich der Ge-richtsgebühr (§§ 22 ff. GKG) ist der jeweilige Mandant Schuldner der Gerichtskosten, insoweit handelt es sich für den Anwalt um durchlaufende Posten, die nicht zu versteuern sind. Anders verhält es sich dagegen bei den Kosten einer Aktenversendung nach Nr. 9003 KV GKG. Die Auslagen nach Nr. 9003 KV GKG schuldet nur, wer die Versendung oder die elektronische Übermittlung der Akte beantragt hat (§ 28 II GKG). Dies ist der Verteidiger, also auch der Pflichtverteidiger (vgl. Hartmann KostG 37. Aufl. § 28 Rn. 6; Gerold/Schmidt RVG 18. Aufl. VV 7008 Rn. 12-16; Burhoff RVG 2. Aufl., VVR 7008 Rn. 20; sowie die informative Darstellung der gesamten Problematik bei Schneider, Umsatzsteuer auf Auslagen des Rechtsanwalts in: DStR 2008, 759 ff.). Zutreffend weist Schneider (aaO.) daraufhin, dass das Recht auf Akteneinsicht auch der Partei zustehen und von ihr geltend gemacht werden kann. Die Partei hat jedoch kein Recht darauf, dass die Akten an sie versendet werden. Diese Leistung erbringt das Gericht ausschließlich gegenüber dem Anwalt, so dass dieser auch Kostenschuldner wird, wenn er die Akten zur Einsichtnahme in seiner Kanzlei anfordert (vgl. OFD Karlsruhe, aaO.). Somit ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV GKG Kostenschuldner der Anwalt ist. Auf diese Auslagen ist Umsatzsteuer zu erhe-ben, die der Anwalt dem Mandanten in Rechnung stellen muss. Die Umsatzsteuerpflicht ergibt sich aus § 1 I Nr. 1 UStG. Danach unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird. 2. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, hierbei den Pflichtverteidiger anders zu behandeln als den Wahlverteidiger. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Sinn der Pflichtverteidigung ist es nicht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen. Vielmehr besteht ihr Zweck ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG NJW 1985, 727 ff.). Die Bestellung und die Abberufung des Pflichtverteidigers sind richterliche Verfügungen. Sie gleichen nach Inhalt und Qualität einem begünstigenden Verwaltungsakt und seinem Widerruf (vgl. BVerfG NJW 1975, 1015 ff.). Grundlage der anwaltschaftlichen Tätigkeit des Pflichtverteidigers ist der öffentlichrechtliche Bestellungsakt des Gerichts. Hierdurch wird auch ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Pflichtverteidiger und dem Beschuldigten bzw. Angeklagten begründet (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 785 f.). Die Pflichtverteidigung dient nämlich nicht allein dem öffentlichen Interesse an der geordneten Durchführung eines Strafverfahrens, sondern auch dem Interesse des Beschuldigten an einer wirksamen Verteidigung (Meyer-Goßner StPO 51. Aufl., § 140 Rn 1 m.w.N.). Im Gegenzug gegen diese Inanspruchnahme im öffentlichen Interesse erhält der Pflichtverteidiger einen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse (§§ 45 III 1, 48 V RVG). Nur in den Ausnahmefällen des § 52 RVG hat der Pflichtverteidiger daneben auch einen Vergütungsanspruch gegen den Beschuldigten oder Angeklagten. Daher hat der Pflichtverteidiger einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse auf seine gesetzliche Vergütung nach dem RVG. Diese besteht aus Gebühren und Auslagen (§ 1 I RVG). Daher hat auch der Pflichtverteidiger einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG (vgl. KK-Laufhütte StPO 6. Aufl. § 140 Rn. 30 m.w.N.). Der Pflichtverteidiger hat seine Vergütung nicht gegenüber dem Beschuldigten bzw. Angeklagten abzurechnen, sondern vielmehr durch Antrag bei dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs geltend zu machen (§§ 45 Abs. III 3, 55 I 1 RVG). Diese gerichtliche Geltendmachung der Gebühren eines Pflichtverteidigers ist umsatzsteuerrechtlich nichts anderes als die Rechnungstellung an den Mandanten. Denn andernfalls würde die Landeskasse auch nicht die Umsatzsteuer auf die Gebühren aus Teil 4 VV RVG schulden, worauf die Bf. zutreffend hinweist. Nach alledem waren die aus der Staatskasse an die Pflichtverteidigerin zu zahlenden Gebühren um einen Betrag von 2,28 EUR (19 % aus 12,00 EUR) zu erhöhen. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 II 2 und 3 RVG.
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