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Leitsatz: Das RVG findet auf die Vergütung des nach § 397a Abs. 2 StPO beigeordneten Bei-standes des Nebenklageberechtigten nur dann Anwendung, wenn dieser seine Tä-tigkeit nach dem In-Kraft-Treten des RVG aufgenommen hat und nicht schon dann, wenn er erst nach diesem Zeitpunkt vom Gericht beigeordnet wurde.
hier nur betreffend das Verfahren über die Festsetzung der Vergütung der Nebenklä-gervertreterin, hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 13. Juni 2005 beschlossen: Die weitere Beschwerde der Rechtsanwältin G. R. aus Berlin gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 10. Februar 2005 wird verworfen.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe: I. Rechtsanwältin R. vertrat die Geschädigte I. in dem vorliegenden Verfahren an-waltlich aufgrund der Strafprozeßvollmacht vom 24. Juli 2003. Das Amtsgericht Tier-garten in Berlin ließ die Geschädigte mit Beschluß vom 21. Juni 2004 als Nebenklä-gerin zu (§ 395 Abs. 1 Nr. 1 c StPO) und bewilligte ihr durch Beschluß vom 24. Au-gust 2004 gemäß § 397 a Abs. 2 StPO Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin R.. Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 25. August 2004 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung.
Mit ihrem Antrag vom 30. August 2004 begehrte Rechtsanwältin R., die ihr aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen nach §§ 2, 14,45 Abs. 1, 55 Abs. 1 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), das gemäß Art. 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsge-setz KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 850) als dessen Art. 3 (BGBl. I S. 788) am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist, in Höhe von 824,88 EUR festzusetzen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts setzte die Vergütung demgegenüber nach dem alten Recht (BRAGO) rechnerisch richtig auf 410,76 EUR fest. Die Erinnerung der Rechtsanwältin (§ 56 Abs. 1 Satz 1 RVG) verwarf das Amtsgericht durch Beschluß vom 16. Dezember 2004 als unbegründet. Das Landge-richt Berlin verwarf die dagegen rechtzeitig erhobene befristete Beschwerde (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Sätze 1, 3 RVG) mit dem angefochtenen Beschluß (§ 33 Abs. 8 Satz 2 RVG) vom 10. Februar 2005. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließ die Strafkammer die weitere Beschwerde gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG zu.
1. Mit Recht hat das Landgericht den vorliegenden Fall der nach dem Stichtag (1. Juli 2004) erfolgten Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Hinzuziehung eines bereits zuvor mandatierten Rechtsanwalts (§ 397 a Abs. 2 StPO) abweichend von den Fäl-len beurteilt, in denen ein vormals als Wahlverteidiger tätiger Rechtsanwalt dem An-geklagten nach dem Stichtag gemäß § 141 Abs. 1 StPO zum Pflichtverteidiger be-stellt worden ist.
a) Betreffend die letztgenannte Konstellation hat der Senat in seinem Beschluß vom 11. Februar 2005 5 Ws 656/04 (RVGreport 2005, 186) seine Rechtsprechung zu § 134 BRAGO für den Fall des § 61 Abs. 1 RVG nicht mehr aufrechterhalten und sich insoweit der neuen Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Kammergerichts in dessen Beschluß vom 17. Januar 2005 (1) 2 StE 10/03-2 (4/03) (RVGreport 2005, 100), dem OLG Schleswig (NJW 2005, 234) sowie dem OLG Hamm (Beschluß vom 10. Januar 2005 2 (s) Sbd. VIII 267, 268 und 269/04 veröffentlicht in www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/20.htm) angeschlossen. Danach bemißt sich in jenen Fällen die Pflichtverteidigervergütung nach dem neuen Gebührenrecht des RVG. Die Mandatsniederlegung ist die zwingende Voraussetzung für die Bestellung des vorher aufgrund eines Wahlmandates tätigen Rechtsanwalts zum Pflichtverteidi-ger nach § 141 Abs. 1 StPO, weil danach die Bestellung nur erfolgt, wenn der Be-schuldigte noch keinen Verteidiger hat. Mit ihr endet das zivilrechtliche Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis (§ 675 BGB) des Rechtsanwalts und gibt einer öffentlich-rechtlichen Bestellung Raum, auf deren (alleiniger) Grundlage der Pflicht-verteidiger arbeitet. Die gerichtliche Bestellung zum Verteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken (vgl. BVerfGE 39, 238, 241 = NJW 1975, 1015).
Die mit der Mandatsniederlegung und dem öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt ein-tretende Änderung der Rechtsgrundlage des Verteidigungsverhältnisses rechtfertigt es, die Bestellung als maßgebliches Anknüpfungsmerkmal dafür anzusehen, ob altes oder neues Gebührenrecht anzuwenden ist.
b) Eine solche oder vergleichbare Änderung des Rechtsgrundes der Tätigkeit des Rechtsanwalts ist mit dessen Beiordnung im Rahmen der Nebenklage nach § 397 a Abs. 2 StPO, der nicht auf § 141 StPO, sondern auf die Regeln der Prozeßkostenhil-fe der §§ 114 ff. ZPO verweist, nicht verbunden. Abweichend von der Pflichtvertei-digerbestellung nach § 141 Abs. 1 StPO setzt die Beiordnung eines von dem Neben-kläger bereits beauftragten Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nach § 397 a Abs. 2 StPO gerade keine Mandatsniederlegung voraus. Anerkannt ist insoweit, daß die Beiordnung allein einen Vertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Prozeßkostenhil-feberechtigten nicht begründen kann, es vielmehr für die Vertretung des Berechtigten durch den Rechtsanwalt noch eines entsprechenden Auftrages bedarf (vgl. BGHZ 60, 255, 258), so daß die Beiordnung auf ein wie vorliegend bereits bestehendes Mandat keine grundsätzliche Auswirkung hat.
Eine Mandatsniederlegung hat die Beschwerdeführerin im übrigen weder ausdrück-lich noch schlüssig erklärt oder angekündigt.
c) Bleibt aber das zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen Nebenkläger und Rechtsanwalt von der Beiordnung des Rechtsanwalts in der unter b) erörterten Ver-fahrenskonstellation unberührt, so entfällt der erste der beiden in § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG genannten Anknüpfungspunkte, nämlich der Zeitpunkt der Übernahme des Wahlmandats, gerade nicht, so daß er weiter zu beachten ist. Diese Auffassung, die auch vom OLG Köln in seinem Beschluß vom 18. Februar 2005 2 ARs 28/05 (RVGreport 2005, 141, 142) vertreten wird, berücksichtigt auch die gesetzgeberi-schen Vorstellungen, wie sie in den Materialien zum Gesetzentwurf (BT-Drucksache 15/1971, S. 203, 204) zum Ausdruck gebracht worden sind. Dort heißt es zu den (in unveränderter Fassung in Kraft getretenen) §§ 60, 61 RVG-E:
Zu § 60 ( ) Sind mehrere der in Absatz 1 Satz 1 genannten Tatbestände erfüllt, soll für die Frage, welches Vergütungsrecht Anwendung findet, der Zeitpunkt ausschlaggebend sein, an dem erstmals einer der Tatbestände erfüllt ist. Wird beispielsweise der un-bedingte Prozessauftrag vor dem Stichtag erteilt, soll die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen sein, auch wenn die Beiordnung im Rahmen der Prozesskos-tenhilfe erst nach dem Stichtag erfolgt. Legt jedoch der Wahlverteidiger sein Mandat nieder und wird er anschließend zum Pflichtverteidiger bestellt, liegt hinsichtlich der Pflichtverteidigervergütung kein Zusammentreffen mehrerer Tatbestände im Sinne des Satzes 1 vor. Erfolgt die Pflichtverteidigerbestellung nach dem Stichtag, soll die Pflichtverteidigervergütung nach neuem Recht berechnet werden. ( )
zu § 61
Absatz 1 der für das Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgeschlagenen Übergangsvor-schrift entspricht im Grundsatz dem vorgeschlagenen § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG-E. Insoweit wird auf die dortige Begründung verwiesen. ( ) (Hervorhebungen durch den Senat).
Damit ist an den zeitlich ersten Tatbestand anzuknüpfen. Die Mandatierung der Be-schwerdeführerin erfolgte hier am 23. Juli 2003, mithin vor dem Stichtag, so daß die Kostenfestsetzung zutreffend nach altem Recht (BRAGO) vorgenommen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.
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