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In der Strafsache gegen B und andere, hier nur gegen
S, geboren am x in x, wohnhaft in x, x,
hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 30. Juli 2008 beschlossen:
1. Die sofortige Beschwerde des Freigesprochenen gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Landge-richts Berlin vom 8. April 2008 über die Festset-zung der Wahlverteidigergebühren des Rechtsanwalts Dr. B wird mit der Maßgabe verworfen, dass die not-wendigen Auslagen des Freigesprochenen auf 2.581,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2008 festge-setzt werden.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 55.185,-- EUR fest-gesetzt.
G r ü n d e :
Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten durch rechtskräfti-ges Urteil vom 21. März 2007 freigesprochen und seine notwen-digen Auslagen der Landeskasse Berlin auferlegt. Der Freige-sprochene hat die Festsetzung der Kosten des Wahlverteidigers Rechtsanwalt Dr. B in Höhe von 57.766,45 EUR beantragt. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat durch den angefochtenen Be-schluss die notwendigen Auslagen des Freigesprochenen in Höhe von 2.481,45 EUR festgesetzt. Die hiergegen gerichtete, zuläs-sige sofortige Beschwerde des Freigesprochenen hat lediglich einen geringen Teilerfolg.
1. Die Rechtspflegerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG die Wahlverteidigervergütung nach dem Gebührenrecht der BRAGO zu berechnen ist, weil die Ertei-lung der Vollmacht am 21. Februar 2003 und damit vor dem 1. Juli 2004 erfolgte. Es handelt sich bei dem vorgerichtlichen und dem gerichtlichen Verfahren um "dieselbe Angelegenheit" im Sinne von §§ 13 BRAGO, 15 RVG. Danach erhält der Rechtsanwalt, welcher in einer Angelegenheit tätig geworden ist und sodann beauftragt wurde, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre, so dass sich die Vergütung einheitlich nach dem bei der Vollmachterteilung geltenden Recht richtet.
a) Zwar hat der Gesetzgeber die Frage, ob es sich bei dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und dem anschließenden Hauptverfahren um dieselbe Angelegenheit handelt, in dem RVG nicht eindeutig geregelt. Weder in § 16 RVG, der für eine Reihe von Fällen bestimmt, wann eine Angelegenheit vorliegt, noch in den §§ 17, 18 RVG, die die Fälle auflisten, in denen dies nicht der Fall ist sowie in denen besondere Angelegenheiten vorliegen, findet sich eine entsprechende Regelung für das Verhältnis zwischen dem Ermittlungsverfahren und dem gericht-lichen Verfahren. Nach der Intention des Gesetzes sollten je-doch mit § 16 RVG bestimmte Tätigkeiten einer Angelegenheit zugerechnet werden, bei denen es ohne diese Vorschrift zumin-dest zweifelhaft wäre, ob sie eine gemeinsame Angelegenheit bilden (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl., § 16 Rdn. 1). Offenbar sah der Gesetzgeber im Hinblick auf die bereits zu der Zeit der BRAGO herrschende Auffassung, in Strafsachen sei dasselbe Strafverfahren stets dieselbe Angele-genheit (vgl. Madert in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 15 Rdn. 14), keinen Anlass zur Klarstellung. Die Regelungen in § 17 Nr. 10 und 11 RVG zeigen vielmehr, dass (lediglich) in den Fällen, in denen sich an das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ein Bußgeldverfahren oder an das Strafverfahren ein Verfahren über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung anschließt, verschiedene Angelegenheiten vorliegen. Bereits aus der Exis-tenz dieser Regelungen ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber im Übrigen von der Vorstellung ausging, dass das gesamte Strafverfahren eine Einheit bildet. Erst mit Übergang in das Bußgeldverfahren oder in das nachträgliche Siche-rungsverwahrungsverfahren, welches erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens aufgrund einer neuen Antragsschrift der Staatsanwaltschaft eingeleitet wird, entsteht eine neue Angelegenheit.
Der Senat folgt daher der Auffassung des Oberlandesgerichts Saarbrücken (vgl. Beschluss vom 15. Dezember 2006 1 Ws 249/06 - ), wonach es sich bei dem Ermittlungsverfahren und dem gerichtlichen Strafverfahren um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 13 Abs. 5 Satz 1 BRAGO handelt.
Die in der Literatur vereinzelt vertretene abweichende Auf-fassung (vgl. Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., Angelegenheiten §§ 15 ff Rdn. 17 f, S. 41 unter Aufga-be der in der Vorauflage vertretenen Ansicht; Schneider in Anwaltskommentar, RVG 3. Aufl., VV 7001-7002 Rdn. 33 jeweils mit weit. Nachw.) überzeugt hingegen nicht. Die in diesem Zu-sammenhang teilweise zitierte Rechtsprechung (LG Düsseldorf, VRR 2006, 357; AG Düsseldorf VRR 2006, 399) betrifft einen anderen Sachverhalt, nämlich den Übergang in das gerichtliche Verfahren nach dem Erlass eines Bußgeldbescheids durch eine Verwaltungsbehörde, und ist schon deshalb mit der vorliegen-den Fallkonstellation nicht vergleichbar. Das in der Litera-tur angeführte Argument, die Regelung der Gebühren in ver-schiedenen eigenständigen Verfahrensabschnitten spreche für verschiedene Angelegenheiten, übersieht schon, dass das Ge-setz sorgfältig zwischen dem umfassenden Begriff der "Angele-genheit" und eines Teils davon - nämlich dem "Verfahrensab-schnitt" innerhalb einer Angelegenheit - differenziert. Die Unterteilung einer Angelegenheit in verschiedene kleinere Untereinheiten besagt aber nichts über den Umfang der Angele-genheit als solcher und steht der Gleichsetzung der Begriffe Angelegenheit und Verfahrensabschnitt gerade entgegen. Zudem hat der Senat bereits entschieden, dass es sich bei dem Er-mittlungsverfahren um keinen eigenen Verfahrensabschnitt im Sinne des § 58 Abs. 3 RVG handelt (Beschluss vom 15. Juli 2008 1 Ws 124/08 -). Als Verfahrensabschnitt ist der In-stanzenzug anzusehen, wobei das Ermittlungsverfahren und das Verfahren des ersten Rechtszug als Einheit gelten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. November 2007 3 Ws 320/07 ). Dies folgt in erster Linie aus der historischen Auslegung der Vor-schrift. § 58 Abs. 3 RVG ist an die Stelle des § 101 Abs. 1 und 2 BRAGO getreten, wonach die Anrechnung von Zahlungen für die "Tätigkeit in der Strafsache" erfolgte (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Diese im Wortlaut sehr weite Anrechnungsmöglichkeit wurde nach allgemeiner Auffassung dahingehend ausgelegt, dass Zahlungen auf in der gleichen Instanz entstandenen Gebühren angerechnet wurden, wobei das Ermittlungsverfahren als Teil des erstinstanzlichen Rechtszuges angesehen wurde (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 15. Aufl., § 101 Rdn. 3 mit weit. Nachw.). Mit der Ein-führung des § 58 Abs. 3 RVG war durch den Gesetzgeber keine inhaltliche Änderung der Absätze 1 und 2 des § 101 BRAGO be-absichtigt. Das neue Gesetz sollte lediglich die Regelung des § 101 Abs. 1 und 2 BRAGO in redaktionell angepasster Form übernehmen (BT-Drucksache 15/1971 S.203).
Dass es sich bei dem vorbereitenden Verfahren und dem ge-richtlichen Verfahren in anderen Verfahrensarten, wie zum Beispiel in zivil- oder verwaltungsrechtlichen Verfahren, teilweise um verschiedene Angelegenheiten handelt, ist für das Strafverfahren ohne Bedeutung. Denn es besteht zwischen dem Ermittlungsverfahren und dem gerichtlichen Strafverfahren eine engere Bindung als sonst zwischen außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren. Während sonstige außergerichtliche Verfahren darauf abzielen, die Sache endgültig und möglichst ohne gerichtliche Hilfe abzuschließen, soll das Ermittlungs-verfahren, wenn sich ein hinreichender Tatverdacht für eine strafbare Handlung ergibt, in das gerichtliche Strafverfahren münden (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 17 Rdn. 60).
Die Argumentation des Verteidigers, bereits aus der Voll-machtsurkunde vom 21. Februar 2003 ergebe sich, dass ihm le-diglich "in dem Ermittlungsverfahren", also nur für dieses und nicht für das Hauptverfahren Vollmacht erteilt worden sei, überzeugt nicht. Die Erteilung einer Vollmacht "im" Sta-dium des Ermittlungsverfahrens bedeutet schon nach dem Wort-laut nicht wie der Verteidiger offenbar meint eine Be-vollmächtigung (lediglich) für das Ermittlungsverfahren. Eine mögliche Vereinbarung der Beschränkung im Innenverhält-nis zwischen dem Auftraggeber und dem Bevollmächtigten vermag die wirksame Vollmacht im Außenverhältnis nicht zu begrenzen. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Selbst wenn man der Argumentation der Verteidigung folgt und zunächst eine wirk-same Bevollmächtigung nur für das Ermittlungsverfahren sowie eine erst später erfolgte Bevollmächtigung für das Hauptver-fahren zugrunde legt, ändert sich die Beurteilung wegen der eindeutigen Regelung des § 13 Abs. 5 Satz 1 BRAGO nicht.
b) Die Rechtspflegerin hat daher zu Recht die notwendigen Auslagen wie folgt festgesetzt:
Ihr ist jedoch offensichtlich bei der Addition der Beträge ein Rechenfehler unterlaufen, so dass insoweit der Beschluss zu berichtigen ist. Die Verzinsung erfolgt ab Antragseingang am 26. Februar 2008.
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