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RVG Entscheidungen

§ 46

Pflichtverteidigervergütung; Zweckmäßigkeitskontrolle, Zulässigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Karlsruhe, Beschl. v. 20.01.2010 - 3 Qs 97/09 KO

Fundstellen:

Leitsatz: Die Tätigkeit des bestellten Verteidigers ist nicht jeder Zweckmäßigkeitskontrolle entzogen. Allerdings führt dies nicht dazu, dass die Tätigkeit des bestellten Verteidigers einer umfassenden Erforderlichkeitskontrolle unterzogen wird. Eine Verweigerung der Gebührenübernahme ist vielmehr auf Ausnahmefälle beschränkt. Ein solcher Fall ist gegeben hinsichtlich des Tätigwerden des Verteidigers zwischen Einlegung und Begründung einer durch die Staatsanwaltschaft eingelegten Revision durch die Staatsanwaltschaft.


Geschäftsnummer:
3 Qs 97/09 KO
Landgericht Karlsruhe
3 Große Strafkammer
Beschluss
vom 20. Januar 2010

Beschwerdesache des pp.
wegen Raubes
Die Beschwerde des bestellten Verteidigers, Rechtsanwalt H., gegen den die Erinnerung gegen die Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 13.11.2009 wird als unbegründet verworfen.

Gründe
I.
Mit Schreiben vom 12.11.2008 legte die Staatsanwaltschaft Revision gegen ein Berufungsurteil des Landgerichts Karlsruhe - Große Jugendkammer - vom selben Tag ein, die sie noch vor deren Begründung mit weiterem Schreiben vom 21.12.2008 wieder zurücknahm. Daraufhin erlegte das Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 07.01.2009 der Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels sowie die insoweit entstandenen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auf.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vorn 06.03.2009 machte der mit Beschluss vom 16.07.2007 zum Verteidiger bestellte Rechtsanwalt H. für den Verurteilten unter anderem die Erstattung einer Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale sowie Mehrwertsteuer anlässlich dieses Revisionsverfahrens geltend. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.05.2009 lehnte das Amtsgericht Karlsruhe die Erstattung der insoweit geltend gemachten Gebühren und Auslagen ab. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten wies das Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 06.07.2009 mit der Begründung zurück, dass eine Verfahrensgebühr zwar entstanden, die Tätigkeitsentfaltung vor Revisionsbegründung jedoch zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen sei, so dass eine Erstattung seitens der Staatskasse nicht verlangt werden könne.

Mit Schreiben vom 08.07.2009 begehrte Rechtsanwalt H. die Festsetzung der geltend gemachten Gebühren und Auslagen in Höhe von 514,08 EUR im Rahmen der Pflichtverteidigervergütung. Diesen Antrag wies die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 02.09.2009, der zuständige Richter die hiergegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 13.11.2009, zugestellt am 20.11.2009, zurück. Zur Begründung führte das Amtsgericht unter Bezugnahme auf die landgerichtliche Entscheidung aus, dass eine unterschiedliche Behandlung zwischen Wahl - und Pflichtverteidiger nicht mehr nachvollziehbar sei.

Gegen diesen Beschluss vom 13.11.2009 richtet sich das am 24.11.2009 beim Amtsgericht Karlsruhe eingelegte Rechtsmittel von Rechtsanwalt H., im Pflichtverteidigerrecht käme es nicht auf die Zweckmäßigkeit einer Tätigkeit an, sondern lediglich darauf, ob eine Tätigkeit entfaltet worden sei. Eine Notwendigkeitsprüfung wie in § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO niedergelegt, gäbe es im Rahmen des Pflichtverteidigergebührenrechts nicht.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Der zulässigen Beschwerde bleibt ein Erfolg versagt.

1. Das als Beschwerde auszulegende Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 13.11.2009 ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG statthaft. Gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 RVG entscheidet das Beschwerdegericht durch den Einzelrichter. Einer Übertragung auf die Kammer bedurfte es mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG nicht.

2. Die Beschwerde ist auch zulässig, nachdem sie innerhalb der Zweiwochenfrist eingegangen und der Beschwerdewert von 200 EUR erreicht wurde, § 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG.

3. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht Karlsruhe die Festsetzung der für das durch Rücknahme beendete Revisionsverfahren geltend gemachten Gebühren und Auslagen abgelehnt.

a) Zunächst einmal gilt, dass der bestellte Verteidiger nicht besser gestellt sein darf als der Wahlverteidiger. Dies folgt zum einen aus der Verwendung des Terminus der „gesetzlichen Vergütung" in § 45 RVG. Aus diesem ergibt sich die Orientierung an der Vergütung des Wahlanwalts. Schließlich wird dies deutlich an den festen Gebührensätzen für den bestellten Verteidiger, die bei 80 % der jeweiligen Mittelgebühr der Rahmen für Wahlverteidiger liegen. Dagegen folgt aus § 48 RVG lediglich, in welchem Umfang der bestellte Verteidiger überhaupt diese gesetzliche Vergütung geltend machen kann.

b) Zuzugeben ist dem Beschwerdeführer allerdings, dass weiterhin unterschieden werden muss zwischen den Gebühren eines Wahlverteidigers, die dieser gegenüber seinem Mandanten geltend machen kann, und den Gebühren, die dieser Mandant aufgrund einer einen Dritten treffenden Kostengrundentscheidung von diesem ersetzt verlangen darf. Das über § 464a Abs.2 Nr. 2 StPO in § 91 Abs. 2 ZPO statuierte Notwendigkeitsmerkmal muss nicht zwingend bedeuten, dass der Verteidiger nicht notwendige Gebühren nicht von seinem Mandanten ersetzt verlangen darf, auch wenn dieser keinen Ersatz vom Dritten erlangen kann. Bei der Bestimmung des berechtigten Gebührenanspruchs des bestellten Verteidigers ist mithin ein Vergleich zu dem Anspruch des Wahlverteidigers gegenüber seinem Mandanten herzustellen nicht zu dem Anspruch des Mandanten gegen den gerichtlich bestimmten Kostenschuldner.

c) Aber auch unter dieser Prämisse ist die Tätigkeit des bestellten Verteidigers nicht jeder Zweckmäßigkeitskontrolle entzogen. Denn der Wahlverteidiger ist seinerseits seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, dessen Rechte derart zu verfolgen, dass möglichst geringe Kosten erwachsen. Tut er dies nicht, so kann der Mandant gegen die Honorarforderung die Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages wegen unnutz kostenaufwändiger Prozessführung einwenden, § 280 Abs. 1 BGB. Einer entsprechenden Überprüfung muss mithin auch die Staatskasse das Tätigwerden des bestellten Verteidigers unterziehen dürfen (vgl. zu alledem aus dem Zivilrecht: OLG Düsseldorf MDR 1993, 1132). Soweit ein solcher Einwand dem Mandanten verwehrt wäre, wenn er nach entsprechender Belehrung auf ein Tätigwerden bestanden hätte, kann dies im Strafrecht nicht einmal der Fall sein, weil im Gegensatz zum beigeordneten Anwalt im zivilrechtlichen Prozesskostenhilferecht zwischen dem bestellten Verteidiger und dem Angeklagten gerade kein Vertrag besteht.

d) Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass die Tätigkeit des bestellten Verteidigers einer umfassenden Erforderlichkeitskontrolle unterzogen wird. Dass dies nicht erlaubt ist, ergibt sich bereits aus einem Umkehrschluss zu § 46 RVG, der lediglich die Erstattung von Ausladen einer solch weitreichenden Überprüfung unterzieht. Eine Verweigerung der Gebührenübernahme ist vielmehr auf Ausnahmefälle beschränkt, die letztlich unabhängig von den konkreten Umständen des Falles benannt werden können müssen. Denn weder darf das Vertrauen des Mandanten in die Arbeit des ihm bestellten Verteidigers beeinträchtigt werden noch darf der Anwalt aus Angst, am Ende keinen Kostenschuldner zu haben, auf eine für sinnvoll erachtete Tätigkeit im konkreten Fall verzichten.

Ein solcher verallgemeinerbarer Fall ist vorliegend gegeben. Aus den Gründen, die die Kammer bereits im Beschluss vom 06.07.2009 dargelegt hat und auf die verwiesen wird, ergibt sich, dass grundsätzlich ein weiterführendes Tätigwerden des Verteidigers zwischen Einlegung und Begründung der Revision-durch die Staatsanwaltschaft nicht gegeben ist (im Ergebnis so schon zum alten Recht ausdrücklich: OLG Düsseldorf MDR 1990, 177).

4. Einer Kostenentscheidung bedurfte es vorliegend nicht, nachdem das Verfahren gebührenfrei ist, § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG.

5. Schließlich war die weitere Beschwerde nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 1 RVG. Die wesentlichen zur Entscheidung anstehenden Fragen waren bereits obergerichtlich geklärt.

Einsender: RA Wolfgnag Hirth, Karlsruhe

Anmerkung:


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