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RVG Entscheidungen

§ 3a

Vergütungsvereinbarung; Sittenwirdrigkeit; Angemessenheit, Stundensatz

Gericht / Entscheidungsdatum: AG München, Urt. v. 10.12.2009 - 222 C 23309/08

Fundstellen:

Leitsatz: Die Grundsätze eines sittenwidrigen Rechtsgeschäftes finden auch auf Honorarvereinbarungen von Rechtsanwälten Anwendung.
2. Zur Angemessenheit einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung.


In pp.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EURO 2.231,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.09.08 zuzüglich EURO ;272,87 vorgerichtliche Kosten zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagepartei zu 1/4, die Beklagtenpartei zu 3/4.
3.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann von dem Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.
Der Streitwert wird auf EURO ;3 000,– festgesetzt.

Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückzahlung bereits gezahlten Rechtsanwaltshonorars.
Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Der Kläger bat den Beklagten, eine Strafverteidigung für Herrn X. zu übernehmen. Dieser hatte den Kläger beauftragt, den Beklagten als Verteidiger zu gewinnen. Ein Pflichtverteidiger war Herrn X. bereits am 28.12.07 beigeordnet worden. Der Kläger, der nur unzureichend deutsch spricht, begab sich in dieser Angelegenheit am 08.01.08 in die Kanzleiräume des Beklagten und zahlte dem Beklagten nach der Unterzeichnung einer mit dem Begriff „Honorarvereinbarung“ überschriebenen Vereinbarung den bereits in einem vorherigen telefonischen Gespräch vereinbarten Betrag von € 3 000,00. Hinsichtlich des Inhalts der „Honorarvereinbarung“ wird auf die als Anlage K1 vorgelegte Vereinbarung vollumfänglich Bezug genommen.
Am 11.01.08 bestellte sich der Beklagte im Verfahren gegen X. Az. vvvvv bei der Staatsanwaltschaft . An diesem Tag fuhr der Beklagte von Grünwald in Begleitung eines Dolmetschers in die JVA Ravensburg, um mit Herrn X. das Verfahren zu besprechen, wofür der Beklagte bei einfacher Strecke von 191 Kilometern insgesamt sechs Stunden unterwegs war. Mit Schreiben vom 07.01.08 hatte der Beklagte nach einer telefonischen Vorbesprechung von 20 Minuten einen Besuchsschein für den Kläger sowie Herrn X. beantragt. Am 11.01.08 erhielt der Beklagte von der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht über 66 Seiten vorläufige Ermittlungsakte, die der Beklagte in 2 Stunden durchgearbeitete. Mit Schreiben vom 30.01.08 erstattete der Beklagte Herrn X. Bericht. Am 26.02.08 beantragte der Beklagte einen Dauerbesuchsschein für den Kläger und Herrn X. was 15 Minuten in Anspruch nahm. Am 30.01.08 beantwortete der Beklagte telefonisch Fragen der Kriminalpolizei Friedrichshafen zur Auswertung des Mobiltelefons von Herrn X. Der Beklagte beantwortete ferner die Schreiben des Herrn X. aus der Untersuchungshaft vom 06.02., 15.02. und 11.03.08. Mit Schriftsatz vom 03.03.08 beantragte der Beklagte nach einem Herzinfarkt des Herrn X. die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise seine Außervollzugsetzung, wofür insgesamt vom Beklagten 1,5 Stunden aufgewendet wurden. Am 13.03.08 wurde das Mandatsverhältnis mit dem Beklagten gekündigt.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe versprochen, Herrn X. binnen drei Monaten aus der JVA zu holen. Bedingung hierfür sei der Abschluss der Honorarvereinbarung sowie die Zahlung der € 3 000,00 in bar gewesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Honorarvereinbarung aufgrund formaler Mängel, aufgrund einer Täuschung über die Höhe der Mehrwertsteuer sowie aufgrund eines Verstoßes der Höhe nach gemäß § 138 BGB unwirksam, jedenfalls aber unangemessen hoch bemessen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 3 000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.08 so wie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 316,18 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er sei neben dem Verfahren der StA auch für das Verfahren des Landgerichts , einem Europäischen Haftbefehlsverfahren mandatiert worden, in letzterem allerdings vom Beschuldigten, Herrn X.
Der Beklagte behauptet, der Kläger habe jedenfalls freiwillig und vorbehaltlos die Pauschale für das „Vorverfahren“ geleistet, eine Rückforderung sei deshalb ausgeschlossen.
Der Kläger ist der Auffassung, die vorliegenden Umstände würden die Höhe der Vergütungsvereinbarung rechtfertigen, auch sei eine Kappung des aufgrund einer Vergütungsvereinbarung getroffenen Honoraranspruchs eines Strafverteidigers verfassungswidrig.
Ergänzend wird Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 10.02.09 sowie 10.12.09. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 02.04.09 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Rechtsanwaltskammer München. Auf das schriftliche Gutachten vom 18.06.09 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
1.
Die Honorarvereinbarung ist wirksam.
a)
Die Honorarvereinbarung entspricht den Formerfordernissen des § 4 Abs. 1 RVG a.F.
aa)
§ 4 Abs. 1 RVG a.F. bestimmt, dass Vergütungsvereinbarungen eine schriftliche Erklärung des Auftraggebers erfordern, die Erklärung nicht in der Vollmacht enthalten sein darf, die Vereinbarung als Vergütungsvereinbarung bezeichnet werden muss und von anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt sein muss. Die Vergütungsvereinbarung wurde am 08.01.08 schriftlich abgeschlossen. Sie war weder in der Vollmacht enthalten noch mit anderen Vereinbarungen verbunden, sondern als eigenständige Vereinbarung deutlich gekennzeichnet. Die Vereinbarung wurde zwar als „Honorarvereinbarung“ und nicht als Vergütungsvereinbarung bezeichnet. Nach Sinn und Zweck der Norm schadet dies jedoch nicht, da ein juristischer Laie auch bei einer Bezeichnung als Honorarvereinbarung auf den ersten Blick erkennen kann, dass es sich um eine Vergütungsvereinbarung handelt (Hartung/Römermann, Praxiskommentar zum RVG, 2004, § 4, Rnr. 95). Eine entsprechende Klarstellung erfolgte in § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG n.F.
aa)
Die Vereinbarung ist trotz des fehlenden Hinweises darauf, dass die vereinbarte Vergütung die gesetzliche Vergütung übersteigt, wirksam. Eine entsprechende Belehrungspflicht wird allenfalls dem anwaltlichen Standesrecht entnommen (Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, 2. Auflage 2006, S. 1110; Hartung/Römermann, a.a.O., Rnr. 21). Eine gesetzliche Belehrungspflicht besteht nicht. Die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung wird von der fehlenden Belehrung daher nicht berührt.
b)
Die in § 3a Abs. 1 RVG n.F. festgesetzten Formerfordernisse sind nicht anwendbar. Die in § 3a RVG n.F. aufgestellten Anforderungen, insbesondere die Pflicht zur Einbeziehung eines Hinweises auf den Umfang der Kostenerstattung im Fall des Obsiegens in die Vergütungsvereinbarung, sind nicht anwendbar. Die streitgegenständliche Vereinbarung wurde am 08.01.08 geschlossen. Anwendbar ist gem. § 60 Abs. 1 RVG lediglich das RVG in seiner bis zum 30.06.08 gültigen Fassung. Die am 01.07.08 eingeführte Vorschrift des § 3a RVG findet daher auf den vorliegenden Fall keine Anwendung.
c)
Die Vergütungsvereinbarung ist nicht nichtig gem. § 138 BGB.
aa)
Zwar ist § 138 BGB auch auf Honorarvereinbarungen anwendbar. Diese Vorschrift wird nicht durch § 4 Abs. 4 RVG a.F. als speziellerem Gesetz verdrängt. Aufgrund der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe und Rechtsfolgen entsteht kein Normenkonflikt (BGH, NJW 2005, 2142).
bb)
Ein Verstoß gegen § 138 BGB liegt vor, sofern ein krasses Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht und ein subjektives Sittenwidrigkeitsmoment wie die Ausnutzung der Unerfahrenheit oder Hilflosigkeit des anderen Vertragspartners hinzutritt (BGH, NJW 2000, 2669; Krekeler in: Widmaier, Münchner Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 1. Auflage 2006, Rn. 54). Die subjektive Tatbestandsvoraussetzung, das bewusste Ausnutzen der Überlegenheit des Anwalts zu seinem Vorteil, wird vermutet, sofern ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Anwalts und der Höhe der vereinbarten Vergütung besteht.
cc)
Auch wenn man ein solches objektives Missverhältnis hier annehmen will, sind jedoch vorliegend Umstände gegeben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Der Beklagte hat vorliegend keine Notlage des Klägers bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt. Eine Notlage bestand für den Kläger nicht, da der Kläger einerseits die Strafverteidigung durch den Beklagten nicht für sich persönlich begehrte und er zudem nach unbestrittenem Vortrag der Parteien wusste, dass Herr durch einen Pflichtverteidiger vertreten wurde. In einem solchen Fall wird die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung widerlegt (Teubel in: Mayer/Kroiß, RVG, 3. Auflage 2008, § 3a, Rn. 79). Mit der aus der rechtlichen Unerfahrenheit und des mangelnden Urteilsvermögen des Klägers resultierenden allgemeinen strukturellen Ungleichheit der Vertragsparteien lässt sich darüber hinaus keine besondere Zwangslage des Klägers im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB begründen (Krekeler, a.a.O., Rnr. 56; Teubel, a.a.O., Rn. 66 ff.).
dd)
Auch unter Berücksichtigung der übrigen Umstände ist eine Zwangslage nicht gegeben. Der Kläger nahm vielmehr nach einem telefonischen Gespräch mit dem Beklagten, das auch die Vergütungsmodalitäten beinhaltete, da der Kläger € 3 000,00 in bar mitbrachte, in Kenntnis dieser Modalitäten den nicht unerheblichen Weg zum Beklagten auf sich, um diesen als Wahlverteidiger für Herrn X. zu gewinnen. Eine Ausnutzung der sprachlichen Schwierigkeiten des Klägers liegt nicht vor. Allein dass die Honorarvereinbarung nicht übersetzt wurde, stellt kein Ausnützen dar. Sofern der Kläger etwas nicht verstanden haben sollte, hätte es ihm oblegen, insoweit nachzufragen. Soweit der Kläger behauptet, ihm sei versprochen worden, Herrn X. innerhalb von drei Monaten aus der JVA herauszuholen, wobei Bedingungen sei, die Honorarvereinbarung zu unterzeichnen und umgehend € 3 000,00 zu bezahlen, wurde dies vom Beklagten bastritten und Beweismittel hierfür vom Kläger nicht angeboten.
ee)
Auch eine Täuschung über die Höhe der anfallenden Mehrwertsteuer kann nicht angenommen werden. Zwar ist diese mit 16 % falsch angegeben. Dass dies falsch ist und offensichtlich versehentlich noch ein früherer Mehrwertsteuersatz aufgeführt ist, ist jedoch derart offensichtlich, dass eine Täuschung hierüber ausscheidet.
d)
Die Honorarvereinbarung ist ausreichend bestimmt. Für die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung ist weiterhin erforderlich, dass sie bestimmt genug ist und damit ohne Schwierigkeiten eine ziffernmäßige Bestimmung der Vergütung zulässt. Vorliegend war lediglich der Posten für Fahrten mit dem Pkw sowie sonstigen Reisekosten, Auslagen, Tagegeldern, Abwesenheitsgeldern, Schreib-, Kopier- und Portokosten bei Abschluss der Vereinbarung noch offen. Dadurch wird die Leistung jedoch nicht unbestimmt. Es reicht vielmehr aus, wenn die Gegenleistung bestimmbar ist (BGH, NJW 2005, 2143).
2.
Die vereinbarte Vergütung ist jedoch unangemessen hoch, so dass das Honorar gem. § 4 Abs. 4 RVG a.F. herabzusetzen war.
a)
Kriterien und Zeitpunkt der Feststellung der Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung:§ 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. räumt dem Richter das Recht ein, eine vereinbarte Vergütung, die unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch ist, herabzusetzen. Im Rahmen des § 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. sind alle Umstände zu berücksichtigen, wobei es für die Beantwortung der Frage, ob die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, es nicht darauf ankommt, was bei Vertragsschluss vorauszusehen war, sondern die spätere Entwicklung zu berücksichtigen ist (BGH, a.a.O.). Maßgebliche Kriterien sind die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber, das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Anwalt angestrebt hat, sowie die gesetzlichen Gebühren (BGH, a.a.O.).
b)
Tatsächliche Vermutung bei Überschreitung um mehr als das Fünffache der gesetzlichen Höchstgebühren: Es spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch und das Mäßigungsgebot verletzt ist, wenn ein Rechtsanwalt bei einer Strafverteidigung eine Vergütung vereinbart, die mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt (BGH, a.a.O.).
c) Gegenstand der Prüfung gem. § 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. ist lediglich das Honorar, das für die Tätigkeit des Beklagten außerhalb des Hauptverfahrens („Vorverfahren“) vereinbart wurde. Da das Mandat vorzeitig beendet wurde, ist hier zu prüfen, welcher Teil des vereinbarten Pauschalhonorars dem Verteidiger nach § 628 Abs. 1 BGB zusteht. Nur wenn der dem Rechtsanwalt zustehende Teil die gesetzliche Vergütung immer noch wesentlich übersteigt, kommt eine Herabsetzung gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. in Betracht, da § 628 BGB gegenüber § 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. vorrangig ist (BGH, a.a.O., m.w.N.). Eine Kürzung dieser Pauschale gemäß § 628 S. 1 BGB kommt jedoch nicht in Betracht, da eine Ersparnis des mit diesem Pauschalhonorar abzugeltenden Arbeitsuafwands infolge der vorzeitigen Kündigung des Mandanten nicht ersichtlich ist. Gegenstand der Prüfung ist damit nicht die Vereinbarung eines Pauschalbetrags in Höhe von € 3 000,00 für jeden Verhandlungstag, sondern nur die für die Tätigkeit des Beklagten außerhalb des Hauptverfahrens vereinbarte Pauschale in Höhe von € 3 000,00 zzgl. Mehrwertsteuer i.H.v. derzeit 19 % zzgl. den gesetzlichen Gebühren, da in der Honorarvereinbarung vereinbart wurde, dass die Pauschale neben den gesetzlichen Gebühren anfällt, und zzgl. Reisekosten u.ä., welche ebenfalls vereinbart wurden.
d)
GegenüberstellungDas vereinbarte Honorar ist damit den gesetzlichen Höchstgebühren wie folgt gegenüber zu stellen: Vereinbartes HonorarDies setzt sich zusammen aus der
-
Pauschale i.H.v. € 3 000,00
-
den vereinbarten und angefallenen Fahrtkosten in Höhe von € 114,60
-
und den gesetzlichen Gebühren, die sich nach eigener Berechnung des Beklagten und gemäß Gutachten der Rechtsanwaltskammer wie folgt zusammensetzen:
-
Grundgebühr mit Zuschlag Nr. 4101 VV, 20 % über MG € 243,00
-
Verfahrensgebühr mit Zuschlag Nr. 4105 VV, 20 % über MG € 205,50
-
Postpauschale Nr. 7002 VV € 20,00
-
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV bis 8 Std. € 35,00
-
Kopierkosten Nr. 7000 VV, 66 Seiten € 27,40
€ 3 645,50
zzgl. 19 % MwSt € 692,65
€ 4 338,15
Gesetzliche Höchstgebühren:
-
Grundgebühr mit Zuschlag Nr. 4101 € 375,00
-
Verfahrensgebühr mit Zuschlag Nr. 4105 € 312,50
€ 687,50
zzgl. MwSt € 130,62
€ 818,12
Stellt man das vereinbarte Honorar in Höhe von € 4 338,15 den gesetzlichen Höchstgebühren in Höhe von € 818,12 gegenüber, ergibt dies eine 5,3-fache Überschreitung. Dabei sind bei den gemäß Vereinbarung neben der Pauschale anfallenden gesetzlichen Gebühren die angemessenen Gebühren einschließlich Zuschlägen und nicht z.B. die Mittelgebühr anzusetzen. Etwas Derartiges ist der Vereinbarung nicht zu entnehmen. Vielmehr heißt es dort nur, dass neben der Pauschale auch die gesetzlichen Gebühren anfallen, so dass diese zu berechnen sind, wie sie auch ohne Honorarvereinbarung angefallen und berechnet worden wären. Dass dies wie oben ausgeführt erfolgt wäre, ergibt sich auch schon daraus, dass die gesetzlichen Gebühren vom Beklagten selbst in der Klageerwiderung vom 17.10.08 wie oben dargestellt berechnet wurden. Auch das eingeholte Gutachten der Rechtsanwaltskammer zur Frage der Höhe der angemessenen gesetzlichen Gebühren gelangt zu dem Ergebnis, dass gesetzliche Gebühren i.H.v. € 768,15 angemessen sind.
e)
Verfassungsrechtliche Bedenken
Solche bestehen gegen die Annahme einer tatsächlichen Vermutung nicht. Als Eingriff in die Berufsfreiheit des Anwalts (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), ist eine verfassungskonforme Auslegung geboten, die den Abschluss von Vergütungsfreiheit als Teilbereich der Berufsausübungsfreiheit nur einschränkt, soweit dies zum Schutz der Recht suchenden vor einer Übervorteilung durch überhöhte Vergütungssätze und zur Wahrung des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität der Anwaltschaft geboten ist (BVerfG NJW 20076, 979). Dabei ist die Annahme einer tatsächlichen Vermutung dann, möglich, wenn diese erschüttert werden kann (BVerfG, Beschluss vom 15.06.2009, Az 1 BvR 1342/07). Denn auch bei einer mehrfachen Überschreitung der gesetzlichen Vergütung ist das schutzwürdige Vertrauen des Mandanten, dann nicht beeinträchtigt, wenn die vereinbarte Vergütung im konkreten Fall gleichwohl angemessen ist.
f)
Nachweis der Angemessenheit durch den Beklagten
Diese Vermutung, dass angesichts dieser 5,3-fachen Überschreitung die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, kann durch den Rechtsanwalt entkräftet werden, wenn ganz ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände dargelegt werden, die es als möglich erscheinen lassen, dass die Vergütung unter Berücksichtigung aller im Rahmen von § 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. relevanten Faktoren nicht als unangemessen hoch anzusehen ist (BGH, a.a.O.).Diesen Nachweis hat der Beklagte hier jedoch nicht geführt. Es wurden von ihm keine ganz ungewöhnlichen, geradezu extremen Umstände dargelegt, die die vereinbarte Vergütung als nicht unangemessen erscheinen lassen. An diesen Anforderungen ist mit der Rechtsprechung des BGH auch festzuhalten. Zwar handelt es sich um sehr hohe Anforderungen, an denen möglicherweise auch vom BGB in Zukunft nicht in vollem Umfang festgehalten werden wird (BGH, Urteil v. 12.02.09, Az. IX ZR 73/08), es besteht jedoch hier kein Anlass, von der bisherigen, nach wie vor gültigen Rechtsprechung abzuweichen. Zudem führen die vom Beklagten geschilderten erschwerenden Umstände, dass zur Verständigung ein Dolmetscher benötigt wurde und der Beschuldigte schwer krank und damit besonders haftempfindlich war, allenfalls zu einer leicht überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Beschuldigten sowie einem leicht überdurchschnittlichen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Auch der Arbeitsaufwand des Beklagten ist nach Auffassung des Gerichts, das selbst über einen längeren Zeitraum als Strafrichterin in Verfahren, auch in Haftsachen und in Verfahren vor dem Schöffengericht, wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz tätig war, als durchschnittlich anzusehen. Das Gericht schließt sich insoweit auch vollumfänglich, den Ausführungen des Sachverständigen an, von dem nachvollziehbar dargelegt wurde, dass die Bedeutung der Angelegenheit, Umfang und Schwierigkeit leicht überdurchschnittlich, der Arbeitsaufwand als jedenfalls durchschnittlich anzusehen ist. Dabei war ausschließlich die Tätigkeit des Beklagten im Verfahren der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigen. Gemäß der Honorarvereinbarung erfolgte eine Mandatierung durch den Kläger nur im Verfahren der . Eine Mandatierung auch für das Verfahren des Landgerichts , einem Europäischen Haftbefehlsverfahren, erfolgte gemäß der Honorarvereinbarung nicht. Darüber hinaus erfolgte auch nach dem Vortrag des Beklagten selbst insoweit die Mandatserteilung durch den Beschuldigten, Herrn X. selbst, so dass die Tätigkeit insoweit im Verhältnis zum Kläger bei dieser Entscheidung keine Rolle spielen kann.
g)
Herabsetzung auf € 768,15
Gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 RVG a.F. ist damit das Honorar auf den angemessenen Betrag herabzusetzen. Hierfür war vom Gericht gem. § 4 Abs. 4 S. 2 RVG ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer zu erholen. Nach dem erstatteten Gutachten ist insgesamt ein Honorar in Höhe von € 768,15 angemessen. Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht aus o.g. Gründen vollumfänglich an.
h)
Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB
Da der Beklagte vom Kläger € 3 000,00 erhalten hat, hat der Kläger den über € 768,15 hinausgehenden Betrag ohne Rechtsgrund geleistet, so dass der Kläger gegen den Beklagten einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von € 2 231,85 hat.
3.
Aufrechnung
Aus den genannten Gründen scheidet eine Aufrechnung mit den gesetzlichen Gebühren, auch aus dem Verfahren des LG , aus.
4.
Nebenforderungen
a)
VerzugszinsenVerzugszinsen sind erst ab Rechtshängigkeit gem. § 291 BGB geschuldet, da die Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 – 3 BGB nicht schlüssig vorgetragen wurden. Ein Vortrag zu vorgerichtlicher Zahlungsaufforderung und Mahnung o.ä. erfolgte nicht.
b)
Außergerichtliche RechtsanwaltskostenDie Vereinbarung einer unangemessen hohen Vergütung stellt eine Nebenpflichtverletzung durch den Beklagten dar, so dass außergerichtliche Rechtsanwaltskosten als Rechtsverfolgungskosten aus § 280 BGB geschuldet sind. Die Geltendmachung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr ist unter Berücksichtigung, dass es sich hierbei um den Mittelwert handelt und unter Berücksichtigung der Angelegenheit nach Auffassung des Gerichts angemessen, § 287 ZPO. Eine Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer hierzu war nicht erforderlich.
II. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
III. Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der Vollstreckung gegen den Beklagten auf § 709 ZPO, hinsichtlich der Vollstreckung gegen den Kläger auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
IV. Streitwertfestsetzung
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO. Die hilfsweise erklärte Aufrechnung hatte gem. § 45 Abs. 1 S. 2 und S. 3 GKG keine Auswirkung auf die Streitwertfestsetzung.

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