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Amtsgericht Herford Beschluss In dem Bußgeldverfahren gegen Verteidiger: wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit hier: Befristete Erinnerung des Verteidigers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 21.06.2010 hat das Amtsgericht in Herford am 17. Februar 2011 durch den Richter am Amtsgericht K. beschlossen: Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.06.2010 wird dahin abgeändert, dass dem früheren Betroffenen aus der Landeskasse gemäß § 467 StPO ein weiterer Betrag von 20,-- Euro (Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, insgesamt also 23,80 Euro zu erstatten ist. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.
Gründe: la Mit Bußgeldbescheid der Stadt Herford vom 27.04.2009 Az.: 087.90626.4 wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 70, Euro festgesetzt. Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, am 11.02.2009 gegen 14.01 Uhr als Fahrer eines Pkw mit Kennzeichen außerhalb einer geschlossenen Ortschaft in Herford auf der Löhner Straße die durch Verkehrszeichen angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 22 km/h überschritten zu haben. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde im Rahmen einer mobilen Geschwindigkeitskontrolle durch einen Radarmeßwagen der Stadt Herford festgestellt. Von dem Fahrzeug und dem Fahrer wurde ein Frontfoto" gefertigt. Das Fahrzeug wurde nicht angehalten. Im Laufe der Ermittlungen kam die Stadt Herford zu dem Ergebnis, der Betroffene komme als Fahrer des Pkw in Betracht. Mit Schreiben vom 19.03.2009 übersandte die Stadt Herford dem Betroffenen daraufhin einen Anhörungsbogen, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Tatvorwurf zu geben: Auf dieses Schreiben reagierte der Betroffene nicht. Anschließend kam es zum Erlass des Bußgeldbescheides. Nach Zustellung des Bußgeldbescheides schaltete der Betroffene seinen Verteidiger ein, der mit Schreiben vom 12.05.2009 rechtzeitig Einspruch einlegte. In dem Einspruchsschreiben erfolgte keine Begründung. Der Verteidiger beantragte lediglich Akteneinsicht. Nachdem der Verteidiger Akteneinsicht bekommen hatte, teilte er mit Schreiben vom 27.05.2009 mit, der Betroffene sei nicht gefahren. Ein Mitarbeiter des Straßenverkehrsamtes könne bestätigen, dass es sich bei dem abgebildeten Pkw-Fahrer nicht um den Betroffenen handele. Auf diese Argumentation ging der zuständige Sachbearbeiter der Bußgeldstelle jedoch nicht ein. Er hielt den Tatvorwurf aufrecht und gab anschließend die Akten über die Staatsanwaltschaft Bielefeld an das Amtsgericht Herford ab. Im Hauptverhandlungstermin vom 15.01.2010 sprach das AG Herford den Betroffenen von dem Tatvorwurf aus tatsächlichen Gründen frei, Es ließ sich nämlich nicht ausschließen, dass ein Bruder des Betroffenen, der ihm sehr ähnlich sah, den Pkw zum Vorfallzeitpunkt gefahren hatte. In dem Urteil wurden die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Landeskasse auferlegt. Dieses Urteil ist seit dem 26.02.2010 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 05.03.2010 beantragte der Verteidiger eine Kostenfestsetzung zu Lasten der Staatskasse in Höhe von insgesamt 789,27 Euro. In seinem Antrag brachte er dabei zweimal die Telekommunikationspauschale von jeweils 20,-- Euro zuzüglich 19 °/0 Umsatzsteuer zum Ansatz. Zu diesem Antrag führte der Bezirksrevisor beim Landgericht Bielefeld aus, die Terminsgebühr sei übersetzt. Im Übrigen vertrat der Bezirksrevisor die Ansicht, die Postentgeltpauschale könne lediglich einmal berechnet werden. Dieser Rechtsansicht widersprach die Verteidigung mit Schreiben vom 17.05.2010 unter Berufung auf anderslautende Entscheidungen verschiedener Amtsgerichte.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Herford vom 21.06.2010 wurde ein Gesamtbetrag von 700,02 Euro als erstattungsfähige Auslagen gegen die Landeskasse festgesetzt. Die Postentgeltpauschale wurde dabei nur einmal in Höhe' von 20,-- Euro zuzüglich Umsatzsteuer gewährt. in dieser Entscheidung heißt es wie folgt: Die Auslagenpauschale ist nur einmal in Höhe von 20,-- Euro entstanden. Gemäß Nr. 7002 RVG VV kann die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in jeder Angelegenheit anstelle der tatsächlichen Aussagen nach Nr. 7001 RVG VV gefordert werden, wenn eine selbständige Angelegenheit vorliegt. Das bußgeldrechtliche Verfahren und das anschließende gerichtliche Bußgeldverfahren stellen jedoch nur eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne dar (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Auflage 2008, weitere Nachweise: Burhoff, Verkehrsrecht aktuell 2007, 130 ff.). Dies war schon unter Geltung der BRAGO herrschende Meinung. Nach dem nun geltenden RVG gilt nichts anderes." Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Verteidiger am 30.06.2010 zugestellt
Mit Schreiben vom 05,07.2010, beim Amtsgericht Herford eingegangen am 06.07.2010, legte der Verteidiger befristete Erinnerung ein, soweit die Auslagenpauschale nur einmal festgesetzt wurde. Unter Berufung auf verschiedene gerichtliche Entscheidungen blieb er bei seiner Auffassung, er könne die genannte Pauschale zweimal berechnen, weil das Bußgeldverfahren und das gerichtliche Verfahren jeweils zwei getrennte selbständige Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne seien.
II. Das Rechtsmittel des Verteidigers ist zulässig und begründet. 1. Das Rechtsmittel der Verteidigung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.06.2010 ist zulässigerweise eingelegt worden. Bei diesem Rechtsmittel handelt es sich um eine befristete Erinnerung im Sinne der §§ 464 b StPO, 103 ff ZPO, 21,11 Abs. 2 RPflG, 567 Abs. 2 ZPO. Das Rechtsmittel kann nicht als sofortige Beschwerde behandelt werden, weil der Beschwerdewert von 200,-- Euro nicht erreicht ist (§ 567 Abs. II ZPO). Es ist vielmehr gemäß § 11 Abs. 11 RPfIG als befristete Kostenerinnerung zu beurteilen. Diese befristete Kostenerinnerung ist vom Verteidiger, der hier für den Betroffenen tätig wird, zulässigerweise und auch fristgerecht eingereicht worden.
1. Die befristete Kostenerinnerung ist begründet. Die Verteidigung hat zu Recht im Rahmen des Kostenerstattungsantrages für den Betroffenen zweimal die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,-- Euro zuzüglich 19 % MWSt., insgesamt also von zweimal je 23,80 Euro angesetzt. Der Verteidiger ist nämlich für den Betroffenen sowohl im Verfahren vor der Bußgeldbehörde als auch im Verfahren vor dem Amtsgericht tätig geworden. Für diese Tätigkeiten stehen ihm jeweils eine Verfahrensgebühr und jeweils eine gesonderte Telekommunikationspauschale zu. Bei den Tätigkeiten gegenüber der Bußgeldbehörde und gegenüber dem Amtsgericht handelt es sich nämlich um verschiedene Angelegenheiten. Das ergibt sich aus folgendem:
Es bestand lange Zeit die herrschende Auffassung, dass einem Verteidiger, der sowohl bei der Bußgeldbehörde als auch beim Amtsgericht tätig war, die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nur ein einziges Mal zusteht. Entsprechend dieser bisherigen Auffassung hat auch der zuständige Rechtspfleger in der vorliegenden Sache entschieden. Er folgte damit der Kommentierung im Kommentar zum RVG von Gerold/Schmidt, 16. Auflage, VV 7002 Randnr. 29. Grundlage dieser Argumentation war, dass in § 15 RVG ausdrücklich geregelt ist, dass die festgesetzten Gebühren die gesamte Tätigkeit eines Verteidigers abgelten, sofern nicht durch das Gesetz eine ausdrückliche andere Bestimmung getroffen worden ist. In den §§ 16 ff. RVG gibt es jedoch keine speziellen ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen, die sich mit der anwaltlichen Tätigkeit in einem Bußgeldverfahren vor der Bußgeldbehörde und vor dem Amtsgericht befassen. Daraus wird entnommen, dass die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nur einmal angesetzt werden kann.
b) a) Inzwischen gibt es jedoch zahlreiche neuere Entscheidungen, die davon ausgehen, dass es sich bei der anwaltlichen Tätigkeit vor der Bußgeldbehörde und vor dem Amtsgericht um zwei selbständige Angelegenheiten handelt, so dass die Postpauschale zweimal anfällt. In diesem Sinne hat das Amtsgericht Aachen mit Beschluss vom 20.08.2009 entschieden (zfs 11/2009, S. 647,648 mit Anmerkung Hansens, = NJW Spezial 2009, S. 684, 685 ). Das Landgericht Konstanz hat mit Urteil vom 11.12.2009 (zfs 3/2010, S. 167, 168 mit Anmerkung Hansens) ebenso geurteilt. Weiterhin wird im Kommentar von Schneider-Wolff zum RVG, 3. Auflage zu VV 7002 Randnr. 33, dieselbe Auffassung vertreten. Dieser Meinung ist auch das AG Nauen im Beschluss vom 10.05.2007 (zfs 7/2007 S. 407/408 mit Anmerkung Hansens ) und das AG Detmold im Urteil vom 17.11.2006 ( zfs 7/2007 S. 405 -407, mit Anmerkung Schulz-Henze). c) Die Streitfrage ist nach Auffassung des Gerichtes dahingehend zu entscheiden, dass zwei verschiedene Angelegenheiten im Sinne von § 17 Abs. 1 Ziff. 1 RVG vorliegen. In dieser Vorschrift ist ausdrücklich geregelt, dass ein Verwaltungsverfahren und ein gerichtliches Verfahren zwei verschiedene Angelegenheiten sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Bei dem Verfahren vor der Bußgeldbehörde handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren. Nach dem Gesetzestext kommt es nicht darauf an, welchen Gegenstand dieses Verwaltungsverfahren hat. Damit fällt auch ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit vor der Bußgeldbehörde unter den Begriff des Verwaltungsverfahrens. Im Übrigen sind ein Bußgeldverfahren vor der Bußgeldbehörde und ein verwaltungsrechtliches Verfahren in ihrem Ablauf identisch, worauf das Amtsgericht Aachen zutreffend hingewiesen hat. In beiden Fällen können die Verfahren vor der jeweiligen Behörde mit einem rechtskräftigen Bescheid abgeschlossen werden.
Soweit von der Gegenmeinung damit argumentiert wird, dass eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für das Ordnungswidrigkeitenverfahren fehle, ist dem entgegenzutreten. Es ist Sache des Gesetzgebers, eindeutige gesetzliche Regelungen zu schaffen, insbesondere, wenn es sich um eine Vielzahl von Fällen handelt, so wie es im Bußgeldrecht der Fall ist. Eine unscharfe gesetzliche Formulierung kann somit nicht zu Lasten eines Betroffenen ausgelegt werden, sondern muss stets zu Lasten des Gesetzgebers gehen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, durch gesetzliche Neuregelungen nachzubessern, falls ihm die gerichtliche Anwendung der Vorschriften nicht passt. Solange eine solche Nachbesserung nicht geschieht, ist es zulässig, die jeweiligen Vorschriften des RVG erweiternd auszulegen. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, das Verwaltungsverfahren" im Sinne von § 17 Abs. 1 Ziff. 1 RVG auch als Bußgeldverfahren zu verstehen.
d) Bei der Tätigkeit des Verteidigers vor der Bußgeldbehörde und vor dem Amtsgericht handelt es sich damit um zwei verschiedene Angelegenheiten, so dass die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zweimal anfällt.
Die befristete Kostenerinnerung des Verteidigers hat damit in vollem Umfange Erfolg. Diese Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei (§ 11 Abs. IV RPfIG). Da sich der Betroffene in vollem Umfange durchgesetzt hat, hat die Landeskasse als der unterlegene Teil die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen §§ 464 b StPO, 103 ff, 91 ZPO ).
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