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RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Rahmengebühr, angemessene Gebühr, Bußgeldverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Cloppenburg, Beschl. v. 14.06.2011 - 25 OWi 785 Js 12168/10 (212/10)

Leitsatz: Bei der Bemessung der Wahlanwaltsgebühren im straßenverkehrsrechtlichen OWi-Verfahren darf nicht allein auf den der Betrag der Geldbuße abgestellt werden. Ferner ist der Vergleich mit Geldbußen von über 5.000 € einseitig und unvollständig, weil diese hohen Geldbußen üblicherweise nicht mit Punkten im Verkehrszentralregister verbunden sind.


Amtsgericht
Cloppenburg
Beschluss
25 OWi 785 Js 12168/10 (212/10)
In der Bußgeldsache
gegen pp.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht - Ordnungswidrigkeiten - Cloppenburg durch die Richterin am Amtsgericht am 14.06.2011 beschlossen:
Auf die Erinnerung vom 25.03.2011 hin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.03.2011 dahingehend abgeändert, dass die aufgrund des vollstreckbaren Beschlusses des Amtsgerichts Cloppenburg vom 23.11.2010 von der Landeskasse dem Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 704,09 € festgesetzt werden.

Gründe:
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Cloppenburg vom 21.03.2011 wurden die zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 602,94 € festgesetzt und damit in Abweichung zu dem Kostenantrag, wonach die Festsetzung von 704,09 € beantragt wurden festgesetzt In Streit ist insofern die Grundgebühr in Bußgeldsachen mit festgesetzten 60,00 gegenüber begehrten 85,00 und die Verfahrensgebühr für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde sowie die Verfahrensgebühr vor dem Amtsgericht mit jeweils festgesetzten 130,00 € gegenüber jeweils begehrten 160,00 €.

Die zulässige Erinnerung wendet sich gegen diese Kürzungen. Sie ist begründet. Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin und des Bezirksrevisors sind die im Antrag vom 02.12.2010 geltend gemachten Gebühren nicht nach Maßgabe der Bemessungskriterien des § 14 RVG übersetzt und damit unbillig.

Nach § 14 Absatz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

Eine Unbilligkeit der vorliegend begehrten Gebühren ist nicht ersichtlich, weshalb die Festsetzung antragsgemäß erfolgte.

Zwar trifft es zu ,dass die Grundgebühr von der Höhe der Geldbuße unabhängig ist und diese auch für Verfahren mit Geldbußen von über 5.000,00 gilt. Jedoch ist es nur einseitig, wenn man bei der Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen nur einseitig auf die Höhe der Geldbuße abstellt ohne zugleich den Beruf und die Einkommenssituation zu berücksichtigen. Allein der Betrag der Geldbuße besagt nichts über die Bedeutung für den Betroffenen. Ferner ist der Vergleich mit Geldbußen von über 5.000 € auch deshalb einseitig und unvollständig, weil diese hohen Geldbußen üblicherweise nicht mit Punkten im Verkehrszentralregister verbunden sind. Gerade diese jedoch belasten die Betroffenen allgemein bekannt mehr als hohe Bußgelder und wäre dies möglich, würden sich viele Betroffene gerne auch mit vierstelligen Beträgen von den Punkten "freikaufen". Die Punktebewährtheit eines Verstoßes deutet mithin bereits auf eine gewisse Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen hin.

Das weitere Argument des Bezirksrevisors, dass eine unterhalb der Mittelgebühr liegenden Gebühr angemessen ist, wenn die Verteidigerin unmittelbar nach Beginn des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde eingeschaltet wird, weil dann Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit hinsichtlich der Einarbeitung als weit unterdurchschnittlich zu bewerten sind, ist nicht nachvollziehbar. Ein Zusammenhang zwischen dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache und dem Zeitpunkt der Einschaltung des Anwaltes erschließt sich nicht. An der Sache ändert der Zeitpunkt der Einschaltung nichts.

Auch der Verweis, es habe sich um eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG gehandelt, die die Verteidigerin aufgrund ihrer statistischen Häufigkeit routinemäßig ohne großen Zeitaufwand bearbeiten könne, rechtfertigt vorliegend nicht die Herabstufung der Grundgebühr auf 60,00 E. Denn vorliegend handelte es sich um eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät Leivtec XV 2, wo in jedem Einzelfall eine umfangreiche Einarbeitung in die rechtliche Problematik des Beweisverwertungsverbotes und in die tatsächliche Messung (Messstelle; Messzeit; Art der Handhabung durch den einzelnen Messbediensteten) mittels der Unterlagen und des Videos vorzunehmen war. Allein für die Unterzeichnerin ist jedes einzelne dieser Verfahren äußerst zeitintensiv, trotz der sicherlich größeren statistischen Häufigkeit als bei den Verteidigern. Hinzu kommt aus Verteidigersicht, dass die Handhabung, wie und ob ein vorheriger Anfangsverdacht begründet wird von den einzelnen Landkreises nicht einheitlich vorgenommen wird. Eine Routine kann angesichts dessen nicht angenommen werden und hat es ersichtlich auch nicht bei der Verteidigerin gegeben. Denn andernfalls wäre diese Messung ohne große Beanstandungen "durchgelaufen'", die Problematik des Beweisverwertungsverbots vorliegend nicht erkannt worden und der Verfahrensausgang unter Umständen anders gewesen.

Von einer leicht unterdurchschnittlichen Tätigkeit der Anwältin kann angesichts dessen in keinster Weise gesprochen werden.

Ferner war zu berücksichtigen, dass die Verteidigerin bereits gegenüber der Verwaltungsbehörde umfangreiche Tätigkeiten entfaltet hat, man jedoch ihren Antrag auf Übersendung der vollständigen Aufnahme aus 'vorgeschobenen' datenschutzrechtlichen Belangen nicht nachgekommen ist. Aus diesem Grund war es erforderlich, dass sich die Verteidigerin zweimal einen Videorekorder besorgen musste, wiederholt Akteneinsicht nehmen und sich immer wieder mit diesen konkreten Einzelfall beschäftigen musste. Insofern ist erneut anzumerken, dass es sich bei den Leivtec XV 2 Messungen verbietet von einer Routine zu sprechen, da in jedem Einzelfall anhand der konkreten Gegebenheiten (und leider auch für das Gericht zeitintensiv) zu prüfen ist, ob es sich um verdachtsabhängige oder um verdachtsunabhängige Videoaufzeichnungen handelte. Die sich daran anschließende rechtliche Beurteilung, ob die Konsequenz ein Beweisverwertungsverbot ist oder nicht, ist hingegen zugegebenermaßen nicht mehr aufwendig.

Der Vortrag des Bezirksrevisors, dass die erstmaligen Ausführungen zu dem Beweisverwertungsverbot nicht im Rahmen der erstmaligen Einarbeitung. sondern im weiteren Verfahren nach Einspruchseinlegung erfolgten, ist unbeachtlich. Denn insofern ist anzumerken, dass die Akte bis zur Einlassung der Verteidigerin vom 24.11.2009, d. h. nach erstmaliger Einarbeitung, unvollständig war und erst nach und nach aufgrund der jeweiligen Einlassung der Verteidigerin (teil-)vervollständigt wurde und letztendlich erst weiter vervollständigt wurde, nachdem das Gericht die weiteren Beweismittel angefordert hat.

Dieses Procedere kann nicht begründen, dass eine Unterdurchschnittlichkeit angenommen wird.
Nach alledem sind die von der Verteidigerin beantragten Gebühren jedenfalls nicht unbillig und damit festzusetzen.


Einsender: RÄin G. Martens, Rheda-Wiedenbrück

Anmerkung:


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