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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ss OWi 89/99 OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Anforderungen an Urteilsfeststellungen, Durchentscheidung, Erkennbarkeit der geschlossenen Ortschaft, Geschwindigkeitsüberschreitung, Ortseingangsschild, Ortstafel verdeckt, standardisiertes Meßverfahren, Toleranzwert

Normen: OWiG 79 Abs. 6

Beschluss: Bußgeldsache gegen D.G.,
wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Beckum vom 18.09.1998 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 04.02.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht - im Umfang der Verwerfung auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft - nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, daß das Bußgeld - unter Aufrechterhaltung des erkannten Fahrverbotes und der Anordnung über dessen Wirksamwerden - auf 150,00 DM herabgesetzt wird.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde trägt der Betroffene, jedoch wird die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren um 1/10 ermäßigt. Es wird davon abgesehen, einen Teil der notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.

Gründe: I. Das Amtsgericht Beckum hat den Betroffenen wegen (fahrlässigen) Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 220,00 DM verurteilt. Zugleich hat es dem Betroffenen für die Dauer von einem Monat untersagt, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen und die Anordnung gemäß §25 Abs. 2 a StVG über das Wirksamwerden des Fahrverbots getroffen.
Hiergegen richtet sich der Betroffene mit der rechtzeitig eingelegten und, nachdem ihm auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde vom dafür unzuständigen Amtsgericht Beckum gewährt worden ist, form- und fristgerecht begründeten Rechtsbeschwerde.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.VOMm. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
Dem ist der Betroffene mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 28.01.1999 entgegengetreten.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Das Amtsgericht hat im wesentlichen rechtsfehlerfrei die erforderlichen Feststellungen zu der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit getroffen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen waren allerdings aus Rechtsgründen zwei Korrekturen vorzunehmen, weil dem Betroffenen nur eine fahrlässige (nicht grob fahrlässige) Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 28 km/h (nicht 31 km/h) zur Last gelegt werden kann.
Dem Betroffenen kann nur vorgeworfen werden, die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h überschritten zu haben. Erfolgt die Geschwindigkeitsmessung wie hier durch ein standardisiertes Meßverfahren, muß das Urteil, das nicht auf geständige Angaben des Betroffenen gestützt ist, das Meßverfahren, den zum Ausgleich möglicher Meßungenauigkeiten berücksichtigten Toleranzwert und die so ermittelte vorwerfbare Geschwindigkeit mitteilen (st. Rspr., z.B. BGH NJW 1998, 321, 322). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, weil die Angabe der Höhe des zum Ausgleich möglicher Meßungenauigkeiten vorgenommenen Toleranzabzuges fehlt. Der Senat kann deshalb nicht feststellen, ob das Amtsgericht den für Messungen mit Lasermeßgeräten erforderlichen Toleranzwert von 3 km/h für gemessene Geschwindigkeiten bis 100 km/h berücksichtigt hat. Diesem Darlegungsmangel kommt vorliegend besondere Bedeutung zu, weil das Amtsgericht die innerorts begangene vorwerfbare Geschwindigkeit mit 31 km/h festgestellt hat. Es handelt sich somit um eine Überschreitung, bei der das Vorliegen einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BKatV in Verbindung mit Nr. 5.3.3 des Anhangs zu Nr. 5 der Anlage gerade indiziert ist. Der Senat hat von der vom Amtsgericht mitgeteilten Geschwindigkeit von 81km/h einen Toleranzwert von 3 km/h abgezogen. Damit ist sichergestellt, daß mögliche Meßungenauigkeiten hinreichend ausgeglichen sind.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist im übrigen hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung nur von fahrlässiger, nicht aber grob fahrlässiger Begehungsweise auszugehen. Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung die Einlassung des Betroffenen zugrundegelegt, wonach das Ortseingangsschild durch einen parkenden Lkw verdeckt gewesen ist. Insoweit ist das Amtsgericht in rechtsfehlerfreier Weise zu der Überzeugung gelangt, daß den Betroffenen hinsichtlich der Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufgrund der näher mitgeteilten Örtlichkeiten gleichwohl ein Fahrlässigkeitsvorwurf trifft. Nach den getroffenen Feststellungen kann indes nicht davon ausgegangen werden, daß sich dem Betroffenen bereits rund 100 m nach dem Ortseingangsschild in derartig deutlicher Weise eine geschlossene Ortschaft aufdrängen mußte, daß der Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründet wäre.
Diese Rechtsfehler führen auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs nicht zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Der Senat hat vielmehr auch insoweit von der ihm in § 79 Abs. 6 OWiG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, selbst in der Sache zu entscheiden.
Gegen den Betroffenen war wegen fahrlässigen Überschreitens der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h (§§ 3 Abs. 3 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO, 24 StVG) eine Geldbuße zu verhängen. Auszugehen war insoweit von den Regelsätzen der Bußgeldkatalogverordnung, die in Nr. 5.3.2 des Anhangs zu Nr. 5 der Anlage für eine Ordnungswidrigkeit der vorliegenden Art eine Geldbuße von 120,00 DM vorsieht. Da die Regelsätze von fahrlässiger Begehungsweise und gewöhnlichen Tatumständen bei verkehrsrechtlich nicht vorbelasteten Betroffenen ausgehen, war nach Ansicht des Senats der Regelsatz wegen der vier verkehrsrechtlichen Vorbelastungen des Betroffenen angemessen auf 150,00 DM zu erhöhen. Darüber hinaus liegen keine Umstände vor, die ein weiteres Abweichen von der Regelbuße nahelegen.
Auch bei dem erkannten Fahrverbot von einem Monat hatte es im Ergebnis zu verbleiben. Allerdings liegt keine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BKatV vor.
Ein Fahrverbot von einem Monat Dauer war gegen den Betroffenen jedoch wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers zu verhängen, § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG. Der Betroffene hat die Geschwindigkeitsüberschreitung von 28 km/h am 29.11.1997 und damit innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft einer weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h (Bußgeldbescheid vom 27.11.1996, rechtskräftig seit dem 17.12.1996) begangen. Schon damit liegt ein Regelfall nach § 2 Abs. 2 BKatV vor, der die beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers indiziert. Hinzu kommt, daß gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheide vom 26.08.1994 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 23 km/h und vom 11.08.1995 wegen einer solchen um 21 km/h weitere Geldbußen festgesetzt worden sind.
Bei dieser Sachlage war es nach der Überzeugung des Senats auch unter Erhöhung der Geldbuße nicht mehr ausreichend, von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen. Der Fahrzeugführer, der binnen eines Jahres nach rechtskräftiger Verurteilung zu einer Geldbuße wiederum eine deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung begeht, zeigt, daß diese massive Warnung ins Leere gegangen ist (BVerfG, VM 1996, 57 f.). Hier hat sich der Betroffene selbst durch drei einschlägige Bußgeldbescheide nicht beeindrucken lassen, so daß die Verhängung eines Fahrverbotes als eindringliches Erziehungsmittel und als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme (BGH NJW 1997, 3252, 3253) erforderlich ist.
Nach den Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils liegt in der Verhängung des Fahrverbotes weder eine außergewöhnliche Härte noch sind andere erhebliche Härten für den Betroffenen damit verbunden. Ebenso wenig liegt eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher und durchschnittlicher Umstände vor, die ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigen würden. Das Vorliegen derartiger Umstände oder Härten wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht konkret vorgetragen.
Das Rechtsmittel des Betroffenen war damit unter Herabsetzung der Höhe der Geldbuße zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 79 OWiG, 473 Abs. 4 StPO. Der Senat hat die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend dem geringen Erfolg des Rechtsmittels um 1/10 ermäßigt. Im übrigen erscheint es nicht unbillig, daß der Betroffenen angesichts des nur geringen Erfolges seiner Rechtsbeschwerde seine notwendigen Auslagen ganz zu tragen hat.


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