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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1499/98 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: berufliche Verhinderung, genügende Entschuldigung, rechtliches Gehör, Verwerfung wegen Nichterscheinens, Zulassung der Rechtsbeschwerde, Zulassungsbeschwerde

Normen: OWiG 74 Abs. 2, StPO 344 Abs. 2 Satz 2

Beschluss: Bußgeldsache gegen A.E.,
wegen Nichteinhaltens des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 01.10.1998 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 04.02.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Herford zurückverwiesen.

Gründe: I. Der Oberkreisdirektor des Kreises Herford hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 11.12.1997 wegen Nichteinhaltens des Abstandes von einem vorausfahrenden Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h und einem Abstand zu diesem Fahrzeug von weniger als 3/10 des halben Tachowertes - Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 4 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO, _24 StVG - eine Geldbuße in Höhe von 185,- DM verhängt. Gegen den ihm am 15.12.1997 zugestellten Bußgeldbescheid hat der Betroffene mit am 23.12.1997 beim Kreis Herford eingegangenem Schreiben seines Verteidigers vom 19.12.1997 Einspruch eingelegt. Das Amtsgericht hat Termin zur Hauptverhandlung auf den 01.10.1998 bestimmt. Zu dem Termin erschien weder der Betroffene noch sein Verteidiger. Daraufhin hat das Amtsgericht Herford mit dem angefochtenen Urteil den Einspruch des Betroffenen gegen den genannten Bußgeldbescheid verworfen und zur Begründung ausgeführt:
"Der Terminsverlegungsantrag des Verteidigers ist erst am 28.09.1998 nach Dienstschluß bei Gericht eingegangen, obwohl die Terminsladung dem Betroffenen bereits am 21.08.1998 zugestellt worden war. Der Betroffene durfte nicht darauf vertrauen, daß einem solch kurzfristig gestellten Antrag stattgegeben würde. Der Einspruch ist daher nach § 74 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) n.F. verworfen worden."
Gegen das seinem Verteidiger am 19.10.1998 zugestellte Urteil hat der Betroffene mit am 24.10.1998 eingegangenem Schreiben des Verteidigers die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt, Rechtsbeschwerde eingelegt und zur Begründung die Versagung rechtlichen Gehörs gerügt. Dazu hat er vorgetragen, er sei durch die Höhe der Geldbuße sowie dadurch beschwert, daß bei Rechtskraft des Bußgeldbescheides 3 Punkte in der Verkehrszentralregisterkartei zu seinen Lasten eingetragen würden. Dort sei er aber bereits mit 11 Punkten eingetragen, so daß ihm weitere Nachteile entständen. Das Amtsgericht habe bei der Verwerfung des Einspruchs den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung verkannt und insbesondere nicht überprüft, ob es ihm überhaupt möglich gewesen wäre, zu einem früheren Zeitpunkt die Terminsverlegung zu beantragen. Zumindest hätte er über die Ablehnung des Verlegungsantrages informiert werden müssen, da dann der Verteidiger ihn hätte im Prozeß vertreten können. Wäre ihm rechtliches Gehör gewährt worden, hätte er seine Täterschaft bestreiten können. Nach Einsicht in die Videoaufzeichnung über den Verkehrsverstoß sei ihm nämlich klargeworden, daß er selbst nicht der Täter sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen und das angefochtene Urteil mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben.
II. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG zuzulassen, da es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt i.S vom § 93 a Abs. 2 b BVerfGG. Für die Zulässigkeit einer damit begründeten Verfassungsbeschwerde des Betroffenen und damit für die Zulassung seiner Rechtsbeschwerde ist es dabei unerheblich, daß gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von nur 150,- DM verhängt worden ist (vgl. BVerfG NJW 1994, 847: Geldbuße in Höhe von nur 20,- DM; OLG Hamm, JMBl. NW 1993, 263, 264; OLG Koblenz, NStZ 1994, 42; Göhler, NStZ 1995, 119; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 80 Rdnr. 16 i).
Der Betroffene hat die Verletzung des rechtlichen Gehörs auch in einer den Anforderungen des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Weise gerügt. Er hat dargelegt, daß das Amtsgericht seine Entschuldigung allein aufgrund des späten Zeitpunkts ihrer Übermittlung als nicht ausreichend angesehen hat und deshalb zur Verwerfung seines Einspruchs gelangt ist. Darüber hinaus hat er auch dargelegt, was er im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs zur Sache ausgeführt hätte (vgl. hierzu BVerfG, NJW 1996, 45, 46; NJW 1992, 2811, 2812; BayObLG, DAR 1998, 480; OLG Köln, VRS 83, 367, 369; OLG Hamm, NZV 1993, 244). Hierzu hat er nämlich vorgetragen, er hätte im Falle seiner Anhörung durch das Amtsgericht gestützt auf die Videoaufzeichnungen des Verkehrsverstoßes seine Täterschaft bestritten.
Das Grundrecht des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist hier verletzt, da die Verwerfung des Einspruchs durch das Amtsgericht zu Unrecht erfolgt ist und dazu geführt hat, daß die sachliche Einlassung des Betroffenen zu dem ihm vorgeworfenen Verkehrsverstoß unberücksichtigt geblieben ist (vgl. OLG Köln, VRS 74, 124, 126; VRS 92, 261, 262). Das Amtsgericht hat die Verwerfung des Einspruchs ausweislich der Urteilsgründe nämlich allein darauf gestützt, daß der Terminsverlegungsantrag des Verteidigers erst am 28.09.1998 nach Dienstschluß bei Gericht eingegangen war. Diese Begründung konnte eine Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG nicht rechtfertigen. Darauf, ob der Betroffene sich entschuldigt hat, insbesondere, ob dies rechtzeitig erfolgt ist, kommt es nach einhelliger Rechtsprechung nicht an. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob er entschuldigt war (Senat, Beschluß vom 20.01.1998 - 3 Ss OWi 481/97 OLG Hamm; OLG Köln, VRS 93, 186, 187; BayObLG NZV 1998, 426, 427). Das Amtsgericht hätte daher die vom Betroffenen vorgetragenen Gründe mitteilen und behandeln müssen.
Dieser Begründungsmangel wäre nur dann unschädlich, wenn die vom Betroffenen vor Erlaß des Verwerfungsurteils vorgebrachten Entschuldigungsgründe von vornherein und offensichtlich ungeeignet gewesen wären, seine Abwesenheit zu entschuldigen (Senat, a.a.O. m.w.N.; OLG Köln, a.a.O.; BayObLG, a.a.O.). In einem solchen Fall würde das angefochtene Urteil nicht auf dem erörterten Darlegungsmangel beruhen.
Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend aber nicht gegeben. Berufliche Angelegenheiten eines Betroffenen können durchaus sein Ausbleiben in einer Hauptverhandlung entschuldigen, wenn sie unaufschiebbar sind oder wenn sie unter Berücksichtigung des gegen den Betroffenen erhobenen Schuldvorwurfs solche Bedeutung hatten, daß dem Betroffenen das Erscheinen vor Gericht billigerweise nicht zugemutet werden konnte. Solche Gründe trägt der Betroffene hier vor. Seine umfangreichen Ausführungen hierzu sind in sich schlüssig und erscheinen nicht von vornherein nur vorgeschoben. Ob sie tatsächlich zutreffen, kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht überprüfen. Die von dem Betroffenen vorgetragenen Entschuldigungsgründe waren jedenfalls nicht von vornherein ungeeignet, sein Fernbleiben zu entschuldigen.
Das Vorgehen des Amtsgerichts wäre nur dann rechtlich nicht zu beanstanden gewesen, wenn der Betroffene ohne Vorliegen eines besonderen Entschuldigungsgrundes allein Terminsverlegung beantragt und diesen Antrag so spät gestellt hätte, daß er mit einer rechtzeitigen Bescheidung durch das Amtsgericht nicht mehr rechnen durfte (vgl. zu dieser Fallgestaltung KG, NZV 1993, 453). So lag der Fall hier aber nicht.


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