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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ws 70, 71 und 72/99 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Auswahl von Hilfspersonen, Überwachung, Verschulden, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Normen: StPO 44

Beschluss: Strafsache gegen B.N.,
wegen Betruges u.a.
(hier: Sofortige weitere Beschwerde der Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung; sofortige Beschwerde der Verurteilten gegen die Ablehnung eines Wiedereinsetzungsantrags; Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers).

Auf die weitere sofortige Beschwerde, die sofortige Beschwerde und die Beschwerde der Verurteilten vom 02.12.1998 gegen den Beschluss des Landgerichts Essen vom 03.11.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16.02.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die weitere sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Verurteilten als unzulässig, die sofortige Beschwerde und die Beschwerde werden auf Kosten der Verurteilten als unbegründet verworfen.

Gründe: Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 21.01.1999 zu den Rechtsmitteln, die die Verurteilte durch ihre Verteidiger mit Schriftsatz vom 02.12.1998 gegen den Beschluss des Landgerichts Essen vom 03.11.1998 eingelegt hat, folgendes ausgeführt:
"I. Die Beschwerdeführerin ist durch Urteil des Amtsgerichts Marl vom 06.02.1998 wegen Betruges und Urkundenfälschung in Tateinheit in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden (Bl. 56 ff d.A.). Im Bewährungsbeschluss ist ihr auferlegt worden, den durch die abgeurteilte Straftat angerichteten Schaden nach besten Kräften wiedergutzumachen, und zwar durch Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von mindestens 150,00 DM, beginnend mit dem 05. des auf den Eintritt der Rechtskraft folgenden Monats an den Deutschen Inkassodienst in Hamburg (B1- 5 Bew.H.). Nachdem sie mehrfach vergeblich aufgefordert worden war, die Zahlungen aufzunehmen, hat die Staatsanwaltschaft Essen beantragt, die Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen (Bl. 13 Bew.H.).
Zu den Anhörungsterminen vom 15.07.1998 und 27.08.1998 ist die Verurteilte nicht erschienen und hat sich durch Krankheit entschuldigt. Atteste hat sie trotz Aufforderung nicht nachgereicht. Im Anhörungstermin vom 03.09.1998, den sie auch zunächst wegen Krankheit nicht wahrnehmen wollte, hat sie wahrheitswidrig erklärt, einzelne Raten gezahlt zu haben (Bl. 24 Bew.H.). Mit Beschluss vom 28.09.1998 hat das Amtsgericht Marl die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen (Bl. 27 Bew.H.). Der Beschluss ist der Beschwerdeführerin am 30.09.1998 durch persönliche Übergabe zugestellt worden (Bl. 28 Bew.H.). Mit Schriftsatz ihrer Verteidiger vom 14.10.1998, eingegangen beim Amtsgericht Marl am 15.10.1998, hat sie gegen den Beschluss des Amtsgerichts Marl sofortige Beschwerde eingelegt und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt (Bl. 32 ff Bew.H.). Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages hat sie vorgetragen, am Tage der Zustellung schwer erkrankt gewesen zu sein. Deshalb habe sie ihre 17-jährige Tochter H. beauftragt, den Beschluss zum Büro ihrer Verteidiger zu bringen, damit von dort aus die nötigen Schritte eingeleitet werden könnten. Erst am 09.10.1998 habe ihre Tochter festgestellt, dass sie den Beschluss nicht zum Anwaltsbüro gebracht habe. Diesen Sachverhalt hat die Tochter eidesstattlich versichert (Bl. 37 Bew.H.). Die Beschwerdeführerin hat ferner beantragt, ihr Rechtsanwalt B. als Pflichtverteidiger beizuordnen. Den Antrag hat sie damit begründet, dass es um die Frage gehe, ob sie drei Monate Freiheitsstrafe verbüßen müsse oder nicht, ferner sei sie nicht in der Lage, ohne Hilfe eines Verteidigers Wiedereinsetzungsgesuche und dergleichen zu formulieren.
Das Landgericht Essen hat mit Beschluss vom 03.11.1998 die sofortige Beschwerde der Verurteilten vom 14.10.1998 gegen den Widerrufsbeschluss verworfen und die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Bestellung eines Pflichtverteidigers zurückgewiesen (Bl. 49 Bew.H.). Gegen diesen, ihr am 27.11.1998 zugestellten (Bl. 52 Bew.H.) Beschluss der Strafkammer des Landgerichts Essen wendet sie sich mit der am 03.12.1998 bei dem Landgericht Essen eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 02.12.1998 (Bl. 53 Bew.H.).
II. Da gegen den Beschluss insgesamt sofortige Beschwerde eingelegt worden ist, ist diese gem. § 300 StPO auch als weitere Beschwerde gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung auszulegen.
Die weitere sofortige Beschwerde ist nicht statthaft. Gemäß § 310 StPO können Beschlüsse, die von dem Landgericht erlassen worden sind, durch weitere Beschwerde nur angefochten werden, sofern sie Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen.
Dabei handelt es sich um eng auszulegende Begriffe (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Auflage, § 310 Rdnr. 4), gemeint sind hier nur der Haftbefehl oder die einstweilige Unterbringung (Kleinknecht/Meyer-Goßner, aaO, Rdnr. 5 u. 6). Der Beschluss des Landgerichts betrifft weder einen Haft- noch einen Unterbringungsbefehl, so dass die weitere sofortige Beschwerde mangels Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen ist.
Die gem. § 46 Abs. 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist rechtzeitig (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegt, jedoch nicht begründet. Das Landgericht Essen hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht zurückgewiesen. Gemäß § 44 StGB ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten. Gemäß § 45 StGB ist der Antrag binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, ferner sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen. Der Antrag war insoweit rechtzeitig beim Landgericht Essen eingegangen.
Die insoweit durch eidesstattliche Versicherung der Tochter der Verurteilten glaubhaft gemachten Gründe rechtfertigen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch nicht.
Inwieweit ein Verfahrensbeteiligter einem anderen die Besorgung prozessualer Angelegenheiten vertrauensvoll überlassen kann und in welchem Umfang er die Erledigung kontrollieren muss, richtet sich nach den Umständen des einzelnen Falles. Es trifft ihn bei einem Versäumnis des Beauftragten kein Verschulden, wenn er bei dessen Auswahl und Überwachung die Sorgfalt aufgewandt hat, die verständigerweise von ihm erwartet und ihm zugemutet werden kann. Ist der Beauftragte ein beliebiger Dritter, hat der Auftraggeber die Fristversäumnis selbst verschuldet, wenn die Ausführung unterbleibt. Steht der Beauftragte hingegen zum Auftraggeber in einem engen und dauerhaften persönlichen Verhältnis, das ein gegenseitigem erprobtes Vertrauen begründet, so reduziert sich die Überwachungssorgfalt in der Regel auf die Nachfrage, ob der Auftrag ausgeführt worden ist (OLG Zweibrücken, StV 1992, 360; OLG Hamm, JMBl. NW 1982, 59, 60; BGH NStZ 1996, 50).
Da die Beschwerdeführerin sich nicht bei ihrer Tochter erkundigt hat, ob sie den Beschluss zu ihrem Verteidiger gebracht hat, ist ihr das Versäumen der Frist als selbstverschuldet zuzurechnen. Zu einer Nachfrage bei ihrer Tochter oder bei ihrem Verteidiger wäre sie trotz ihrer Krankheit in der Lage gewesen. Dass sie nicht mehr wahrnehmungsfähig gewesen ist, hat sie nicht glaubhaft gemacht.
Gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist entsprechend § 304 StPO die Beschwerde zulässig (zu vgl. OLG Bamberg, NStZ 85, 39). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Im Vollstreckungsverfahren muss entsprechend § 140 Abs. 2 StPO ein Verteidiger bestellt werden, wenn die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, das gebietet (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Auflage, § 140 Rdnr. 33). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Die Sach- und Rechtslage ist einfach. Insbesondere hat die Verurteilte anlässlich ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht nicht einmal geltend gemacht, die Zahlungsauflage nicht erfüllen zu können. Sie hat vielmehr vorgetäuscht, entsprechende Raten gezahlt zu haben. Bei dieser Sachlage kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie unfähig ist, ihre Rechte allein sachgemäß wahrzunehmen.
Der nicht begründeten sofortigen Beschwerde ist daher insgesamt der Erfolg zu versagen."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.


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