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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ws 568/98 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde, Klageerzwingungsverfahren

Stichworte: Klageerzwinungsverfahren, Unzulässigkeit, allgemeine Voraussetzungen, geschlossene Schilderung der behaupteten Straftat, Kopien, Ablichtungen, eigene Sachdarstellung; Bezugnahme

Normen: StPO 172 Abs. 3

Beschluss: Ermittlungsverfahren (Klageerzwingungsverfahren) gegen 1. Dr. W., 2. W.G., wegen Betruges und Erpressung,(hier: Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 S. 1 StPO),
Antragsteller: Dr. B., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T. in Düsseldorf.

Auf den Antrag des Antragstellers vom 30.11.1998 auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 S. 1 StPO gegen den Beschwerdebescheid des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 26.10.1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 4 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe: Der Antragsteller wirft den Beschuldigten vor, ihn als Vertreter der Mitgesellschafterin Gothaer Finanzholding unter Vortäuschung der Zahlungsunfähigkeit seiner damaligen Firmen ASI Wirtschaftsberatung GmbH & Co. KG und FVM GmbH & Co. KG und unter Androhung der Konkursantragstellung zum Abschluß wirtschaftlich ungünstiger Verträge genötigt bzw. erpreßt zu haben, wodurch ihm ein immenser Schaden entstanden sein soll. Eine Zahlungsunfähigkeit habe in Wahrheit nicht vorgelegen, weil noch durchsetzbare Ansprüche bestanden hätten, die eine möglicherweise bestehende Zahlungsunfähigkeit beseitigt haben würden.
Auf die im 9. 1995 durch den Antragsteller erstattete Strafanzeige hat die Staatsanwaltschaft nach Durchführung umfangreicher Ermittlungen das Verfahren unter dem 29.12.1997 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und dazu einen 13 Seiten umfassenden Einstellungsbescheid erstellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Generalstaatsanwalt in Hamm unter dem 26.10.1998 als unbegründet zurückgewiesen.
Der nunmehr - fristgerecht angebrachte - Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, weil er den Formerfordernissen des § 172 Abs. 3 S. 1 StPO nicht in vollem Umfang entspricht.
Nach dieser Vorschrift muß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der seiner Natur nach den Vorwurf gegen die Staatsanwaltschaft beinhaltet, sie habe ihre Amtspflichten verletzt, die Tatsachen und die Beweismittel angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen. Verlangt wird danach ein substantiierter Antrag. Dieses Erfordernis ist entsprechend einhelliger Rechtsprechung seit jeher dahin verstanden worden, daß der Antrag nicht nur eine in sich geschlossene und für sich, ohne Bezugnahme, verständliche Sachverhaltsschilderung enthalten muß, sondern darüber hinaus den Streitgegenstand nach Maßgabe des Ermittlungsverfahrens und der von der Staatsanwaltschaft erteilten Bescheide, also in seinem jetzigen Stand, zu erfassen hat.
Der Antrag muß dem Gericht ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten - und ggf. sonstige Beiakten und Anlagen - die Prüfung ermöglichen, ob der gegen die Staatsanwaltschaft erhobene schwerwiegende Vorwurf, sie habe als Institution der Rechtspflege eine ihrer wesentlichsten Aufgaben nicht erfüllt, zutrifft. Der Antrag nach § 172 Abs. 2 StPO ist nicht einer Strafanzeige gleichzusetzen. Es geht vielmehr um die Nachprüfung, ob durch die erfolgte Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft das Legalitätsprinzip des § 152 Abs. 2 StPO verletzt worden ist.
Die erforderliche Sachverhaltsdarstellung muß auch - zumindest in groben Zügen - den Gang des Ermittlungsverfahrens enthalten. Hierzu gehört insbesondere der Vortrag, wie sich die Beschuldigten gegen die gegen sie erhobenen Vorwürfe eingelassen haben und ob es auch entlastende Zeugenaussagen, Urkunden oder andere Beweismittel gibt. Nur bei Kenntnis der Einlassung und Aussagen von Entlastungszeugen und möglicherweise Urkunden, die der Darstellung des Antragstellers entgegenstellen, läßt sich der Erfolg des Begehrens des Antragstellers, nämlich die angestrebte Verurteilung der Beschuldigten, zutreffend beurteilen (vgl. dazu auch OLG Schleswig, NStZ 1989, 286; OLG Düsseldorf VRS 82, 352).
Dazu, daß der Streitgegenstand in seinem jetzigen Stande erfaßt wird, gehört zunächst eine in sich geschlossene Schilderung der vom Antragsteller als strafbar erachteten Handlung. Diese Sachverhaltsschilderung kann anerkanntermaßen nicht ganz oder teilweise durch eine Bezugnahme auf den Akteninhalt oder auf dem Antrag beigefügte Anlagen ersetzt werden. Eine solche ist nur insoweit unschädlich, als die in Bezug genommenen Anlagen lediglich der näheren Erläuterung des für sich bereits uneingeschränkt verständlichen Antragsvorbringens dienen; eine Bezugnahme ist jedoch dann nicht zulässig, wenn erst durch Kenntnisnahme vom Inhalt der in Bezug genommenen Anlagen oder sonstigen Schriftstücke die erforderliche geschlossene Sachverhaltsdarstellung erreicht wird (vgl. Senatsbeschluß vom 22.10.1997 in 2 Ws 532/96; OLG Celle NStZ 1997, 406; OLG Düsseldorf StV 1983, 498; OLG Koblenz OLGSt § 172 Nr. 15; KG OLGSt § 172 Nr. 28; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 172 Rdnr. 27 - 31 jeweils m.w.N.).
Eine solche Art der Darstellung würde nämlich, da nicht mehr die eigene Sachdarstellung tragendes Element des Antrages ist, zu einer Umgehung der Formvorschrift des § 172 StPO führen. Im Klageerzwingungsverfahren ist es nicht Aufgabe des Oberlandesgerichts, sich aus den Akten bzw. aus den der Antragsschrift beigefügten Anlagen zusammenzustellen, was der Begründung des Antrags dienen könnte. Nichts anderes aber kann gelten, wenn - wie hier - in Bezug genommene (und dazu noch äußerst umfängliche) Anlagen der Antragsschrift nicht beigefügt, sondern in der Weise in die Antragsschrift fotokopiert eingefügt sind, daß ohne Kenntnisnahme derselben das Antragsvorbringen nicht verständlich ist. Denn auch diese Art des Vorbringens führt zu einer unstatthaften Umgehung der Formvorschrift des § 172 Abs. 3 S. 1 StPO, weil auch dadurch die erforderliche eigene Sachdarstellung durch Bezugnahme auf andere Schriftstücke ersetzt wird (vgl. OLG Celle a.a.O.; OLG Düsseldorf StV 1983, 498).
Aus diesem Grunde genügt der Sachvortrag in der Antragsschrift dem Erfordernis einer geschlossenen und aus sich heraus verständlichen Darstellung des Sachverhalts nicht.
Die Antragsschrift umfaßt insgesamt 709 fortlaufend numerierte Seiten. Davon umfaßt die Sachverhaltsschilderung die ersten 211 Seiten, die jedoch lediglich rund 50 Seiten eigenen Text einschließlich einer der Beschwerdebegründung gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft entnommenen rechtlichen Würdigung enthalten. Hingegen umfassen zahlreiche Seiten lediglich einen oder wenige Sätze als Überleitung zu nachgehefteten Ablichtungen. Diese mehr als 150 Seiten in den Text eingefügten Ablichtungen bestehen insbesondere aus umfangreichen Verträgen (mehr als 80 Seiten) sowie Gesellschafterbeschlüssen, Vermerken, handschriftlichen Aufzeichnungen und Zeugenvernehmungen, wobei es weitgehend auf den vollständigen Wortlaut der fotokopierten Urkunden nicht ankommt.
Der Antrag wird auch nicht dadurch zulässig, daß sich der Antragsteller im Rahmen der Wiedergabe des Gangs des Ermittlung8verfahrens von Bl. 212 bis 709 des Antrags - auch - mit den Bescheiden der Staatsanwaltschaft Münster und des Generalstaatsanwalts befaßt und in diesem Zusammenhang neben der vollständigen Strafanzeige (23 Seiten nebst 71 Seiten Anlagen) auch die Beschwerdebegründung (110 Seiten nebst 152 Seiten Anlagen) wiedergibt bzw. diese Schriftstücke als Fotokopie in den Text eingefügt hat. Auch insoweit besteht der überwiegende Teil nämlich wiederum aus in Bezug genommenen anderweitigen Schriftstücken wie z.B. Verträgen u.ä., die zudem teilweise mehrfach an verschiedenen Stellen der Antragsschrift eingefügt sind. Dieser Teil der Antragsschrift enthält lediglich 17 Seiten eigenen Text, teilweise wiederum nur aus einem Satz als Überleitung zu beigefügten Anlagen bestehend, und insgesamt 481 Seiten eingefügte und einkopierte anderweitige Schriftstücke.
Im übrigen enthält die Antragsschrift mit Ausnahme der Einfügung eines 22 Seiten nebst 20 Seiten Anlagen umfassenden Schriftsatzes des Verteidigers des Beschuldigten G. keinen Hinweis darauf, wie sich die Beschuldigten, insbesondere auch der Beschuldigte Dr. P., eingelassen haben.
Bereits aus dem Verhältnis der eigentlichen Antragsbegründung zu dem Gesamtumfang des Antrags wird deutlich, daß es sich hierbei um eine unstatthafte Umgehung der Formvorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO handelt.
Da es aber nicht Aufgabe des Senats ist, sich aus den Akten bzw. aus den der Antragsschrift beigefügten oder in diese durch Einkopieren integrierten Anlagen, also weitgehend dem Akteninhalt, das zusammenzustellen, was einer verständlichen Sachverhaltsdarstellung und der Begründung des Antrags dienen könnte, war dieser nach alledem als unzulässig zu verwerfen.


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