Aktenzeichen: 3 Ss 352/99 OLG Hamm
Senat: 3
Gegenstand: Revision
Stichworte: Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch, Beweiskraft des Protokolls, Protokoll, Widerspruch zwischen Urteilsformel und Gründen
Beschluss: Strafsache gegen M.H. ,
wegen Untreue.
Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der erweiterten 19. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 29.10.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. 4 1999 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung der Angeklagten bzw. ihres Verteidigers einstimmig beschlossen:
Das Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere erweiterte kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Gründe: I. Die Angeklagte ist durch Urteil des erweiterten Schöffengerichts Gelsenkirchen-Buer vom 02.10.1997 - 6 Ls 16 Js 572/96 (23/97) - wegen "Untreue in 77 besonders schweren Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren kostenpflichtig verurteilt worden. Die rechtzeitig von der Angeklagten eingelegte Berufung ist im Termin zur Berufungshauptverhandlung von der Angeklagten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden.
Das Landgericht hat das angefochtene Urteil im Termin vom 27.02.1998 im Rechtsfolgenausspruch insoweit abgeändert, als es die Angeklagte wegen Untreue in 77 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat.
Mit Beschluß vom 20.08.1998 hatte der Senat das von der Angeklagten mit der Revision angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine erweiterte Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Nach erneuter Hauptverhandlung hat das Landgericht Essen am 29.10.1998 das vorliegend angefochtene Urteil, mit dem die Berufung verworfen wurde, erlassen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision vom 03.11.1998 mit der nicht ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
II. Die gemäß § 333 StPO statthafte und gemäß §§ 341, 344 und 345 StPO form- und fristgemäß eingelegte und begründete Revision hat in der Sache zumindest vorläufig Erfolg.
Das Urteil weist einen sachlich-rechtlichen Mangel auf.
Der Strafausspruch in der Urteilsformel und die in den Gründen ausgewiesene Strafe stehen zueinander in Widerspruch. Urteilsformel und -gründe bilden eine Einheit. Ein unaufklärbarer Widerspruch führt - wenn die im Tenor ausgesprochene Strafe höher ist - regelmäßig auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch (RGSt 46, 326).
Ausweislich der Urteilsformel des angefochtenen Urteils ist die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer vom 02.10.1997 in vollem Umfang verworfen worden.
Die vom Amtsgericht verhängte Freiheitsstrafe betrug 3 Jahre.
In den Urteilsgründen heißt es im Rahmen der Strafzumessungserwägungen demgegenüber:
"Aus den so gebildeten Einzelstrafen hat die Kammer unter nochmaliger Würdigung sämtlicher Strafzumessungstatsachen nach § 46 StGB gemäß §§ 53, 54 StGB unter Erhöhung der höchsten verwirkten Einzelstrafe von 10 Monaten und unter Berücksichtigung der Wirkung, die von der Strafe für die Angeklagte zu erwarten ist, eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten gebildet."
Dieser Widerspruch läßt sich nicht aufklären. Es ist angesichts des Umstandes, daß das Protokoll als Tenor des verkündeten Urteils ebenfalls ausweist: "Die Berufung wird verworfen", im Hinblick auf die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO davon auszugehen, daß nicht lediglich ein Schreibfehler vorliegt. Ein solches offensichtliches Versehen hätte der Senat in eigener Zuständigkeit berichtigen können. Allein die nachträglich gefertigte schriftliche Urteilsbegründung reicht für sich allein nicht aus, um gegenüber einer unvollständigen oder unrichtigen Urteilsformel die wahre Entscheidung des Gerichts aufzuzeigen (vgl. Löwe-Rosenberg-Gollwitzer, StPO, § 268, Rdnr. 51).
Die Angeklagte ist durch den Widerspruch auch beschwert.
Bei einem Widerspruch zwischen Urteilsformel und Urteilsgründen ist regelmäßig die Formel maßgebend (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, § 275 RN 64). Diese weist unter Verstoß gegen § 331 StPO vorliegend die höhere Strafe aus.
Bei dieser Sachlage konnte der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch trotz der schon geringen Gesamtstrafe mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere erweiterte kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen, § 354 Abs. 2 StPO.
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