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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 284/99 OLG Hamm

Leitsatz: Wird nach zunächst unbestimmter Anfechtung eines amtsgerichtlichen Strafurteils innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO diese als Revision bezeichnet und gleichzeitig mit der formellen und materiellen Rüge begründet, der betreffende Schriftsatz jedoch nicht vom Verteidiger unterzeichnet, so ist das Rechtsmittel als Berufung durchzuführen.

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: unbestimmte Anfechtung, Berufung, Bezeichnung als Revision in Revisionsbegründungsschrift, JGG, keine Unterzeichnung der Revisionsbegründungsschrift

Normen: StPO 312, StPO 335 Abs. 1, StPO 348

Beschluss: Strafsache gegen T. C.,
wegen Diebstahls,
gesetzlicher Vertreter: S.C.

Auf die Vorlage der Akten zur Entscheidung über die "Revision" des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lemgo vom 16.12.1998 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.05.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Senat erklärt sich als für die Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig.
Die Sache wird zur Durchführung des Rechtsmittels als Berufung an die Jugendkammer des Landgerichts Detmold abgegeben.

Gründe: Der Jugendrichter des Amtsgerichts Detmold hat den Angeklagten am 16.12.1998 wegen Diebstahls in vier Fällen verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte durch seine Verteidigerin unter dem 17.12.1998 form- und fristgerecht ohne nähere Bezeichnung ein "Rechtsmittel" eingelegt. Nach der am 13.01.1999 ordnungsgemäß erfolgten Zustellung des schriftlichen Urteils an die Verteidigerin ist am 10.02.1999 bei dem Amtsgericht Lemgo ein vom 09.02.1999 datierter Schriftsatz der Verteidigerin eingegangen, mit dem das Rechtsmittel als Revision spezifiziert und gleichzeitig mit näheren Ausführungen die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wurde. Dieser Schriftsatz ist nicht von der Verteidigerin oder einem anderen Rechtsanwalt unterzeichnet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat dem Senat die Akten zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt. Sie beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
Nach rechtlichem Hinweis des Senats auf den Formfehler bei der Rechtsmittelbegründung vertritt die Verteidigerin die Auffassung, das Rechtsmittel sei nicht als Revision, sondern als Berufung zu behandeln.
Eine Entscheidungszuständigkeit des Revisionsgerichts besteht nicht, weil das Rechtsmittel als Berufung gegen das angefochtene Urteil zu behandeln ist.
Wird ein erstinstanzliches Strafurteil, gegen das gemäß §§ 312, 335 Abs. 1 StPO, 55 JGG sowohl die Berufung als auch die Revision statthaft ist, ohne nähere Bezeichnung, kumulativ mit beiden Rechtsmitteln oder unter Vorbehalt einer späteren anderweitigen Benennung des Rechtsmittels angefochten, so kann der Rechtsmittelführer nach der Zustellung des angefochtenen Urteils bis zum Ablauf der Frist, die für eine Revisionsbegründung gelten würde (§ 345 Abs. 1 StPO), noch die endgültige oder eine anderweitige Wahl des Rechtsmittels erklären (vgl. z.B. LR-Hanack, 24. Aufl., § 335 Rdnr. 9; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 335 Rdnr. 2 und 3).
Im vorliegenden Fall hat die Verteidigerin ordnungsgemäß ein unbestimmtes Rechtsmittel eingelegt. Die Begründung dieses Rechtsmittels als Revision ist jedoch nicht formwirksam erfolgt, da die Verteidigerin den diesbezüglichen Schriftsatz entgegen § 345 Abs. 2 StPO nicht unterzeichnet hat. Damit ist auch die Wahl des Rechtsmittels als Revision nicht wirksam ausgeübt worden. Die Spezifizierung als Revision unterlag zwar als solche nicht der Formvorschrift des § 345 Abs. 2 StPO. Insofern genügte ebenso wie für eine Rechtsmitteleinlegung die hier gewahrte - einfache Schriftform. Da die gleichzeitig damit abgegebene Revisionsbegründung wegen der fehlenden anwaltlichen Unterzeichnung formunwirksam ist, kann die Wahlerklärung jedoch nicht losgelöst hiervon als gleichwohl auf jeden Fall wirksam beurteilt werden. Andernfalls würde eine bereits wirksame Urteilsanfechtung lediglich durch den nachträglich erklärten Übergang zu einem formstrengeren Rechtsmittel infolge eines bloßen Formfehlers bei dessen Begründung hinfällig, ohne daß das anderweitig gewählte Rechtsmittel überhaupt einer inhaltlichen Prüfung zugänglich, sondern als unzulässig zu verwerfen wäre (§ 346 Abs. 1 StPO). Eine solche Betrachtungsweise würde zumindest hier weder den Belangen des Rechtsmittelführers gerecht noch ist sie verfahrensrechtlich geboten. Vielmehr ist nach einer wie hier wirksam erfolgten Anfechtung eines amtsgerichtlichen Urteils dann, wenn der Anfechtende innerhalb der Revisionsbegründungsfrist die Revisionsanträge und deren Begründung überhaupt nicht oder nicht in der dem § 345 Abs. 2 StPO genügenden Form anbringt, die Anfechtung als Berufung zu behandeln (vgl. KK-Kuckein, 4. Aufl. Rdnr. 6 zu § 335 StPO, ferner auch BGHSt 2, 63, 71 und BGHSt 5, 338, 339, für den Fall der Wahlerklärung und Revisionsbegründung gegenüber dem unzuständigen - Landgericht auch BGHSt 40, 395 und BayObLGSt in VRS 65, 296). Es verbleibt damit im Sinne der Sicherung und Effektuierung des Wahlrechts bei demjenigen Rechtsmittel, welches die umbenannte Anfechtung des amtsgerichtlichen Urteils ihrem Wesen nach bereits von Anfang an war (vgl. hierzu BGHSt 33, 183, 188, 189). Dieses umfassendere der beiden statthaften Rechtsmittel gegen ein amtsgerichtliches Strafurteil ist in der Regel am ehesten geeignet, eine möglichst wirksame Kontrolle des angefochtenen Urteils zu eröffnen. Es führt nicht nur zu einer rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils und des zugrundeliegenden Verfahrens anhand der im Rahmen einer Revision erhobenen Rügen, sondern zu einer völligen Neuverhandlung der Sache mit neuer Feststellung der für erwiesen erachteten Tatsachen, neuer rechtlicher Würdigung des Sachverhalts und neuer Rechtsfolgenbemessung durch das Berufungsgericht (vgl. OLG Hamm, NStZ 1991, 601, 602).
Zur Entscheidung über die Berufung ist nicht das Oberlandesgericht zuständig. Deshalb hat der Senat sich in entsprechender Anwendung des § 348 StPO für unzuständig erklärt (vgl. zu dieser Befugnis z.B. BGHSt 31, 183, 184; BayObLG in VRS 41, 59; VRS 53, 362 und VRS 65, 296; Schlesw.Holst.OLG bei Ernesti/Lorenzen in SchlHA 1983, 107; OLG Stuttgart VRS 77, 70) und die Sache an die zuständige Jugendkammer des Landgerichts Detmold abgegeben.


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