Aktenzeichen: 4 Ss OWi 393/99 OLG Hamm
Senat: 4
Gegenstand: OWi
Stichworte: Aufhebung, unwirksame Beschränkung des Rechtsmittels, Arbeitsförderungsgesetz aufgehoben
Normen: AFG 19, AFG 229, SGB III 404 Abs. 2, SGB III 284 Abs. 1
Beschluss: Bußgeldsache gegen H.R.,
wegen fahrlässig begangener unerlaubter Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 27.01.1999 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 04.06.1999 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Betroffenen bzw. seines Verteidigers gemäß § 79 Abs. 5 und 6 OWiG beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Münster zurückverwiesen.
Gründe: I. Das Amtsgericht Münster hat den Betroffenen wegen "fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 19, 229 AFG" zu einer Geldbuße von DM 8.000 verurteilt. Zum Tatgeschehen hat die Amtsrichterin festgestellt, daß der Betroffene als Geschäftsführer der Firma Verein Frauenstraße 24 die türkische Arbeitnehmerin G.E. in der Zeit vom 01.11.1992 bis zum 30.11.1995 beschäftigt hätte, obwohl diese die dazu erforderliche Arbeitserlaubnis nicht gehabt hätte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und die Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch sowie die Festsetzung einer Geldbuße "in Höhe von deutlich unter DM 8.000" begehrt.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
II. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Münster.
1. Die Rechtsbeschwerde ist - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, weil die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts zum Schuldspruch so lückenhaft sind, daß sie keine hinreichende Grundlage für eine Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. Göhler, 12. Aufl. (1998), § 79 OWiG Rdnr. 32 m.w.N.).Zu beanstanden ist, daß dem Sachverhalt nicht entnommen werden kann, ob das Verhalten des Betroffenen (noch) den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt.
In seiner Entscheidung vom 27.01.1999 ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß dieser "zumindest fahrlässig gegen die Vorschriften der §§ 19 Abs.1, 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG verstoßen" habe (UA 3). Das Arbeitsförderungsgesetz ist indes bezüglich der hier maßgeblichen Vorschriften gemäß Artikel 82 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24.03.1997 (BGBl I S. 720) aufgehoben worden. Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist das SGB III in Kraft getreten. Nach dessen §§ 404 Abs. 2 Nr. 2, 284 Abs. 1 Satz 1 handelt zwar weiterhin ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einen Ausländer im Sinne des Gesetzes ohne Genehmigung beschäftigt. Doch gilt die Regelung nicht bei solchen Ausländern, die eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder eine Aufenthaltsberechtigung besitzen (vgl. § 284 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 SGB III). Hätte G. E. diesem Personenkreis angehört, wäre das Verhalten des Betroffenen im Hinblick auf die zwischen Beendigung der Tat am 30.11.1995 und der gerichtlichen Entscheidung eingetretene Gesetzesänderung nicht mehr zu ahnden (vgl. § 4 Abs. 3 OWiG). Der Betroffene wäre freizusprechen.
Da das angefochtene Urteil Feststellungen zum ausländerrechtlichen Status der türkischen Beschäftigten nicht enthält, reicht der Sachverhalt nicht aus, um den Schuldspruch wegen fahrlässig begangener unerlaubter Beschäftigung einer ausländischen Arbeitnehmerin zu tragen.
2. Der darin liegende sachlichrechtliche Mangel führt zugleich zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Münster.
3. Für den Fall einer erneuten Verurteilung des Betroffenen weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß die bisherigen Zumessungserwägungen nicht ausreichen, um die Höhe der verhängten Geldbuße zu begründen (vgl. Göhler, a.a.O., § 17 OWiG Rdnr.15 ff., 35).
III. Die Kostenentscheidung war dem neuen Tatrichter vorzubehalten, da der Erfolg der Rechtsbeschwerde im Sinne des § 473 StPO i.V.m. § 46 Abs.1 OWiG noch nicht feststeht.
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