Aktenzeichen: 2 Ws 167/99 OLG Hamm
Senat: 2
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Ablehnung der bedingten Entlassung, Anordnung einer Sperrfrist, Aufhebung der Sperrfrist, fehlende Begründung für Sperrfrist, Pflichtverteidiger
Normen: StGB 57 Abs. 1, StGB 57 Abs. 6, StPO 140 Abs. 1 Nr. 5
Beschluss: Strafsache gegen A.B.,
wegen gefährlicher Körperverletzung,
(hier: Ablehnung der Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung und Anordnung einer Sperrfrist - § 57 Abs. 1 und 6 StGB).
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 09. 4 1999 gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 23.03.1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.6.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten mit der Maßgabe verworfen, daß die angeordnete Sperrfrist entfällt.
Gründe: Der Verurteilte ist durch seit dem 25.11.1998 rechtskräftiges Urteil der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Siegen vom 27.02.1998 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Unter Anrechnung der seit dem 19.06.1997 erlittenen Untersuchungshaft (524 Tage) hatte der Verurteilte zwei Drittel der Strafe am 18. 4 1999 verbüßt. Das Strafende ist für den 18.03.2000 vorgemerkt.
Durch den angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Strafe abgelehnt und außerdem gemäß § 57 Abs. 6 StGB eine Sperrfrist von sechs Monaten angeordnet.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, hat jedoch nur hinsichtlich der angeordneten Sperrfrist Erfolg; diese entfällt.
Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die bedingte Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Strafe abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 StGB liegen nämlich - zumindest derzeit - nicht vor. Insoweit wird auf die auch nach Auffassung des Senats in vollem Umfang zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Das Beschwerdevorbringen in den Schriftsätzen des Verteidigers vom 10. und 25.05.1999 gibt zu einer anderen Beurteilung und einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hinsichtlich der Strafaussetzung zur Bewährung keinen Anlaß, da auch nach Auffassung des Senats im Hinblick auf Art und Schwere der Tat unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit eine vorzeitige Entlassung zur Zeit noch nicht verantwortbar erscheint. Dies gilt angesichts der Persönlichkeit des Verurteilten, wie sie im Urteil beschrieben und in der schweren und gefährlichen Tat zum Ausdruck gekommen ist, unabhängig von den Befürchtungen und Vermutungen, die im Schriftsatz der Rechtsanwältin der Ehefrau des Verurteilten vom 11.01.1999 dargelegt worden sind. Allerdings können entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zur Allgemeinheit im Sinne des § 57 Abs. 1 StGB auch Personen aus dem engeren Lebens- und Familienbereich eines Verurteilten gehören (vgl. auch Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 63 Rdnr. 9 u. 10).
Die sofortige Beschwerde hat jedoch insoweit Erfolg, als für einen neuen Entlassungsantrag gemäß § 57 Abs. 6 StGB eine Sperrfrist von sechs Monaten angeordnet worden ist.
In seinen Beschlüssen vom 27. 4 1999 (2 Ws 118/99 betreffend das Verfahren StVK S 211/99 LG Bochum und 2 Ws 130/99 betreffend das Verfahren StVK S 1797/98 LG Bochum) hat der Senat dargelegt, welche Umstände die Strafvollstreckungskammer bei ihrer insoweit zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat. Auf diese Senatsbeschlüsse wird Bezug genommen. Da der angefochtene Beschluß zu dieser Frage keine Begründung enthält und jedenfalls die Festsetzung der Höchstdauer der Sperrfrist nicht von vornherein auf der Hand liegt, hat der Senat davon abgesehen, die Sache zur Festsetzung einer neuen Sperrfrist zurückzuverweisen, sondern hat insoweit selbst entschieden. Dem Verurteilten steht es damit frei, bei Verbesserung der Entlassungsumstände einen neuen und eventuell mit größerer Erfolgsaussicht verbundenen Antrag auf Aussetzung eines Strafrestes zu stellen.
Mit der vorliegenden abschließenden Entscheidung ist der durch den Verteidiger mit Schriftsatz vom 29. 4 1999 gestellte Antrag auf Bestellung als Pflichtverteidiger für das Beschwerdeverfahren gegenstandslos, zumal eine rückwirkende Bestellung unzulässig und unwirksam wäre (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 141 Rdnr. 8). Abgesehen davon wäre ein Grund für eine entsprechend § 140 Abs. 2 StPO im Vollstreckungsverfahren anzuordnende Pflichtverteidigerbestellung nicht ersichtlich (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 140 Rdnr. 33). § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO, auf den der Verteidiger offenbar in seinem Beiordnungsantrag abstellt, kann nur für das Erkenntnisverfahren gelten und im Vollstreckungsverfahren - auch im Hinblick auf den entgegenstehenden Wortlaut und seinen Sinngehalt - nicht entsprechend Anwendung finden. Andernfalls müßte praktisch jedem Gefangenen in Vollstreckungsverfahren ein Pflichtverteidiger bestellt werden.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der getroffenen Maßgabe und mit der sich aus § 473 Abs. 1 und 4 StPO ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.
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