Aktenzeichen: 3 Ss 419/99 OLG Hamm
Senat: 3
Gegenstand: Revision
Stichworte: Aufhebung, Freispruch, Betrug, Grundstückskauf, Stoffgleichheit, keine Vorleistungspflicht
Normen: StGB 263
Beschluss: Strafsache gegen K.R.,
wegen Betruges.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 28.10.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.05.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr., die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.
Gründe: I. Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten durch Urteil vom 22. 4 1997 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr kostenpflichtig verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landgericht Essen das Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, daß die Strafe neun Monate Freiheitsstrafe beträgt und die weitergehende Berufung verworfen.
Nach den vom Landgericht der Verurteilung zugrundegelegten Feststellungen hat der Angeklagte von seinem früheren Bekannten, dem seinerzeit mitangeklagten H., der als sogenannter "Läufer" für eine Gelsenkirchener Maklerin tätig war und Häuser begutachtete, im Spätsommer 1995 erfahren, daß ein in Essen-Karnap gelegenes bebautes Hausgrundstück der Eheleute G. zum Verkauf anstand. H. hatte als Angestellter der Maklerin bereits Kontakt mit den Eheleuten G. aufgenommen und bot das Objekt dem Angeklagten an. Den Eheleuten G. teilte H. mit, daß er einen Käufer habe. Durch notariellen Kaufvertrag vom 02.10.1995 kaufte der Angeklagte das Grundstück von den Eheleuten G. für 370.000,- DM. Er verpflichtete sich, den am 31.12.1995 fälligen Kaufpreis zu bezahlen. Die mit dem Vertrag und seiner Durchführung verbundenen Kosten sollte der Angeklagte im Innenverhältnis der Vertragsschließenden tragen. Tatsächlich war der Angeklagte damals überschuldet. Er verfügte über keinerlei Vermögen und lebte von Sozialhilfe. Er war außerstande, den Kaufpreis und die Vertragskosten zu bezahlen. Der Angeklagte hatte bereits im Jahre 1961 die eidesstattliche Versicherung abgeleistet. Zur Zeit des Vertragsabschlusses lebte er von Sozialhilfe und es schwebte bereits ein weiteres Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beim Amtsgericht Essen. In diesem Verfahren leistete der Angeklagte später auch die eidesstattliche Versicherung ab. Nach den getroffenen Feststellungen lag die Vorstellung des Angeklagten darin, schnellstmöglich einen Käufer für das Objekt zu finden, an den er das Hausgrundstück mit Gewinn würde weiterveräußern können. Er wollte sodann aus dem von diesem Käufer zu zahlenden (höheren) Kaufpreis die gegenüber den Eheleuten G. eingegangene Kaufpreiszahlungsverpflichtung ablösen. Der Angeklagte hatte jedoch tatsächlich bei Abschluß des notariellen Kaufvertrages vom 02.10.1995 keinen Käufer an der Hand. Er fand einen solchen auch in der Folgezeit nicht und blieb infolgedessen den Kaufpreis sowohl am Fälligkeitstag als auch danach schuldig.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision.
II. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
Die getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen vollendeten Betruges nicht, weil ein Betrugsschaden i.S.d. § 263 StGB nicht festgestellt ist. Die Betrugshandlung hat das Landgericht dahingehend festgestellt, daß der Angeklagte unter Täuschung über seine Zahlungsunfähigkeit die Eheleute G. geschädigt hat. Den eingetretenen Schaden hat es darin gesehen, daß den Eheleuten G. im Zusammenhang mit den Vertrags- und Vertragsausführungskosten Verbindlichkeiten auferlegt worden sind. Der Angeklagte habe insoweit mit dem Scheitern des Vertrages gerechnet und diese Überbürdung der Kosten auf die Eheleute G. auch gebilligt.
Vorliegend hat das Landgericht zu Recht nicht schon im Vertragsabschluß einen Schaden oder eine ihm gleichzusetzende Vermögensgefährdung gesehen. Nach dem notariellen Vertrag war die Eintragung im Grundbuch von der vorherigen Zahlung des Kaufpreises abhängig. Allein durch den Abschluß des Vertrages für einen hier allenfalls vorliegenden Eingehungsbetrug fehlt es an entsprechenden Feststellungen eines Vermögensschadens i.S.d. § 263 StGB. Die Gefahr, daß der Käufer einer Sache seiner Kaufpreisverpflichtung nicht nachkommen kann oder will, begründet nämlich beim Eingehungsbetrug dann keinen Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB, wenn der Verkäufer nicht vorzuleisten verpflichtet ist. Dies gilt auch bei Grundstücksgeschäften, wenn - wie vorliegend - die Auflassung oder zumindest die Eintragung im Grundbuch von der vorherigen Zahlung des Kaufpreises abhängt (vgl. BGHR, StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 37 m.w.N.). Eine Vorleistungspflicht des Verkäufers läßt sich den Urteilsfeststellungen jedoch nicht entnehmen.
Auch der durch die Nichtdurchführung des Vertrages entstandene Vermögensnachteil bei den Eheleuten G. aufgrund der Übernahme der Vertragskosten ist kein Vermögensschaden i.S.d. Betrugstatbestandes. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Stoffgleichheit zwischen Schaden und erstrebtem Vermögensvorteil (vgl. zu den Voraussetzungen BGH StV 95, 255). Dieselbe Vermögensverfügung des Getäuschten, die der Täter, um sich zu bereichern, veranlaßt, muß den Vermögensschaden unmittelbar herbeiführen (vgl. BGHSt 6, 116; 34, 379).
Aus den Urteilsfeststellungen läßt sich nicht entnehmen, daß bei dem Angeklagten bei Abschluß des Vertrages die Absicht bestand, sich im Falle der Nichtdurchführung des Vertrages ungerechtfertigt zu bereichern. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß Betrug kein bloßes Vergehen gegen die Wahrheit und das Vertrauen im Geschäftsverkehr, sondern eine Vermögensstraftat ist. Nicht die Täuschung an und für sich, sondern die vermögensschädigende Täuschung i.S.d. § 263 StGB ist strafbar (vgl. BGH, StV 95, 254).
Aber auch eine Verurteilung wegen versuchten Betruges tragen die Feststellungen nicht. Diesen kann nicht entnommen werden, daß der Angeklagte die Absicht der ungerechtfertigten Bereicherung hatte. Ihm ging es bei Vertragsschluß darum, das Hausgrundstück alsbald mit Gewinn weiterzuveräußern. Dieser Preisunterschied stellt den allein erstrebten Vermögensvorteil dar. Auf diesen Vorteil hätte der Angeklagte auch einen Anspruch gehabt, so daß dieser nicht ungerechtfertigt gewesen wäre.
Hinsichtlich der letztlich bei den Eheleuten G. entstandenen Vertragskosten kann im Hinblick auf den vorgesehenen Weiterverkauf keine Absicht auf ungerechtfertigte Bereicherung festgestellt werden.
Nach den getroffenen Feststellungen lag die Vermögensverfügung in dem Vertragsschluß. Dieser hat aber nicht unmittelbar zu dem festgestellten Schaden geführt.
Es ist nicht davon auszugehen, daß eine neue Verhandlung weitere Feststellungen ermöglicht. Der Angeklagte war somit vom Vorwurf des Betruges freizusprechen, § 354 Abs. 1 StPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.
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