Aktenzeichen: 4 BL 14/99 OLG Hamm
Senat: 4
Gegenstand: BL6
Stichworte: versuchter Mord, Verhinderungserklärung des Verteidigers, Ostern, Verhinderung des Verteidigers, Verteidigerwechsel nicht angezeigt
Normen: StPO 121, StPO 122
Beschluss: Strafsache gegen N.B.,
wegen versuchten Mordes u.a.,
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).
Auf die Vorlage der Akten zur Entscheidung nach §§ 121, 122 StPO hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.02.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Angeklagten beschlossen:
Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.
Gründe: Dem Angeklagten, der sich seit dem 24.08.1998 in Untersuchungshaft befindet, wird mit Haftbefehl des Amtsgerichts Bocholt (3 Gs 510/98) von demselben Tage zur Last gelegt, am 22.08.1998 in Bocholt in drei Fällen versucht zu haben, einen Menschen zu töten, um eine andere Straftat zu ermöglichen und damit tateinheitlich handelnd versucht zu haben, mit Gewalt gegen eine Person und unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegzunehmen, sich die Sache rechtswidrig zuzueignen, und bei der Tat eine Waffe verwendet, sowie durch die Tat eine andere Person in die Gefahr des Todes gebracht zu haben.
Mit diesen Vorwürfen identisch ist die Anklage der Staatsanwaltschaft Münster vom 15.12.1998, die das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zutreffend zusammenfaßt. Die Anklage ist durch Beschluß der 2. Strafkammer - Schwurgericht - des Landgerichts Münster vom 19.01.1999 zur Hauptverhandlung zugelassen worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen des dringenden Tatverdachts auf den Inhalt der Anklageschrift Bezug genommen.
Bei dem Angeklagten, einem bereits mehrmals abgeschobenen staatenlosen Bosnier, ist keinesfalls auszuschließen, daß er sich dem Verfahren durch Flucht entzieht, würde er freigelassen. Die zu erwartende hohe Freiheitsstrafe begründet für ihn einen beträchtlichen Fluchtanreiz, dem keine tragfähigen Bindungen gegenüberstehen. Damit besteht bei ihm jedenfalls der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO.
Der Zweck der Untersuchungshaft läßt sich auch nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen nach § 116 StPO erreichen. Daß die Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig ist, bedarf im Hinblick auf die Schwere der Tatvorwürfe und der im Verurteilungsfalle zu erwartenden Freiheitsstrafe keiner näheren Begründung.
Wichtige Gründe i.S.d. § 121 Abs. 1 StPO haben ein Urteil bisher nicht zugelassen; sie rechtfertigen es, die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus aufrechtzuerhalten. Bis zum Eröffnungsbeschluß ist das Verfahren in Anbetracht des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache im wesentlichen zügig gefördert worden.
Allerdings ist nicht zu übersehen, daß die von dem Vorsitzenden des Schwurgerichts ursprünglich für 10 Verhandlungstage vom 23. 2. bis 25.03.1999 vorgesehene Hauptverhandlung auf die nach der Aktenlage nicht näher ausgeführte Verhinderungserklärung des Verteidigers Rechtsanwalt R. schließlich erst auf den 13. 4 1999 mit Fortsetzungsterminen bis zum 11.05.1999 anberaumt worden ist. Insoweit kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß - wie aus dem Aktenvermerk des Berichterstatters vom 11.01.1999 hervorgeht - die spätere Terminierung auf Bitte des Verteidigers Rechtsanwalt R. und dessen Erklärung hin, der Angeklagte sei damit einverstanden, erfolgt ist.
Der Senat geht auf diesem Hintergrund davon aus, daß der Verteidiger Rechtsanwalt R. das besondere Vertrauen des Angeklagten genießt und es deshalb nicht sachgerecht gewesen wäre, aus Beschleunigungsgesichtspunkten einen Verteidigerwechsel anzuregen oder einen anderen Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger zu bestellen. Die durch die zeitweilige Verhinderung des Wahlverteidigers bedingte Verschiebung des Beginns der Hauptverhandlung um sieben Wochen liegt danach noch nicht im Verantwortungsbereich des Gerichts.
Im Hinblick auf die hier anstehende Prüfung der Frage der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus ist damit insgesamt dem Beschleunigungsgrundsatz noch hinreichend Rechnung getragen.
Die Nebenentscheidung folgt aus § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.
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