Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ws 293/99 OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, Vergewaltigung, Aufhebung, funktionaler Zusammenhang, Tat lange zurück, fortbestehende Ungeeignetheit, fehlende Nichtabhilfeentscheidung

Normen: StPO 111 a

Beschluss: Strafsache gegen F.D.,
wegen Vergewaltigung,
hier: vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.

Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 26.07.1999 gegen die durch Beschluß der 8. großen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 13.07.1999 angeordnete vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.08.1999 durch die Richterin am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe: I. Die 8. große Strafkammer des Landgerichts Münster hat auf den Antrag der örtlichen Staatsanwaltschaft vom 16.02.1999 dem Angeklagten durch Beschluß vom 13.07.1999 u.a. gemäß § 111 a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Die Entscheidung ist darauf gestützt, es bestünden dringende Gründe dafür, daß der Angeklagte sein Kraftfahrzeug zur Begehung der drei angeklagten Vergewaltigungen eingesetzt habe und ihm daher die Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB entzogen werde.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seinem als sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel. Eine Abhilfeentscheidung hat die Kammer nicht getroffen.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
II. Das Rechtsmittel ist als (einfache) Beschwerde zulässig. Eine Zurückgabe der Sache zur Nachholung des Abhilfeverfahrens kommt nicht in Betracht, weil dadurch die Sache nicht beschleunigt würde (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 306 Rdnr. 10).
Die Beschwerde ist auch begründet.
Die Voraussetzungen für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis liegen zumindest nicht mehr vor. Nach Abwägung der Gesamtumstände - vgl. BGHR § 69 Abs. 1 StGB - Entziehung 6 (Betäubungsmitteleinfuhr) - sind nach Ansicht des Senats keine dringenden Gründe für die Annahme vorhanden, daß dem Angeklagten demnächst die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1 StGB entzogen werden wird.
Das Landgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB nicht nur bei Verkehrsverstößen im engeren Sinne, sondern auch bei sonstigen strafbaren Handlungen in Frage kommt, sofern sie im Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeugs begangen worden sind und sich daraus die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt (BGHR § 69 Abs. 1 StGB Entziehung 3 (charakterliche Ungeeignetheit); BGHR a.a.O., Entziehung 8 (Zusammenhang mit der Tat)).
Vorliegend sind jedoch bei der Beurteilung der Frage, ob dringende Gründe für die Annahme einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB bestehen, Besonderheiten zu beachten. So ist zu berücksichtigen, daß die beiden Straftaten, die den notwendigen funktionalen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges allenfalls haben könnten, die angeklagten Vergewaltigungen von Ende 6./Anfang 7. 1998 und vom 01.08.1998 sind. Die weitere angeklagte Tat vom 23.05.1998 weist einen derartigen Zusammenhang ersichtlich nicht auf. Obwohl die Ermittlungen praktisch bereits am 04.09.1998 abgeschlossen waren, ist erst unter dem 16.02.1999 mit der Anklageerhebung durch die örtliche Staatsanwaltschaft ein Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gestellt worden. Die vorläufige Entziehung ist dann durch die Kammer - wegen zahlreicher vorrangig zu bearbeitender Haftsachen - erst mit dem Eröffnungsbeschluß vom 13.07.1999 angeordnet worden. Das bedeutet aber, daß der Angeklagte nach der letzten ihm zur Last gelegten Tat knapp ein Jahr - soweit ersichtlich unbeanstandet - weiter als Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat. Der Senat verkennt zwar nicht, daß es eine "Verwirkung" für die Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht gibt (vgl. Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 24. Auflage, § 111 a Rdnr. 22). Gleichwohl kommt diesem Umstand bei der Prüfung der Frage, ob in einer Hauptverhandlung voraussichtlich die fortbestehende Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt werden kann, wesentliche Bedeutung zu (vgl. Löwe-Rosenberg-Schäfer, a.a.O.; Karlsruher Kommentar/Nack, StPO, 4. Auflage, § 111 a Rdnr. 3). Hinzu kommt, daß die dem bislang unbestraften Angeklagten zur Last gelegten Taten ihren Ursprung im spezifischen Beziehungsgeflecht zwischen ihm und der Zeugin Baumeister haben. Eine Wiederholung ist - insbesondere nach dem Wegzug des Angeklagten nach Oberhausen - nicht zu erwarten.
Zumindest unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten bejaht der Senat die erforderlichen dringenden Gründe im Sinne einer hohen Wahrscheinlichkeit, daß dem Angeklagten die Fahrerlaubnis endgültig entzogen werden wird, nach dem maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 473 Abs. 3 StPO.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".