Aktenzeichen: 2 Ss OWi 998/95
Leitsatz: Hat der Betroffene sein Fahrzeug zunächst ordnungsgemäß vor der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage angehalten und ist dann offenbar nur infolge einer auf einem Wahmehmungsfehler beruhenden Unachtsamkeit in die Kreuzung eingefahren, handelt es sich nicht um einen groben Pflichtverstoß, so daß das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots nach der BußgeldkatalogVO gerechtfertigt ist. (Leitsatz der Einsenders).
Senat: 2
Gegenstand: OWi
Stichworte: Absehen vom Fahrverbot, Rotlichtverstoß, Wahrnehmungsfehler, losfahren, nachdem der Betroffene zunächst gehalten hatte
Normen: StVO 37 Abs. 2, BKatV 2 Abs. 4
Fundstelle: DAR 1995, 501; ZAP EN-Nr. 933/95; DAR 1995, 501; NZV 96, 206 (Ls.); VM 1996, 39; VRS 90, 455
Beschluss: OLG Hamm, Beschluß vom 27.09.1995
Aus den Gründen: Einen derart gravierenden Verstoß, wie ihn Nr. 34.2 BKatV voraussetzt, hat der Betr. nicht begangen. Er hat sein Fahrzeug zunächst ordnungsgemäß vor der Rotlicht zeigenden Signalanlage angehalten und ist offenbar nur infolge einer auf einem Wahrnehmungsfehler beruhenden Unachtsamkeit in die Kreuzung eingefahren, nicht aber etwa aus grober Nachlässigkeit, Rücksichtslosigkeit oder Verantwortungslosigkeit, so daß ihm in subjektiver Hinsicht kein schwerwiegendes Fehlverhalten anzutasten ist. Unter diesen Umständen stellt sich nach der Auffassung des Senats (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse 2 Ss OWi 171/95 vom 09.03.1995; 2 Ss OWi 414/94 vom 05.05.1994; 2 Ss OWi 1138/93 vom 17.02.1994; 2 Ss OWi 71/94 vom 04.02.1994; 2 Ss OWi 170/93 vom 11.03.1993; 2 Ss OWi 144/93 vom 05.03.1993; ferner OLG Düsseldorf, NZV 1994, 161 und NZV 1995, 328; BayObLG, NZV 1994, 287; Janiszewski, NStZ 1994, 574) der festgestellte Rotlichtverstoß nicht als ein von Nr. 34.2.1 BKatV erfaßter Regelfall eines groben Pflichtenverstosses dar. Die Anwendung der Nr. 34.2.1 BKatV findet ihre Rechtfertigung auch nicht darin, daß es durch das Verhalten des Betr. zu einem Schaden gekommen ist. Anknüpfungspunkt für die vom Verordnungsgeber gewollte schärfere Ahndung des Rotlichtverstosses nach Nr. 34.2 BKatV ist das grob pflichtwidrige, abstrakt und ggf. konkret (Nr. 34.2.1 BKatV) den Querverkehr gefährdende Verhalten des Verkehrsteilnehmers. Fehlt es aber, wie hier, an dem von der BKatV vorausgesetzten Handlungsunwert der groben Pflichtwidrigkeit, ist der Regeltatbestand nach Nr. 34.2.1 BKatV auch dann nicht erfüllt, wenn es zu einem Schaden kommt (vgl. auch OLG Hamburg, VM 1995, 35; Janiszewski, NStZ 1994, 574).
Bei der Bemessung der festzusetzenden Sanktion ist davon auszugehen, daß der Pflichtenverstoß in seiner Intensität dem sog. einfachen Rotlichtverstoß nach Nr. 34 BKatV entspricht. Die Ordnungswidrigkeit des Betr. war daher mit der dort vorgesehenen Regelbuße von 100 DM zu ahnden. Die Verhängung eines Fahrverbots scheidet aus.
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