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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 BL 181/99 OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: BL6

Stichworte: Kaution, Umfangsverfahren, 35 Beschuldigte, internationale Kfz-Schieberei, umfangreiche Ermittlungen

Normen: StPO 120, StPO 121

Beschluss: Ermittlungsverfahren gegen L.E.,
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei,
hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht.

Auf die Vorlage der Akten zur Entscheidung nach §§ 121, 122 StPO hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06.10.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Beschuldigten beschlossen:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe: Der Beschuldigte ist in der vorliegenden Sache am 30.03.1999 polizeilich festgenommen und aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Münster vom 31.03.1999 - 23 Gs 989/99 - an diesem Tage zur Untersuchungshaft gebracht worden, die seitdem ununterbrochen vollzogen wird. In dem genannten Haftbefehl sind dem Beschuldigten fünfzehn Taten gewerbsmäßiger Bandenhehlerei zur Last gelegt worden. Am 21.06.1999 ist durch das Amtsgericht Münster - 23 Gs 1801/99 - der weitere Vollzug der Untersuchungshaft unter der Voraussetzung u.a. der Stellung einer Kaution in Höhe von 100.000,00 DM ausgesetzt worden. Die Kaution ist in der Folgezeit jedoch nicht erbracht worden. Die Untersuchungshaft dauert damit seit nunmehr über sechs Monaten an.
Dem zwischenzeitlichen Ermittlungsstand entsprechend ist der genannte Haftbefehl durch den erweiterten Haftbefehl des Amtsgerichts Münster vom 16.09.1999 - 23 Gs 2730/99 - ersetzt worden. Dieser neue, auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützte Haftbefehl ist dem Beschuldigten am 20.09.1999 verkündet worden und damit die Grundlage des vorliegenden Haftprüfungsverfahrens. Dem Beschuldigten wird nunmehr zur Last gelegt, in der Zeit von 1. 1998 bis zum 30.03.1999 in Ahaus und anderen Orten der Bundesrepublik Deutschland durch 39 selbständige Handlungen Sachen, die andere gestohlen oder sonst durch gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Taten erlangt haben, angekauft und abgesetzt zu haben, um sich und Dritte zu bereichern. Dabei habe der Beschuldigte die Hehlereien als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung derartiger Straftaten verbunden habe, gewerbsmäßig begangen. Der Beschuldigte soll jeweils für die Überführung in Italien gestohlener oder als gestohlen gemeldeter hochwertiger Kraftfahrzeuge in die Bundesrepublik Deutschland gesorgt haben, um sie hier mit Gewinn abzusetzen. Dafür soll er sich mit den Mitbeschuldigten M. C. und (möglicherweise) La.E. zu einer Bande zusammengeschlossen haben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Haftbefehl vom 16.09.1999 Bezug genommen.
Anklage ist bisher noch nicht erhoben.
Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entsprechend war die weitere Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft des Beschuldigten über sechs Monate hinaus anzuordnen. Er ist des ihm zur Last gelegten Tatgeschehens nach dem Ergebnis der bisherigen kriminalpolizeilichen Ermittlungen dringend verdächtig.
Der dringende Tatverdacht gründet sich insbesondere auf die überwiegend geständige Einlassung des Beschuldigten D.G., die Angaben der Mitbeschuldigten E., D. und W. sowie der Zeugen T. und I.. Durch diese Beweismittel, die auch noch durch weitere Ermittlungsergebnisse erhärtet werden, wird der Beschuldigte im Sinne des ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Tatgeschehens schwer belastet.
Bei dem Beschuldigten besteht auch weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO), denn es besteht die konkrete Gefahr, daß er sich dem Verfahren durch Flucht entzieht, würde er freigelassen. Er hat wegen der ihm zur Last gelegten Tatbeiträge mit einer hohen Freiheitsstrafe zu rechnen, was für ihn einen beträchtlichen Fluchtanreiz begründet. Zudem hat er mit dem Widerruf des zur Bewährung ausgesetzten Strafrestes aus dem Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 23.02.1996 zu rechnen, hinsichtlich dessen er nach Teilverbüßung der auf zwei Jahre erkannten Freiheitsstrafe wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz bis zum 26.02.2000 unter Bewährungsaufsicht steht. Hinzu kommt, daß der Beschuldigte als italienischer Staatsangehöriger nicht nur über private Beziehungen nach Italien verfügen dürfte, sondern nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis vor allem auch zu Kreisen der dortigen organisierten Kriminalität. Dies legt nahe, daß ihm dort ein Untertauchen ermöglicht werden wird.
Dem stehen keine ausreichenden tragfähigen sozialen Bindungen gegenüber. Zwar ist er mit einer deutschen Ehefrau verheiratet, mit der er auch eine gemeinsame Tochter hat, und er betreibt mit seiner Ehefrau gemeinsam die Firma DGS-Bau GmbH. Insoweit ist jedoch zu beachten, daß die Firma DGS-Bau GmbH nach den eigenen Angaben des Beschuldigten nach seiner Verhaftung aufgrund seines Ausfalles nahezu handlungsunfähig geworden ist. Unberücksichtigt kann auch nicht bleiben, daß der Beschuldigte erhebliche Geldbeträge, die aus der Vermittlung und dem Verkauf gestohlener Pkw stammten, notwendigerweise in diese Firma gesteckt haben will, und weitere erhebliche Erträge aus diesen Straftaten in seinen aufwendigen Lebenswandel geflossen sein sollen. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Bestand dieser Firma ihn davon abhalten wird, sich dem Verfahren durch Flucht zu entziehen.
Auf diesem Hintergrund sind weniger einschneidende Maßnahmen als die Anordnung und auch der Vollzug der Untersuchungshaft (§ 116 StPO) nicht ausreichend, um die Fluchtgefahr wirksam einzudämmen. Auch die Ausführungen des Verteidigers im Schriftsatz vom 30.09.1999 geben zumindest derzeit zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.
Die bisherige und die absehbare weitere Vollstreckung der Untersuchungshaft steht nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Verurteilungsfalle zu erwartenden Bestrafung.
Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus sind gleichfalls gegeben. Das Ermittlungsverfahren ist bisher mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Der Umfang und die Schwierigkeit der Ermittlungen haben deren Abschluß jedoch noch nicht zugelassen.
Es handelt sich vorliegend um ein Umfangsverfahren gegen rund 35 Beschuldigte, für deren Ermittlung eine Ermittlungskommission (EK Brief) eingesetzt worden ist. Die getätigten umfassenden Ermittlungen waren zur Abklärung erforderlich, inwieweit dem Beschuldigten eine Tatbeteiligung an einer Vielzahl von Hehlereitaten anzulasten ist, und haben sich auf 59 hochwertige Kraftfahrzeuge erstreckt. Dabei waren Ermittlungen u.a. in Italien, Belgien, Tunesien, den Niederlanden, der Schweiz und Polen vorzunehmen. Die Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung, die einen erheblichen Umfang haben, waren auszuwerten. Nach der Festnahme des Beschuldigten D. G.sind mehr als 40 Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt und vollzogen worden. Dabei gewonnenes Beweismaterial war zu sichten. Ebenfalls mehr als 40 Mal sind andere Beschuldigte und Zeugen vernommen worden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse haben wiederum Anlaß zu weiteren Überprüfungen und aufwendigen Ermittlungen gegeben. So sind daktyloskopische Gutachten zu Spuren insbesondere auf Urkunden veranlaßt worden, außerdem mußten Gutachten zur Frage der Manipulation von Fahrzeugidentifizierungsnummern eingeholt werden. Auf dem Hintergrund dieser den Beschuldigten immer stärker belastenden Ermittlungsergebnisse ist schließlich der Beschuldigte fünfzehn Mal verantwortlich vernommen worden.
Wenn unter diesen Umständen das Verfahren noch nicht abgeschlossen werden konnte, so beruht das auf wichtigen Gründen i.S.v. § 121 Abs. 1 StPO, die ein Urteil noch nicht zugelassen haben, es andererseits aber rechtfertigen, die vom Amtsgericht und der Staatsanwaltschaft für erforderlich erachtete Untersuchungshaft des Beschuldigten über sechs Monate hinaus aufrechtzuerhalten.
Die Nebenentscheidung folgt aus § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.


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