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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 1126/99 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Aufhebung, Unterbringung, Freiheitsstrafe, Freiheitsstrafe vor Maßregel, teilweiser Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe, Begründungserfordernis hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzuges

Normen: StGB 64, StGB 67

Beschluss: Strafsache gegen M.N.,
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 23.07.1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 23.11.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht auf Antrag bzw. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den dazu getroffenen Feststellungen insoweit aufgehoben, als bestimmt worden ist, dass die angeordnete Maßnahme der Unterbringung erst nach dem Vollzug von zwei Jahren der verhängten Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist.
Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe: Der Angeklagte ist durch das angefochtene Urteil in Verbindung mit dem Urteil des Schöffengerichts I in Hagen vom 04.05.1999 wegen mehrerer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Außerdem ist seine Unterbringung angeordnet worden. Das Landgericht hat dazu bestimmt, dass die angeordnete Maßnahme der Unterbringung erst nach dem Vollzug von zwei Jahren der verhängten Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die in zulässiger Weise auf die Frage des Vorwegvollzugs beschränkt worden ist. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Ihren Aufhebungsantrag hat sie wie folgt begründet:
"Zwar ist die Rüge der Verletzung formellen Rechts nicht in der gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO gebotenen Weise ausgeführt und somit unzulässig, jedoch ist der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils insoweit rechtsfehlerhaft, als das Gericht ohne die erforderliche Begründung bestimmt hat, dass die angeordnete Maßnahme der Unterbringung erst nach dem Vollzug von zwei Jahren der verhängten Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist.
Die Strafkammer hat die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe auf drei Jahre ermäßigt wird und die angeordnete Maßnahme der Unterbringung erst nach dem Vollzug von zwei Jahren der verhängten Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Die Dauer des Vorwegvollzuges der Freiheitsstrafe entspricht jedoch den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Begründungserfordernissen nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vorwegvollzug von Strafe nur insoweit zulässig, als er im Interesse einer Rehabilitation des Verurteilten erforderlich ist (BGHR, StGB § 67 Abs. 2, Vorwegvollzug, teilweiser 7). Dass die Voraussetzungen für einen solchen Vorwegvollzug überhaupt gegeben sind, hat die sachverständig beratende Strafkammer - entgegen der Ansicht der Revision - noch ausreichend dargetan (zu vgl. S. 17 - 19 UA).
Ebenso wie das tatrichterliche Urteil die für den Grund des Vorwegvollzuges maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar wiedergeben muss, muss es jedoch auch, namentlich bei der Anordnung einer längeren Dauer des teilweisen Vorwegvollzuges, die für diese Dauer wesentlichen Gründe erkennen lassen. Dieses gilt zwar besonders für Fälle, in denen die angeordnete Dauer des Vorwegvollzuges zwei Drittel der verhängten Strafe und damit den Zeitpunkt übersteigt, von dem an regelmäßig eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe in Betracht kommt (§ 57 Abs. 1 StGB), da in solchen Fällen die Gefahr, dass der Vollzug der Maßregel, der dem Interesse an einer Rehabilitation des Verurteilten dient, sich wie ein zusätzliches Strafübel auswirkt (BGHR, StGB § 67 Abs. 2, Vorwegvollzug, teilweiser 7). Jedoch muss die Begründungspflicht auch in den Fällen gelten, in denen bestimmt wird, dass zwei Drittel der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, da zumindest die Anrechnungsmöglichkeit gemäß § 67 Abs. 4 S. 1 StGB entfällt. Zwar muss diese Folge hingenommen werden, wenn der Vorwegvollzug von zwei Dritteln der Strafe unerlässlich ist, um bei dem Angeklagten einen genügenden Druck zur Schaffung der Therapiebereitschaft auszuüben (BGHR a. a. O.; BGHR StGB § 67 II, Vorwegvollzug, teilweiser 3), jedoch ist hierzu in dem angefochtenen Urteil nichts dargetan.
Da der aufgezeigte Mangel den Strafausspruch, insbesondere die Bestimmung der Umkehrung der Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 67 Abs. 2 StGB im Übrigen nicht berührt, kann die Aufhebung auf den Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzuges der Freiheitsstrafe beschränkt bleiben."
Dem tritt der Senat bei. Demgemäß war das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.


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